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2. Rang 3 / 3

Wettbewerblicher Dialog | 01/2020

Nachnutzung des Grundstücks „Collini-Center“ in Mannheim

Perspektive Collinistraße

Perspektive Collinistraße

3. Rang

Schmucker und Partner

Architektur

Elke Ukas Landschaftsarchitekten bdla

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

I. Stadtklima/ Freiraumbezüge
Der bisherige Baukörper riegelt das dahinterliegende Stadtquartier strömungsphysikalisch ab. Die neuen Baukörper wurden daher locker angeordnet und in ihrer Kubatur so optimiert, dass sie von der kühlen Luft des Neckars optimal umspült und Hitzeinseln vermieden werden. Die Freiflächen zwischen den einzelnen Häusern sind so weit als möglich unversiegelt, um die durchströmende Luft abzukühlen und Regenwasser möglichst lange zu binden.

II. Stadt am Fluss/ Verknüpfung zum Neckar
Die aktuelle Verbindung der Neckaruferbebauung ist für Fußgänger, insbesondere aber für den Fahrradfahrer unbefriedigend gelöst. Künftig verbindet eine leicht geneigte Ebene, die sich im sanften Schwung vom Brückenhof bis zum Gewerkschaftshaus zieht, Neckar und Innenstadt. Der Platz zwischen dem bestehenden Wohnturm und der Brückenebene wird über eine Treppenanlage erreicht, die mit integrierten Sitzstufen zum Verweilen einlädt. Der Platz weitet sich zum Fluss hin auf, der Belag kann über das Cahn-Garnier-Ufer und die Schienen der S-Bahn bis an den Damm geführt werden, um die Geschwindigkeit des vorbeifahrenden Verkehrs zu reduzieren und die Anbindung des gesamten Quartiers an den Fluss zu betonen. Eine Terrassierung mit weiterer Sitzmöglichkeit am Neckardamm sollte angedacht werden.

III. Städtebau allgemein
Die Bebauung des Grundstückes nimmt die Höhen der bestehenden Hochhäuser am Fluss in stark reduzierter Form auf, staffelt sich aber in Richtung Collinistraße ab, um den Bestandsgebäuden ein passendes Gegenüber zu geben. Die Ausbildung der Staffelgeschosse bei drei der vier Stadthäuser folgt dabei dem Höhenverlauf der Bestandsgebäude an der Collinistraße mit erhöhtem Auftakt am Friedrichsring. Die Mehrgeschossigkeit der Bebauung ermöglicht eine reduzierte Versiegelung und bildet gemeinsam mit dem Bestand ein harmonisches, aber dennoch spannendes Gesamtensemble. Alle Gebäude erhalten dabei im Sinne einer optimalen Adressbildung eigene Eingänge, dazwischen befinden sich vielfältige Gewerbeflächen für Cafés und Nahversorger, die die gewünschte Belebung des Quartiers sicherstellen. Um den Wohnturm des Collini–Centers in östlicher und westlicher Seite einzubinden, wird die bisherige Parkmulde überbaut. Die dort befindliche zweigeschossige Kita bekommt eine großzügige Außenanlage, die teilweise überdacht wird und vielfältige Spiel- und Bewegungsflächen auf zwei Ebenen bietet.

IV. Verkehrliche Erschließung
Die bestehende Tiefgarage wird beibehalten, hinzu kommt eine zusätzliche Parkebene im Erdgeschoss. Auf der Ostseite des Hochhauses wird die bestehende Tiefgarage erweitert, so dass ein durchgehendes Niveau erreicht wird und die zurzeit verschlossenen Durchfahrten genutzt werden können. Auch die bestehende Ein- / Ausfahrt wird beibehalten, d. h. die Zufahrt erfolgt an der Grenze zum Gewerkschaftshaus am Cahn–Garnier–Ufer, die Ausfahrt an der Collinistraße. Die Ein- und Ausfahrten sind beschrankt, eine Durchfahrt für Dritte ist damit ausgeschlossen. Die Neubauten behalten die bisherigen Fußwegverknüpfungen. Durch die Ausformulierung der geneigten Ebene gibt es aber künftig eine diskriminierungsfreie Erschließung für alle - Fußgänger, Radfahrer und Rollstuhlfahrer. Die Fahrradstellplätze werden im Sinne optimaler Erreichbarkeit im jeweiligen Sockel jedes Wohngebäudes angeordnet. Die Kita kann sowohl fußläufig, mit dem Fahrrad, per ÖPNV und – eingeschränkt - per Auto von den Eltern erreicht werden. Hierfür stehen zahlreiche Fahrradstellplätze zur Verfügung.

V. Abstandsflächen und Rettungswegkonzept
Die Abstandsflächen zu den bestehenden Gebäuden werden nach §5 LBO eingehalten, der 2. Rettungsweg kann für sämtliche Gebäude nachgewiesen werden (Hochhäuser jeweils mit Sicherheitstreppenhaus).

VI. Müllräume
Alle Müllräume liegen ebenerdig und in Straßennähe.

VII. Energetische Aspekte
Es wird angestrebt, die Energieleitlinien der Stadt Mannheim mindestens zu erfüllen, hinzukommen hohe Qualitäten hinsichtlich des Sommerlichen Wärmeschutzes durch optimierte Grundriss- und Fassadengestaltung mit außenliegendem Sonnenschutz und hohem Begrünungsanteil. Die Wärmeversorgung über Fernwärme kann über solarenergetische Anlagen weiter optimiert werden, die in die Begrünung der Dächer integriert werden.

VIII. Primärenergie und CO2 - Fußabdruck im Betrieb
Unterschreitung des Primärenergiebedarfs um mindestens 50 % unter dem Bedarf des Referenzgebäudes nach EnEV. Die einzelnen Häuser werden mindestens als KfW-55-Effizienzhaus errichtet. Ziel ist es, sich unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit möglichst nah an einen Passivhausstandard anzunähern. Die Reduzierung des Primärenergiebedarfs wird erreicht durch:
- Geothermie für die Büronutzungen
- Hochwertige Gebäudehüllen
- Optimierung des Fensterflächenanteils
- Photovoltaikanlagen zur lokalen Erzeugung erneuerbarer Energie
Das energetische und gebäudetechnische Konzept basiert auch auf der Nutzung regenerativer Energien. Aufgrund der Nähe zum Neckar wird Geothermie als regenerative Energiequelle für das Bürogebäude genutzt. Wärme- und Kälteerzeugung im Winter- bzw. Sommerbetrieb erfolgt aus einer Erdsondenanlage.
Photovoltaikanlagen auf allen obersten Dachflächen liefern Strom, der auch den Bewohnern zur Verfügung steht. Er dient ebenfalls dem Betrieb von haustechnischen Einrichtungen und zum Aufladen von Elektrofahrzeugen. Im Objekt nicht benötigter Solarstrom wird ins öffentliche Netz eingespeist. Eine hochwertige Gebäudehülle, die über die Anforderungen der EnEV hinausgeht und die Transmissionswärmeverluste minimiert, sowie ein optimiertes Wohnungslüftungssystem reduzieren den internen Wärmebedarf erheblich. Mit der Dreifachverglasung wird Wert auf höchste thermische Qualität gelegt.

IX. CO2 - Fußabdruck bei der Herstellung
- Verwendung des anfallenden Abbruchguts zur Herstellung von Recyclingbeton für die Neubebauung
- Zertifizierung eines Gebäudes nach Leed oder DGNB (Gold) und Realisierung der weiteren Häuser in gleicher Weise
- Schwerpunkt auf die Verwendung zertifizierter und in der Natur vorkommender Produkte

X. Ökologie / Vermeidung von Erwärmung
- Optimierung des Mikroklimas durch Erzeugung von „Kühloasen“ und „Frischluftschneisen“
- Erzeugung von Verdunstungskühle durch intensive Begrünung des Innenhofs und temporäre Wasserelemente
- Bei Bäumen mindesten 1,0 m Substrataufbau
- Helle , reflektierende Oberflächen an Fassaden und bei Wegebelägen
- Sonnenschutzsegel
- Zeitgemäßes Retentions- und Regenwassermanagement
- Insektenfreundliche Beleuchtungssysteme und Begrünung

XI. Lebenszykluskosten
Reduzierung der Lebenszykluskosten durch:
- Minimierung des Wärmeenergiebedarfs infolge hochwertiger Gebäudehülle.
- Reduzierung von externer Wärme durch Nutzung von Geothermie
- Reduzierung von externer Stromzufuhr durch verbrauchernahe Erzeugung von Solarstrom
- Reduzierung des Trinkwasserbedarfs durch Regenwassermanagement, Speichern von Regenwasser z.B. in Zisterne zur Regenrückhaltung und Nutzung für Grauwasser und die automatische Bewässerung der Grünanlagen
- Verwendung von LED-Leuchten

XII. Lebenszyklusaspekt Entsorgung
Bei der Planung und Herstellung der Wohngebäude werden folgende Schwerpunkte beachtet:
- einfache spätere Trennung verschiedener Baustoffe
- Verwendung möglichst recycelbarer Baustoffe
- Minimierung von Kunststoffanteilen
- Bodenbelag in Wohnräumen aus nachwachsendem Holz (Parkett)

Beurteilung durch das Preisgericht

Qualität des städtebaulichen architektonischen Konzepts Die im skizzenhaften Stadium der Dialogphase anregende Vision eines kleinteiligen und durchgrünten Stadtquartiers wird in der Angebotsphase leider nicht überzeugend weiterentwickelt. Die städtebauliche Typologie ist nicht konsequent zu Ende gedacht und bleibt uneindeutig. Durch die einheitliche Architektur wirkt das Ganze eher wie eine Großform, in der das bestehende Wohnhochhaus als Fremdkörper wirkt. Die empfohlene Überarbeitung der Silhouette ist nicht erfolgt. Die Uferansicht wirkt durch indifferente Höhen und Gleichförmigkeit irritierend. Die Erhöhung der Punkthäuser zur Collinistraße konterkariert den Prüfauftrag zur Überprüfung der städtebaulichen Dichte. Im städtebaulichen Kontext wirkt der westliche Tiefgaragensockel als Barriere zwischen Collinistraße und Neckarufer, die einzig im Hinblick auf den barrierefreien Zugang zum Collini- Steg einen Nutzen verspricht. Die geringe Gestaltungsqualität der einheitlichen Fassaden ist signifikant. Eine dem formalen Gestaltungswillen geschuldete durchgehend hohe Brüstung verhindert den spektakulären Landschaftsbezug Qualität des Freiraumkonzeptes Das Fachgremium würdigt, im Hinblick auf aktuelle stadtklimatische Probleme, die Ausweisung einer großzügigen, zentralen Grünfläche mit hohen Substrataufbau im Sinne der sommerlichen Abkühlung und maximalen Regenwasserspeicherung. Unbefriedigend sind die des Quartier erschließenden Zu- und Durchwegungen. Insbesondere die westliche Anbindung des Collini-Stegs vorbei an hohen Stützmauern und Böschungen mit Abstandsgrün, inkl. Querung der TG-Zufahrt, wird sehr kritisch gesehen. Eine direkte barrierefreie Anbindung des Bestandswohnturms zum Collini-Steg fehlt. Der Umgang sowohl mit bestehenden Freiflächen (östliche Mulde) als auch in der Ausweisung neuer städtischer Freiräume überzeugt nicht. Qualität des Nutzungskonzeptes Die Gewerbe-/Ladenzone im EG + 1. OG erscheint wenig attraktiv und nicht nachfrageorientiert. Der vorhandene Nutzungsmix ist weder typologisch noch gestalterisch ablesbar. Die Konzentrierung der preisgünstigen Wohnungen in den Punkthäusern an der Collinistraße ist aus Vermarktungssicht nachvollziehbar, wird im Sinne einer wünschenswerten sozialen Durchmischung und in Verbindung mit den unattraktiven EG-Zonen jedoch kritisch gesehen. Die hohe Anzahl an Einzelhäusern erfordert einen hohen Erschließungsanteil, die Erschließung wurde nicht überarbeitet. Die Empfehlung, die Grundrisse zu überarbeiten, wurde nicht beachtet, es existiert ein hoher Anteil einseitig orientierter Wohnungen. Qualität des Umwelt- und Klimakonzeptes Der Verwendung der Bestandsgarage wird unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten, Stichwort graue Energie, positiv bewertet. Die ambitionierten energetischen Zielsetzungen haben wenig projektspezifische Verknüpfungen, im Plan ist das Konzept kaum ablesbar und nicht vertieft dargestellt. Es existiert ein hoher Freiraumanteil mit guter Durchlüftung Qualität der Prozessgestaltung und der Gesamtwirtschaftlichkeit des Projektes Die Abwicklungsstrategie ist zeitlich sehr detailliert erläutert. Der beabsichtigte Erhalt der Bestandsgarage wird dabei jedoch nicht thematisiert, obwohl dies eine besondere Herausforderung für das Projekt darstellt.
Schwarzplan

Schwarzplan

Lageplan

Lageplan

Perspektive Kurpfalzbrücke

Perspektive Kurpfalzbrücke

Schnitt W-O

Schnitt W-O

Schnitt N-S

Schnitt N-S

Ansicht Collinistraße

Ansicht Collinistraße

2. Rang 3 / 3