modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 04/2019

Ersatzneubau der Rathausbrücke in Zürich (CH)

1. Rundgang

Ernst Niklaus Fausch Partner AG

Architektur

Raymond Vogel Landschaften AG

Landschaftsarchitektur

Synaxis AG

Bauingenieurwesen

Bänziger Kocher Ingenieure AG

Wasserbau

Erläuterungstext

Die 1973 fertiggestellte Rathausbrücke ist sanierungsbedürftig. Zusätzlich genügt sie auch den neuen Anforderungen des Hochwasserschutzes nicht mehr und muss deshalb ersetzt werden. Zusammen mit Synaxis, Bänziger Kocher Ingenieure, Raymond Vogel Landschaften, lightsphere und weiteren Fachleuten nahmen wir als interdisziplinäres Planerteam am Studienauftrag vom Tiefbauamt der Stadt Zürich teil.

Die neue Brücke muss viel können: Als politischer Versammlungsort und als Aussichtsplattform mit Blick auf Altstadt- und Alpenpanorama ist sie die symbolische Stadtmitte für Bürgerinnen der umliegenden Stadtteile und Besucher aus aller Welt. Gleichzeitig bleibt der Brückenschlag in der geografischen Mitte der Altstadt eine wichtige Fuss- und Veloverkehrsverbindung.

Zur Klärung der städtebaulichen Situation an dieser zentralen Stelle ist unser Projektvorschlag in zwei Abschnitten konzipiert: entlang dem linken Ufer wird auf das historisch bewährte Prinzip der Kanalbildung zurückgegriffen. Der eigentliche Platz dazwischen hebt sich hingegen von der Altstadt ab: er tritt als schwebende Plattform in der Flussmitte in Erscheinung und greift an beiden Ufern auf die Kanalbauwerke.

Das Zusammenspiel der Wandscheiben vom Haus zum Schwert und der ersten mittelalterlichen Brücke mit den Kanalwänden unter dem Rathaus hat sich durch alle Veränderungen bis zum Bau der heutigen Brücke gehalten. Die hydraulisch erforderliche Neuordnung vom Scheibenrhythmus des Tragwerks bedingt die typologische Unterscheidung zwischen Kanal und Plattform. Diese Differenzierung zieht sich von der Struktur des Bauwerkes durch die Materialisierung von Oberflächen und Pfeilerscheiben bis zu den Randabschlüssen durch.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projektteam versucht die anspruchsvolle Aufgabe durch die Neuinterpretation des Ortes zu bewältigen. Bezugnehmend auf die historischen Landerweiterungen durch Kanalbauwerke erhält das Haus zum Schwert zwei neue Vorplätze mit unterschiedlicher Funktion: im Norden entsteht ein Ankunfts- und Versammlungsort für einen neuen Landungssteg "Rathaus" des Limmatschiffs, im Süden eine Vorzone für die direkten Anlieger. Die Raumabfolgen zwischen Limmatquai und Weinplatz werden dabei aufgrund der neuen Uferlinie nachteilig segmentiert und der Bezug der Bauwerke zum Limmatraum verunklärt. Die neuen Uferbebauungen werden zudem historisierend mit Naturstein verkleidet, was eine Rekonstruktion suggeriert und das historisch kleinmassstäblicher geprägte Ufer im Bereich Wühre und Schipfe verunklärt. Die zwischen den neuen Kanalbauwerken eingespannte schwebende urbane Plattform bietet ruhige Zonen in Form von "Balkonen am Wasser", die eine hohe Aufenthaltsqualität erzeugen. Konsequenterweise wird diese Zone durch den zurückspringenden Brückenrand zusätzlich betont, was jedoch eine Brückenform erzeugt, die in der Abwicklung nicht zu überzeugen vermag und für den Ort im historischen Zentrum als nicht angemessen erscheint. Die Plattform bietet zwar Raum für alle vorgesehenen Nutzungen und dank ihrer grossen Fläche auch Aufenthaltsqualität für Besuchende und TouristInnen, die die Aussicht auf die Stadt, den Limmatraum und die Berge geniessen wollen. Sie differenziert und strukturiert den Raum aber nicht für die einzelnen Ansprüche. Die nächtliche Inszenierung überzeugt mit der Aufwertung der umliegenden Fassaden basierend auf dem Plan Lumière, der Brückenabschluss wird über ein Lichtband in den Sitzstufen zurückhaltend gekennzeichnet. Das Brückenbauwerk gliedert sich in eine massive, natursteinverkleidete Betongewölbekonstruktion auf der linken Seite der Limmat, und eine zweifeldrige vorgespannte Betonplattenbrücke, die den Bereich zwischen Haus zum Schwert und rechtem Ufer überspannt. Zwischen diesen beiden Bereichen wird eine Stützenachse vorgesehen, die vor dem Haus zum Schwert durchläuft; deren Fundation ist bautechnisch anspruchsvoll. Die in Längsrichtung vorgespannte Betonbrücke nutzt das Längsgefälle geschickt zur Vergrösserung der statischen Höhe über der Zwischenstütze, mit welcher der Überbau monolithisch verbunden ist. Die Brücke ist damit schwimmend gelagert, womit in Verbindung mit der kurzen Brückenlänge nur kleine Verschiebungen bei den Widerlagern auftreten. Die Entwässerung erfolgt vom Scheitelpunkt in Längsrichtung zu den Auflagern hin. Mit dem vorgesehenen Belag aus 20 cm starken, bewehrten Betonplatten, die auf einer vollflächigen Flüssigkunststoff-Abdichtung liegen, kann eine hohe Dauerhaftigkeit gewährleistet werden. Kritisch beurteilt werden hingegen die für den Unterhalt schwer zugänglichen Schlitzrinnen. Die vorgesehene Erstellung des Bauwerks in Hochlage, mit anschliessender Absenkung, ist durchdacht. Die Erstellungskosten sind im Vergleich mit den anderen Projekten tief. Die Anforderungen an eine glatte Brückenuntersicht sind eingehalten. Die Pfeilerscheibe 2 wird gegenüber der heutigen Lage um das maximal zulässige Mass verschoben, die hydraulischen Anforderungen werden jedoch durch die vorgesehene Sohlenabsenkung erfüllt. Auch wenn aus hydraulischer Sicht möglich, beinhaltet die zusätzliche Gewässerüberdeckung mit neuer Schiffsanlegestation bei der Schipfe grosse Unsicherheiten in Bezug auf die Bewilligungsfähigkeit. Sicher müsste die Sohlenbaggerung in fliessendem Wasser mit der Fischerei noch genauer abgesprochen werden.
Fazit
Das Beurteilungsgremium schätzt die hohe Präzision und Sorgfalt des Projektbeitrags, die sich auch in der Materialwahl und Detaillierung widerspiegeln: mit einem Staketengeländer mit breitem Holzhandlauf, geschliffenem Ortbeton, Sandstein und Granit würde sich die urbane Plattform gut in den Kontext einbinden. Dieser überraschende Ansatz wirft jedoch städtebaulich mehr Fragen als Antworten auf und vermag daher nicht zu überzeugen.