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Mehrfachbeauftragung | 09/2020

Freiraumplanerische Gestaltung des Hochbau-Projektes "Moringa" in Hamburg

1. Rang

MERA GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

„Moringa“

Das Konzept des Freiraums ist als flexibles Mosaik angelegt, das die Bewohner*innen aber auch die her arbeiteten Menschen partizipativ gestalten und nutzen können. Unterschiedlichste Aktivitäten wie gemeinsames Gärtnern, Natur-Erleben, Spielen, Treffen, aber auch Arbeit, Rückzug und Erholung sind ganz selbstverständlich nebeneinander möglich. Dabei ist der Freiraum durch die angelegte Struktur auch veränder- und erweiterbar. Ein Staudenbeet wird zu einem Holz-Deck, eine Sitz-Nische zu einer Terrasse. Dabei nimmt die Gestaltung des Freiraums die abwechslungsreiche Struktur der Fassade auf und schafft dadurch ein in sich stimmiges und unverwechselbares Gesamtbild.

Nutzung und Erschließung
Der Hof und die Dachflächen werden als Ganzes gedacht, jedoch mit sehr unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten ausgestattet.
Die Passage ist zum einen Erschließungs- und Durchgangsbereich, zum anderen aber vor allem Aufenthaltsbereich (nicht nur) für Co-Working. Durch die Vor- und Rücksprünge der Sitzmauern entstehen unterschiedlich große und geschützte Zonen zum Arbeiten, Diskutieren, für eine kurze Pause oder das Mittagessen.
Von der Passage wird der nachbarschaftlich genutzte Innenhofbereich direkt und barrierefrei erschlossen. Über Treppen und Rampen werden die unterschiedlichen Höhenniveaus erreicht.

Entlang der Wege befinden sich Spielflächen, Rasenflächen und (Hoch-) Beete, die mit Bäumen, naturnahen Stauden und Gräsern oder mit Beerenobststräuchern bewachsen sind, aber auch als Flächen fürs Urban Gardening genutzt werden können. Eingeschoben in die grünen Strukturen sind kleine Sitznischen, die von einer bewachsenen Pergola gerahmt sind und die notwendige Privatheit, auch gegen Blicke von oben, gewährleisten.
Am Ende des Weges befindet sich die Terrasse für das Co-Living. Diese bietet ausreichend Platz und verfügt über einen definierten Zugang, der bei Bedarf auch geschlossen werden kann.
Die Gestaltung des Innenhofs findet sich auch auf den Dachflächen in den Grundzügen wieder, mit einem hier stärkeren Fokus auf das Thema Urban Farming.

Spiel, Kita
Die Spielangebote für das Wohnen integrieren sich wie selbstverständlich in den Freiraum. Neben definierten Sandspielflächen mit dort verorteten Kletter-, Balancier-, Rutsch- und Wasserspielangeboten aus Holz, Tauen und Naturstein ist prinzipiell fast der gesamte Freiraum auch als Spielfläche nutzbar. Die Rampen und Wege sind tolle Fahrbahnen für Roller und Bobbycars, die Klinkerflächen können als Leinwand für Kreidemalerei verwendet werden, die Rasenfläche mit einem eingemuldeten Trampolin ist multifunktional nutzbar. Hinter den Hochbeeten kann man sich verstecken oder dazwischen Fangen spielen.
Der Kita-Außenbereich ist vom gemeinschaftlichen Innenhof durch einen Zaun getrennt, der größtenteils in einer beidseitigen gepflanzten Hecke verschwindet. Große Sandflächen mit Schaukel-, Kletter- und Wasserspielangeboten sowie einer Boulder-Wand dominieren den zentralen Bereich. Entlang der Fassade befindet sich eine großzügige Terrasse. Der unmittelbar an die Kita angrenzende Bereich kann durch einen Holzzaun abgetrennt werden.
Dieser Zaun ist jedoch im geöffneten Zustand eine multifunktionale Erlebniswelt. Durch das Aufklappen der Tore entstehen kleine Räume, die wie ein Haus ohne Dach funktionieren und je nach Fantasie der Kinder als Bäckerei, Supermarkt, Waschhaus, Hotel usw. bespielt werden können. Durch versetzt angeordnete Zaunelemente entsteht auf der Terrasse zudem ein Parcours für Roller und Bobbycars.
Im Übergang zum gemeinschaftlichen Innenhof wird ein Erlebnisgarten angelegt. Hier können Gemüse und Obst angebaut und geerntet werden, Insekten beobachtet werden und weitere Naturphänomene erlebt werden. Von kleinen Bastionen aus haben die Kinder einen schönen Überblick über ihre Kita-Welt. Durch das Konzept ist eine Doppelnutzung durch das wohnungsnahe Spiel sehr einfach möglich. Über 2 definierte Zugänge im sonst geschlossenen Zaun erreichen die Kinder den Spielbereich der Kita. Der kitanahe Bereich wird durch den dann geschlossenen Holzbau abgetrennt und ist nicht zugänglich.

Materialität
Möglichst regionale Verfügbarkeit, Robustheit und Wiederverwertbarkeit stehen bei den vorgeschlagenen Materialien im Fokus.
Für die befestigten Flächen und die Mauern wird, in Anlehnung an die Fassade, ein Klinker verwendet, der durch ein eher helles beige-grau notwendiges „Licht“ in den Innenhof bringt und einen dezenten Kontrast zu den umgebenden Gebäuden erzielt. Wo es funktional möglich ist, wird der Klinker mit Rasenfugen verlegt. Spielflächen werden als Sandflächen in der notwendigen Aufbaustärke sowie als Wege mit Holzhäckselbelag ausgebildet. Auf EPDM-Beläge oder andere Kunststoffe wird bewusst verzichtet. Möblierung, Ausstattung und Spielgeräte werden aus unbehandeltem witterungsbeständigen Lärchen- und Robinienholz gefertigt.

Vegetation
Die Bepflanzung orientiert sich an einer möglichst naturnahen und biodiversen Zusammensetzung. Neben dem notwendigen robusten Spielrasen, der ökologisch keinen besonderen Wert hat, sollten Stauden, Kräuter und Gräser gepflanzt werden, die möglichst bienenfreundlich sind. Baumscheiben können zudem (ggf. auch temporär) mit einer Wildblumenmischung angesät werden. (Wild-) Obststräucher sind nicht nur für die Bewohner*innen mit Blüte und Frucht schön anzusehen und lecker, sondern bieten auch Insekten, Vögeln und Kleinsäugern eine wichtige Nahrungsquelle. Ergänzend können Gemüsebeete gemeinschaftlich genutzt werden. Grundsätzlich ist der klassische Bauern- oder Klostergarten eine gute und robuste Basis für eine Pflanzenauswahl. Hainbuche und Feldahorn sind als heimische mittelgroße Bäume und von ihren Standorteigenschaften sehr gut auch für einen unterbauten Hof geeignet und können zudem als Hecke gepflanzt werden.

Regenwasser
Auf vollversiegelte Flächen wird verzichtet. Durch einen möglichst hohen Fugenanteil kann ein Teil des Regenwassers auch auf den befestigten Flächen versickern. Das überschüssige Regenwasser wird an definierten Einlaufpunkten gesammelt und mit dem Sickerwasser einer Zisterne zugeführt. Das so gesammelte Regenwasser kann für die Bewässerung des Innenhofs und der Dachflächen verwendet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist mit dem Mosaiksystem klar organsiert und folgt einer einheitlichen Linie. Ein flexibles Erweitern, Tauschen, Teilen und Partizipieren steht im Mittelpunkt der Arbeit.

Der Entwurf sieht einen Garten vor, der nicht den Anspruch hat, verwilderte Natur in die Stadt zu bringen. Gleichzeitig nimmt das Freiraumkonzept das Konzept des Gebäudes mit auf. Als besonders positiv wird der Übergang zur Terrasse hervorgehoben, welcher sanft und elegant gelöst wurde.

Die Spielmöglichkeiten der Kita Außenflächen werden sehr positiv aufgefasst. Sie lassen sich vielseitig einsetzen und regen zum kreativen, fantasievollen Spiel an. Insbesondere die Interaktivität mit dem Zaun zum Kitagelände ist gut gelöst.

Generell ist der Entwurf gut durchgearbeitet und durchdacht. Er beinhaltet überzeugende Elemente mit genug Flexibilität für die weitere Entwicklung und Aneignung. Somit entsteht ein stimmiges Ganzes, auch wenn einzelne Elemente flexibel gestaltbar sind.

Für die weitere Bearbeitung wird der Hinweis gegeben, dass die durch das Mosaiksystem entstehende Kleinteiligkeit abzuschwächen ist, sodass der Entwurf insgesamt weniger formalisiert wirkt.