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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Entwicklung und Gestaltung des Urftauenparks in Kall

Lageplan

Lageplan

3. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Naturraum im Kulturraum

Mit der Urft durchdringt ein Stück Natur den Kulturraum des Ortes. Diese spannungsvolle Begegnung setzt das Thema für die Gestaltung des Urftauenparks in Kall. In einer vierteiligen Raumfolge verweben sich das intensiv nutzbare, urbane Parkband und das extensive, wilde Naturband zu einer klar ablesbaren Parkstruktur. Der Urftrauenpark wird zum Erlebnis- und Erholungsort für die Kaller und ihre Gäste. Er wird aber auch zur Visitenkarte eines Ortes in der starken Naturlandschaft der Nordeifel.

Unsere Ziele sind:

- Die Schaffung vielfältiger Nutzungsangebote für alle Generationen und Gruppen
- Touristische Aktivierung der landschaftlich reizvollen Lage im Naturpark Nordeifel
- Integration des Landschaftsraumes Urftaue in die übergreifenden urbanen und grünen Freiraumsysteme und die Vernetzung mit der Umgebung
- Entwicklung einer klaren Identität des Ortes zwischen Urbanität und Natur

Die Struktur des Urftauenparks

Der Park durchläuft entsprechend der Stadtstruktur unterschiedliche Abschnitte:
(1) Das große Parkfenster mit den Sitzstufen an der Wiesenaue entwickelt ein starkes gesamtstädtisches Bildmotiv,
(2) der Wasserspielplatz im Schilfdschungel bildet einen Treffpunkt für die ganze Familie
(3) an der Doppelpromenade kommen sich das post-industrielle Aktivband im Schilfdschungel und die Wildnis der Urftböschung ganz nah, der Urftbalkon ermöglicht den Blick in die neue Aue und
(4) der Quartierspark mit seinem Wiesenraum spannt sich auf zwischen der siedlungsnahen Quartierspromenade und dem Urftsteig entlang des wilden Flusssaums.

Die Doppelwegeschleife

Der Doppelstrang aus urbaner Promenade und „Auenpfad“ verbindet den Stadteingang am Pavillonplatz und Parkfenster mit dem Platz an der Markscheide als Übergang in die Landschaft und ins Landschaftsschutzgebiet. Das Prinzip der Schleife ermöglicht trotz der räumlichen Begrenztheit mehrere Möglichkeiten für Rundwege durch den Park.
Der breite Hauptweg bildet dabei als Weg in die Landschaft die leistungsfähige und übergreifende Erschließung für Fußgänger und Radfahrer. Er entwickelt eine stationsartige Taktung mit Aufweitungen und Plätzen und bildet dabei eine intensive Verzahnung und Korrespondenz mit der städtebaulichen Rahmung aus.
Als Kontrast dazu, umspielt der Auenpfad diesen als „Erfahrungsweg“, wechselt die Ebenen und ermöglicht etwas abseitiger intimere oder naturnähere Sichtweisen. Dieser Weg führt als steinerner Steg entlang des Urftufers hinunter in die Wiesenaue, hinein in die Urftböschung an der Doppelpromenade und als verspringender Steig durch die Auenseite des Quartiersparks.
Den Start- und den Endpunkt der Wegeschleife bilden jeweils Platzflächen unterschiedlicher Charakteristik; der Pavillonplatz als städtisch geprägter Platzbalkon; ermöglicht als Parkfenster einen Überblick über die Wiesenaue und die Auenwildnis. Der Auenplatz, mit kleiner Ausstellungsstation zur Flussnatur, führt beide Wegehauptstränge wieder zusammen und leitet über in die Naturlandschaft.

Topographie des Flussbettes: Ökologische Verbesserung

Der Auenpark inszeniert und nutzt die ökologisch verbesserte Aue der Urft als Kulisse. Dabei werden mit der Ausbildung offener Uferzonen Aufweitungsbereiche vorgeschlagen, die eine natürliche Gewässerdynamik und die Ausbildung breiter Saumzonen ermöglichen. Der weitere Umgriff der Böschungen und Wiesensäume wird naturnah entwickelt.
Der renaturierte Flusslaufe wird inszeniert und akzentuiert. An prominentester Stelle, im Bereich der Wiesenaue wird das Bett geweitet und das Ufer abgeflacht. Über Blockstufen wird das Wasser punktuell zugängig gemacht, Inseln werden im Initialzustand angelegt. Das Parkfenster wird so zum Schaufenster für den Umbau der Urft. An wichtigen Schnittstellen entstehen weitere Aufweitungsbereiche: So im Übergang zum Quartierspark sowie an der Markheide. Die Flusslandschaft mit ihren natürlichen Ufern rückt ins Zentrum der Betrachtung und bestimmt die Atmosphäre des Parks.

Orte im Park: Intensiv versus Wild

Die Wiesenaue: Die im Norden des Parkes liegende offene Aktionsfläche ist frei nutzbar und an einen flachen Uferzugang angebunden, was die direkte Sichtbarkeit und vielfältige Erlebbarkeit des Wassers ermöglicht. Nur wenige Bäume strukturieren die Wiese. Westlich der Hauptwegeachse dient sie als Fest- und Veranstaltungswiese, als offene Spielwiese sowie zum Aufstellen des Maibaumes zum Maigeloog.
Die Urftterrassen: Elegante, langgezogene Rasenterrassen betonen die Topographie. Von integrierten Sitzpodesten aus öffnet sich der Blick über die weite Wiesenfläche, welche auch für kleine Open-Air Veranstaltungen genutzt werden kann.
Der Wasserspielplatz: Als skulpturale Landschaft aus Spritzbeton besetzt er eine zentrale Stelle im Park. Die modellierte Topografie lädt zu verschiedenen Formen der Nutzung ein: Rennen, Rollen, Matschen, Balancieren, Spielen. Gräserinseln sind wie eine Adaption der Urftinseln in die Fläche eingestanzt. Er wirkt wie eine artifizielle Antwort auf die Flussaufweitung an der Wiesenaue. Durch die Verschränkung der Nutzungen entsteht ein intensiver sozialer Raum. Der umgebende „Gräserdschungel“ bietet Kindern weitere Erlebnismöglichkeiten.
Das Aktivband: Die Abfolge aus Spiel- und Sportplätzen ist in einen Saum aus hohen Gräsern integriert und fügt sich struktrubildend in Park und Urftlandschaft ein. Mit Taktung und Nutzung nehmen die Plätze Bezug zu den angrenzenden Flächen auf, zuerst zum ehemaligen Betonwerk, dessen Kransäulen zum Kletterpark umfunktioniert und erweitert werden, dann zum Brückenpfeiler der neuen Verbindungstrasse zur Trierer Straße, an dem eine Boulderwand entsteht und im weiteren Verlauf zur Klimasiedlung, wo Gemeinschaftsplätze entstehen. Ein Band der Aktivität durchzieht den Park vom Wasserspielplatz bis zur Landschaft.
Am Urftbalkon: Zwischen den beiden hier miteinander verzahnten Wegeachsen entstehen zwischen klar gegliederten Feldern mit natürlicher Vegetation Sitznischen am Wasser – ein Ort zum Verweilen.
Die Auenwildnis: Der Naturraum am Quartierspark wird durch den Auenpfad begeh- und erlebbar gemacht. Durch die Auflockerung und Qualifizierung des Gehölzsaumes wird die Urft vom Park aus sichtbar.

Vegetationskonzept

Die Vegetation ist geprägt von 3 Elementen: offenen Wiesenräumen, Kulturgrün mit robusten, gärtnerisch angelegten Säumen im oberen Urftauenpark und Naturgrün mit sukzessiv entwickelter naturhafter Vegetation in der unteren Auenwildnis. Diese Elemente berühren sich dort, wo die Wege sich zu einem Doppelstrang verdichten.

Material und Ausstattung

Werkstein und Stahl: In der Form- und Materialsprache des neuen Parkes findet sich die lange Kaller Tradition der metallverarbeitenden Industrie und Werkstätten ebenso wieder wie die fließenden Formen der Flusslandschaft.
Maiwiese und Maigeloog
An den letzten Apriltagen entfaltet die Festwiese am Hallenbad einen eigenen Charme – der Dorf-Maibaum wird aufgestellt und die Kaller treffen sich zum gemütlichen Beisammensein am Lagerfeuer. Auf der Maiwiese am Hallenbad findet das traditionelle alljährliche Maigeloog statt. Kleine Stände und ein Festzelt können auch zu anderen Gelegenheiten dort aufgestellt werden. Die Maiwiese ist zu diesem Zweck in Teilen mit Rasentragschichten ausgebaut.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überzeugt durch seine gelungene Raumgliederung.
Bereits am Pavillonplatz, dem Stadteingang, wird durch das Parkfenster angedeutet, was dieser Park den Besuchern bieten kann.
Eine einladende, offene Wiese wird durch zwei Wege gefasst, die dem Besucher die beiden wesentlichen Erlebnisbereiche des Parks erschließen.
Die „urbane Promenade“ führt - distanziert vom Fluss - zu den Aktivitätsangeboten.
Auf dem „Auenpfad“ behalten die Besucher den Fluss mit seiner Natur und zwei neu inszenierten Biotopbereichen - „naturnah ausgebaute Nebenarme“ - stets wahrnehmbar im Auge. Durch einen Kunstgriff zweier Kreuzungen der beiden Wege wird südlich des Hallenbades eine langgestreckte inselartige Spange für das Spielen im Wasser geschaffen, das entlang der Urft richtigerweise nicht vorgesehen wird. Ob die gestalterisch großzügig erscheinende Geste realisiert eine nachhaltige Nutzung ohne übergroßen Betriebs- und Unterhaltungsaufwand erlaubt, ist in Frage zu stellen. Die „urbane Promenade“ erschließt bis zum südlichen Parkende entlang des ehemaligen Betonwerks
und der Klimaschutzsiedlung ein sehr reichhaltiges Aktivitätsband für Spiel- und Sportmöglichkeiten, das seinen Wert auch in einer etwas reduzierteren Form nicht verlieren würde. Es wirkt als Angebot etwas überbordend.
Der Quartierspark am südlichen Ende wäre in einem ähnlich offenen Raumangebot wie das Parkfenster am Stadteingang besser nutzbar für freies Spielen und als Liegewiese.
Die Arbeit besticht durch ihre einmalige identifizierbare Raumgestaltung sowie ein feinfühliges qualitätsvolles Durcharbeiten bis in alle Einzelheiten. Sie bleibt desungeachtet offen für kleinteilige Veränderungen.
Die Kosten werden als angemessen eingeschätzt.
Geländeschnitt

Geländeschnitt

Perspektive

Perspektive

Vertiefungsbereich 1

Vertiefungsbereich 1

Vertiefungsbereich 2

Vertiefungsbereich 2