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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2020

Neubau Mietwohnungsbau der GSE in Baden-Baden

Lageplan

Lageplan

1. Preis

Preisgeld: 13.500 EUR

PIA Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Grundidee | Das Entwurfskonzept zielt auf bezahlbares und zeitgemäßes Wohnen im Kontext einer attraktiven Bebauung mit hochwertigen Außenanlagen ab. Dabei sollen Personengruppen unterschiedlicher Lebensumstände vernetzt und die Gemeinschaft gefördert werden.

Städtebauliche Setzung | Die städtebauliche Struktur versucht die Vorgaben des Bebauungsplans schlüssig zu interpretieren und weiterzuentwickeln. Da die Baulinie entlang des Radwegs keiner herleitbaren Richtung folgt, erlaubt sich der Entwurf eine minimale Erweiterung des Baufelds und nimmt als geradliniger Baukörper die Typologie der umgebenden Bebauung sowie deren Fluchten auf. Dadurch öffnet sich der Baukörper stärker zum geschützten Innenhof. Er bildet im Nordwesten bewusst eine Kante aus und schirmt sich somit baulich von der Lärmquelle ab. Ein durchbindender Eingangsbereich verknüpft den Gemeinschaftshof der Bewohner mit der öffentlichen Straßenseite. Auch in der Fassadengestaltung lassen sich zwei Bereiche ablesen: Zum öffentlichen Raum ist der Baukörper städtischer, wohingegen die Fassadenteile auf der Seite des Innenhofs durch Loggien aufgelöst und lebendig begrünt sind. Da das Gebäude umgebungsbedingt nicht von allen Seiten gleichwertig behandelt werden kann, öffnet es sich im Staffelgeschoss mit seiner gemeinschaftlichen Dachterrasse bewusst zur lärmgeschützten Seite Richtung Süden.

Funktionale Gliederung | Der Baukörper folgt einer klaren Struktur: Im Regelgeschoss befinden sich die Wohngruppen im nordwestlichen, die Wohnungen im südöstlichen Gebäudeteil. Der Laubengang als verbindendes Element und Begegnungszone mündet in den zentralen Gemeinschaftshof der Wohngruppe.
Die Wohngruppen bieten verschiedene Grade der Öffentlichkeit an – von den geschützten und nicht direkt einsehbaren Appartements, die sich zum gemeinschaftlichen Wohnbereich orientieren hin zur Wohnraumerweiterung im Gemeinschaftshof. Der Entwurf bietet Wohnungstypologien in ausgewogenem Verhältnis und ist von durchbindenden, hellen und gut möblierbaren Wohnungsgrundrissen geprägt, deren Wohnbereiche sich zum gemeinsamen Innenhof orientieren. Die barrierefreien Wohnungen liegen im Erdgeschoss, die R-Wohnungen unmittelbar in der Nähe des Aufzugs. Die Gebäude und der Freiraum sind durchgehend barrierefrei erschlossen. Dabei liegt der Anteil geförderter Wohnungen bei etwa 40%. Im Dachgeschoss befinden sich die Mieträume mit direktem Zugang zur gemeinschaftlichen Dachterrasse. Deren exponierte Lage begründet sich darin, dass sie durch ihre Anmietbarkeit für alle Bewohner zugänglich sind und die Vorteile jedem zur Verfügung stehen.

Zukunftsvision Stellplätze | Alle Stellplätze sind oberirdisch angeordnet. Der überdachte Park-Bereich mit den daran anschließenden Nebenräumen richtet sich nach Nordwesten zum Lärmschutzwall. Die Zufahrt erfolgt über den Menton-Ring. Somit kann auf eine kostspielige Tiefgarage verzichtet werden. Der Keller wird auf ein Minimum reduziert und kann sehr kompakt ausgeführt werden.
Auch eine potentielle Umnutzung der Stellplätze lässt sich durch den direkten Bezug zur Nachbarschaft im Erdgeschoss einfacher realisieren. Die Lage auf der vom Innenhof abgewandten Seite ermöglicht zudem eine gute Nachnutzung auch durch Externe. Die Stellplatzzufahrt kann als Außenbereich genutzt werden. Die flexible Grundrissstruktur erlaubt außerdem eine zeitversetzte Umnutzung der einzelnen Schotten. Auch die Garagentore können einfach durch großflächige Verglasungen ersetzt werden. Nutzungseinheiten in unterschiedlicher Größe sind möglich: Neben einer FabLab-Kreativwerkstatt ist ein Hofladen mit Obst und Gemüse aus dem Gemeinschaftsgarten, aber auch ein Co-Working-Space für die Nachbarschaft vorstellbar.

Freiraumkonzept | Eine sehr hohe Qualität stellt der nutzbare Freiraum dar. Jung und Alt können sich den jeweiligen Bedürfnissen gerecht werdend optimal bewegen, treffen, spielen. Der Innenhof dient den Bewohnern als gemeinsame grüne Mitte und ermöglicht durch Beete für das „Urban Gardening“, welche von allen bewirtschaftet und genutzt werden können, neue Orte der Begegnung. Die große Eiche wird bewusst in die Freiraumplanung integriert und spendet Schatten für den Sandspielbereich der Kinder, an welchen sich die Gemeinschaftsterrasse anschließt. Alle Wege werden mit versickerungsfähigem Pflaster versehen, Versickerungsmulden ermöglichen es das Regenwasser direkt in den Boden einzuleiten. Eine breitere gemischte Gehölzhecke bietet eine gute Abschirmung zum Nachbargrundstück.

Konstruktion und Materialität | Das Tragsystem besteht aus Geschossdecken und Schotten aus Stahlbeton, welche als Speichermasse zur Bauteilaktivierung dienen und für einen optimalen Schallschutz sorgen. Die Außenwände aus hochdämmenden Massivholzwänden sorgen für einen guten Wärmeschutz und ermöglichen durch einen hohen Vorfertigungsgrad deutlich kürzere Bauzeiten, was die Kosten minimiert. Auch in der Fassade mit den umlaufenden horizontalen Fassadenbändern und der dazwischen liegenden Holzschalung lässt sich die Konstruktion ablesen. Eine Verschattung mit außenliegenden Senkrechtmarkisen verhindert einen zu hohen Wärmeeintrag im Sommer.

Ökologie / Energie / Mobilität | Der Entwurf sieht ein einfaches bilanziertes Nullenergie-Gebäude in Hybridbauweise vor. Die Wärmeerzeugung erfolgt über Erdwärmesonden in Kombination mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe. Eine Photovoltaik-Anlage sichert die Grundversorgung an Strom und unterhält neben der Wärmepumpe auch den Mobilitäts-Port, an dem E-Autos und E-Bikes geladen werden können. Das Regenwasser wird gesammelt und für die Bewässerung der Bepflanzung und der WCs genutzt.
Neben der Technik setzt auch der Grundriss auf Nachhaltigkeit. Durch den Laubengang, der die beiden Gebäudeteile miteinander verbindet, können Flächen und Kosten eingespart werden. So sind nur eine vertikale Erschließung und ein gemeinschaftlicher Wasch- und Trockenraum pro Geschoss notwendig. Auch die Mietzimmer beispielsweise in der Nutzung als Gäste- oder Arbeitszimmer lassen temporäre Wohnraumerweiterungen zu, was langfristig ungenutzte Wohnräume verhindern soll und gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl der Bewohnerschaft stärkt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser legen einen überraschend unprätentiösen, im besten Sinne einfachen Entwurf vor, der dennoch eine hohe Flexibilität aufweist. Städtebaulich sinnfällig wird der Grünraum nach Norden und Osten mit je einem Baukörper geschlossen, die über eine offene Erschließungsfuge verbunden werden. Damit entsprechen Lage und Körnung den Anforderungen des Ortes. Mit seiner sympathisch-zurückhaltenden, dabei strukturell starken Fassadengestaltung fügt sich der Bau gut in die Neubauten der Cité ein, ohne sich in den Vordergrund zu spielen. Die gewählte Höhenlage des Erdgeschosses gemäß B-Plan scheint allerdings korrekturbedürftig, der Baukörper sollte deutlicher aus dem Gelände herausgearbeitet werden und sich höhenmäßig eher am gegenüberliegenden Vincentiushaus orientieren. Damit würde im Übrigen auch die auf den Plänen erkennbare Souterrainlage der südlichen Kopfwohnung im Erdgeschoss vermieden werden können. Die klar zonierten, kompakten Baukörper erlauben eine hohe Wirtschaftlichkeit in der Erstellung, zumal auf ein Untergeschoss weitgehend verzichtet wird. Positiv vermerkt wird das unaufwändige Parken im nördlichen Erdgeschoss, auch auf die detailliert vorgeschlagenen zukünftigen Alternativnutzungen hin. Die Anordnung der anschließenden Nebenräume zum gut gestalteten, gemeinschaftlichen Grünbereich hin scheint allerdings überdenkenswert; hier wäre ein schöner Partyraum oder eine gemeinschaftlich betriebene Werkstatt sinnfälliger. Der bescheidenen Anmutung entsprechend erscheinen auch die Erschließung und der Zugang zur Wohnanlage angemessen reduziert ausgebildet. Die bedarfsgerecht ausgebildeten Wohnungen zeichnen sich durch gut gelegene, private Außenräume aus und entsprechen größenmäßig den Vorstellungen des Auslobers. Lediglich die Clusterwohnung, die sich jeweils über eine komplette Etage des nördlichen Baukörpers erstreckt, scheint überzogen; hier wäre eine Teilung in eine Kopfwohnung und eine verkleinerte Version der Wohngruppe bei unveränderter Erschließung sinnvoller. Die vorgeschlagene Konstruktion als Stahlbeton-Holz-Hybridbau scheint innovativ und dennoch wirtschaftlich darstellbar. Durch ein hohes Maß an Speichermassen ist eine energetisch nachhaltige Betriebsweise gewährleistet. Zugleich unterstützt diese Bauweise das sympathische, fast leichtfüßige Erscheinungsbild der Wohnanlage, die hohe formale Eigenständigkeit mit einem großen Maß an Struktur vereint und damit einen sinnfälligen Stadtbaustein für die Cité darstellt.
Städtebauliches Konzept

Städtebauliches Konzept

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Regelgeschoss

Regelgeschoss

Dachgeschoss

Dachgeschoss

Gemeinschaft und Begrünung

Gemeinschaft und Begrünung

Ansicht Nordost

Ansicht Nordost

Ansicht Südwest

Ansicht Südwest

Detailschnitt - Konstruktion und Materialität

Detailschnitt - Konstruktion und Materialität

Längsschnitt

Längsschnitt

Zukunftsvision Nachnutzung

Zukunftsvision Nachnutzung

Zukunftsvision Nachnutzung

Zukunftsvision Nachnutzung