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Offener Wettbewerb | 03/2021

Entwicklung des heutigen Großparkplatz-Geländes "Regnitzstadt" in Erlangen

Vogelperspektive

Vogelperspektive

ein 2. Preis

Preisgeld: 27.000 EUR

rheinflügel severin

Stadtplanung / Städtebau

toponauten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Verbindung
Die Bebauung des Großparkplatzes eröffnet die Chance den barocken Teil der Erlanger Altstadt bestmöglich mit dem Wiesengrund zu verknüpfen. Der Entwurf greift daher die Strukturen der Altstadt auf und führt sie in das neue Quartier hinein. Neben der lediglich räumlichen Fortsetzung der Pauli- und der Helmstraße, erhalten die links und rechts der Hugenottenkirche verlaufende Richard-Wagner-Straße und Calvinstraße eine unmittelbare Anbindung durch die Bahnhofsunterführung. Die Folge der in dieser Achse bestehenden Plätze wird auf der Westseite der Bahntrasse fortgeführt. Ein solitär gesetztes Hotel und ein Stadtbalkon mit großer Freitreppe gliedern diesen großzügigen bandartigen Stadtraum. Hierdurch entsteht ein westlicher Bahnhofsvorplatz mit Zugang zum Hotel, einem Taxistand, dem neuen Haltepunkt der Stadt-Umland-Bahn und dem ZOB. Hinter dem Hotel eröffnet sich mit dem zentralen Quartiersplatz ein Stadtraum mit Aufenthaltsqualität. Der Platz wird von einer zentral durch das Quartier verlaufenden Nahmobilitätsachse für Fußgänger und Radfahrer in Nord-Südrichtung gequert, bevor er auf der Westseite seinen Abschluss durch einen höher liegenden Stadtbalkon mit Ausblick in den Wiesengrund erfährt. Der Stadtbalkon ist auf der Westseite verglast, sodass trotz Westausrichtung ein optimaler Lärmschutz für den gesamten Platz erzielt werden kann. Eine unmittelbare Wegeverbindung zum Wiesengrund besteht auf der Nordseite des Stadtbalkons über eine kombinierte Autobahn-Unterführung mit der Stadt-Umlandbahn.


Identität
Neben dem mit ÖPNV, Hotel, Gastronomie, Einzelhandel sowie dem ZBG (Zentrum der Berufsfachschulen für das Gesundheitswesen) belebten Quartiersplatz wird die Identität des Quartiers durch einen weiteren Freiraum wesentlich geprägt. Es handelt sich um einen mit Bäumen bestandenen Anger, welcher Spielbereiche für Kinder enthält - je nach Tageszeit aber auch als ein Ort der Ruhe wahrgenommen werden kann. Diese Qualität spielt eine große Bedeutung vor dem Hintergrund der Lärmbelastung, welche von den flankierenden Infrastrukturtrassen im Osten und Westen ausgeht. Der Lärm wird durch die gewählten Bautypologien bestmöglich abgeschottet. Die entlang der Bahntrasse vorgesehene Blockstruktur öffnet sich nach Westen zum Anger, bzw. zur zentralen Nahmobilitätsachse. Durch die Vernetzung zwischen den mit Gemeinschaftsgärten ausgestatteten halböffentlichen Höfen und den öffentlichen Räumen des Angers und des Quartiersplatzes, kann trotz der Insellage inmitten der übergeordneten Verkehrstrassen ein attraktives Wohnumfeld geschaffen werden.


Synergien
Zum attraktiven Wohnumfeld mit kurzen Wegen trägt auch eine im südlichen Hof integrierte Kita bei. Ihr gegenüber befindet sich ein Hybridblock mit Nahversorgung im EG, Fitnessstudio im 1. OG und darüberliegenden Wohnungen. Die zur Autobahn gewandte Seite des Blocks beinhaltet die zentral gelegene Quartiersgarage mit darüberliegenden Bürogeschossen. Durch diese Lösung kann auf teure Tiefgaragen weitgehend verzichtet werden. Lediglich der von Norden gut erreichbare Lärm abschirmende Gewerbekomplex an der Autobahn verfügt über eine klassische Tiefgarage. Durch die insgesamt kleinteilige Nutzungsmischung wechseln sich auf wenigen Metern zahlreiche Funktionen ab und ergänzen das Wohnen in synergetischer Weise. In diesem Zusammenhang sei auch die Kopplung des ZBG mit dem Stadtbalkon erwähnt. Unter dem Stadtbalkon befindet sich die Sporthalle des ZBG, dessen Umkleiden sich unterhalb der großen Freitreppe befinden. Ein externer Zugang erfolgt von der Skateanlage im Westen, wodurch auch eine externe Nutzung z.B. durch Vereine ermöglicht wird. Ein weiterer großer Nutzungsbaustein im Süden ist die Großgarage zur Aufnahme der innenstadtrelevanten Stellplätze. Diese Garage wurde als Mobilitätshub konzipiert, sodass in ihrem Erdgeschoss sowohl der ZOB, als auch die Haltestelle der Stadt-Umlandbahn ihren Platz findet.


Erschließung
Die Großgarage, der ZOB und die Stellplätze des ZBG werden von Süden erschlossen. Alle weiteren Nutzungsbausteine erhalten eine Erschließung über eine Schleife von Norden, sodass im Quartier kein Durchgangsverkehr stattfindet. Die ehemalige Parkplatzstraße wird zur Nahmobilitätsachse ausgebaut. Sie beginnt im Norden mit einem Platz auf dem bestehenden Regenrückhaltebecken mit Anbindung nach Westen und Osten durch die bestehenden Unterführungen. Die Achse flankiert auf dem Weg nach Süden zunächst den Anger, bevor sie den Quartiersplatz kreuzt, wo eine weitere Ost-Westanbindung in der Achse der bestehenden Bahnhofsunterführung besteht. Die Achse setzt ihren Weg zwischen ZBG und Großgarage nach Süden fort und wird über eine Brücke auf das Niveau des Friedhofs geführt und dort an den bestehenden Margaretha-Stock-Weg angeschlossen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee der Arbeit ist das Anknüpfen und Anbinden des neuen Stadtquartiers an die barocke Innenstadt und deren Achsen. Die Anordnung der Verkehrsinfrastruktur – zentraler Omnibus-Bahnhof (ZOB), Stadt-Umlandbahn (StUB) und Parkhaus - und der Berufsfachschule für Pflegeberufe im Süden des Quartiers ist gut gewählt. Die Kubatur des Schulgebäudes sticht jedoch zu wenig hervor. In der Mitte des Quartiers setzt sich sinnhaft eine breite Ost-West-Verbindung vom Hugenottenplatz über den Bahnhof bis zu dem „Stadtbalkon“ mit Ausblick in den Wiesengrund fort. Der unmittelbar westlich des Bahnhofs gelegene neue Bahnhofsvorplatz erscheint in seiner Gestaltaussage rudimentär. Die gegenüber dem Bahnhofeingang vorgeschlagene Solitärbebauung mit einer Hotelnutzung ist dem Standort wenig angemessen, der mittlere Platzbereich ist nicht klar zugeordnet und situiert. Allgemein scheint der Übergang zum Regnitzgrund und die Anbindung des Stadtbalkons zum Regnitzgrund zu wenig ausgeprägt. Die Verbindung des Quartiers mit dem Wiesengrund ist nur bedingt gegeben. Im Norden des Stadtquartiers ist zur Autobahn Gewerbe und Parkierung als Lärmschutzriegel sinnvoll platziert. Durch die Gliederung in der Fassade wird versucht, eine angemessene Maßstäblichkeit zu erzeugen. Die dahinterliegende Wohnbebauung ist gut gestaffelt, kleinteilig strukturiert und nach innen orientiert. Jedoch werden die Öffnungen in den 7-geschossigen Verbindungsbauten kritisch gesehen. Der „Quartiersanger“ und die Bahnböschung sind in ihrer Dimension zu hinterfragen. Dagegen ist der Taschenplatz im Nordwesten gut dimensioniert und als Eingang in das Quartier an der richtigen Stelle mit belebenden Nutzungen gefüllt. Die westliche Freifläche als Zwischenglied zur Autobahn weist keine klare Zuordnung zu den angrenzenden Nutzungen auf. Der Lehrerparkplatz erscheint deplatziert. Die Dimensionierung und Nutzungsteilung von Wohnen, Arbeiten und Parken ist sinnhaft und gut proportioniert. Die Unterbrechung der Nord-Süd-Verbindung für den motorisierten Individualverkehr reduziert die Verkehrsbewegungen im Stadtquartier. Die Vermeidung von Durchgangsverkehr erhöht die Aufenthaltsqualität im Quartier und auf dem Platz. Der Taxistand ist nicht in Verbindung zu ZOB und Parkhaus angeordnet. Das am Bestand orientierte Straßensystem im Süd-Westen erscheint überdimensioniert. Die Fußwegeverbindungen im Quartier sind ausreichend und gut gewählt. Die Radabstellanlage erscheint unterdimensioniert. Die Radwegebeziehungen sind sinnhaft, im Detail aber nicht angemessenen dimensioniert. Eine Radabstellanlage am Parkhaus wird vermisst. Das Angebot an Stellplätzen wird insgesamt erhöht. Die Zahl der öffentlichen Stellplätze ist jedoch leicht reduziert. Die zentrale Bündelung der Stellplätze im Parkhaus im Süden vermeidet Ziel- und Quellverkehr durch das Stadtquartier. Die zentrale Lage des ZOB am Ausgang des Hauptbahnhofs ermöglicht kurze Umsteigebeziehungen und eine gute Erreichbarkeit des Hauptbahnhofs. Die Wendeschleife der StUB ist aus allen Richtungen nutzbar und funktional gut gelöst. Auch die Haltestelle für die Stadt-Umland-Bahn ist richtig angeordnet. Das Quartier kann etappenweise von Süden nach Norden entwickelt werden. Eine mittelfristige Realisierung erscheint möglich. Der Schulbau kann zeitlich vorgezogen werden. Die Wirtschaftlichkeit erscheint ohne große Tiefgarage gegeben. Die Ausnutzung der Flächen ist nicht optimal. Die Baustruktur scheint flexibel genug, um auf die Anforderungen des Klimaschutzes wie Belichtung, Kühlung und dezentrale Energieerzeugung reagieren zu können. Eine Photovoltaik-Nutzung ist auf allen Dächern vorgesehen. Aussagen zum Niederschlagswassermanagement sind nicht erkennbar. Im Westen schirmen die Nichtwohngebäude das Quartier vom Autobahnlärm ab. Im Osten sind die Wohn- und Hotelbauten jedoch dem Bahnlärm ohne erkennbare Gegenmaßnahmen, oder Lärmschutzwände ausgesetzt. Die Arbeit bietet insgesamt eine überzeugende und flexible Grundstruktur, welche die Stadtbausteine an die richtigen Stellen setzt und weiterentwickelbar ist.
Stadtbalkon zum Wiesengrund

Stadtbalkon zum Wiesengrund

Strukturplan

Strukturplan

Lageplan

Lageplan

Blick vom Stadtbalkon zur Stadt

Blick vom Stadtbalkon zur Stadt