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Offener Wettbewerb | 09/2020

Umgestaltung des Robert-Schuman-Platzes und seines Umfelds in Bitburg

Teilnahme / 2. Rundgang

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept | Die Aufgabe ist zum einen gut nachvollziehbar – einem Konversionsquartier eine neue gemeinschaftliche Mitte, ansprechende Aufenthaltsqualität sowie eine einladende Adresse zu geben.

Zum anderen verwundert es, wenn dann das ursprüngliche, aus dem militärisch geprägten Städtebau gesetzte Zentrum nicht Ort dieser neuen Mitte, nicht das lesbare Bild der erfolgreichen Konversion werden soll. Große Leere soll den historischen Charakter eines Exerzierplatzes bewahren, ein Platz, der zukünftig flexibel für Parken und Großveranstaltungen genutzt werden soll.

An diesem scheinbaren Widerspruch knüpft das Konzept an. Es akzeptiert die brachiale Weite des ursprünglichen Exerzierplatzes und konzentriert sich auf einen kraftvollen, vegetativ dichten Rahmen, der kontrastierend eben diese Leere fasst. Aus einer Folge gemeinschaftlicher Freiräume - Gärten, grünen Fugen, Baumhainen und gemeinschaftlichen Plätzen setzt sich dieser Freiraum-Rahmen changierend wie patternartig zusammen und legt sich erkennbar neu über das tradierte, jedoch verkehrsfunktionell ausgelegte Straßengrit.
Der mit Timefield, Greenfield und verbindenden Hainen verdichtete Rahmen wird Ort jener vermissten und doch so wichtigen freiräumlichen Aufenthaltszonen im direkten Lebensumfeld, Ort des gemeinschaftlichen Miteinanders und individuellem Rückzugs.


Time-Field | Timeline wird Timefield. Erinnern kann nicht festgeschrieben werden. Es lebt in den Köpfen die diese Erinnerung tragen und entwickelt sich durch fortwährende Überlagerung in wechselndem Kontext weiter. Ein Gartenfeld bricht die bisherige gerichtete Dominanz der querenden Achse und inszeniert die Meilensteine der angedachten Timeline frei wie subtil in gärtnerisch geprägten Bildern. Vier Bereiche entwickeln sich aus der Überlagerung der vier, die bisherige Nutzung des Areals prägender Nationen. Die graphische Überlagerung der geographischen Konturen ergibt die neue Geometrie des Parks. Angelieferte Erde aus den vier Ländern bildet das Substrat. Hosta in historischen Sorten aus diesen vier Ländern bildet die Leitpflanze für die fassende Staudenpflanzung des Gartens. Vier transparente Bücherschränke, begleitet durch einladende Sitzangebote bieten frei entnehmbar Literatur zur jeweils einem der vier prägenden Zeitabschnitte, zu der Geschichte, der Herkunft und dem Alltag der Menschen.
Die miteinander verwachsende Pflanzung, die zunehmende Mischung der Bücher in den Schränken und die individuelle Aneigung von Ort und Geschichte werden zum lebendigen Ausdruck der neuen, aktuellen Periode des Areals.


Green-Field | Nach Süden hin, begrenzt das „Greenfield“ den ehemaligen Exerzierplatz. Sitzkante und Hecken fassen den lang gestreckten Raum. In die wassergebundene Decke werden tuffartig Gruppen von Ziersträucher eingestreut, die dezent den Raum gliedern und Gartenflair vermitteln.

Plätze und Haine | Die verbindenden Plätze werden verkehrsberuhigt ausgelegt (Shared Space) und nach mit den namensgebenden Bäumen von Bitburg überstellt.


Kunstfenster | Ein schmales, gläsernes Volumen schiebt sich durch Eingangstor und Wachhäuschen. Durch unscheinbare Glastüren beschicktbar wird es zur Microgalerie, zum Kunstfenster, das die Besucher empfängt und bis in den angrenzenden Straßenraum ausstrahlt.

Materialität | Ergänzungen im tradierten Bestand erfolgen durch geborgene und wiederverwendeten Materialien. Im Rahmen werden kontrastierend Betonwerksteine in vergleichbarer changierender warmgrauer Farbigkeit jedoch in klarerer Struktur ohne Bossen und Phasen verwendet.


Lichtkonzept | Das Lichtkonzept unterstützt das Konzept der Freiraumplanung und umringt den Platz mit 12m hohen Mastleuchten, um die Fläche bis in die Tiefe auszuleuchten und so auch Abends und Nachts nutzbar zu machen. Zu den Straßen hin sind die Lichtpunkthöhen zurückgesetzt: 6m Masten für die Straßenbeleuchtung und Lichtpoller für die Wegebeleuchtung. Hier sollen im Allgemeinen komfortable Lichtoptiken mit warmweißer Lichtfarbe eingesetzt werden, um Blendung zu vermeiden und dabei trotzdem eine gute Ausleuchtung zur Minimierung von Angsträumen zu erreichen.

Während die Kasernengebäude eine dezente flächige Fassadenaufhellung erhalten, um den Platz räumlich visuell zu definieren, unterstützen lineare Elemente die Wegeführung und Orientierung: Unterleuchtete Bänke, die Infotafel und eine Handlaufleuchte entlang der Rampe.
Entlang der Timeline werden die Sitzskulpturen ebenfalls von unten heraus sowie die Buch-Boxen von innen heraus mit Licht inszeniert. Mit spielerischen Licht-Akzenten für Objekte, Denkmäler und Pflanzen werden auch die andere Platzflächen, wie das Greenfield oder der Birkenhain auf individuelle Weise erfahrbar und spannend gestaltet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Nutzung der Maria-Kundenreich-Straße als parkähnlicher
Fußgängerbereich wird positiv beurteilt. Die Idee der Ausgestaltung unter
Einbeziehung der 4 Nationen wird anerkannt, aber die Ablesbarkeit in der
Gestaltung wird im Preisgericht kontrovers diskutiert. Die verbleibenden
nutzbaren Aufenthaltsräume wirken eher eng.
Der Zufahrtsbereich mit Trennung von Fußgänger- und Fahrbereich erscheint
sinnvoll, weist jedoch im Detail und bei der Dimensionierung Mängel auf. Die
Integration der Zeitachse in einen reinen Fußgängerbereich erscheint
zunächst sinnvoll, die Ausbildung der Dokumentationspunkte als gläserne
Bücherboxen wird als nicht ausreichend gesehen. Die Ergänzung des
Wachhäuschens durch einen Glaskubus wird kritisch beurteilt und wirkt nicht
dem Ort angemessen. Der im Osten verortete Birkenhain wirkt in seiner
Funktion unklar. Insgesamt weist die Arbeit gute Ansätze auf, erscheint
jedoch im Detail nicht genau genug ausgearbeitet.