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Einladungswettbewerb | 05/2020

Entwicklung des Laurenz-Carrés, Baufeld Nord in Köln

Perspektive Roncalliplatz/Am Hof

Perspektive Roncalliplatz/Am Hof

3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

caspar.

Architektur

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung, Fassadenplanung

Erläuterungstext

Architektur- und Gestaltungsqualität

Kontext

Die prominente Lage im Stadtraum und der Domumgebung bedarf einer sorgfältig ausgewählten Haltung zur Architektur und zur Gestaltungsqualität. Der vorgeschlagene Entwurf platziert sich selbstbewusst aber gleichermaßen respektvoll und sensibel in die gebaute Umgebung. Das städtebauliche Ensemble schafft gestalterische Verbindungen zwischen den bestehenden Kulturbauten und moderner, in die Zukunft gerichteter Architektur. In Reminiszenz an die gotischen Spitzbögen des Kölner Doms und deren Material, entstehen durch Tradition inspirierte Formen, die in der Fassade durch hochmoderne Konstruktion im UHPC Natursteinverbund, besonders in den Erdgeschosszonen gestalterische Betonung finden. Dabei ist die dem Gewölbe innewohnende Auskragung an der Nordfassade nicht nur eine kräftige gestalterische Aussage, sondern gleichzeitig die Lösung für die Einhaltung der vorgegebenen Grundstücksgrenze. Die repräsentativen Büro- und Hoteleingänge finden Platz an den westlichen Kanten der Gewölbestrukturen und sind durch eine dem Raster folgende Zwischenzone mit Gewölbedecke von der Fassade eingerückt.
Der Entwurf ist durch seine Form- und Materialsprache mit der Integrität des Domes vereinbar und bildet neben den umgebenden historischen und kommenden Kulturbausteinen einen neuen Bezugspunkt in unmittelbarer Dom- und Altstadtnähe.

Fassaden

Die Gebäude definieren den unmittelbaren Auftakt der Via Culturalis und öffnen sich mit großen Glasflächen in den Erdgeschosszonen zum Stadtraum. Des Weiteren lassen die großen Öffnungen und deren ebenerdige Zugänge, Blickbeziehungen nach Innen und Außen zu. In den oberen Geschossen folgt die Fassade einem strikten 1,35 m Ausbauraster und fasst bodentiefe Fenster im 2,70 m Takt zusammen. Die Fassade vermittelt zwischen der Großmaßstäblichkeit der Domumgebung und der Kleinteiligkeit der angrenzenden Altstadt. Aufgenommen wird dieses Thema im Raster: Breit geöffnete Erdgeschosszonen im 5,40 m Raster und kleinteiligere Fassadenrasterung in den Obergeschossen spiegeln dies wider.
Die Hommage an den gotischen Bogen, tritt neben den offensichtlichen Erdgeschosselementen, auch als Ausformung in den Fensterelementen wieder auf. In den Bürofassaden bildet der Bogen die obere Kante der Fensterlaibung und im Hotelbereich steht der Bogen als vertikal extrudierte Form, seitlich neben den Fensteröffnungen. An der Dom-seitigen Nordfassade gewähren Französische Balkone vis à vis der Südfassade des Kölner Doms Austritte nach Draußen. Die Mini Loggien tragen zur Belebung des Gebäudes und zur Verknüpfung von Innen und Außen bei.
Durch den Einsatz von vorgefertigten Sandwichelementen aus UHPC (Ultra High Performance Concrete) und Naturstein, die nur 7-10 cm stark sind, kann die gewünschte Optik aus großflächigen nur mit Pressfugen versehenen Natursteinelementen bei gleichzeitiger Gewichts- und Kostenreduktion erreicht werden. Diese neue, aber schon bewährte Technik erlaubt es, die Fassadenelemente komplett im Werk bei optimalen Arbeitsbedingungen vor zu produzieren und just in time auf der Baustelle zur Montage anzuliefern. Somit kann der gewünschte ruhige und großflächige Charakter der Fassade erreicht werden und Zeit im Bauablauf eingespart werden. Die Kosten sind trotz der komplexen Geometrien nicht höher als die einer herkömmlichen Natursteinfassade, die Prozesse lehnen sich sowohl an das Lean Building als an die Cradle to Cradle Philosophie an. Für den Naturstein wurde ein Muschelkalk angedacht, da dieser eine lebendige Natursteinoberfläche hat, sich aber vor allem mit der angemessenen Zurückhaltung im Domumfeld einfügt. Die Fenster im Erdgeschoss innerhalb der Bögen sind als Stahlfenster vorgesehen, während die Fenster in den Büro- und Hotelgeschossen als Aluminiumfenster mit einem öffenbaren Scheibenzwischenraum zur Aufnahme des baupysikalisch notwendigen Sonnenschutzes ausgeführt werden.

Qualität der innenräumlichen Organisation und der Erschließungssysteme

Das Bürogebäude hat einen kleinen, aber sehr feinen Büroeingang Am Hof. Das Kreuzgewölbe schafft eine einzigartige Situation, die dem Haus ein absolutes Alleinstellungsmerkmal verschafft. Der menschliche Maßstab wird in diesem Raum im Besonderen gewürdigt. Durch die Anordnung von Sicherheitstreppenhäusern sowohl im Bürogebäude Am Hof als auch im Hotel kann in beiden Häusern auf ein zweites Treppenhaus verzichtet werden. Zudem wird das Sicherheitstreppenhaus auch als zweiter baulicher Rettungsweg angesehen und somit können Büroeinheiten nicht nur bis 400 m², sondern bis 800 m² flexibel ohne Anforderungen an Wände und Flure aufgeteilt werden, was wiederum der der Flächeneffizienz der Häuser zu Gute kommt. Das Bürogebäude kann somit auf der Etage in bis zu 3 unabhängige Mieteinheiten unterteilt werden, es kann aber auch in nur zwei Nutzungseinheiten von einem Mieter genutzt werden. Dies erlaubt maximale Flexibilität in der Möblierung und somit sind klassische Bürowelten, aber vor allem auch New Work Spaces in jeglicher Form realisierbar.
Das Zwischengeschoss springt aufgrund der Erdgeschossnutzung in „Am Hof“ ca. 10 m zurück und erlaubt so, sowohl repräsentative Einzelhandel bzw. Gastronomieadressen an der Nordfassade als auch ausreichend viel Quadratmeter für Büronutzung im restlichen Teil des Bürogeschosses.
Das Hotel hat bis zu 19 Zimmer auf einer Etage, durch einen Steg über den Lichthof, ist der Rundlauf gegeben und somit gibt es keine Stichflure auf den Etagen. Zwei Aufzüge erschließen die Geschosse jeweils zentral.
Büro- und Hoteleingänge, Erschließungskerne und PKW-Aufzüge bilden kompakt zusammenhängende Flächen an der Sporengasse und erlauben so maximal flexible Nutzungsteilung im gesamten Erdgeschoss.

Raumprogramm

Die Parzellierung und die Nutzungsverteilung orientiert sich an den Vorgaben des städtebaulichen Entwurfs. Im Gebäude Am Hof sind flexible Einzelhandels- und Gastronomienutzungen möglich. Ab dem 1. Obergeschoss sind hochrepräsentative Büroflächen angeordnet. Auf der Ecke Unter Goldschmied/Große Budengasse ist das Hotel angeordnet, dass ebenfalls neben der Lobby im Erdgeschoss über Einzelhandel- und Gastronomie Flächen verfügt. Die Gebäude Grosse Budengasse 9 und 13-25 sind wie gewünscht als Bürohäuser ebenfalls mit Handel und Café im Erdgeschoss geplant.
Die Höhenentwicklung und Dachgestaltung entsprechen der Grundlage des Siegerentwurfs, hierbei werden keine gesetzten Höhen überschritten. Das gesamte Ensemble verfügt über eine BGF von 19.337 m². Das Haus Am Hof hat 11.081 m² BGF und das Hotelgebäude Unter Goldschmied 4.227 m². Zudem verfügt das Hotel über 96 Zimmer. Das Bürogebäude 3 hat eine oberirdische BGF von 2.740 m², das Bürogebäude 4 von 1.290 m².

Energiebereitstellung

Der Neubau der Büro-, Hotel- und Geschäftshausimmobile wird unter Berücksichtigung von architektonischen und energetischen Gesichtspunkten durchgeführt. Die Abstimmung und Integration der modernen Gebäudetechnik zur Erfüllung der Funktionalität eines modernen und zukunftsfähigen Gebäudes im Zusammenspiel mit den architektonischen Elementen führt dazu, dass die Nachhaltigkeit gesteigert, die Schonung von natürlichen Ressourcen und die Senkung der Nebenkosten als Endprodukt erzielt wird. Hierbei steht die Nutzung von natürlichen Prozessen und passiven Technologien im Vordergrund. Mit dieser Vorgehensweise werden die aktiven technischen Komponenten auf ein Minimum beschränkt und hierdurch Investitions- und Betriebskosten gespart. Der gewünschte Effekt, geringe Lebenszykluskosten der technischen Anlagen und eine Senkung des Energiebedarfs, werden hiermit erreicht. Die Energiebereitstellung für die Versorgung der Immobile erfolgt aus einer Fernwärmeanbindung der Rheinenergie Köln. Die Fernwärme verfügt über einen Primärenergiefaktor von 0,00 und entsteht aus einem Prozess mit einem hohen Kraft-Wärme-Kopplungs- (KWK) Anteil. Das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – (EEWärmeG) wird somit über den Fernwärmeanschluss erfüllt werden. Bei dieser Konzeption erfolgt die Kälteerzeugung mittels Kompressionskältemaschinen für die Luftkühler der RLT-Anlagen und Kompressionskältemaschinen für die Statische Kälte und Kühldeckensegel. Die Wärmeerzeugung erfolgt über den Fernwärmeanschluss. Die Heizlast wird komplett mit der Fernwärmeleistung gedeckt. Der Fernwärmeanschluss ist so konzipiert, dass er die Heizlast und den notwendigen Lufterhitzeranteil der RLT-Anlagen abdecken kann. Im Zuge der weiteren Realisierung des Projektes können Sorptionsgestützte Kälteerzeugungsverfahren untersucht werden. In Verbindung mit der Realisierung der Fernwärme kommen auch Absorptionskälteanlagen zur Kälteerzeugung in Betracht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich hält sich der Entwurf an die Vorgaben. Er berücksichtigt die Grundstücksgrenzen, die Eingangspositionen und die Fremdparzelle ‚Am Hof‘. Die Gebäudehöhen sind bis auf die Attikahöhen ‚Unter Goldschmied‘ bzw. Sporergasse eingehalten, die teilweise ca.3 m über den Vorgaben liegen.
Die Vorgaben der Bodendenkmalpflege wurden bis auf ein zweigeschossiges UG entlang der ‚Großen Budengasse‘, an der nur max. 1 UG möglich ist, eingehalten. Zufahrten und Tiefgarage sind gut gelöst.
An den vorgenannten Bereich werden erhöhte sowie verdichtete Anforderungen gestellt.

Beim Raumprogramm werden, abweichend von den Vorgaben und der gewünschten Adressbildung, Gastronomie ‚Am Hof‘ mit Bistro und Veranstaltung im UG sowie Einzelhandel an der ‚Große Budengasse‘ platziert. Aufgrund der ansteigenden Geländehöhen entlang ‚Am Hof‘, muss eine Treppe in den Bereich der Gastronomie eingebaut werden, welche die Barrierefreiheit einschränkt.

Die Attikahöhen sind teilweise nicht eindeutig zu erkennen, scheinen aber den Vorgaben zu entsprechen. Die möglichen Austritte auf die Dachflächen sind mit einer entsprechenden Absturzsicherung versehen, die dann wiederum aber die maximal vorgegebenen Geschosshöhen überschreiten. Die Bewertung der Werbeanlagen wird erst im nachfolgenden Verfahren erfolgen können. Die Aufschlagrichtung der Türen ist im Entwurf nicht klar erkennbar, diese sollten nicht in den öffentlichen Raum hinein aufschlagen. Die Anzahl der Fahrradabstellplätze ist unklar, die Positionierung der Flächen scheint nicht funktional. Im Hotel sind der Frühstücksraum sowie die Küche und der Raum für die Müllentsorgung nicht dargestellt. Eine bauordnungsrechtliche Vorprüfung ist nicht erfolgt. Außengastronomie wird in den Plänen schematisch dargestellt, die Zulässigkeit ist im Rahmen nachfolgender Verfahrensschritte zu beurteilen. Etwaige Be- und Entlüftungen müssen über die Fassade erfolgen. Lichtschächte im öffentlichen Raum sind nicht zulässig.

Die Büro- und Hotelflächen sind gut gelöst, die Fluchtwege bedürfen allerdings noch der Überprüfung.

Sehr lebhaft und extrem kontrovers wird die Fassade diskutiert. Während die klare traditionelle Teilung in Sockel, Obergeschosse und Staffelgeschoss, das kräftige Relief der aufgehenden Natursteinelemente, die der Fassade Tiefe und eine wünschenswerte Diskretion für die Büro- und Hotelnutzung dahinter verleihen und die architektonisch qualitätsvolle Weiterentwicklung der Fassade an ‚Unter Goldschmied‘ und ‚Große Budengasse‘ allgemein gewürdigt werden, spaltet das offensichtlich bewusst von der hohen Domkirche entlehnte Element des gotischen Spitzbogens, der erdgeschossigen Fassade des Entwurfs die Jury. Während aber auch hier, der spektakuläre Raum unter der gewölbten Auskragung zum Roncalliplatz, der durch dreidimensionale Bogenelemente aufgespannt wird, als spannend und einmalig empfunden wird, geht die Kritik explizit gegen das Zitat der Spitzbogenelemente, die dazu noch scheinbar beliebig aus der 3-Dimensionalität der Auskragung ‚Am Hof‘ um die Ecke zu ‚Unter Goldschmied‘ als flache Fassadenelemente und weiter Richtung ‚Große Budengasse‘ in Höhe und Breite reduziert weitergeführt werden.

Ein Teil der Jury lehnt das Spitzbogenelement als ein lediglich dekoratives Zitat eines tektonischen Fensterelementes der Gotik völlig ab, während ein anderer Teil das Zitat als legitime Interpretation einer historischen Fensterform sieht, die mit ihrer wertigen Naturstein-Materialität eine sehr elegante und urbane Schaufensterfront bilden kann.

Die wirtschaftliche Herstellung und Konstruktion der Spitzbogenelemente aus UHP Beton mit Natursteinvorsatz wird kritisch gesehen.
Perspektive Große Budengasse/Unter Goldschmied

Perspektive Große Budengasse/Unter Goldschmied

Lageplan

Lageplan

Ansicht Am Hof

Ansicht Am Hof

Ansicht Unter Goldschmied

Ansicht Unter Goldschmied

Ansicht Am Hof

Ansicht Am Hof

Regelgeschoss

Regelgeschoss