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Werkstatt- und Dialogverfahren | 08/2020

Neues Kreativ Quartier Potsdam

Gewinner

&MICA GmbH

Architektur

SCHÖNHERR Landschaftsarchitekten PartmbB (ehem. herrburg LA)

Landschaftsarchitektur

SFB | Saradshow Fischedick Berlin Bauingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Auf Grundlage des vom niederländischen Architekturbüro MVRDV stammenden städtebaulichen Konzeptes vereint der Entwurf Kontinuität und Innovation zu einem überraschenden Ensemble.

Außen ehrwürdige Garnisons- und Residenzstadt, innen lebendige Urbanität mit Ateliers, Shops, Ausstellungsräumen und vielem mehr: Während die Straßenfronten als wertige, an die historische Bebauung angelehnte Schaufassaden einen ruhigen Rahmen bilden, kann sich im Inneren der campusartigen Bebauung mit offenen Strukturen eine kreative Erlebnis- und Arbeitswelt entfalten. Zwei großformatige Lichtinstallationen über den Zugängen weisen straßenseitig auf den neuen Ort hin. Mit dem Durchschreiten der Portale taucht man unmittelbar in ein quirliges Village ein, das sich durch Vielfalt und expliziten Werkstattcharakter auszeichnet.

Der Entwurf knüpft in mehrfacher Hinsicht an Stadtentwicklungstraditionen an, die bis heute das Gesicht der ehemaligen preußischen Garnisons- und Residenzstadt Potsdam prägen. Zum einen wird mit Blendfassaden gearbeitet, die bereits unter Friedrich dem Großen Einzug in das Stadtbild hielten. Zum anderen dient eine strikte Rasterstruktur, deren Schachbrettform an die im 18. Jahrhundert entstandenen Stadtquartiere erinnert, als gestalterische Grundlage für alle Bauten und Außenräume im Quartier. Das auf den ersten Blick streng wirkende Grundgerüst bietet einen systematisierenden Rahmen für kreative Freiheit und Partizipation sowie überschaubare Kosten.

Die als modulare Regalstruktur angelegten Gebäude im Inneren des Quartiers sorgen für große Flexibilität und werden einer langfristigen, sich stets verändernden Nutzung gerecht. Die gezielte Verwendung von Fertigteilen sorgt für eine effiziente, ressourcenschonende und zugleich qualitative Bauweise mit hohem Recycling-Potential im Falle eines Um- oder Rückbaus. Alle Plätze und Wege sowie Teile der Dächer sind als Gemeinschaftsflächen geplant und bieten Raum für verschiedene Events und Happenings. Die durchlässig gestaltete Erdgeschosszone trägt weiter zur Belebung des Village bei. Überdachte Arkaden und große Verglasungen lassen die Grenze zwischen Innen- und Außenraum verschwimmen und bringen maximale Sichtbarkeit für die Akteure.

Ein weiteres prägendes Motiv greift das Konzept der Parklandschaften und Gärten Potsdams auf: Während Pflanzen aller Art in den warmen Monaten des Jahres die Außenbereiche des gesamten Quartiers begrünen, überwintern diese binnen der kalten Monate in den verglasten Arkaden der neuen Gebäude. Diese werden zu Orangerien und sorgen auch im Winter für frisches Grün im Quartier.

Schon Anfang 2021 soll der Bauantrag für den ersten Bauabschnitt gestellt werden. Denn vorgesehen ist, dass bereits 2023 die ersten MieterInnen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, die aktuell zum Teil im benachbarten Rechenzentrum untergebracht sind, die neuen Räume beziehen können. Das Besondere am Kreativ Quartier: bezahlbare Mieten für Junge und Kreative. 8.000 Quadratmeter Gewerbeflächen werden zu 9 Euro pro Quadratmeter vermietet, querfinanziert durch die anderen Nutzer.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die klar strukturierte Anordnung der Gebäude im Village knüpft stark an das ursprüngliche Konzept an und schafft mit der Lage des zentralen Platzes doch etwas, was darüber hinausgeht und die städtebauliche Stärke dieses Entwurfes ausmacht, eine Verbindung zwischen dem Langen Stall und dem „Village“. Während sich der Lange Stall in seiner Form weitestgehend an der historischen Vorgabe orientiert, zeigen sich die Gebäude im Inneren des Quartiers modern und offen, mit verglasten Fassaden und Arkaden, die einen fließenden Übergang zwischen Innen und Außen schaffen. Der Entwurf schafft einen „Brückenschlag zwischen kreativer Moderne und Historie des Ortes“. Die visualisierte Eingangshalle im Langen Stall wurde hingegen kontrovers diskutiert. Während das verbindende Element begrüßt wurde, gab es auch kritische Stimmen, die den kreativ künstlerischen Charakter dieser Visitenkarte vermissten und sich eher an eine Bahnhofshalle oder eine Shoppingmall erinnert fühlten. Insgesamt hätten mögliche Aneignungsflächen für die Nutzer des Quartiers klar dargestellt werden können. Dem zentralen Platz, der vielfältig bespielt werden kann, wird jedoch eine hohe Aufenthaltsqualität bescheinigt, auch wenn die Freiflächenqualität durch eine Erhöhung der Grünflächen anstelle der vorgesehenen Kübelpflanzen noch gewinnen könnte. Das ökologische und das Nachhaltigkeitskonzept müssten in einigen Bereichen stärker ausgearbeitet werden.

Aus Nutzersicht fehlten den dargestellten Grundrissen die Varianz, die sich durch das verwendete Raster auch hätte abbilden lassen. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist dies eine gute Arbeit, die die vorgegebenen Flächen erreicht und als einige der wenigen Beiträge Nebenräume für Technik und Müll berücksichtigt hat. Eine Realisierung in Bauabschnitten scheint gut möglich.