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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Generalsanierung der Landwirtschaftlichen Fachschule und des Landesschulgutes Stiegerhof (AT)

Modellfoto

Modellfoto

3. Rang / Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Querformat ZT GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Ausgangslage/ Grundgedanken
Bei der gegenständlichen Aufgabenstellung handelt es sich um ein langfristig gewachsenes, auf einer idyllischen Geländekuppe gelegenes Gebäudeensemble. Der Gutshof „Stiegerhof“ hat eine lange und traditionsreiche Geschichte aufzuweisen, die ältesten Bauteile stammen immerhin aus dem Jahr 1880. Im Laufe der Jahrzehnte wurden immer wieder Zubauten errichtet bzw. bauliche Adaptierungen vorgenommen, um den sich laufend ändernden Anforderungen und Bedürfnissen zu entsprechen. Gesamthaft betrachtet handelt es sich im Wesentlichen um eine landwirtschaftliche Fachschule sowie um einen breit aufgestellten, landwirtschaftlichen Betrieb mit Direktvermarktung, den weithin bekannten „Stiegerhof“.

Der vorliegende Entwurf erkennt die vermutlich einmalige Chance, das ganze Areal einer gesamthaften Erneuerung zu unterziehen und umfassende Veränderungen vorzunehmen. Eine möglichst nachhaltige Lösung der Aufgabenstellung erfordert von allen Projektbeteiligten vor allem eines: MUT. Jetzt mutig eine konsequente Lösung aufzugleisen, die dem „Stiegerhof“ und der Fachschule langfristig eine attraktive Perspektive für die Zukunft nicht nur verspricht, sondern tatsächlich auch halten kann.


Städtebauliche Aspekte und außenräumliche Bezüge
Das Gesamtensemble als Solches lässt sich in drei wesentliche Funktionsbereiche gliedern: Die Fachschule, den Gutshof und den Pferdebereich mit Reitplatz. Die Verortung dieser unterschiedlichen Nutzungsbereiche bleibt unverändert bzw. gewinnt durch die projektierten Maßnahmen noch deutlich an Klarheit. Hauptelement dieser räumlichen Ordnung ist die zentral verlaufende Erschließungsachse von Ost nach West. Nördlich dieser Achse ist weiterhin die Fachschule mit Verwaltung und Internat angesiedelt, während südlich davon die Wirtschaftsgebäude und Stallungen des Gutshofs untergebracht sind.

Weiter im Westen werden die Pferdestallungen ergänzt und erweitert sowie der bestehende Reitplatz überdacht. Fachschule und Pferdebereich liegen „auf“ der Geländekuppe, während die 3 Baukörper des Gutshofes sich an das nach Süden hin abfallende Gelände anschmiegen. So ist die obere Ebene der Stallgebäude ebenerdig erschließbar, während die untere Ebene gleichfalls ebenerdig den Auslauf der Tiere ermöglicht. Die gewachsene Struktur wird also weitestgehend beibehalten, aber großzügig NEU gedacht.

Ensemblewirkung
Das oben beschriebene Wachstum der letzten Jahrzehnte erfolgte zum Teil ohne heute erkennbares Gesamtkonzept. Im vorliegenden Entwurfsprojekt wurde besonders auf den Gesamtcharakter geachtet. Der neue „Stiegerhof“ bildet nun einen kleinen Ortsteil für sich. Die Gebäude bedingen einander und machen gemeinsam neue räumliche Qualitäten erlebbar. Diese Ensemblewirkung wird verstärkt durch eine einheitliche Architektursprache und Materialisierung.

Vierkanthof
Alte Gutsgehöfte wurden traditionellerweise oft als mächtige Vierkanthöfe ausgebildet - alle Funktionen wurden unter einem Dach vereint. Diesem Vorbild folgend wird der bestehende Schul- und Internatsteil gemeinsam mit der Turnhalle und einem neuen Ergänzungsbau zu einem Vierkanthof ausgebaut, der alle wesentlichen Funktionen für SchülerInnen und LehrerInnen vereint. Dieser Vierkanthof wird somit zum zentralen Punkt des Areals. Er verbindet nicht nur im Inneren die Funktionen, auch im äußeren Erscheinungsbild hält er das Areal zusammen – von hier aus behält man alles im Blick.

Erhaltenswerte Bausubstanz und Denkmalschutz
Ehrwürdig wird man auf das Areal geleitet. Hier stellen die zwei ältesten und historisch bedeutendsten Bauten des Areals den ersten Blickfang dar -einerseits die ehemaligen Stallungen für die Rinder, andererseits das ursprüngliche Hofgebäude. Dieser Auftritt und erste Eindruck des „Stiegerhofes“ soll beibehalten und durch eine Erweiterung des ehemaligen Rinderstalls mit den neuen Nutzungen in die Zukunft übersetzt werden.

Erschließung und Funktionsabläufe
Von Osten auf dem Areal ankommend, erreicht man den von drei Baukörpern gefassten Platz. Der älteste und unter Denkmalschutz stehende Altbau bleibt erhalten und wird zukünftig hauptsächlich als Seminarhaus bzw. Gutsverwaltung genutzt.

Die Bauteile B, C, W1 und W2 werden teilweise abgebrochen bzw. zu einem Großvolumen zusammengefasst. Dieser Zentralbaukörper wird als Vierkanthof ausgeführt und umschreibt den bestehenden Turnsaal und den Bauteil B. Ein großzügiges Foyer empfängt die ankommenden Schüler, Lehrer und Gäste und verteilt über zwei Treppenhäuser auch vertikal. Die Lehr- und Betriebsküche sowie die zugehörigen Speisesäle und Nebenräume verbleiben im Erdgeschoss, zum Teil an identer Stelle. Ein Speisesaal sowie das einladende Foyer verfügen über schwellenlose Zugangsmöglichkeiten zum Innenhof mit hoher Aufenthaltsqualität, der sich für unterschiedlichste Nutzungen anbietet. Neben diversen Theorieeinheiten kann diese Innenhoffläche auch als Pausenraum, Erweiterung für die Speisesäle bzw. für festliche Zeremonien und Abschlussfeiern verwendet werden.

Die beiden Seiten nach Süden und Westen sind ebenfalls ebenerdig zugänglich und den Werkstätten vorbehalten. Hier wird besonderes Augenmerk auf die gute Erreichbarkeit mit Maschinen und Geräten inklusive der dazugehörigen Rangierflächen gelegt. Darüber hinaus sind diese Räume durch zusätzliche Oberlichtbänder zum Innenhof natürlich belichtet und belüftet.


Vierkanthof für Schule und Internat
Im ersten Obergeschoss befindet sich die ringförmig organisierte Schule mit Verwaltung. Die Unterrichtsräume orientieren sich nach außen, mit Sichtbezug zum Gutsgelände und der Naturlandschaft. Dem Innenhof zugewandt sind Aufenthaltsräume, Freiklassen und Terrassen als zusätzlich nutzbares Raumangebot untergebracht. Die Verwaltung findet Platz im bestehenden Gebäudeteil. Somit entsteht eine klare Trennung der funktionalen Bereiche, der Übergang zwischen Alt und Neu entspricht somit der Trennung Verwaltung und Schule.

Die oben erwähnten Freiklassen und Terrassenbereiche können bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt schnell, kostengünstig und unkompliziert zu Klassenräumen ausgebaut werden. Eine Nachverdichtung innerhalb des gebauten Volumens ist jederzeit möglich.

Im zweiten Obergeschoss befindet sich das Internat – auch dieses ist ringförmig um den oben erwähnten Innenhof organisiert. Die Mittelgangerschließung stößt immer wieder an die Fassade und ermöglicht vielfältige Ausblicke in den umgebenden Naturraum. Aufenthaltsbereiche sind wiederum zum Innenhof hin orientiert.

Der bestehende Turnhallen- und Veranstaltungsbereich im Untergeschoss erhält, über den ostseitigen Parkplatz kommend, auch einen direkten Zugang von außen.

Für die erforderliche Schmutzschleuse wurde eine Wegführung im Einbahnsystem entwickelt. Vom zentralen Platz aus gelangt man über einen separaten Eingang und eine „Schmutztreppe“ ins UG des Vierkanthofes. Von dort aus erreicht man die Schleusen für Schüler und Lehrer und anschließend die „sauberen“ Treppenhäuser. Diese führen über das Foyer direkt in die Schul- bzw. Internatsgeschosse und funktionieren in beide Richtungen.

Gegenüber des Vierkanthofs, südlich der Erschließungsachse, wird ein neues Wirtschaftsgebäude errichtet. Vom Straßenniveau aus können ebenerdig Geräte und Maschinen eingestellt sowie das Heulager bedient werden. Eine Ebene tiefer sind die neuen Stallungen für Rinder (Liegeboxenstall) sowie räumlich getrennt die Schweine mit freiem Auslauf ins angrenzende Gelände untergebracht. Die gut funktionierende Organisation des bestehenden Schaf- und Ziegenstalls wird übernommen und weiterentwickelt. Die auf Grund der Topographie vorhandenen Niveauunterschiede werden geschickt genutzt und ein in seiner Größe verträgliches Bauvolumen präzise gesetzt. Diese beiden Ebenen -Platzniveau bzw. südliches Geländeniveau - sind vertikal geschickt miteinander verstrickt.

Zwischen den einzelnen Gerätehallen knickt das grundsätzlich sanft nach Süden geneigte Dach nach Norden. So entstehen im Baukörper drei Kerben, die das Volumen nach außen hin gliedern und im Inneren die erwünschte Querdurchlüftung der Stallungen gewährleisten. Ebenso wird in diesen Öffnungen den Besuchern des Gutshofes ein Einblick von der oberen Ebene auf die tiefer liegenden Stallbereiche ermöglicht. Das stirnseitig bedienbare, zentrale Heulager auf der oberen Ebene erstreckt sich über die ganze Länge – die Abwurfluken für das Heu sind direkt über dem Futtertisch positioniert.


Stallgebäude, Alt und Neu als Einheit
Für die Pferde wird der bestehende Reitplatz überdacht – hier besteht eine besondere Symbiose aus wirtschaftlicher Ausgewogenheit und architektonischem Gestaltungswillen. Die mächtigen Träger aus Holz lasten auf Sichtbeton Stützen ab, trotz der enormen Größe erscheint das Dach fliegend und leicht. Die Stallungen werden dem Bestand folgend logisch ergänzt bzw. als zusätzliche Spange im Norden des Reitplatzes wiederholt – alle Funktionszusammenhänge sind auch hier sauber organisiert. Die Ziegen und Schafe bleiben in den bestehenden Stallungen, diese werden für die neuen Bedürfnisse adaptiert, die frei werdenden Flächen werden neu besetzt.

Der Gutsbereich inklusive der Direktvermarktung findet in den ältesten Gebäuden Platz. Das ehemalige Stallgebäude wird jedoch auf seinen ursprünglichen Kern zurückgebaut, und dieser Geometrie folgend nach Osten verlängert. Auf zwei Ebenen werden die Produkte verarbeitet und schließlich zum Verkauf angeboten.


Konstruktion, Material, Ökonomie, Ökologie
Die neue Schule ist grundsätzlich als konstruktiver Holzbau mit vertikal montierten Holzfassaden geplant. Dabei kommt ein innovatives, aber bereits erprobtes Deckensystem in Form einer Holzbetonverbundkonstruktion zum Einsatz. Die Unterseite der Decke ist durch besondere Profilierung und Dämmstoffkerne schallabsorbierend und raumakustisch wirksam, die LED-Beleuchtung kann flächenbündig integriert werden. Gleichzeitig übernimmt dieser Teil der Decke als „Opferschicht“ eine wesentliche Funktion im Brandschutzkonzept. Der nachträglich eingebrachte Aufbeton reduziert die Schwingungen, verstärkt die Druckzone, optimiert die Trittschalldämmwerte und bringt zusätzliche Speichermasse ins Gebäude. Durch dieses System kann auf abgehängte Decken größtenteils verzichtet und somit Bauzeit und Kosten eingespart werden. Darüber ist es vorstellbar, die Internatszimmer als Modulboxen zu konstruieren, der hohe Vorfertigungsgrad der Zimmerboxen verringert die Bauzeit und erhöht die Bauqualität vor Ort.

Auch die restlichen Gebäude des Gutsbereichs sind als Holzkonstruktionen konzipiert, einzig die erdberührenden Teile sind in Stahlbeton ausgeführt. Die Holzbauten sind auch hier als Module geplant. - je höher der Vorfertigungsgrad, desto rascher können die Bauetappen umgesetzt werden. Das Erscheinungsbilder Fassaden variiert allerdings leicht zu dem des Vierkantgebäudes. Im Gegensatz zur dort vertikal montierten Holzleistenfassade wird die Fassadenverkleidung im Gutsbereich – angelehnt an den besehenden Pferdestall – horizontal montiert. Die beiden Bereiche Fachschule und Gutshof werden also im Detail zwar unterschiedlich behandelt, aber dennoch entsteht für die Gesamtwirkung als Ensemble eine Einheit im Erscheinungsbild der natürlich vergrauenden Fassaden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Gesamtlösung der Bauaufgabe zeichnet sich durch eine klare Setzung der Baukörper aus.
Das Raumprogramm des Schul- und Internatsbereiches wird in einem dreigeschoßigen „den Vierkanter“ unter Einbeziehung des bestehenden Turnsaales realisiert. Die neue Foyer- und Zugangssituation wird positiv bewertet, die Symmetrisch angeordneten Stiegenaufgänge im Bereich der Innenecken des Baukörpers als zu theatralisch erachtet.
Sehr gelungen ist die Freistellung des unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Gewerkenhofes und die damit verbundene Erhaltung seiner optischen Dominanz. Problematisch gesehen wird die Anordnung von Maschinenhalle und Rinderstall in einem zweigeschoßigen Baukörper. Die nordseitige Zuordnung des Pferdestalles zur Reithalle kann funktionell überzeugen.
Die architektonische Durchbildung der Baukörper weist hohe Qualität auf.