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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Neubau von Feuerwehrhaus und Bauhof in Gemmingen

3. Preis

Preisgeld: 6.000 EUR

ArGe Architekten Leins | Ohnemus | Freie Architekten Part mbB

Architektur

Tünnemann Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Jochen Zimmermann Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Mitarbeiter:
Israel Hernando Gamborino
Sophie Wittmann
Michael Ohnemus

Entwurfsidee + städtebauliches Konzept:

Ziele der Wettbewerbsarbeit war die vollständige Programmerfüllung bei optimaler und störungsfreier Unterbringung der jeweils spezifischen Betriebsabläufe und Flächenzusammenhänge auf einem gut erschlossenen aber verkehrlich nicht unproblematischen Wettbewerbsgebiet mit teils erhaltenswertem Baumbestand sowie bauhistorischem Hinter-grund: Die topographisch prägende und städtebaulich interessante Umfassungsmauer des ehemaligen Ziegeleiareals entlang der Louis-Schuler-Straße sowie die zugehörige Zugangstreppe werden erhalten und funktional in den Wettbewerbsvorschlag integriert.

Unter disziplinierter Ausnutzung des östlichen Grundstücksteils südlich der heutigen Bauhofzufahrt und Ausbau der-selben als Alarmzufahrt kann die gesamte ebene Bestandsfläche mit dem nach Süden noch erweiterungsfähigen Feuer-wehrgebäude sowie mit Alarm- und Übungshof belegt werden. Vom Standort des Übungsturms südlich neben der bestehenden Zugangstreppe sowie von Alarm- und Schulungs-bereich des Neubau bestehen gute Sichtverbindungen (mit städtebaulicher und identitätstiftender Fernwirkung) sowohl zur Dorfmitte als auch zum Kreuzungsbereich Industrie-straße | Bahn-unterführung | Louis-Schuler-Straße und in die Grundstückstiefe nach Westen zum neuen Bauhof.

Der kompakte Feuerwehrbau teilt das T-förmige Grundstück entlang einer mittleren Nord-Süd-Achse, so daß zwei unter-schiedlich große Freiflächen verbleiben, die den Funktionsteilen logisch zugeordnet sind: Die östliche Freifläche nimmt Alarm- und Übungshof auf, die schmalere westliche Grundstückshälfte wird mit dem Bauhof belegt, nördlich des Feuer-wehrgebäudes liegen – privilegiert erschlossen durch die „aufgewertete“ heutige Zufahrt – die Alarmparkplätze sowie weitere allgemeine Stellplätze sowie die Besucher- und Beschäftigtenzufahrt von der Industriestraße.

Das Bauhofgelände entwickelt sich ab einer zentral gelegenen gemeinsam, auch für Festbetrieb nutzbaren Park- und Freifläche, an der auch die Sozial- und Aufenthaltsräume des Bauhof liegen, nach Westen in die Grundstückstiefe, wo hinter dem bestehenden Trafoturm Kalt- und Schüttlager sowie Lager- und Fahrzeughallen des Bauhofs angeordnet sind.

Erschließung + Alarmkonzept:

Gebäudeausrichtung und Freiflächenbelegung privilegieren die Situation an der Louis-Schuler-Straße für die primären Feuerwehrfunktionen (Fahrzeughalle | Stauraum | kreuzungsfreie Alarmausfahrt) auf der Ostseite und lassen dabei störungsfreies Ein- und Ausfahren in bzw. aus der Grundstückstiefe von Ziegelei- und Industrießstraße sowie internen Verkehr (Bauhof | Feuerwehr | Waschplatz) zu.

Das Anrücken der Alarmkräfte erfolgt ausschließlich über die Industriestraße von Nordwesten her über die alleinige Alarm-zufahrt. So sind das kreuzungsfreie Ausrücken (reines Rechtsabbiegen der Fahrten) und die stets freie Durchfahrt durch den „Engpaß“ der zur Ortmsitte führenden Bahnunterführung ohne Signalanlage an der Industriestraße gegeben. Die Alarmkräfte gelangen direkt vom Alarmparkplatz her über den Zugang der Nordseite in den Alarm- und Fahrzeug-bereich, hier sind auch die Bereitschafts-, Leit- und Kommandoräume angeordnet. Fahrzeughalle sowie An- u. Abfahrten sind von dort gut einsehbar. So ist für kurze Wege während des Einsatzgeschehens Sorge getragen (Parkplätze  Garderoben  Fahrzeughalle  Ausfahrt).

Die Schwarz-Weiß-Trennung ist über den Abladeplatz im Bereich der Durchfahrt westlich Fahrzeugwaschhalle sowie Reinigung des Einsatzequipments und der Einsatzkleidung eingehalten.

Gebäudeumfahrten sind im gesamten Gelände (im Gegenuhrzeigersinn) möglich, alle Schleppkurven im für Feuerwehr- und Bauhofbereich sind auskömmlich nachgewiesen, Waschhalle und Werkstatt (Programm-Nr. 1.2 und 4.4) sind in direkter Fahrtrichtung auch sowohl vom Bauhof als auch von der Ziegeleistraße (heutiges Bauhoftor) anfahrbar.

Gebäudegliederung:

Der Programmteil Feuerwehr kommt in einem kompakten zweigeschoßigen Gebäude unter. Die Fahrzeughalle gibt dabei die Gebäudehöhe vor, der nördliche „Gebäudekopf“ mit Alarm- und Schulungsbereich sowie die westlich der Fahrzeug-halle an dem geforderten breiten Alarm- und „Staplerflur“ gelegener Sozial- und Lagerspange sind zweigeschoßig.
Der großflächige Schulungsraum mit den zugehörigen Küchen- und Abstellflächen sowie Fitness- und Jugendräume sind im Obergeschoß angeordnet, das über zwei „schnelle“ Treppen erschlossen ist. Zusätzlich wird ein Aufzug für personen und Materialtransport vorgeschlagen. Als Einschnitt in Dachfläche und Obergeschoß zeigt sich eine gemeinsam nutzbare Terrasse für Veranstaltungs- und Personalpausen etc.

Das Bauhofprogramm wird in zwei getrennten, jeweils eingeschoßigen Baukörpern (Hauptgebäude und Kalthalle) nach-gewiesen. Die zentralen Sozial- und Aufenthaltsräume weisen nach Osten zu Feuerwehr und sind vom zentralen Park- und Eingangsplatz sowie einem Fahrzeug- und Lagerhalle erschließenden Mittelgang aus zugänglich. Fahrzeug- und Kalthalle sind sich in den westlichen Grundstückstiefe zugewandt und bilden so einen funktionalen Betriebshof, an den Schütt- und Containerlager sowie die Fahrsilos gruppiert sind.

Konstruktion, Tragwerk:

Die Gebäudekonstruktionen werden als wirtschaftliche Stahlbetonskelettbauten mit Flachgründungen und ohne Unter-kellerungen vorgeschlagen. Mit einer fugenlosen Ortbauweise kann trotz Tausalzbelastungen die Gebrauchsfähigkeit und Dauerhaftigkeit der Konstruktion gewährleistet werden.

Die einseitige Auskragung der Feuerwehr-Hallendecke für das Stauraumvordach bildet ein günstig wirkendes Gegenge-wicht zu der weit gespannten Flachdecken-Konstruktion. So kann die Hallendecke in Kombination mit den gewicht-sparenden Hohlkörpern mit einer Konstruktionshöhe von nur 40 cm ausgeführt werden. Die Hohlkörper sorgen zudem für ein günstigeres Verhältnis von Steifigkeit und Gewicht. Der Lastabtrag in den Baugrund erfolgt als wirtschaftliche Flach- gründung mit Einzel- und Streifenfundamenten. Das über den Stauraum vor der Feuerwehrhalle überkragende Dach bildet einen vor Schnee, Regen und Sonne geschützten Vorplatz vor den Fahrzeugen.

Das Grundprinzip der klar gegliederten Tragstrukturen in Ortbetonbauweise findet sich auch im Bauhof wieder.

Fassaden, Materialien:

Alle geschlossenen Außenwände von Feuerwehr und Bauhof werden mit vorgehängter schwach hinterlüftetem Klinker-vormauerk („Ziegelfassade“) vorgeschlagen. Diese robuste, langlebige, wartungs- und unterhaltungsfreundliche Fassade wird der beanspruchenden technischen Nutzung des Feuerwehr- und Bauhofbetriebs gerecht, schlägt die „Brücke“ zur standortprägenden Vornutzung des Geländes und ist als ortsüblicher, lokal tradiert vorkommender Baustoff nachhaltiger und wirtschaftlicher Hauptbaustoff der Anlage.

Sämtliche Dachflächen werden extensiv begrünt. Die Aufstellung von Solarkollektoren und Photovoltaikanlagen ist auf beiden Bauteilen möglich und vorgeschlagen.

Die Tore der Fahrzeug- und Lagerhallen sind als verglaste Sektionaltore geplant, dadurch werden die Hallenausfahrten auf kompletter Stellplatzbreite freigegeben. Die Lüftungsanlagen der Fahrzeughallen werden unter Einhaltung der geforderten Lichtraumprofile direkt im Volumen integriert. Fahrzeughallen, Werkstatträume, Büros, Schulungsräume werden alle natür-lich belichtet und belüftet. Es kommen werthaltige (Beton) und nachhaltige oder recyclingfähige (Glasschaumschotter, Holz-Alu-Fenster, Stahlbleche) Materialien zur Ausführung.

Freianlagen:

Durch die Unterbringung aller Funktionen in den drei Gebäudeteilen entsteht für die Außenanlagen eine übersichtliche Konzeption, die eine gut strukturierte Organisation der Abläufe ermöglicht, und Kollisionen vermeidet.

Die erforderlichen Stellplätze sind im Norden sowie zentral zwischen den Baukörpern Bauhof und Feuerwehr unterge-bracht. So werden Zu- und Abfahrten und der tägliche Betrieb nicht gestört. Durch die Gliederung der Erschließung auf mehrere Zufahrten wird der Verkehrsfluss gut organisiert und die notwendige Trennung der Erschließung in Normal-betrieb und Alarmfall ist gewährleistet. Kurze Wege, auch für die Fahrradstellplätze werden realisiert. Die Übungsfläche am Turm ist aufgrund des direkten Anschlußes zur großzügigen Vorfläche des Feuerwehrgebäudes flexibel nutzbar.

Die Erweiterung des Feuerwehrhauses nach Süden ohne Verlust wichtiger Funktionsbereiche ist möglich.

Eine Aufenthaltsfläche mit Grillstelle steht im Norden, zentral und nahe der verwaltenden Funktionen zur Verfügung.
Die Anordnung im Norden, weg von den Erschließungs- und Arbeitsbereichen und abgewandt von der öffentlichen Seite garantiert eine gute Aufenthaltsqualität und ausreichend Zurückgezogenheit. Aufgrund der annähernd ebenen Topografie des zur Verfügung stehenden Grundstücks können die miteinander zu verknüpfenden Funktionen gut untergebracht und organisiert werden. Die barrierefreie Erschließung des Geländes ist damit gewährleistet.

Die vorhandene historische Mauer der Ziegelei einschl. der Treppenanlage bleibt erhalten. Lediglich für die beiden Zu-fahrten im Nordosten, Alarm-Zufahrt und Zufahrt Feuerwehr/Bauhof, sind ansteigende Rampen notwendig um die obere Ebene zu erreichen. Im Bereich der nördlichen Stellplätze wird der Höhensprung mit einer neuen Stützmauer gefasst.

Der Baumbestand bleibt soweit möglich erhalten und wird durch einzelne Standortgerechte Baumpflanzungen ergänzt. Das Feuerwehrhaus steht nach Süden und Osten großzügig frei. Die bestehenden Bäume können erhalten bleiben, da die Topografie des Plateaus hier nicht verändert wird. Beläge sind funktional und kostengünstig gewählt, mit Asphalt und Funktionspflaster mit ausreichender Belastbarkeit. Der Belagswechsel dient in Teilen auch der besseren Zonierung der Flächen.

Das Gelände wird insgesamt mit einer Zaunanlage eingefriedet und mit Toranlagen versehen. In Teilen übernehmen die Stützmauern die Funktion der Einfriedung. Stellplätze werden mit Rasenfugenpflaster mit hohem Fugenanteil realisiert und erhalten einen geschlossenen Plattenstreifen als Trenner. Auch Nebenflächen werden soweit es die Funktion erlaubt in dieser durchlässigen Ausführung hergestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Grundfigur, bestehend aus drei parallelen in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten Einzelbaukörpern ist nachvollziehbar und grundsätzlich gut gesetzt, da sie das Grundstück räumlich gut strukturiert und ein ablesbares, zusammenhängendes Ensemble von Feuerwehr und Bauhof schafft. Allerdings kann die Einzelausformung der drei abgestuften Baukörper in Proportion und Abstand zueinander sowie in der Ausführung (v. a. des Kaltlagers) nicht vollständig überzeugen, was nicht zuletzt an der mindestens unglücklichen Modelldarstellung liegt. Immerhin schafft es einen wirksamen Raumabschluss zur westlichen Grundstücksgrenze, das das angrenzende Lagergebäude auf dem Nachbargrundstück nicht zu leisten vermag.
In der Funktion bietet die Gebäudeanordnung eine Reihe von Vorteilen, die insgesamt zu einer guten und funktionierenden Lösung führen; so ist z.B. die Alarmausfahrt der Feuerwehr nach Osten auf die LouisSchuler Straße günstig angeordnet, da auf kurzem und direktem Wege die wichtigen Zielrichtungen erreicht werden können.
Die Öffnung der Fahrzeughalle in Richtung Industriestraße und Bahnlinie setzt in Verbindung mit dem markanten Übungsturm ein richtiges städtebauliches Zeichen und trägt positiv zur Adressbildung und Wahrnehmung der neuen Feuerwehr bei.
Positiv wird auch die unproblematische Erweiterungsmöglichkeit nach Süden bewertet.
Die Parkierung ist im nördlichen Grundstücksteil schlüssig untergebracht und mit einer neuen Zufahrt von Norden gut erschlossen.
Die Alarmausfahrt von Osten über die bestehende Rampe führt allerdings zu Konfliktsituationen beim Ankommen der Einsatzkräfte und ist daher zu hinterfragen.
Der „grüne“ Bereich zwischen Feuerwehr und Bauhof kann grundsätzlich eine verbindende Funktion übernehmen, ist jedoch als reine Parkierungsanlage nicht überzeugend gestaltet. Hier hätte man sich eine hochwertigere Freiraumgestaltung gewünscht. Auch wird der Gebäudeabstand als zu groß empfunden, was auf Kosten der recht knapp bemessenen Hoffläche des Bauhofes geht.
Ansonsten sind auch beim Bauhof die Funktionen gut erfüllt. Zu- und Abfahrten, Parkierung sowie die Anordnung der Schüttboxen und der Silos sind gut platziert.
Die Grundrisse beider Gebäude sind klar und funktional richtig ausgearbeitet. Der im OG der Feuerwehr angeordnete Schulungsraum mit Orientierung zum Ort verspricht eine hohe Qualität und könnte auch noch andere Begehrlichkeiten wecken.
Insgesamt wird ein gut funktionierendes, städtebaulich grundsätzlich überzeugendes Konzept präsentiert, das eine angemessene Lösung für die gestellte Aufgabe darstellt.