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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Wohnraum für Studierende auf dem Campus Stuttgart-Vaihingen am Standort Allmandring V

4. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

knippershelbig GmbH

Bauingenieurwesen

Transsolar Energietechnik GmbH

Bauingenieurwesen

Glück Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Entwurfskonzept

Die Hochschulregion Stuttgart wird immer attraktiver. Eine Folge daraus sind die kontinuierlich steigenden Studierendenzahlen, für die zukünftig weitere Wohnheimplätze notwendig werden. Es sollen mindestens 300 neue Wohnheimplätze entstehen, die mit visionären Vorschlägen neue Formen des studentischen Wohnens aufzeigen sollen. Verschiedene Anforderungen wurden an diese innovativen und zukunftsweisenden Überlegungen gestellt. Präzise und dennoch gedankenoffen wurden Wünsche formuliert, die den notwendigen Raum für progressive Interpretationen bereithalten.

Der Campus Vaihingen ist der bedeutendste Standort der Universität Stuttgart und soll durch das neue Angebot an Wohnheimplätzen weiter an Attraktivität gewinnen. Die Studierenden sollen in einem inspirierenden Studier- und Wohnumfeld einen Ort der Offenheit, der Kommunikation und des Austausches der Kulturen antreffen.

Die Lage des Baugrundstücks am westlichen Campusrand, im Übergang zum Büsnauer Wiesental, ist für den Ort prägend und zugleich einzigartig. Die topografische Charakteristik mit der nach Norden abfallenden Hanglage ist einerseits herausfordernd für die Umsetzung baulicher Maßnahmen, birgt jedoch vielfältige und identitätsstiftende Rahmenbedingungen in sich, die für weiterführende, konzeptionellen Überlegungen stimulierend sein könnten.

Eine spannende Aufgabe und komplexe Aufgabe. Eine nicht alltägliche Fragestellung, die eine mutige und inhaltlich facettenreiche Lösung hervorbringen müsste.

Auf der Suche nach einer angemessenen und visionären Lösung ist es daher notwendig und nahezu unabdingbar, die Beziehungen von Gebautem und Freiraum feinjustiert aufeinander abzustimmen, um so zunächst verborgene, jedoch positiv wirksame Wechselwirkungen entdecken zu können. Das Gebaute alleine wird sicherlich keine adäquate Antwort auf die gestellte Aufgabe hervorbringen, schon gar nicht, wenn man die Qualitäten der landschaftlichen Umgebung und die Nähe zur Natur nicht angemessen in die Überlegungen einer schlüssigen Gesamtkonzeption miteinbezieht.

Die neue Anlage wird daher mehr sein als nur ein ergänzender "Wohnbaustein" im Campusgelände in Stuttgart Vaihingen. Städtebaulich bedeutsam werden die neuen Gebäude von Osten kommend den baulichen Abschluss zum Büsnauer Wiesental und zum Stadion im Süden bilden. Der Entwurf schlägt ein Gebäudeensemble, eine harmonische Komposition von drei Einzelgebäuden vor. Die neuen Häuser nehmen die Körnung und die Maßstäblichkeit des Allmandring IV auf und markieren mit einem baulichen Hochpunkt nach Westen den Übergang zur Landschaft. Die Höherentwicklung und die individuelle Orientierung der Solitäre ist so gewählt, dass die Eigenverschattung der Häuser zueinander vermieden, zumindest jedoch auf ein Mindestmaß reduziert wird und für die einzelnen Wohnräume eine uneingeschränkte Ausrichtung und Orientierung somit gewährleistet ist. Der Freiraum zwischen den Gebäuden ist als terrassierte Landschaft mit Treppen und "Balkonen" konzipiert. Veranstaltungs- und Sitzmöglichkeiten im Freien ermöglichen eine vernetzte und vielfältige Freiraumstruktur mit hoher Aufenthaltsqualität.

Die Gebäude folgen in den Obergeschossen einer klaren, kubischen und nachvollziehbaren geometrischen Grundordnung. Vielfältige Nutzungsszenarien des studentischen Wohnens können innerhalb des hochflexiblen, baulichen Gerüsts abgebildet werden. Im Gegensatz hierzu sind die Landschaftsterrassen freier interpretiert, offener gestaltet und weitaus spielerischer ausgearbeitet. Die Ausformulierung der Erdgeschosszone stellt sich als vermittelndes Element zwischen den Terrassen und den Kuben dar.

Die differenzierten Hanggeschosse nehmen die angrenzenden Linien der vorhandenen Topographie auf, fügen sich ein und modellieren den Hang harmonisch mit Kanten und Brüchen. Der Ort erhält so seine spezifische Charakteristik als nutzbare "Freilichtbühne" zur Landschaft. Es entsteht so ein Ort für eine besondere studentische Gemeinschaft, für ein weltoffenes, sowie kulturelles Miteinander. Der Ausblick zum Büsnauer Wiesental wird als "Aussichtspunkt mit Blickfenster" inszeniert, erzeugt Weitsicht und gleichzeitig eine lokale Vertrautheit. Die Hanggeschosse können vielfältige und unterschiedliche Nutzungen elegant in sich aufnehmen, ohne dass großdimensionierte Funktionen die angemessene Maßstäblichkeit im Freiraum beeinträchtigen oder gar den freien Blick zur Landschaft verbauen.

Die Qualität und die Einzigartigkeit des Ortes wird folglich nicht ausschließlich durch die Kleinsteinheit eines individuellen Appartements, einer Wohngemeinschaft, oder der Gemeinschaftsräume erzeugt. Vielmehr ist es der "öffentliche Raum" zwischen den Häusern, der Ort der Begegnung und des Zusammenkommens welcher der Gesamtanlage eine freundliche Grundstimmung vermittelt.
Im Erdgeschoss definiert die oberste Landschaftsebene einen großzügigen Vorplatz, einen halböffentlichen Raum mit adressbildenden Zugängen zu den Individualhäusern. Hier finden die Studierenden die Eingänge zu "Ihrem" Haus, hier sind die notwendigen Räumlichkeiten für das Gemeinschaftsleben der Studierenden zu finden. Hier wird der Außenraum aktiviert, individualisiert und im Zusammenspiel mit den angrenzenden Innenräumen lebendig.
- Haus A bietet ein Café, einen Infopoint, die allgemeinen Briefkästen, sowie Räume für den „Hausbuddy“ an. Das Haus ist die erste, zentrale Anlaufstelle aller Studierenden.
- Haus B beherbergt den Waschsalon, einen Gemeinschaftsraum mit angrenzender Küche und einige Lernateliers sowie den Hausmeister.
- Haus C ist mit einem Fitnessstudio sowie einem Mehrzweck- und Veranstaltungsraum in der Hangebene ausgestattet.

Die Hangebene ist harmonisch in die Topografie eingebettet. Hangseitig ist die Tiefgarage angeordnet, gut erreichbar über eine moderate und angenehm befahrbare Rampe von der bestehenden Stichstraße aus. Somit wird der in das Büsnauer Wiesental führende Fuß- und Radweg nicht durch Erschließungsverkehr belastet. Die unterschiedlichen Funktionen, wie die Fahrradwerkstatt, ein Partyraum und das Musik- und Tonstudio sind gut auffindbar und interagieren mit den neu gestalteten Außenbereichen. Als ergänzende Nutzung werden ein Mehrzweckraum und das Fab-Lab vorgeschlagen welches zusätzlich das Angebot an Räumlichkeiten zum Experimentieren für die Studierenden ergänzt. Die Freibereiche sind an das bestehende Wegenetz der Gebäude des Allmandring IV angebunden. Die verschiedenen Räume und Nutzungen erhalten großformatige Verglasungen zur natürlichen Belichtung.

Das Gartengeschoss ist die unterste nutzbare Ebene. Hier ist eine Wohngemeinschaft sowie Einzelappartements mit einem Gemeinschaftsraum mit einem schönen Freibereich vorgesehen, die sich harmonisch mit der Landschaft verbinden.

Die Obergeschosse aller drei Gebäude folgen dem Prinzip eines flexiblen Gerüsts aus Decken und Stützen aus einer Holzkonstruktion. Die tragenden Bauteile sind weitgehend in die Fassade integriert. Damit treten im Innenraum lediglich der aussteifende Kern für die Treppe und der Aufzug in Haus A, sowie die Installationsschächten als feste, unverrückbare Einbauten in Erscheinung. Um diese zentral angeordneten Bauteile organisieren sich die "Zimmer", die unterschiedlich zu vielfältigen Wohnformen zusammengeschaltet werden können.

Die Gemeinschaftsräume und die Küchen sind so angeordnet, dass wechselwirkende Blickbeziehungen im Inneren und zwischen den Baukörpern entstehen. Flurzonen öffnen sich vielfältig zu den Außenfassaden hin. Teilweise sind die Gemeinschaftsbereiche über Treppen miteinander verbunden und beleben so vertikal das Zusammenleben der Studierenden. Es entsteht ein interaktiver Organismus des Zusammenlebens, der sich nicht ausschließlich über horizontal gestapelte Geschosse definiert.

In den Bereichen der Gemeinschaftszonen werden die Häuser transparenter und offener. Hier werden die gläsernen Fassaden zu Schaufenstern zur Natur und zur Umgebung. Die Außenfassaden der Wohnbereiche sind als "Lochfassade" mit Fensterelementen aus Lärchenholz konzipiert. Die Bekleidung der opaken Bereiche sollen aus strukturierten Metallpaneelen im Wechselspiel mit südlich orientierten Photovoltaikmodulen ausgeführt werden.

Die vorgeschlagenen Materialien folgen der Idee der Authentizität, angemessen an die funktionalen Anforderungen. Die Materialwahl im Inneren sollte sich am Charakter einer Loft-ähnlichen Wohnatmosphäre orientieren. Eine exponierte Installation der notwendigen, jedoch reduzierten Haustechnik ergänzt die Materialwahl eines strapazierfähigen Linoleumbelags. Wo nötig kommen additiv eingesetzte Akustikelemente zur Ausführung. Einfache Stahlgeländer unterstützen den Ansatz einer robusten und lebendigen Umgebung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die vorhandene städtebauliche Struktur am Allmandring wird mit drei Häusern geschickt aufgenommen und im positiven Sinne weiterentwickelt. Die einfachen Kuben sind zu einem kraftvollen Ensemble arrondiert und weisen im Westen des Grund¬stücks das höchste Gebäude auf. Die Landschafts- und die Hangebene spielt mit der Topografie und vermittelt vom Allmandring im Süden zur offenen Natur im Norden. Es ergeben sich spannende Übergänge und Verbindungen mit dem vorhandenen Wegenetz. Insbesondere die Landschaftstreppen und die Sitzstufen laden zum Verweilen ein und ermöglichen diverse Aktivitäten. Hier und da wird die vorgesehene Terrassierung als überzogen und zu fragmentiert angesehen. Die Qualität der Tageslichtsituation bei Räumen unterhalb der weit auskragenden Terrassen wird angezweifelt. Die klar strukturierten Grundrisse ermöglichen unterschiedliche Wohneinheitsgrößen die modular zusammengefügt werden können. Es sind nicht alle Größen entsprechend der Auslobung nachgewiesen. Die zum Teil innenliegenden Erschließungsflä¬chen werden effizient durch geschickt angeordnete Gemeinschaftsflächen und Sitzecken erweitert und belichtet. Die Barriere¬freiheit wäre in allen Gebäuden sicherzustellen. Vor diesem Hintergrund ist das Fehlen von Aufzügen in zwei von drei Gebäude nicht nachvollziehbar. Deren Einbau hätte Konsequenzen für den Grundriss. Rollstuhlgerechte Wohnheimplätze sind nicht dargestellt, teilweise sind die Flurbreiten, Nasszellen etc. zu knapp bemessen. Die tragende Struktur aus Holz und Beton bedürfte einer Konkretisierung und des Nachweises auf wirtschaftlich-technische Re-alisierbarkeit, insbesondere beim Hochhaus. Die Fassadengestaltung kann nicht vollumfänglich überzeugen. Die Fassaden sind sehr schematisch dargestellt und wirken etwas beliebig. Von einem Teil des Preisgerichts wird die differenzierte Gestaltung der Fenster und Brüstungshöhen gewürdigt, die unterschiedliche Einblicke und Ausblicke bei privaten sowie gemeinschaftlichen Bereichen ermöglichen. Die tiefen Fensterbänke in den Zimmern erzeugen eine zusätzliche räumliche Qualität. Der Entwurf liegt in Bezug auf GRZ und BMZ im wirtschaftlichen Bereich. Insgesamt wird das gelungene Gebäudeensemble und dessen gekonnte Verknüpfung mit der topographischen Situation ge¬würdigt. Die fehlende Barrierefreiheit, die Fassadegestaltung und der etwas fragmentarische Umgang mit dem Außenraum werden vom Preisgericht kritisch bewertet. Brandschutz: Weite Teile des Brandschutzkonzeptes sind nachvollziehbar und umsetzbar. Es ist zu erwarten, dass in einem Hochhaus eine Holzkonstruktion – wenn überhaupt – nur in Verbindung mit einer flächende¬ckenden Sprinkleranlage eingebaut werden kann. Der Nachweis der Nichtbrennbarkeit wäre bei der vorgeschlagenen Hoch¬hausfassade noch zu erbringen. Im Hochhaus wäre die Grundrissorganisation im Erd- und Untergeschoss in brandschutztechnischer Sicht anzupassen. So ist ein notwendiger Flur vor dem Vorraum des Feuerwehraufzugs bis ins Freie ebenso erforderlich, wie auch eine Trennung der Treppen vom Erdgeschoss und Untergeschoss. Die Feuerwehraufstellflächen wären anzupassen. Tragwerk und Konstruktion: Das Untergeschoss und das Erdgeschoss sind in Stahlbeton als Skelettbauweise und ab dem 1. Obergeschoss in Holzbeton als Verbundbauweise geplant. Die Arbeit ermöglicht einen hohen Vorfertigungsgrad. Nachhaltigkeit: Zur Nachhaltigkeit sind wenige Aussagen getroffen worden, die über die konventionelle Gebäudetechnik hinausgehen.