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Nicht offenes, einphasiges, hochbauliches Workshopverfahren | 08/2020

Carlsberg-Haus im Holsten Quartier Baufeld 8 in Hamburg-Altona

Schwankhalle

Schwankhalle

ein 1. Preis

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Architektur

RABE LANDSCHAFTEN | ARGE STUDIO URBANE LANDSCHAFTEN

Landschaftsarchitektur

EPEA GMBH – PART OF DREES & SOMMER

Bauphysik, Landschafts- / Umweltplanung

Ingenieurbüro T. Wackermann GbR

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

GENIUS LOCI
Die Holsten-Brauerei prägte rund 140 Jahre das Gesicht der Holstenstraße und das Leben des Stadtteils Altona. Das identitätsstiftende Brauereigelände wird sich nun wandeln. Der vorgeschlagene Gebäudeentwurf zollt der einzigartigen Historie Respekt - der Charakter der alten Brauereinutzung soll weiterhin spürbar bleiben, eine schlichte Materialität die Architektur definieren. Die ruhigen, eleganten und zurückhaltenden Gebäude innerhalb des Blocks erinnern an die frühere Nutzung des Holstengeländes: eine Reminiszenz an seine industrielle Vergangenheit.

IDENTITÄTEN
Die dabei entstehende Tektonik der Fassaden ruft durch die erkennbare Statik Erinnerungen gewerblicher und industrieller Bautypologien wach. So entsteht ein robuster Blockkörper, der die Konzentration auf das Wesentliche darstellt. Seine äußere Anmutung spiegelt seine innere Rationalität wider. Die programmatischen Nutzungsbausteine innerhalb des Blockes können daher in der Besonderheit der Fassaden gelesen werden, ohne die Gesamtheit einer gemeinsamen Architektursprache zu verlieren. Das Sockelgeschoss ist zudem das verbindende Element des gesamten baulichen Ensembles. Es ist Adressat, Versammlungsort, Schaufenster und Emblem zugleich. Die im Block besonders wichtigen Nutzungen werden zusätzlich durch Unterschnitte in den Eingangsbereichen des Gewerbehofs, Supermarktes und der Carlsberg-Lobby hervorgehoben.

Bürohaus an der Holstenstraße
Das Bürohaus an der Holstenstraße mit dem Ankermieter Carlsberg und einem weiteren Mieter befindet sich vis-a-vis des Holstenhauses. Es erhält eine grüne, glasierte Keramikfassade. Sie spiegelt die Bewegungen der sich ständig verändernden Umgebung an der Holstenstraße wider. Ihre Farbe und Textur ist den gewellten Brauereifassaden entlehnt. Vorgehängte Balkone vor der großzügig verglasten Fassade erlauben den Nutzern Austritte und erhöhen die Aufenthaltsqualität in den Büroflächen. Zugleich dienen sie als Putzbalkone für die Festverglasungen.

Bürohaus an der Schwankhalle
Das Bürohaus an der Schwankhalle im Südwesten erhält eine zum Quartier gerichtete, tragende Backsteinfassade. Vorbild sind hier die rötlich-braunen Klinkerfassaden der Brauereigebäude. Das Leitbild stellt ein robustes Arbeitshaus für viele Nutzer dar, das dem Stadtteil offen zugewandt ist und sich harmonisch in die Geschichte des Ortes einfügt. Die Flexibilität der Büroeinheiten bildet sich über das Rastermaß von 5,4m in der Fassade ab.
Handwerker- und Gewerbehof

Der Handwerker- und Gewerbehof ist als robustes „Regal“ konzipiert und zum großen Teil in Vorfertigung errichtet (Spannbetondecken und Wände als Betonhalbfertigteile). Er erhält eine Betonfertigteil-Fassade. Durch den hohen Vorfertigungsgrad, die großzügigen räumlichen Grundstruktur (Rohbau) und den individualisierten Ausbau nach unterschiedlichen Standards entstehen hoch individualisierte Nutzungseinheiten, die in hohem Maße durch die Mieter beeinflusst werden. Sie haben die Möglichkeit ihrer Gewerbeeinheit ein Add-On zu geben: vorgehängter Balkon, Schiebeläden, Absturzsicherung zur vollständigen Öffnung der Fenster etc..

ORGANISATION
Der Block wird über vier Treppenkerne erschlossen. Das Bürohaus an der Holstenstraße mit dem Sitz der Carlsbergverwaltung erhält als Hochhaus einen Sicherheitstreppenraum. Zwei Treppenkerne erschließen das Bürohaus an der Schwankhalle, ein weiterer Treppenkern dient dem Handwerkerhof. Der zweite Rettungsweg führt über Notausstiege im Fenster. Die Kerne erschließen je Geschoss zwei, bzw. drei Büroeinheiten. Insgesamt entstehen im Regelgeschoss acht Büroeinheiten je Geschoss. Carlsberg mietet gem. Auslobung zunächst die oberen vier Geschosse (inkl. Staffelgeschoss) und hat durch die Organisation im Dreispänner die Möglichkeit zu wachsen oder zu schrumpfen, wenn sich der Bedarf an Bürofläche verändert.

Die Bürogeschosse können aufgrund ihrer Dimensionierung und ihrer unterschiedlichen Raumtiefen mit variablen Arbeitsplatztypologien bespielt werden. Während die Flächen des Bürohauses an der Schwankhalle doppelseitig mit dazwischen liegender Kombizone funktionieren, sind im Bürohaus an der Holstenstraße Flächen angeordnet, die die klassische Raumtiefe mit Begegnungs- und Sitzungseinrichtungen, oder Open Landscape Büros ergänzen.

Im Gewerbehof können die Mieteinheiten flexibel in 30m²-Einheiten zusammengeschaltet werden. Für die Büros oberhalb der Handwerkseinheiten (ab 4.OG) gilt das gleiche. Der Zugang zum Innenhof ist über die Treppenhäuser im Zwischengeschoss bzw. 1.OG möglich. Die Treppenhauskerne sind im Vergleich zur Vorplanung leicht verschoben und haben keine Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Tiefgarage. Technikflächen müssen auch im Untergeschoss nachgewiesen werden.

FREIRAUM
Durch die Staffelgeschosse entsteht eine spannende Dachlandschaft, die in ihrer vielfältigen und intensiven Dachnutzung die unterschiedlichen Funktionen für Flora und Fauna, den Menschen sowie das Klima vereint. Der Innenhof gestaltet sich auf zwei Ebenen unterschiedlicher Höhen. Auf der unteren Ebene ermöglicht der erhöhte Substrataufbau einen grünen Park. Die Büros haben so einen Blick ins Grün und direkten Zugang, der Baumhain in der Mitte hält genügend Abstand zur Fassade, so dass die dortigen Nutzungen weiterhin Tageslicht erhalten. Der Park lädt zur Mittagspause und zu Besprechungen im Freien ein. Über einen „Baumwipfelpfad“ bewegt man sich aus dem Hain hinaus auf die obere Ebene, Bänke bieten Verweilmöglichkeiten in den Baumkronen. Die höher liegende Platzfläche wird durch zwei Bauminseln akzentuiert, die sowohl Schatten als auch Sitzkanten anbieten. Der gesamte Innenhof bietet sich für den informellen Austausch zwischen den verschiedenen Einrichtungen aber auch für Veranstaltungen an. Zur Schwankhalle hin entsteht auf dem Dach des 5. OG eine wilde Dachlandschaft, die zum Spazieren, Verweilen und Beobachten einlädt. Hier finden Vögel z.B. Haussperlinge einen Lebensraum in der Stadt mit Strauch-, Sand- und Wasserflächen sowie offenen Wiesenflächen. Nistkästen können an der Fassade der Treppenaufgänge angebracht werden. Über die gesamte Dachlänge führt ein Steg, der von den Besuchenden zum Beobachten und als Erholungsinsel sowie ggf. als außerschulischer Lernstandort für benachbarte Bildungseinrichtungen genutzt werden kann. Das Dach des Handwerkerhofs gestaltet sich als Kreativ-Dach. Auf einer multifunktionalen Fläche können über Schienen im Boden die dortigen Pflanzkästen und Tische nach Bedarf verschoben werden. Ein Teil dieser Fläche sowie die Dachterrasse sind mit einer Pergola überspannt, die berankt oder mit Sonnensegeln ausgestattet werden kann. So entstehen hier Freiflächen z.B. zum kreativen Austausch und zur Erholung in der Mittagspause für den Handwerkerhof. Die Pergola ist vom Straßenniveau aus sichtbar und schließt die Dachformation ab bzw. gibt dem Staffelgeschoss einen sanfteren Übergang. Auf der östlichen Spitze des Gebäudeblocks entsteht ein Carlsberg „Biergarten“: Die Terrasse mit ihrer Pergola lädt zum informellen Austausch in der Mittagspause ein, der repräsentative Dachgarten eignet sich aber auch für offizielle Veranstaltungen. Die Pergola bildet den Gebäudeabschluss der prominenten Gebäudekante. Die Dachlandschaft wird mit einem Sonnendach abgeschlossen, das durch Solarpanele sowie Dachbegrünung geprägt ist.

ENERGIE
Das Bürogebäude wird als schadstofffreies Gebäude umgesetzt. Der verringerte Schadstoffgehalt hat zu Folge, dass die angesetzten Volumenströme der mechanischen Lüftung, im Vergleich zu einer herkömmlichen Bauweise um ein Vielfaches (Faktor 3) reduziert werden können. Somit lassen sich Einsparungen in der Anlagentechnik generieren. Aufgrund der Schallbelastung (Lärm und Emissionen) von außen ist eine Lüftungsanlage unabdingbar, um den gewünschten Raumkomfort zu gewährleisten.
Zusätzlich zur Lüftung wird das Gebäude über eine Betonkernaktivierung temperiert (beheizt und gekühlt). Die Materialien des Gebäudes dienen dabei als Energiespeicher und wird als Puffer für sehr hohe oder niedrige Außentemperaturen genutzt. Mithilfe einer Wetterprognose werden am Vortag die erwarteten Raumtemperaturen ermittelt und das Gebäude darauf vorbereitet. Über die Bauteilaktivierung wird bereits vor der Nutzungszeit das Gebäude temperiert, sodass die Heiz-/ oder Kühlleistung im Laufe des Tages abgegeben und so die gewünschte Raumtemperatur sichergestellt wird. Dies ermöglicht gleichzeitig umweltfreundlich mit geringen Heiz-und Kühltemperaturen und damit verbundenen geringen Heiz-und Kühlleistungen zu arbeiten.
Die raumweise Regelung wird sichergestellt indem die Betonkernaktivierung alle zwei Achsen eine Regeleinheit erhält, vergleichbar mit einer Fußbodenheizung. Damit kann nicht nur nutzerindividuell geregelt, sondern auch bei einer Umnutzung der Flächen problemlos und nachhaltig eine neue Bürostruktur gestaltet werden.
Das Baufeld 8 wird in das Quartiers-Energiekonzept integriert. Dies beinhaltet ein Niedertemperaturnetz zur Wärmeversorgung. Zusätzlich wird über eine Wärmepumpe ein Erdsondenfeld betrieben. Dieses unterstützt die Wärmebereitstellung auf nachhaltige und klimaneutrale Weise. Während der Kühlperiode kann dieses zur Kältebereitung genutzt werden. Parallel zu den Erdsonden kann das Niedertemperaturnetz zur Rückkühlung der Kälteerzeugung dienen. Dabei wird gewissermaßen die Energie den Büroräumen entzogen -diese werden gekühlt, und über das Niedertemperaturnetz beispielsweise den Gebäuden mit Wohn-oder Hotelnutzung zur Trinkwarmwasserbereitung zur Verfügung gestellt. Die Synergien zwischen den Gebäuden werden so optimal ausgenutzt. Der Strom, der für die Wärmepumpe notwendig ist, wird regenerativ über eine Photovoltaikanlage erzeugt und ist ebenfalls klimaneutral. In Kombination mit der klimaoptimierten Fassade entsteht ein miteinander abgestimmtes Konzept für einen nachhaltigen und umweltgerechten Gebäudebetrieb.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf für das neue Holsten Quartier Baufeld 8 übernimmt in gekonnter Art die identitätsstiftenden kontextuellen Parameter der ehemaligen Holstenbrauerei mit der fragmentarisch erhaltenen Bausubstanz. So wird der industrielle Charakter als genuis loci definiert und als schlichte, aber dennoch robuste architektonische Sprache in das neue Gebäudeensemble übertragen.

Die städtebaulich vordefinierte Blockstruktur wird in 3 programmatische Nutzungsbausteine aufgeteilt, die sich in der Ausformulierung ihrer Fassaden deutlich unterscheiden und eine interessante Abwechslung in der Architektursprache generieren. Die von einer starken tektonischen Rationalität geprägte Fassadengliederung erlaubt den einzelnen Nutzungen mit einer großen Flexibilität der inneren Funktion zu reagieren.

Die grünglasierte Keramikfassade des Bürohauses an der Holstenstraße ist den gewellten Brauereifassaden entlehnt. Die für eine Büronutzung eher untypischen auskragenden Balkone verstehen sich nicht nur als pragmatische Putzbalkone sondern bieten einer sich wandelnden zukünftigen Arbeitswelt in Büros durchaus eine Erhöhung der Aufenthaltsqualitäten.

Die Fassaden des Gebäudeteils „Büro Schwankhalle“ versuchen mit der rötlich-braunen Klinkerfassade die kontextuellen Bezüge herzustellen. In Ihrer Ausformulierung scheint diese allerdings zu monoton und nicht abwechslungsreich.

Das Sockelgeschoss ist das verbindende Element des gesamten Ensembles. Es versucht den anspruchsvollen Anforderungen der Auslobung gerecht zu werden, kann aber in einzelnen Bereichen noch nicht gänzlich zufriedenstellend beurteilt werden. So sind beispielsweise die Anlieferzonen und die Erdgeschosszonen des Gewerbehofes nicht ausreichend dimensioniert und u.a. sind die Erschließungsbereiche zu den Treppenhauskernen noch nicht gänzlich optimiert.

Die Ausgestaltungen der Grundrisse der Obergeschosse sind durchaus qualitätsvoll und erlauben in ihrer klaren Struktur eine Nutzung mit großer Flexibilität. Die Einteilung in vier Brandabschnitte mit 4 Treppenhauskernen ist zwar sehr wirtschaftlich, verursacht allerdings teilweise zu lange Rettungswege.

Die qualitätsvolle Gestaltung des Innenhofes und der Dachlandschaft wird sehr positiv bewertet und verspricht nicht nur einen hohen ökologischen Gewinn, sondern auch einen Außenraum der dem Gebäude und seinen Nutzern einen deutlichen Mehrwert im urbanen Kontext anbietet.

Die Umsetzung des Gebäudeensembles als schadstofffreies Gebäude wird ausgesprochen positiv beurteilt, ebenso die Energiekonzepte die versuchen eine klimaneutrale Gebäudeversorgung zu gewährleisten.
Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Gewerbehof

Gewerbehof

Grundriss Staffelgeschoss 1:200

Grundriss Staffelgeschoss 1:200

Holstenstraße

Holstenstraße

Ökologische Nachhaltigkeit

Ökologische Nachhaltigkeit

Lageplan

Lageplan

Soziale Nachhaltigkeit

Soziale Nachhaltigkeit

Ansicht

Ansicht

Ansicht

Ansicht

Ansicht

Ansicht

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Grundriss

Grundriss

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Grundriss

Grundriss