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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Städtebauliche Gestaltung des Entwicklungsgebietes "Jüchen-West"

3. Preis

Preisgeld: 8.000 EUR

Thomas Schüler Architekten und Stadtplaner

Stadtplanung / Städtebau, Architektur

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Konzept bildet die Grundlage für das neue Quartier welches den stadträumlichen westlichen Abschluß für Jüchen ausbildet. Die einzelnen Baufelder liegen wie Schollen eingebettet im Landschaftsraum und gruppieren sich fächerförmig um einen zentralen Innenbereich – den Jüchener Landschaftsbogen. Dieser spannt sich vom nördlichen Quartiersplatz bis zum neuen Brückensteg, der an den zukünftigen „Grünen Ring“ im Tagebaugebiet anbindet.

Über die gliedernden Grünfugen entstehen Wegeverbindungen in den angrenzenden Landschaftsraum und eine hohe Durchlässigkeit. Als notwendige Frischluftachsen ermöglichen sie ein durchgrüntes Wohnumfeld.

Freiräumliches Konzept

Der gesamte Grünraum wird naturnah ausgebildet und nimmt die erforderlichen Ausgleichsflächen für das Gebiet auf. Gleichzeitig übernimmt er die Funktion eines Retentionsraumes für das anfallende Regenwasser und trägt durch seine Aufenthaltsqualität und ökologische Funktion als Regenwasserretentionsfläche zur Qualitätssteigerung des Quartiers bei. Er schafft gleichzeitig kommunikative gemeinschaftliche Spiel- und Freizeitflächen und fördert die Identifikation mit dem Quartier.

An den Rändern des Landschaftsangers werden neue Nutzungen, wie z.B. naturnahe Spiel- und Sportangebote für alle Alters- und Bevölkerungsgruppen, Mietergärten sowie informelle Sportangebote als Naherholungsflächen für die Bewohner des Stadtteils integriert.

Quartiere am Landschaftsanger

Der Landschaftsbogen wird durch die angrenzenden Quartiere gerahmt, die hierüber ihre Adresse erhalten. Eine differenzierte Bebauung mit unterschiedlichen Gebäudetypen bildet eine spannungsvolle Raumkante mit abwechslungsreicher Architektur.

Das modulare Konzept gliedert sich in kompakte Baufelder mit offenen Hofstrukturen zum Innenbereich und aufgelockerte Einzelhäuser im Randbereich. Die Bautypen sind grundsätzlich flexibel und austauschbar, wobei die Dichte am Landschaftsanger am höchsten ist und sich zu den Rändern hin auflockert.

Eine Mischung der unterschiedlichen Gebäudetypen auf den Grundstücken ist grundsätzlich möglich und erlaubt eine flexible Körnigkeit ohne die städtebauliche Grundidee zu verlieren.

Die einzelnen Quartiersbereiche gruppieren sich jeweils um mittige Nachbarschaftsplätze, wo sich Spiel- und Kommunikationsflächen befinden und gemeinschaftliches nachbarschaftliches Leben stattfinden kann.

Erschließung / Mobilität

Das Quartier wird über die nördliche Zufahrt erschlossen und als alleeartige Straßenschleife durch das Gebiet geführt. Hiervon gehen verkehrsberuhigte
Wohnstraßen ab, die ringförmig die einzelnen Wohnquartiere erschließen und ein Wohnumfeld mit hohen Freiraum- und Nutzungsqualität schaffen.

Die Nachbarschaftsplätze betonen die Quartiersmitte in den Teilgebieten, wo sich in zentraler Lage die Bushaltestellen und die Mobilitätsstationen befinden. Durch intelligente Mobilitäts- und Sharing-Konzepte in Kombination mit dem ÖPNV kann eine signifikante Reduzierung des fahrenden und ruhenden KFZ-Verkehrs erreicht werden.

Die Fuß- und Radwege durch die Grünraume stärken das durchlässige innere Erschließungskonzept und fördern zudem den individuellen Fuß- und Radverkehr.

Bauabschnitte

Die Planung gliedert sich in Teilbereiche die als eigenständige Bauabschnitte funktionieren. Im ersten Abschnitt entsteht der nördliche Bereich mit seinem Quartiersplatz und der Kita. Der Landschaftsanger bildet das freiräumliche Rückgrat für die weiteren Entwicklungsschritte und bildet die Wegachse zum Tagebaugebiet. In den weiteren Abschnitten entstehen die angrenzenden Wohnbaufelder die abschnittsweise realisiert werden können.

Regenwasserkonzept

Für die Entwässerung des gesamten Gebietes wird ein dezentrales Regenwassermanagement in drei Stufen vorgeschlagen, mit dem Ziel, das anfallende
Regenwasser möglichst lange auf dem Gebiet zurückzuhalten bzw. zu versickern.

In einer ersten Stufe wird das anfallende Regenwasser aus den privaten Flächen in dezentralen Retentionszisternen gesammelt, und in Form von Grauwassernutzung genutzt. Der Notüberlauf wird über offene Mulden abgeleitet. Durch eine anteilige Dachbegrünung kann das anfallende Regenwasser aus den privaten Flächen zusätzlich reduziert werden. Im zweiten Schritt wird das Regenwasser der Straßenräume sowie auch der Nachbarschaftsplätze in einem Netz aus offenen Rinnen gesammelt und den Rasenmulden im zentralen Landschaftsanger zugeführt.

In den Rasenmulden im Landschaftsanger wird schließlich als dritter Baustein das Regenwasser möglichst lange zurückgehalten und verzögert in den Regenwasserkanal am Kreisverkehr im Norden abgeleitet. Bei Starkregenereignissen kann das überschüssige Wasser in das zentrale Rückhaltebecken am Kreisverkehr eingeleitet werden. Im südlichen Bereich wird ebenfalls ein Regenrückhaltebecken mit ca. 600 m3 Fassungsvermögen angelegt, um den Ort zukünftig vor Hochwasser aus dem Hackhauer Fließ zu schützen.

Das Außengebietswasser wird in Form von grünen Rasenmulden am Siedlungsrand aufgefangen und schadlos über die Retentionsanlagen abgeführt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Wettbewerbsbeitrag zeichnet sich durch die sehr starke Leitidee des Jülicher Landschaftsbogens aus, der durch den neuen Stadtteil von der B 59 über mehrere Quartiersplätze verläuft und eine starke Ausrichtung auf die südlich der Verkehrsbarrieren gelegenen Potenzialräume des ehemaligen Tagebaus zeigt.
Anliegend an den Landschaftsanger entfaltet die Wohnbebauung eine hohe Dichte mit einer III bis IV-geschossigen Mehrfamilienhausbebauung, die sowohl Eigentums- als auch Mietwohnungen enthalten kann und für die der Landschaftsbogen den notwendigen öffentlichen Freiraum bietet. Die Lage der Kin-dertagesstätte am Gebietseingang und gegenüber dem Mischgebiet wird allerdings kritisch gesehen. Die KiTa sollte besser am Quartiersplatz oder am Landschaftsbogen in das Wohngebiet integriert wer-den.
Überlagert wird die starke Struktur des Landschaftsbandes vom Erschließungsstraßenring, der das nördliche Mischgebiet und die drei Wohnquartiere erschließt. Diese Haupterschließung wird durch eine mehrgeschossige Bebauung gefasst, die sich zu den Quartiersplätzen als Treffpunkten jeweils öffnet.
Das Wohnquartier weist mit 866 Wohneinheiten eine sehr hohe Dichte auf, die im Preisgericht kontro-vers diskutiert wird. Von den mehrgeschossigen Gebäuden entlang des Erschließungsrings und des Landschaftsbandes staffelt sich die Gebäudehöhe zur Bestandsbebauung und zur umgebenden Landschaft ab. Obwohl eine sehr hohe Wohndichte erreicht wird, muss die hohe Wohnqualität durch die Lage an der „grünen Mitte“, den Quartiersplätzen und die unmittelbare Nähe zum umgebenden Landschafts-raum hervorgehoben werden.
Die Kompensation des Eingriffs in den Freiraum wird im Wettbewerbsbeitrag nicht nachgewiesen, er-scheint dem Preisgericht aber schlüssig.
Das Mobilitätskonzept sieht eine öffentliche Nahverkehrsbedienung der Erschließungsschleife durch Busse mit 4 Haltestellen vor. Der Bahnhof Jüchen kann über die Römerstraße direkt angefahren werden. Hingegen ist die Römerstraße vom MIV des Quartiers abgetrennt. Mobilitätsstationen mit Sharing-Konzepten sollen die Anzahl der privat notwendigen Pkw verringern.
Deutlich herausgearbeitet wird die Fundstelle der römischen Villa Jucunda. Die Baumstellung nimmt die orthogonale Figur römischer Stadt- und Platzgestaltung auf und kennzeichnet somit hervorragend die-sen besonderen Ort. Der übrige Freiraum südlich des Wohnquartiers wird vielfältig durch Bolz- und Spielflächen, Grabeland aber auch vorhandene Ackerflächen genutzt.
Das Preisgericht begrüßt die Auseinandersetzung mit dem Thema des Brückenschlages nach Süden. Die Fuß- und Radwegeverbindung über das Hackhauser Fließ, die Bahntrasse und die A46 entfaltet eine sehr starke Geste und ermöglicht langfristig ehemaligen und auch wieder zukünftigen Stadtraum von Jüchen an das vorhandene Stadtgebiet anzubinden.
Quartiersplatz mit Blick in den Landschaftsbogen

Quartiersplatz mit Blick in den Landschaftsbogen

Lageplan 1:1000

Lageplan 1:1000

Ausschnitt Quartiere-Landschaftsbogen 1:500

Ausschnitt Quartiere-Landschaftsbogen 1:500

Ausschnitt Quartiersplatz 1:500

Ausschnitt Quartiersplatz 1:500