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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Neubau des Rathauses der Samtgemeinde Neuenkirchen

Rathaus Neuenkirchen Perspektive © Kubeneck Architekten

Rathaus Neuenkirchen Perspektive © Kubeneck Architekten

3. Preis / 3. Rang

Preisgeld: 4.600 EUR

Kubeneck Architekten

Architektur

Erläuterungstext

> Idee und Städtebau
Das neue Rathaus wird quer zur Alten Poststraße angeordnet und öffnet damit einen großzügigen Vorplatz, der das öffentliche Gebäude repräsentativ im Ortsbild inszeniert und sinnfällige Bezüge zum Kirch- und Dorfbrunnenplatz herstellt. Der Vorplatz sorgt für eine eindeutige Adressbildung des Haupteingangs und bildet einen attraktiven Ort für öffentliche Anlässe, Hochzeiten und den Alltag. Der schlichte Gebäuderiegel mit zwei Geschossen zuzüglich Dachgeschoss ordnet sich maßstäblich in den Kontext ein und wird zugleich mit seiner klaren Einfachheit und der prägnanten Dachlandschaft auch seiner identitätgebenden Sonderrolle gerecht. Es wird empfohlen, die straßenseitige Baugrenze im B-Plan-Entwurf zu verschieben.
> Außenanlagen und äußere Erschließung
Der Vorplatz öffnet sich großzügig in Richtung der Alten Post- und der Kitzerowstraße und lädt mit Bänken, Bäumen und üppigen Beeten zum Verweilen ein. Im Westen leitet ein Grünbereich zur benachbarten Wohnnutzung über. Die Stellplätze für die PKWs sind im Norden hinter dem Gebäude angeordnet. Man erreicht sie über die vorhandene Zufahrt an der Ostgrenze des Grundstücks, die zu diesem Zweck für den Zweirichtungsverkehr verbreitert wurde. Stellplätze für Besucher und Rollstuhlnutzer sind in der Nähe des Haupteingangs als Längsparker parallel zur Zufahrt angeordnet. Der Parkplatz kann direkt vom Nebeneingang an der Nordseite aus erreicht werden. Dort befinden sich auch die Fahrradstellplätze mit Ladestationen für E-Bikes. Eine Feuerwehrumfahrt ist wegen zwei gebauter Fluchtwege nicht erforderlich.
> Architektur und Funktionen
Die Höhe des Gebäudes wurde in angemessener Proportion zu den Nachbarn geplant. Die Dachform weicht bewusst von den ortsbildprägenden Steildächern ab und beansprucht für das Rathaus die berechtigte Sonderrolle. Das einfache flache Dach wird durch die eingeschnittene Loggia zur prägnanten und repräsentativen Form weiterentwickelt. Die Loggia im Dach und der doppelgeschossige Sitzungsraum im 1. OG ermöglichen es, das baurechtliche Privileg für ein zusätzliches Dachgeschoss optimal zu nutzen und zweieinhalbgeschossig kompakt zu bauen. Das Parlament am Kopf des Gebäudes im 1. OG ist mit seinem großen Schaufenster weithin sichtbar und gewährt den Abgeordneten doch ausreichenden Abstand zur Öffentlichkeit. Das unmittelbar daran anschließende Trauzimmer kann mit einer mobilen Trennwand zum Sitzungssaal geöffnet werden. Auch alle weiteren Funktionen des Parlaments sind dem Sitzungsraum zugeordnet. Im übrigen Gebäude sind die Büros nach Fachbereichen geordnet und dem Raumprogramm entsprechend dargestellt. Dank der nicht tragenden Trennwände kann die Einteilung jederzeit flexibel an künftige Änderungen angepasst werden. Alle Nutzungen sind oberirdisch untergebracht, um die ökologischen und ökonomischen Vorteile des Bauens ohne Keller zu nutzen.
> Innere Erschließung, Brandschutz
Am Haupteingang werden Personal, Abgeordnete und Besucher von einem großzügigen, transparenten Foyer mit Frontoffice in Empfang genommen. Hier befinden sich auch die gewünschten Arbeitsplätze sowie Besprechungsräume etc. Von dort erreicht man über die Haupttreppe oder den Aufzug den Parlamentarischen Bereich im 1. OG., der mit allen gewünschten Büros, WCs etc. komplett getrennt vom übrigen Gebäude genutzt werden kann. Auch die übrigen Bürobereiche sind von hier erreichbar. Treppen und Flure sind großzügig bemessen, verfügen über eine natürliche Belichtung und dienen gleichzeitig als Wartebereich der Kundinnen und Kunden sowie der informellen Kommunikation des Personals. Dies wird ermöglicht durch die Teilung der Geschosse in zwei Nutzungseinheiten von < 400 m2, so dass keine notwendigen Flure im baurechtlichen Sinne erforderlich sind (keine F30 Wände, Brandlasten zulässig). Die Polizeistation ist im EG angeordnet und verfügt über einen zusätzlichen separaten Außenzugang.
> Fassade
Die Lochfassade aus Mauerwerk orientiert sich an der vorherrschenden Struktur und dem ortstypischen Material, um sich bestmöglich zu integrieren. Gleichzeitig wird die eigene Identität
Rathaus Neuenkirchen 250496
und Sonderrolle als Rathaus betont durch die Größe der Fensteröffnungen einerseits und die hellen, geschlämmten Backsteine andrerseits, die sich klar vom Bestand abheben. Die helle Fassade, gegliedert durch horizontale Bänder aus Sichtbeton, gibt dem Haus eine freundliche und bürgeroffene Ausstrahlung, ein modernes und doch traditionsverbundenes Gesicht, mit dem sich die Bürgerinnen und Bürger identifizieren werden.
Die großzügig verglaste Ecke macht das Rathaus und den Haupteingang schon von der Lindenstraße aus sichtbar und bindet das Gebäude in das städtische Gefüge ein. Mit der eingeschnittenen Loggia auf der Ostseite wird der parlamentarische Bereich zusätzlich turmartig hervorgehoben und die Orientierung der Längsfassade zum Vorplatz hin unterstrichen. Schaufenstergroße Öffnungen repräsentieren das Parlament und das Trauzimmer stolz und transparent nach außen. Die Lochfenster der Büros sind senkrecht übereinander klar geordnet, erzeugen ein ruhiges, klares Gesamtbild und stehen durch den minimal wachsenden Abstand der Fenster untereinander doch in einem guten Spannungsverhältnis zueinander.
> Komfort und Gesundheit
Senkrechtmarkisen in erdfarbenen Tönen unterstreichen den freundlichen offenen Charakter des Rathauses und verhindern die Aufheizung des Gebäudes im Sommer. Alle Bürofenster sind öffenbar für eine natürliche Lüftung und die leichte Reinigung von innen. In der Fassade sind Nachströmöffnungen für frische Außenluft vorgesehen, die im Sommer über Nacht geöffnet werden und zusammen mit Öffnungen in den beiden Treppenhäusern für eine natürliche Nachtluftkühlung des Gebäudes sorgen. Dabei dient der flächige Estrich auf Trennlage nicht nur als Bodenaufbau, sondern zugleich als thermische Speichermasse, die solare Gewinne aufnimmt und zeitversetzt (z.B. über die Nachtluftkühlung) wieder abgibt. Dies bewirkt ein gleichmäßiges und behagliches Raumklima. Dabei soll die Gebäudetechnik auf das notwendige Maß beschränkt werden und unnötiger Wartungsaufwand vermieden werden. Steuerungen werden zentral ausgeführt, sind aber individuell übersteuerbar. Der Sonnenschutz z.B. wird für alle Räume täglich vor Sonnenaufgang zentral geschlossen, kann im Laufe des Tages aber vom Nutzer neu eingestellt werden.
> Konstruktion, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Für die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit des Entwurfs wurden alle passiven Maßnahmen optimiert. Die große Gebäudetiefe schafft ein kompaktes Verhältnis von Oberfläche und Volumen A / V. Alle Nutzflächen sind effizient erschlossen und die geringen Verkehrsflächen sind vielfältig informell nutzbar. Das robuste Brandschutzkonzept mit zwei Nutzungseinheiten < 400 qm und das einfache Konstruktionsraster ermöglichen flexible Umbauten. Der Rohbau wird überwiegend aus Holz hergestellt, speichert damit langfristig CO2 und spart Primärenergie bei der Herstellung. Lediglich die Gründung und die Bodenplatte werden aus Stahlbeton hergestellt.
In die Rohdecken aus Holzkastenelementen (z.B. Lignotrend) werden werkseitig große Leerrohre eingebaut und örtlich verkabelt. Weitere Leerrohre werden für spätere Umbauten und Nachrüstungen leer vorgehalten und können oberseitig von Bodentanks und unterseitig für Beleuchtung, Beamer etc. angefahren werden. Ein Doppelboden entfällt hinsichtlich Raumhöhe, Kosten, Energie- und Materialaufwand. Der durchgehende Estrich ermöglicht das Umsetzen von Trennwänden ohne Änderungen des Bodenaufbaus, die bei einer schwimmenden Konstruktion erforderlich wären. Eine abgehängte Decke ist weder erforderlich noch vorgesehen. Das Holz der vorgefertigten Rohdecken wird in Sichtqualität eingebaut und kann nach Bedarf auch akustisch gelocht ausgeführt werden. Die leichten Trennwände werden in Systembauweise erstellt, um auch diese bei Umbauten wiederverwenden zu können. Die Fassade besteht aus zweischaligem, hinterlüfteten Mauerwerk. Auf dem Flachdach werden Photovoltaikelemente durchdringungsfrei mit der Auflast aus der Dachbegrünung befestigt. Für die extensive Begrünung werden Pflanzen gewählt, die auch im Schatten der Photovoltaik gedeihen. Die Begrünung nützt der Natur als Retentionsfläche für das Regenwasser, als Biotop für Insekten und schützt die Dachabdichtung vor zu hohen Temperaturdifferenzen. Überschüssiges Regenwasser wird als Grauwasser im Haus verwendet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Verfasser erreicht mit einer sehr einfachen und kompakten Baukörpergestaltung eines in die Grundstückstiefe reichenden Riegelbaus eine sehr übersichtliche, aber keinesfalls reizlose städtebauliche Anordnung.
Diese belässt eine großzügige Freifläche / einen Platz an der Ostseite, orientiert sich zur Kirche und zur südlich gelegenen Erschließungsstraße.
Der im Ganzen dreigeschossig wirkende Baukörper wird durch einen Einschnitt im Staffelgeschoss zur Platzseite wirkungsvoll gegliedert und kann damit einen markanten Kopfteil mit Eingang im EG und Parlamentsbereich im OG ausbilden. Die Beziehung der Dachterrasse zum Grundriss ist schwach.
Der gesamte Rathausbau präsentiert sich in der vollen Breite zu diesem Freibereich, welcher allerdings in der Tiefe des Grundstücks nicht genügend gefasst ist. Auf der Westseite ́bedrängt ́ der dort durchgehend dreigeschossige Riegelbau allerdings die westlich gelegene Nachbarschaft.
Die teilweise sehr knapp organisierte Grundrissorganisation ist in sich schlüssig und weitgehend funktional. Kritisch werden aber insbesondere die Enge des Foyers und der Wartezone des Trauzimmmers und die Aufreihung der verschiedenen Eingänge an der Platzseite beurteilt.
Auch die Besprechungsräume im Eingangsbereich erscheinen dort aufgrund der hohen Einsehbarkeit nicht immer gut nutzbar und liegen direkt an der Straße und im EG zu präsent. Dagegen wird die Positionierung des Ratssaals im Obergeschoss mit seinen prägnanten Öffnungen zu Platz und Straße positiv betrachtet.
Besonders zu betonen bleibt die wirtschaftliche Entwurfsausrichtung, die allerdings leider im Detail Wünsche bei der Raumqualität, der Transparenz und der Atmosphäre im Rathaus offenlässt.
Rathaus Neuenkirchen Lageplan © Kubeneck Architekten

Rathaus Neuenkirchen Lageplan © Kubeneck Architekten

Rathaus Neuenkirchen Ansichten © Kubeneck Architekten

Rathaus Neuenkirchen Ansichten © Kubeneck Architekten

Rathaus Neuenkirchen Detail © Kubeneck Architekten

Rathaus Neuenkirchen Detail © Kubeneck Architekten