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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2020

Neubau Elefantenlaufanlage im Erlebnis Zoo Hannover

Eine Lichtung im Dschungel

Eine Lichtung im Dschungel

2. Preis

Preisgeld: 7.500 EUR

GÖSSLER KINZ KERBER SCHIPPMANN ARCHITEKTEN

Architektur

Lionhouse Architects

Architektur

WETZEL & VON SEHT

Bauingenieurwesen

IWP Ingenieure Schaller • Warnke • Peters • Partnerschaft mbB

TGA-Fachplanung

bloomimages

Visualisierung

Erläuterungstext

Als der Maharadscha 12 Jahre alt war, hatte er einen Lieblingsort im Palast – den kleinen, abgeschiedenen Garten hinter dem Seitenflügel.

Dort spielte er gerne und redete mit der Köchin und dem Stallmeister. Jeden Tag ging er in den Garten und studierte die Küchenpflanzen und die kleinen Insekten und Schmetterlinge, die ihm dort begegneten. Er gab den Tieren Namen und freute sich, dass sie ihn wieder erkannten.

Und er kannte einen geheimen Ausgang, um dem Palast und seinen Pflichten als zukünftigem Maharadscha zu entkommen: Im hinteren Teil des Gartens gab es einen scheinbar undurchdringlichen Bambusdschungel. Allerdings hatte der kleine Maharadscha entdeckt, dass er sich zwischen den Pflanzen bewegen konnte und in den Dschungel verschwinden konnte.

Jahrhunderte später fanden Forscher diesen kleinen Pfad, der zu einem versteckten, von Pflanzen und Wurzeln der Bäume überwucherten Tunnel führte. Nachdem sie sich durch den gewundenen felsigen Tunnel gekämpft hatten, sahen sie ein Licht am Ende des Tunnels. Hinter den Ranken und Wurzeln, die das Ende des Tunnels verdeckten, sahen – und hörten – sie einen Wasserfall neben dem Pfad.

Als die Forscher durch den Wassernebel ins Freie traten, befanden sie sich auf einer offenen Lichtung voller herrlicher Pflanzen und zauberhafter Tiere. Die damaligen Bewohner des Palastes hatten Spuren menschlicher Anwesenheit hinterlassen und sogar versucht, die Lichtung zu überdachen. Andere Spuren ihrer Präsenz waren eine Tribüne als Versammlungsstätte und eine Bambusbrücke, über die der Pfad aus dem Dschungel heraus führte.
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Die Geschichte vom kleinen Maharadscha und seinem Geheimnis illustriert den Entwurfsansatz für den Neubau der Elefantenlaufhalle: Die Besucher des Erlebnis Zoos Hannover erreichen, wenn sie von Süden kommen und den Palast des Maharadschas besucht haben, einen kleinen Gartenhof und scheinbar das Ende des Weges. Dann entdecken sie, ähnlich den Forschern, den weiteren Weg durch Bambusdschungel, Felsentunnel und Wasserfall bis in die paradiesische Lichtung der Elefantenhalle.

Besucher, die von Norden auf das Gelände der Elefantenanlagen gelangen, erblicken zwischen und später unter Bäumen die kleine Bambusbrücke, die sie in die Elefantenhalle bringt und erleben ein anderes Überraschungsmoment, wenn sie nach dem Weg durch Tunnel und Dschungel plötzlich im Palast des Maharadschas stehen.

Die Elefantenlaufhalle wird als leichte, naturähnliche Überdachung der „Lichtung“ interpretiert, auf der sich die Elefanten aufhalten. Baumartige Stützen mit einem Beton-Stamm und Holz-Ästen tragen ein transparentes Dach aus schattenspendend bedruckten ETFE-Kissen, die Halle ist mit einer Glasfassade gegen den Außenraum abgetrennt und bietet spannende Ein- und Ausblicke.

In der Halle wird mit weiteren Elementen für ein abwechslungsreiches Erlebnis gesorgt: Das Badebecken der Elefanten wird aus verschiedenen Betrachtungshöhen wahrgenommen, man kann Ihnen auch „unter Wasser“ beim Baden zuschauen. Der Teich mit den Zierfischen wird von einem leise rieselnden Wasserfall gespeist.

Der Bereich der Elefantenboxen wird neu geordnet und erweitert. Neben der Planung zusätzlicher Boxen für die Tiere wird der Bereich der Anlieferung neu organisiert. Durch die Führung der Besucher durch einen Tunnel kann der Wirtschaftsweg an den Stallbereich angeschlossen werden, ohne dass sich die Wege kreuzen. So wird eine wesentlich sicherere und effizientere Versorgung der Anlage erreicht.

Über den Boxen für die Tiere sind technische Anlagen und das Heulager angeordnet. Sämtliche Boxen im Erweiterungsbau und im Bestand sowie die Elefantenhalle können von der Ebene des Heulagers erreicht und die Tiere direkt gefüttert werden.

Um den Betrieb der Bestandsanlage für die Elefanten möglichst wenig zu beeinträchtigen, wird zunächst der neue Stallbereich errichtet, sodas Ausweichboxen zur Verfügung stehen. Anschließend wird der Besucherbereich umgestaltet und die Laufhalle errichtet. Im letzten Schritt wird das Außengelände der neuen Anlage fertig gestellt und der Neubau in Betrieb genommen.

Die Besucher folgen dann der Fährte des jungen Maharadschas...

Beurteilung durch das Preisgericht

Die differenzierte und vielschichtige thematische Einbindung ist gelungen: mit einem mäandrierenden Erlebnispfad soll, unter Ausnutzung der vorgefundenen Topographie, die gewünschte Verbindung zwischen Dschungelpalast, Elefanten-Laufhalle und neuem Freigehege geschaffen werden. Die Inszenierung des Zugangs durch einen Tunnel, ermöglicht hierbei einen störungsfreien Betriebsablauf.
Die Stärke dieser Arbeit liegt in der weitgehenden Beachtung der funktionalen Zusammenhänge, obwohl tierpflegerische als auch einige funktionale Aspekte nicht vollständig berücksichtigt wurden.
Durch die Vertiefung der statisch-konstruktiven Erfordernisse sind die im ursprünglichen Entwurf erkennbare Leichtigkeit und der fließende Übergang zwischen innen und außen leider weitgehend weniger ausgeprägt. Dazu tragen im Wesentlichen die vergrößerte Zahl der Stützen, aber auch die Darstellung des notwendigen Sekundärrasters der Tragkonstruktion des Daches bei, die im Zusammenspiel der gleichförmig gebogenen Baumfächer und dem orthogonalen Raster der Tragkonstruktion überladen und kompakt wirkt.
Auch die Poller und Felsformationen die zum Schutz die zum Schutz der Besucher und der Glasfassade eingeführt wurden, heben den ursprünglichen fließenden Übergang vom Innen- zum Außenraum leider teilweise auf.
Bei der Besucherführung wird der kreuzungsfreie stark begrünte Zugang nach wie vor positiv bewertet. Allerdings wird der tunnelartige Zugang von Teilen der Jury angezweifelt. Der Übergang zum Themenbereich Australien bleibt spannungslos.

Dem Verfasser gelingt es gut, aus funktioneller Sicht das Bestandsgebäude an die neue Laufhalle anzuschließen. Positiv ist ebenfalls die Anbindung zum Wirtschaftsbereich ohne Querung des Besucherbereiches. Besonders hervorzuheben ist dabei die Kompaktheit des Wirtschaftsbereiches.
Allerdings sind bei diesem Entwurf auch Anpassungen in der Funktionalität notwendig. U.a. ist der Zwangsstand für Elefanten für die Tierpfleger nur von einer Seite bedienbar und muss anders angeordnet werden. Auch fehlt eine Abtrennung im Bereich des Knotenpunktes zum Bestandsbau. Gut gelöst ist die Anordnung der für die Besucher einsehbaren Trainingswand.
Die Laufhalle selbst weist im Bereich der Elefanten eine Vielzahl von Stützpfeilern für die Dachkonstruktion auf und verringert so die für die Elefanten nutzbare Fläche.

Die Außenbereiche sind direkt aneinander angeschlossen, voneinander trennbar und lassen so ein hohes Maß an Flexibilität zu. Die Lage des Rinderbereiches am Wirtschaftsweg ist funktionell sinnvoll.
Die Verfassenden entwickeln ein umfangreiches energetisches Konzept, das neben den geforderten Installationen für Heizung und Lüftung zudem unterschiedliche Klimabereiche in der Halle erzeugt. Hier wird großer Wert auf das Tierwohl gelegt und differenzierte Aufenthaltsbereiche geschaffen.
Aufgrund der hohen Transparenz des Foliendaches und der senkrechten Glasfassaden wird eine erhebliche Wärmeentwicklung im Sommer erwartet. Zudem wird insbesondere im Bereich der Pfosten-RiegelFassade von hohen Wärmeverlusten im Winter ausgegangen. Die große Oberfläche der Halle führt zu einer geringen Kompaktheit. Leider bleiben auch in der Überarbeitung Fragen der Luftführung offen.
Das Entwässerungskonzept für die Dachfläche kann nicht gänzlich überzeugen.
Insgesamt kann der Arbeit, wenn auch weniger eindeutig, mit der Idee des Baumfächers und dem fließenden räumlichen Kontinuum zwischen Innen und Außen ein positives Bild erzeugen, das jedoch die diesem Konzept innewohnenden Schwächen nicht aufwiegen kann.
Grundriss Elefantenlaufhalle

Grundriss Elefantenlaufhalle