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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Neubau eines Kindergartens am Wiesensteig in Wolnzach

1. Preis

HAFERKAMP KRAMER WILKENING ARCHITEKTEN

Architektur

Antonello Scopacasa, Studio Ideale

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Architektur

Der neue Kindergarten in Wolnzach wird als zweigeschossiger Bau mit Satteldach in Form einer hölzernen Scheune geplant. Der langgestreckte Baukörper wird parallel zur Bahnstrecke angeordnet und im westlichen Bereich des Grundstücks platziert. Die Anbindung erfolgt über einen Vorplatz, der im Bereich des neuen Knotenpunktes von Schloßstraße und Wiesensteig liegt. Über den Wiesensteig erreichen die Fahrradfahrer die hier platzierten Fahrradständer, die sich gegenüber dem Haupteingang des neuen Kindergartens befinden. Die Mitarbeiter erreichen die geforderten PKW-Stellplätze über die Zufahrt zum nördlich angrenzenden Nachbarn, hier erfolgt auch die Anlieferung und Entsorgung. Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen, können die geplanten öffentlichen Stellplätze entlang der Schloßstraße nutzen und den Vorplatz über eine Treppe bzw. Rampe im Bereich der Böschung erreichen.

Die optionale Krippe kann im östlichen Bereich des Grundstücks direkt an dem Streifen zur Bewirtschaftung des Deiches platziert werden. Der eingeschossige Baukörper, ebenfalls mit Satteldach, liegt dann parallel zur Wolnzach. Die Erschließung erfolgt per Fahrrad direkt von Süden über den Wiesensteig. Eine Zufahrt entlang der nördlichen Grundstücksgrenze, beginnend im Bereich der Anlieferung des Kindergartens und hinter dem Gartengerätehaus vorbei, erschließt dann die Krippe für die Mitarbeiter, die Anlieferung und zusätzlich für die Feuerwehr. Der großzügige, zusammenhängende Freibereich des Grundstücks zwischen den Gebäuden steht somit vollständig für die geschützten Außenspielflächen zur Verfügung.

Die beiden Einheiten des Kindergartens werden auf zwei Geschosse mit jeweils drei Gruppenbereichen und gemeinsamen Spielflur aufgeteilt. Die Gruppen- und dazugehörigen Nebenräume orientieren sich dabei nach Osten zu den Außenspielflächen und verfügen über einen Laubengang, der direkt an die Garderobenbereiche anbindet. So entsteht eine witterungsgeschützte Übergangszone, die die Gruppenräume im Obergeschoss jeweils mit einer Kombination aus Treppe und Rutsche an die Freiflächen anbindet. Zusätzlich dient dieser Laubengang als zweiter Rettungsweg.

Die Spielflure werden direkt über die zweigeschossige Eingangshalle erschlossen und nehmen sowohl die Garderoben der einzelnen Gruppen als auch die gemeinsamen Essensbereiche auf. Die Garderoben liegen dabei zwischen den Gruppenbereichen und belichten den Spielflur über den Laubengang im Osten. Die Essensbereiche erweitern die Spielflure und binden diese an die Westfassade an, sie verfügen jeweils über einen Vorraum mit Aufzug für die Speisen. Im Norden werden die Flure bis an die Fassade geführt und erschließen im Erdgeschoss zusätzlich die Küche und die Räume für Technik und Müll. Im Obergeschoss befinden sich an dieser Stelle die beiden Therapieräume und der Raum für Werken und Gestalten.

Der große und teilbare Bewegungsraum liegt an der Südfassade im Obergeschoss und verfügt über integrierte Materiallager an seinen Stirnseiten. Darunter befindet sich im Erdgeschoss der Mitarbeiterbereich mit Leitungsbüro, Teamraum, Personalraum und Nebenräumen. Das Leitungsbüro grenzt dabei direkt an die Eingangshalle an, in der sich der Informations- und Aufenthaltsbereich für die Eltern befindet. Der Aufzug und das barrierefreie Besucher-WC werden über diese Eingangshalle erschlossen.

Der Zugang zu den Gruppenräumen liegt jeweils vor den Garderobenbereichen am Spielflur. Die Waschräume und Nebenräume werden direkt vom Gruppenraum aus erschlossen. Einbauschränke mit Schiebetüren entlang der Innenwände nehmen die zu lagernden Materialien auf. Die Kochnische befindet sich entlang der Trennwand zum Spielflur und ermöglicht die gewünschten Blickbeziehungen zwischen den Räumen. Im Obergeschoss wird unterhalb des Dachfirstes eine Hochebene über der Kochnische geplant, die ebenfalls Blickbeziehungen zwischen Spielflur und Gruppenraum ermöglicht.

Das Gebäude ist als wirtschaftlicher und nachhaltiger Neubau konzipiert, er wird als Holzkonstruktion mit überwiegender Vorfertigung geplant. Lüftungsanlagen sind nicht vorgesehen, lediglich die innenliegenden Waschräume werden Entlüftet und erhalten Nachströmöffnungen. Zur Wärme- und Kälteerzeugung ist der Einsatz einer Wärmepumpe angedacht. In die Dachflächen können Photovoltaikelemente integriert werden. Die erforderliche Anlagentechnik kann neben dem Technikraum im Erdgeschoss zusätzlich in den Dachräumen, die sich über den Waschräumen befinden, untergebracht werden.

Landschaft

Alle öffentlichen Nutzungen liegen auf der Westseite des Gebäudes, entlang der Zufahrt zum nördlich angrenzenden Nachbarn. Hier sind auch die notwendigen Abstellmöglichkeiten für Fahrräder auf dem Vorplatz und die naturnah gestalteten PKW-Stellplätze vorgesehen. Die Grundstückszufahrt mit Anlieferung und Entsorgung findet hier statt ohne den Eingangsbereich oder den Fahrradweg Wiesensteig zu kreuzen. Alle schützenswerten Bestandsbäume werden dabei in diesen Bereich integriert.

Die Außenspielflächen liegen auf der Ostseite des Kindergartens und sind direkt von den Gruppenbereichen aus zugänglich. Die Laubengänge vor der Fassade bilden den geschützten Übergangsbereich aus und binden das Obergeschoss mittels Treppen und Rutschen an den Garten an. Dieser Garten stellt die optische und räumliche Fortsetzung des Lern- und Spielbereichs der Gruppenräume dar.

Drei Felder spannen sich zwischen den Treppen und Rutschen des Laubengangs auf und führen in den Garten hinein. Das mittlere Feld führt als Spielwiese die Grünflächen an das Gebäude heran. Das südliche Feld bietet dem Sandbereich Platz und das nördliche Feld übernimmt den Matsch- und Sandbereich. Diesen Spielbereichen vorgelagert liegen befestigte Flächen mit Sonnensegeln, die für verschiedene Nutzungen zur Verfügung stehen. Frei verteilt liegen naturnahe Rückzugsbereiche, die zum Ausruhen, Beobachten und Entdecken einladen.

Die intensiv gestalteten Spielflächen sind umgeben von einer baumbestandenen Wildwiese, die bis zum Deich an der Wolnzach reicht. Vorgesehene Gehölze könnten hier z.B. Buche, Esskastanie, Ahorn, Pappel oder Weide sein. Im nördlichen Bereich der Wildwiese sind naturnahe Aktivitäten vorgesehen. Ein kleiner Gemüse- und Kräutergarten umgeben von Obstbäumen und einem Insektenhotel sind hier geplant. Einzelne Blumen- und Sträucherbeete werden entlang des Fahrradwegs Wiesensteig verteilt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der klare, langgestreckte Satteldachbaukörper orientiert sich an der umgebenden Bebauung und fügt sich mit seiner Ausrichtung selbstverständlich ein. Positiv gewertet wird die Lage nahe der Schlossstraße, mit der der vorhandene in Nordsüd-Richtung verlaufende Grünzug fast vollständig erhalten wird.

Der durch Einfachheit und Klarheit geprägte Baukörper spielt mit seiner klar strukturierten Fassade mit leichten Versätzen und gliedert sich wohltuend mit den quer dazu angeordneten Zugangstreppen aus dem Obergeschoss.

Die Auffindbarkeit des Eingangs ist gegeben, sowohl von der Schlossstraße als auch vom Wiesensteig aus. Beim Betreten des Gebäudes kommt man im 2-geschossigen Luftraum an, der großzügig wirkt und der Größe des Kindergartens Rechnung trägt. Der sehr klare und übersichtlich strukturierte Grundriss verschafft sofort Orientierung, sowohl für Kinder als auch für Erzieherinnen. Positiv beurteilt wird die Lage des Leitungszimmers am Eingangsbereich. Die allgemein genutzten Räume wie Verwaltung und Personalräume gliedern die Nutzung äußert klar. Bei den Gruppenräumen werden eigene autarke „Wohneinheiten“ geschaffen, deren direkter Zugang zum Garten sehr gut gelöst wurde. Auch die Gruppenräume im Obergeschoss kompensieren durch die vorgeschlagenen Rutschen, Außentreppen und integrierten Galerien die fehlende unmittelbare Begehbarkeit des Gartens aus dem Gruppenraum heraus. Damit werden geschickt hierarchielose Gruppenräume geschaffen. Die räumlich vorgeschalteten Kinderküchen finden großen Anklang und lassen aufgrund der intuitiven Situierung eine rege Nutzung erwarten.

Die vorgeschlagene Vollholzbauweise ist sehr gut vorstellbar. Das Spiel der wechselnden Pfosten-Riegelfasse von Innen nach Außen stellt ein einfaches aber wirkungsvolles Gestaltungselement dar. Der kompakte, klar im Raster geplante Baukörper lässt eine wirtschaftliche Bauweise erwarten. Auch im Bauunterhalt wird aufgrund der vorgeschlagenen Grundwasserwärmepumpe und der hoch gedämmten Gebäudehülle ein günstiger Kennwert erwartet.

Die Freianlagen überzeugen in allen Bereichen unter anderem durch einen besonders hohen Grad an Ausarbeitung. Die vorgestellten Inhalte greifen Organisationsprinzipien des Gebäudes auf und entwickeln daraus eine eigene formale Sprache. Zumindest bis zum Bau der Krippe schafft die Freiraumgestaltung einen sukzessiven Übergang vom Gebäude über intensive Spieleinrichtungen in die Landschaft mit großer Wiese und freien Gehölzgruppen. Dabei deutet der mittlere Wiesenraum bereits eine mögliche Verflechtung mit den Freianlagen der künftigen Kinderkrippe an.

Die unterschiedlichen Nutzungsangebote in den Spielfeldern weisen den Garten als gemeinsamen Erlebnisraum aus, der allen Gruppen gleichermaßen zur Verfügung steht. Die Treppen-/Rutschenkombination wird als originelle Methode erachtet, alle Gruppenräume an die Freiräume anzuschließen und gibt der an sich eher benachteiligten Lage im 1. OG eine besondere Attraktivität.

Insgesamt bieten die Verfasser ein stimmiges, durchdachtes Freiraumkonzept an, das erkennbar auf einer profunden Zusammenarbeit zwischen Architektur und Freiraum beruht.

In der Gesamtschau wird die Arbeit als sehr gelungen und ausgewogen beurteilt.