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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Haus der Begegnung an St. Andreas in Leverkusen-Schlebusch

Modell

Modell

Anerkennung

Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB

Architektur

Michael Palm

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

In die Vielfalt der Bauformen schmiegt sich entlang der Grenze ein linearer, eingeschossiger Baukörper an den historischen Bestand und verbindet den neuen, am Pfarrgarten gelegenen, Saal mit dem Haus der Begegnung.
Das Gemeindezentrum ist klar als eigenständiger Baustein der Gegenwart erkennbar, bezieht sich als neues Seitenschiff auf die Kirche. Schaufensterartig öffnet sich das Erdgeschoss mit Foyer, Café und KÖB in den Freiraum, weckt Neugierde und lädt die Besucher zur Teilnahme am Gemeindeleben ein. Die Kirche ist aus dem Inneren von überall erlebbar, so dass räumlich artikuliert wird, dass der gemeinschaftliche Gottesdienst im Mittelpunkt des Gemeindelebens steht. Die raumakustisch notwendige Überhöhung des Saals in Achse der Vierung bildet den städtebaulich markanten Hochpunkt in der Außenwirkung.

Die Gebäudekante unterschreitet die im Bebauungsplan festgelegte Baulinie; es entsteht ein gut proportionierter, für Gemeindefeste etc. gut geeigneter, Freiraum mit einem schönen Dreiklang zwischen dem historischen Eingang an der Stirnseite, dem Seiteneingang und dem neuen Entree. Das Gelände wird minimal verzogen um die Kirche barrierefrei zu betreten. Die grüne Oase des Kirchgartens wird stirnseitig gefasst und kann als Spielfläche genutzt werden.
Alle Nutzungen liegen gleichrangig im Erdgeschoss und können damit von allen - jung und alt - gleichberechtigt genutzt werden. Die zusammenschaltbaren Säle sind über die Längs- und Stirnseite zum Garten orientiert und hierhin öffenbar, so dass die Innenräume in den Kirchgarten erweitert und der Außenbereich in die Nutzungen eingebunden werden kann. Der Innenraum besticht mit einer schönen Lichtstimmung und Raumatmosphäre durch die große Seitenbelichtung und die längs-seitigen Oberlichter. Unmittelbar am Eingang und dem Foyer liegt das Café und die KÖB mit der dazugehörigen Lounge als Begegnungs- und Kommunikationsbereich. Die Küche schließt ideal sowohl an das Café als auch an den Saal an. Der an den Bestand angrenzende Multifunktionsraum ist längsseitig verglast und durch ein Oberlicht zenital belichtet.

Ein neues Treppenhaus mit Aufzug stellt die barrierefrei Erschließung des historischen Bestands sicher. Durch den Rückbau wird der Bestand in seiner ursprünglichen Volumetrie wiederhergestellt. Im Hochparterre sind die Versammlungsflächen für Gremien- und Jugendarbeit angeordnet und damit auch unabhängig von außen zu erschließen. Im 1.Obergeschoß liegen die Pastoralbüros, im 2.Obergeschoss und im Untergeschoß die Archive und Lagerflächen. Die Sanitäranlagen sind zentral im Untergeschoss des Neubaus angeordnet und können synergetisch von allen Gruppen genutzt werden.

Die neue Messdienersakristei wird an die vorhandene Priestersakristei angebunden wobei der apsidenartige Abschluss des Haupt- und Seitenschiffs aufgenommen wird. Das Behinderten WC wird aufgrund der vorhandenen Höhenversätze nicht wie vorgeschlagen in die Sakristei eingefügt, sondern eingangsnah und damit auch außerhalb des Blickfelds im Gottesdienst.

Die den Bestand prägenden Dachformen werden fortgeführt und so zur identitätsstiftenden, charakteristischen Anmutung außen und innen. Durch die ruhige, zurückhaltende Anmutung wird das Neue mit in das Ensemble eingebunden, entsteht aus dem Zusammenhang und Zusammenklang zum sensiblen Kontext, aus der Schönheit des Bestands, ein eigener Charakter, jedoch zurückhaltendend und ohne dabei einfach auf die vorhandenen geschichtsträchtigen baulichen Zeugnisse zurückzugreifen oder aber zu ihnen in Konkurrenz zu treten. Das in Kupfer gedeckte Dach ist als einprägsame Balkendecke im Inneren sichtbar und ermöglicht stützenfreie Räume, die vielfältig und flexibel bespielt werden können. Die geschlossenen Wandflächen sind auch im Inneren massiv in Sichtmauerwerk konzipiert.

Die befestigten Flächen aus Klinkerpflaster binden die einzelnen Bauteile des Ensembles zusammen. Sitzbänke werten den Freiraum auf und laden ein zum Gespräch vor und nach der Veranstaltung. Der großzügige Umgriff mit den Rasenflächen stellt die Kirche ihrer Bedeutung entsprechend frei. Die bestehende Bepflanzung wird artgerecht ergänzt. Die erforderlichen Stellplätze sind kompakt im Südosten angeordnet und in die Platzfläche integriert. Der Kirchgarten ist vielfältig durch die unterschiedlichen Nutzergruppen bespielbar und kann mit Grillplatz oder auch Spielgeräten nach Bedarf ergänzt werden. Die Grüninseln mit Gehölzen (teils immergrün) Stauden und Gräsern erzeugen ein lebendiges Farbspiel über die Jahreszeiten hinweg und bilden einen farbigen Blickpunkt, Ruhepol und Kulisse für die Mitglieder der Gemeinde aber auch die Bewohner der Nachbarschaft.

Beurteilung durch das Preisgericht

Aus der gegebenen baulichen Heterogenität des Ortes entwickelt der Verfasser die Idee einer eindeutigen, städtebaulich klärenden Geste, die zum einen in typologischer Hinsicht die Andersartigkeit der zeitgenössischen Setzung artikuliert, sich aber demonstrativ den vorhandenen hierarchischen Platzverhältnissen unterordnet. Aus dieser Analyse entwickelt sich ein schmaler langgestreckter Baukörper, der mit maximalem Abstand zur situationsdominierenden Kirche fast unterwürfig die Funktionen ordnet.

Dabei liegt der Saaltrakt logisch am südöstlichen Endpunkt eines schmalen Verbindungsgangs des Cafés, der auch Garderobe, Foyer und Nebenräume aufnimmt. Durch diese Setzung entsteht eine möglichst breite Fläche zwischen Kirche und Neubau, die in ihrem klaren Rücksprung zum nordwestlichen Altbau als bewusst gemeinte Randbebauung aufgefasst wird. Verstärkt wird diese Demutshaltung noch durch die einheitliche Dachgestaltung mit einem kupfergedeckten, zur Kirche geneigten Pult, die in ihrer Fläche und Materialität architektonische Eigenständigkeit behauptet ohne mit der Architektur der umgebenden Bauten in Konkurrenz treten zu wollen.

Dem Motiv der städtebaulichen Unterordnung unter den Hauptakteur des Areals folgt auch der Gestaltungsansatz des Freiraums: Die Freistellung der Kirche auf einer teilbegrünt arrondierenden Platzfläche mit räumlicher Öffnung zum südlich angrenzenden Altenheim sowie die klare Abgrenzung der nicht öffentlich nutzbaren Grünfläche des Gemeindezentrums zeugen von der klaren Entwurfshaltung des Verfassers.

Als besonders kritisch wird zudem die geduckte Zugangssituation unter dem langen Vordach, mit fehlender Signalwirkung zum Kirchplatz gesehen. Als Zeichen des Angebotes, der Öffnung zu den öffentlichen Räumen mit klarer Kennzeichnung der Zugangssituation kann dies nicht gelesen werden. Durch die gleichförmige Erscheinung der Fassade wirkt der Raum zur Kirche spannungslos und ohne Verweis auf die innere Funktion oder Eingangssituation des Hauses. Demzufolge wirken die angebotenen Freiräume mehr als Resträume, denn als be-wusst gestaltete Raumabfolgen zwischen den Baukörpern. Aussagen zur Gestaltung und Raumqualität bleiben rudimentär und zufällig. Sie stärken weder die räumlichen Gegebenheiten noch bilden sie neue Raumqualitäten aus. Die Versiegelung ist unnötig hoch. Die Anschüttung entlang der Kirche zum Seiteneingang ist technisch und gestalterisch kritisch zu sehen. Ob die Platane, wie vorgeschlagen erhalten werden kann, wird hinterfragt. Der Eingang liegt genau an der Stelle, die für den Erhalt der Platane freigehalten werden müsste. Einzig die Baumreihen führen das Konzept des langgestreckten Baukörpers fort und trennen befestigte Flächen vom Pfarr-garten, der jedoch ebenfalls wenig gestalterische Aussagen bietet.

Der sich zurücknehmende Entwurfshaltung folgt auch die innere Funktionsverteilung, die zwischen den Polen Altbau und Saal die übrigen Flächen verteilt und den Flurcharakter des Verbinders konsequent von Vertikalerschließungen freihält. Der Preis hierfür ist allerdings ein entsprechend hoher Eingriff in den denkmalgeschützten Altbau, der auch vor dem Hintergrund der stringenten Entwurfshaltung nicht als hinnehmbar bewertet wird. Für die neue Erschießung mit Treppenhaus und Aufzugsanlage werden sowohl der vorhandene Anbau, als auch ein Viertel der vorhandenen Originalsubstanz geopfert, was eine wesentliche Entstellung des Zeugniswertes des Altbaus bedeuten würde.

Ebenso leiden unter der Haltung die Funktionen des Erdgeschosses: Auffindbarkeit des Eingangs, Transit von der Garderobe über das Café zum Saal und sehr lange Wege zu den im Untergeschoss liegenden Sanitärräumen trüben den positiven Ansatz des Entwurfs ebenso, wie die nicht praktikable Teilbarkeit des pultförmigen Saals.

Im Ergebnis wird der Beitrag als spannender Lösungsansatz gewürdigt, der durch maximale Reduzierung des Bauvolumens und eine eigenständige Sprache nicht nur der nachvollziehbaren architektonischen Strategie folgt,sondern dadurch auch zu einem niedrigen Bauvolumen und demzufolge wirtschaftlichsten Baukosten führt. Lei-der kann die Umsetzung des Gedankens aber in städtebaulicher, funktionaler und denkmalpflegerischer Hinsicht letztlich nicht überzeugen, auch wenn die Mängel der Freiraumplanung bei weiterer Durcharbeitung als durch-aus heilbar escheinen.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundrisse

Grundrisse

Ansicht Kirchplatz

Ansicht Kirchplatz

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Schnitt

Schnitt

Ansicht Kirchgarten

Ansicht Kirchgarten

Detail

Detail