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Kooperativer verkehrsplanerischer Ideenwettbewerb mit städtebaulichem Realisierungsteil | 07/2020

Neugestaltung des Areals "RT unlimited" in Reutlingen

Plan 1

Plan 1

Anerkennung

Preisgeld: 10.000 EUR

tobe.STADT städte.bau.planung.dialog

Architektur

AO Landschaftsarchitekten Stadtplaner + Ingenieure Mainz GmbH

Landschaftsarchitektur

KOMOBILE Wien

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Stadt verbinden // Landschaft vernetzen
Das Betz-Areal wird über eine neue Stadtstruktur, die Industriemeile, mit der Innenstadt verbunden. Sie ist Infrastrukturtrasse und Baufeld für Industrie gleichermaßen. Mittels einer klaren Figur sichert sich die Orientierung und Adressbildung im Raum. Entlang der Siemenstraße im Norden wird eine Grünverbindung ausgebildet, die den Landschaftsraum im Nordwesten mit dem Bahnhalt, dem Betz-Areal und dem Landschaftsraum an der Achalm verbindet.
Tore des Quartiers // Neue Zentren
Das Areal ist derzeit stadträumlich und funktional nur unzureichend mit dem benachbarten Stadtquartieren verflochten. Die Übergangsbereiche sind unattraktiv und werden durch den Autoverkehr dominiert. Ziel ist die Herausbildung von drei Toren, die an der Schnittstelle zu angrenzenden Bereichen liegen. Das »Stuttgarter Tor« bildet den Stadteingang an der Stuttgarter Straße / B28 und stellt den Vernetzungsbereich des Planungsraums zur Innenstadt dar. Das Sondelfinger Tor entsteht nördlich des geplanten Bahnhalts als neues Quartier zwischen Sondelfingen, Orschel-Hagen, Storlach und dem Betz-Areal. Es ersetzt den planfreien Knoten und die minderwertigen Gewerbenutzungen. Das Heilbrunnentor vernetzt das Plangebiet mit dem Wohnquartier Sondelfingen-Süd.
Erschließung // Netzwerk
Die Ortsumgehung B464 erhält einen einzigen leistungstarken Einspeisepunkt im Quartier. Nach Norden hin wird die Umgehungsstraße unter der Bahnlinie hindurch geführt, kreuzt die Roanner Straße und folgt dem vorgesehenen Verlauf auf den Anschlusspunkt der B464 im Westen. Für den Radverkehr wird für die Umgebung die Planung des Masterplanes weitgehend adaptiert. Wichtige Radrouten zur Verbindung der Stadtteile und umliegenden Stadt sind zu priorisieren. Die Produktionsstraße durch das Betz-Quartier dient dabei als Lückenschluss und Verbindungsglied über die Bahntrasse hinweg. Sie wird unter der B28 hindurch auf die stillgelegte Bahntrasse geführt und schlägt eine direkt und schnelle Verbindungsachse durch das Quartier.
Linien: eine stark neue Achse
Die Industriemeile bestimmt die Vernetzungsrichtung zur Innenstadt. Sie ist Trasse für ein System aus autonom fahrenden Bussen, welches die kleinräumige Erschließung des Gebietes mit dem ÖV herstellen soll.
Nutzungen
Das Plangebiet wird auch zukünftig als Industriegebiet ausgewiesen. Entlang der Bahnlinie im Westen entwickelt sich die Industriemeile, ein Band mit Gebäuden, die in unterschiedlicher Form befarfsgerecht ausgeprägt werden können. Die Quartiere Sondelfinger Tor und Heilbrunnentor werden als gemischt genutzte Stadtquartiere mit einem hohen Anteil Wohnen geplant. Sie enthalten jeweils einen Versorgungsschwerpunkt. Entlang der Stuttgarter Straße sollen hochwertige Büro- und Dienstleistungsnutzungen konzentriert werden. Der Markt soll an das Stuttgarter Tor in einen neuen Gebäudekomplex verlagert werden.
Stadträume und Vernetzung
Leitgedanke des Entwurfs ist die Schaffung eines einfachen Orientierungssystem durch wenige, prägnante Stadträume im Quartier. Die Industriemeile führt auf direktem Wege aus Richtung Innenstadt nach Norden durch das Betz-Areal. Dort mündet die Achse in einen zentralen Platz, der sich zum neuen Bahnhalt öffnet. Der Betzplatz ist zentraler Treffpunkt und Standort für ein stadtbildprägendes Hochhaus. Vom Platz aus führt entlang der Siemensstraße ein kleiner Park mit Blick zur Achalm.
Erschließung
Die Haupterschließung des Quartiers erfolgt über die neue Bundesstraße. Die Erschließung für den Schwerlastverkehr ist auf die größten Straßen begrenzt. Nur zum Verladen dürfen sie in die übrigen Straßen fahren. Die Brücke im Norden des Quartiers an der Siemensstraße wird für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Sie dient zukünftig als große Fuß- und Radwegeachse und darf von Linienbussen genutzt werden. Als zentrale Verbindung für Fußgänger, Radfahrer und autonomen Busverkehr führt die Produktionsmeile direkt vom Bahnhof durch das Zentrum des Betz-Areals. Die bereits bestehenden und geplanten Radwegerouten werden in das Gebiet integriert. Die bestehenden Buslinien werden weitgehend gleich übernommen. Haltestellen können verschoben werden, um die Quartiersgaragen besser anzubinden.
Erschließung kurzfristig
Die kurzfristige Erschließung ermöglicht auch ohne die vorgeschlagenen weiterführenden Maßnahmen die Realisierung der Bebauung des Betz-Areals.
Nutzungen im Betz-Areal
Große Industrie- und Gewerbenutzung bilden einen wesentlichen Bestandteil des Quartiers. Als Einzelgebäude kommen sie in größerer oder kleinerer Parzellierung und als gestapelte Produktionsgebäude oder Produktionshallen vor. Daneben bieten Dienstleistungsgebäude Gewerbetreibenden ohne den Bedarf nach Hallenstrukturen im Quartier am Produktions-Boulevard Platz.
Gemeinschaftliche Produktions- uns Gewerbecluster ergänzen diesen klassischen Nutzung. Die Vermietung von kleineren Einheiten oder einzelnen Arbeitsplätzen spricht Existenzgründer und junge Unternehmen an. Hier können auch Werkzeuge und Geräte gemietet und gemeinsam genutzt werden, um Kosten und Abstellflächen zu sparen. Zusätzlich finden sich soziale Infrastrukturen wie eine Kita im Sonderbaustein und an den Plätzen des Quartiers.
Der Boulevard und die Allee
Das Quartier durchzieht der Produktions-Boulevard als wichtige städtische Verbindungsachse. Er ist die »Gute Lage« am Ort und führt vorbei an den repräsentativen Fronten der Industrie- und Gewerbegebäude. An ihm öffnen sich an einer Folge von größeren und kleineren Plätzen und Freiflächen neue Blicke ins Quartier. Er verbindet den Haltepunkt Störlach mit dem Stadtzentrum und ist eine Schnellverbindung für Radfahrer und den autonomen Shuttlebus vom Hauptbahnhof.
Der Produktionsboulevard stößt an seinem Ende auf die Grünfläche im Osten, die als Ruhezone und eine Bereich für entspannte Pausen und den Feierabend genutzt wird. Sie ist Teil einer größeren Allee in Richtung Achalm in Nord-Süd-Richtung, die an Storlach und Sonderfingen anschließt.
Differenzierte Maße der Aktivität
Das Quartier ist geprägt vom linearen Produktions-Boulevard und seinen städtischen und grünen Platzöffnungen. Diese linearen und flächigen Bereiche sind in eine differenzierte Intensität der Aktivität. Die Boulevard-Abschnitte sind geprägt durch nach innen geöffnete Erdgeschosszonen, die einen Einblick in die Vorgänge der Betriebe geben und als ihre repräsentativen Eingangsbereiche dienen.
Zu den Plätzen hin öffnet sich die Baustruktur. Hier sind auch publikumsintensive und den Raum bespielende Nutzungen, wie Bistros, Kiosks und Bars angesiedelt. In den kleinteiligeren Baufeldern finden sich innerhalb der Gebäudestrukturen noch gemeinsame Innenhöfe, die als halböffentliche Flächen weniger Besuchern als insbesondere den Nutzern der Gebäude als Pausenräume und Gemeinschaftsareale dienen. Sie können unterschiedliche Charaktere haben und sich den Ansprüchen der Nutzer anpassen.
Infrastruktur
Die Erschließung des Quartiers erfolgt in einem Außenring, der das Zentrum inklusive dem Produktions-Boulevard von motorisiertem Individualverkehr befreit. Das große MobilitätsHub am Eingang dient den Nutzern als Parkraum. Direkt mit dem RIT via Kran verbunden dient ebenso als Warenannahme und Umschlagort. Autonome Liefer-LKWs können bestellt oder Gabelstapler gemietet werden, um die Waren zu transportieren.
Die Anlieferung der Produktionshallen durch übliche oder autonome LKWs im Norden erfolgt durch Ladezonen im rückwärtigen Bereich. Die Große Halle wird direkt durch eine Durchfahrt in der Erdgeschosszone beliefert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich durch eine ehrliche und klare Bejahung des industriellen Charakters sowie durch eine konsequente Verflechtung mit der Umgebung aus. Als übergeordnete Verknüpfung Richtung Innenstadt dient eine entlang den Gleisen angeordnete Industriemeile, die prinzipiell positiv bewertet wird, deren Weiterführung über das Gebiet hinaus jedoch nur angedeutet ist. Mit gut platzierten Hochpunkten, Plätzen oder Hubs werden Anknüpfungspunkte an die umgebenden Quartiere definiert und durch ein robustes Netz innerer Freiräume durch das Gebiet hindurch verknüpft. Mit ergänzenden Baustrukturen nördlich der Gleise sowie am südlichen Rand werden die Ränder des Quartiers und die Anbindung an die Nachbarquartiere gestärkt. Der Realisierungsteil ist durch einfache Kubaturen in großer Körnung geprägt, die eine funktionale und flexible Nutzung erlauben. Die Qualität der architektonischen Ausführung bekommt damit aber eine hohe Bedeutung für die Erscheinung der Stadträume, was vom Preisgericht eher kritisch gesehen wird. Die modulare Gliederung der gewerblichen Nutzungen entspricht dem Zukunftstrend der Industrie 4.0 und der industriellen Fertigung. Dieses Konzept geht in die richtige Richtung wird aber nicht zu Ende gedacht und lässt viele Fragen offen. Für einige Gebäude werden Konzeptionen angedeutet: Im Gebäude „Anker“ beispielsweise werden Hallen- und Lagerfläche in Parzellen angeboten, in der „Große Halle“ finden sich beiderseits einer innenliegenden LKW Durchfahrt containerartige Parzellen, die mit dem Label „Fabrikation“, „CoWorking“ sowie „Variation“ ausgewiesen werden. Diese Nutzungs-Konzeptionen werden als wertvoll und zukunftsweisend bewertet, müssten aber hinsichtlich der Betreiberund Finanzierungsmodelle noch weiter durchdacht werden. Der großzügig gestaltetet Platz/Freiraum am RSB-Halt ist richtig platziert und durch die beiden Neubauten angemessen betont, wird in seiner Dimensionierung jedoch kontrovers diskutiert. Die Darstellungen zur Aufwertung der sonstigen Freiräume (Straßen, Plätze) bleiben leider eher schematisch und vage. Zum Management des Niederschlagswassers und zu stadtklimatischen Aspekten werden keine Aussagen gemacht. Kritisiert wird der hohe Versiegelungsgrad. Der Lückenschluss der B 464 verläuft an allen Knotenpunkten in Tieflage: Dies ist hinsichtlich des Stadtbilds und des Lärmschutzes vorteilhaft ist, maximiert aber Trennwirkung und Kosten der Querspange. Die geplante Schließung der Siemensstraße für den Kfz-Verkehr sowie die Wohnbebauung im Nordwesten des Gebiets vom Bau der Querspange abhängig. Die entlang der Gleise geführte Erschließung für den Schwerverkehr wird vom Preisgericht kritisch gesehen, da hier aufgrund der 24h-Anlieferung unzumutbare Belastungen des gegenüberliegenden Wohngebiets zu erwarten sind, die einer kurzfristige Realisierung vermutlich im Wege stehen. Die Erschließung ist insgesamt unzureichend erklärt und präzisiert. Der „Außenring“, der das „Produktions-Boulevard“ vom Kfz-Verkehr entlasten soll, umfasst nicht das gesamte Gebiet und scheint entkoppelt zu sein von den ansatzweise dargestellten Mobilitätshubs. Das Erschließungskonzept bedarf damit einer erheblichen Präzisierung. Eine zeitgemäße Lösung erscheint jedoch nach einer Weiterentwicklung der Planung möglich. Insgesamt ist der Beitrag ein robustes, funktionales und ehrliches Konzept, das jedoch leider in vielen Teilen sehr schematisch bleibt.
Plan 2

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Plan 3

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Plan 4

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