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Werkstattverfahren - hochbaulichem Realisierungswettbewerbs mit städtebaulichem Ideenteil | 09/2020

Neugestaltung des Eckgrundstücks Lohbrügger Markt / Alte Holstenstraße in Hamburg

Lohbrügger Markt, Hamburg-Bergedorf

Lohbrügger Markt, Hamburg-Bergedorf

1. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

ROBERTNEUN™

Architektur

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Status Quo
Das Zentrum Lohbrügge präsentiert sich derzeit als vernachlässigter Ort, ein monofunktionales Nebeneinander wenig differenzierter Nutzungen, Stadträume und Stadttypologien.

Wo ist die reichhaltige, gewachsene und lebendige Innenstadt?

Das Eckgrundstück und die beiden Betrachtungsbereiche haben das Potential den gesamten Innenstadtkern Lohbrügge zu ordnen, neu zu interpretieren und in eine lebendige Zukunft zu überführen.

Ziele
Zeitgenössische und nutzbare Orte mit reichhaltigen, unterschiedlichen Angeboten.
Räume die sich als heterogener Teil ins gemeinsame Gespräch einbringen und somit unterschiedlichste Wohnräume suggerieren.
Anstelle marktschreierischer Beliebigkeiten tritt eine liebevolle Architektur, ein nachhaltiger Städtebau, geprägt vom einfachen Weiterbauen und Verdichten des vorgefundenen Stadtpotentials.

Zwei Zentren – Ein Unterschied
Das historisch gut erhaltene Zentrum Bergedorf scheint reich an einer Vielzahl räumlicher und architektonischer Stadtqualitäten wie Beispielsweise dem Schlossgarten Bergedorf, der Kirche St.Petri & Pauli und einer Reihe belebter Ladengeschäfte entlang dem Sachsentor.
Auch der Stadtteil Lohbrügge bietet mit der historischen Einkaufsstraße Alte Holstenstrasse und dem Marktplatz am Sander Damm Potential, welches es nun gilt zu vernetzen, in eine eigenständige Identität zu setzen.

Teile und Ganzes - Städtebauliches Konzept
Die Bebauung der Kopfposition am Sander Damm gibt dem Zentrum Lohbrügge ein neues Gesicht.
Das stattliche Haus am Markt stellt eine inhaltliche und repräsentative Anbindung zum Marktplatz Lohbrügge her, eine belebte Stadtfassade am Marktplatz.
Der Turm mit Anbau an der Alte Holstenstraße fasst den Stadtplatz und markiert den Ein- und Ausgangspunkt zu Einkaufsstraße.
Am Ludwig-Rosenberg Ring wird der Neubau Teil des grünen Rückgrats, der Fassung der innerstädtischen Insel.
Das Atelierhaus am Sander Markt definiert die untergeordnete Erschließungsstruktur im Zentrum.

Die vier Bauteile des Gebäudeensembles reagieren individuell auf die jeweils anschließenden Stadtqualitäten und bilden über eine gemeinsame Materialität und den inne liegenden, grünen Wohnhof einen heterogenen Stadtbaustein.

Der Betrachtungsraum I, als Solitär gegenüber der Großstruktur Gartensiedlung an der Bille, stärkt mit dem Ensemble die Platzkanten am Marktplatz Lohbrügge und formuliert rückseitig einen geschützten Stadtraum am Ludwig-Rosenberg-Ring. Die Großform auf dem Sander Markt Betrachtungsraum II, gegliedert in eine Vielzahl von Bürgerhäusern mit Hofräumen und einer gemischten Bewohnerschaft, formt die grüne Stadtkante und vervollständigt die gewachsene Stadttextur.

Die Stadträume

Lebendige Marktterrasse – Kopf der Alten Holstenstrasse
Zur Ecke zwischen Holstengasse und Sander Damm nimmt eine tiefe Vorzogen die Belagsvielfalt der Holstengasse auf - setzt sich in Bereichen topografisch sowie im Material vom Kontext ab. Dieser Belagsteppich bildet tiefe Sitzstufen zum Verweilen längs der Fussgängerzone - vor dem Marktgebäude am Lohbrügger Markt spült das gewerbliche Treiben vom Inneren des Gebäudes nach Aussen. Ein grosser Tisch unter den Linden längs des Sander Damms ist als Erweiterung des Wochenmarkts nutzbar - er dient zudem dem Quartier als Aufenthalt und Treffpunkt.

Offene Parktasche mit Fokus Spiel & Aufenthalt – Sander Markt
Den weitläufigen und beidseitig grünen Charakter des Ludwig-Rosenberg-Rings aufnehmend öffnet sich ein taschenartiger Raum zwischen dem neuen Bauvolumen und der im Süden anschliessenden Parzelle des Sander Markts (Betrachtungsraum II). Gemeinsam mit dem heute als Parkplatz genutzten Vorbereich zur nördlichen Wohnbebauung (Betrachtungsraum I) wird diese Tasche als grüner Quartierspark durchsetzt mit einer Vielzahl von Spiel- und Sportnutzungen ausformuliert. Er dient somit als Trittstein zum Kontext und als mit der Nachbarschaft gemeinschaftlich genutzter Raum. Im Taschenpark zum Sander Markt ist die Verkehrsführung als Begegnungszone ausgestaltet und setzt sich so von den umliegenden Strassenräumen ab.

Wohnhof - geschützten Gemeinschaftsraum im Zentrum
Im Kontrast zu den weitläufigen, hochlebendigen und im Stadtklima zunehmend heissen Räumen um das neue Gebäude herum bildet der Innenhof einen geschützten und schattig erholsamen Rückzugsort. Angeschlossen an die gemeinschaftlichen Treppenhäuser setzt sich der Hofraum über einen kiesigen Belag vom Kontext ab. Eine sanfte Topographie bildet kleinräumige Situationen die mit Sitz- und Spielelementen - sie erlaubt dazu das Pflanzen mittel- und grosskroniger Bäume auf der Tiefgarage. Zur Sonne strebende Robinien und Sophoras leiten den Blick gen Himmel - sanfte kissenartige Stauden und Strauchgehölze bilden für die Nachbarschaft nutzbare Gartenzimmer im hochstädtischen Kontext.


Urbaner Sockel
Der spezifische Ausdruck des städtebaulichen Ensembles zu seinen vier unterschiedlichen Seiten wird durch die Ausbildung des urbanen Sockels (Erdgeschoss) unterstützt.

Die Markthalle im Erdgeschoss mit der Möglichkeit einer kleinteiligen Nutzungsstruktur, erweitert das Programm am Marktplatz Lohbrügge und wird zum Schaufenster, zur alltäglichen Anlaufstelle frischer Marktgüter, ortsansässiger Manufakturen und regionaler Produzenten. Die Halle (3,95m i.L.) kann als Ganzes, aber auch in kleinteiligen Ladeneinheiten betrieben werden.

Für die Belebung der Alten Holstenstrasse werden am Platz zum Apartmentturm vielseitige gastronomische Nutzungen vorgesehen. Eine Verbindung dieser, zur neuen Markthalle ist denkbar. Alternativ zur Gastronomie im Erdgeschoss sowie dem 1.Obergeschoss kann hier auch die Filiale der Haspa untergebracht werden.
Nach der Sanierung und Erweiterung des Anbaus (Grundstücksteil D) belebt die Kultureinrichtung Kunstverein Lohbrügge, sowie das Kunst Café den neu gestalteten Vorplatz.

Auftakt der Fußgängerzone ist der Bürgerkiosk. Neben einem alltäglichen Angebot, bietet der Kiosk eine niedrigschwellige Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger. Ein Treffpunkt mit Informationscharakter als gemeinwohlgeführte Einrichtung und lebendiger Nachbarschaftsbeitrag.

Entlang dem Ludwig-Rosenberg-Ring entstehen Flächen für kleinere Verkaufseinheiten (3,78m i.L.) wie Beispielsweise einem Fahrradfixpunkt hin zum neuen Radweg am Sanderdamm, oder einem Paketshop am Busstop. Die Fläche im Süden direkt am Quartiersplatz Sander Markt wird für gastronomische Einheiten genutzt.

Entlang der Spiel- und Wohngasse Sander Markt entstehen Atelierräume und Gewerbestudios (5,35m i.L. mit Möglichkeit der Galerieebene). Der Durchgang zum Innenhof wird als überdachter Außenraum und Spielraum genutzt. Die Zufahrt zur Tiefgarage wie auch die Durchfahrt auf das Nachbargrundstück C werden in einem weiteren Durchgang gebündelt.

Über die Gasse am Sander Markt ist die Anlieferung der Gewerbeeinheiten geregelt. Die Tiefgarage bietet Zugang in alle Nutzungen.


Flexible Grundrisslösung – vielseitige Nachbarschaft
Entsprechend der verschiedenen Gebäudeausrichtungen unterscheiden sich die Wohnungen der einzelnen Bauteile in Ihren Angeboten.
Das Haus am Markt bietet durchgängig zweiseitig orientierte Wohnungen mit privatem Aussenraum in den grünen Wohnhof. Die Marktgalerie offeriert als belebte Schallschutzzone (Prallscheibe) eine zusätzliche Aussenraumqualität und Erschließung für die Wohneinheiten. Lufträume schaffen nicht nur eine Privatheit zu den Einheiten, sondern ermöglichen eine kommunikative Nachbarschaft über mehrere Stockwerke hinweg. Treppenhäuser an beiden Seiten der Erschließungszone verringern den Verkehr auf den Geschossen.
Auch der Straßenlärm am Ludwig-Rosenberg-Ring wird über ein, den Wohnungen vorgeschaltetes „Gewächshaus“, gelindert und ermöglicht so durchgängig zweiseitig orientierte Kleinstwohnungen und Familienapartments. Ergänzend zu den grünen Etagentreffs werden jeweils private Balkone mit Südausrichtung hin zum Innenhof vorgesehen.
Das Bauteil am Sander Markt direkt an der Spiel- und Wohnstrasse bietet große Einheiten mit jeweils 3 – 4 Zimmerwohnungen, bis hin zu Clusterwohnungen mit großzügigen Gemeinschaftsräumen und Loggien. In den oberen Stockwerken entstehen Dachterrassen, zu Teilen privat und gemeinschaftlich genutzt. Die Treppenhäuser liegen in den Dunkelzonen der Geschossflächen.

Barrierefreiheit
Ein Großteil der Wohnungen, beispielsweise alle Wohnungen im Haus am Markt sind barrierefrei, ausnahmslos jede Wohnung im Ensemble ist schwellenfrei erreichbar.

Bestandsturm mit Zukunft – eine energetische Sanierung mit Wohnqualität
Zur Ertüchtigung der bestehenden Gebäudefassade wird eine modulare Betonskelettonstruktion vorgeschalten. Die einstige Fassade mit kleinformatigen Öffnungen wird bis auf das Betonskelett rückgebaut und durch raumhohe Fensterelemente ersetzt. Die bestehenden Geschossdecken mit Betonfertigteilen erweitert.

Als thermische Pufferzone, überführen die freistehenden Wintergärten die einst kleinteiligen Wohnungen in eine zeitgemäße Nutzung, ohne die innere Struktur grundlegend zu verändern. Jede Wohnung wird mit einem freizügigem Aussenraum ergänzt. Der Energieverbrauch der Wohnungen wird durch den Dämmeffekt maßgeblich verringert, ohne Zusatzbelastungen für den Mieter zu generieren.

Licht, Luft und Sonne geben dem Kopf der alten Holstenstrasse eine zukunftsweisende, energetisch wirksame Fassade mit Wohnqualität.

Materialität
Über die Materialisierung gelingt die Integration in die vorhandene Stadttextur.
Die im Umkreis typische Grundmaterialität der dunkelroten Backsteinfassaden, sowie die grünlichen Kupferelemente werden in den Entwurf eingearbeitet und durch glasiert bunte Kacheln ergänzt.
Je nach Geschoss variiert die wahrnehmbare Farbigkeit der Schmucksteine und projiziert eine Wertigkeit und Belebtheit des Gebäudeensembles.
Jedes Gebäude bildet zusätzliche eine besondere Eigenheit hin zu den unterschiedlichen Seiten und Stadträumen aus.
Präsentiert sich das Markthaus mit seinen belebten Stadtgalerien, den gewellten Schmuckbändern und der einladenden Ladenfassade im Erdgeschoss stattlich am Markt, so reiht sich die von innen begrünte Gewächshauskonstruktion in den Grünen Stadtsaum am Ludwig-Rosenberg-Ring wie selbstverständlich ein.
Das Gebäude am Sander Markt wirkt als massives Backsteingebäude mit klassischer Lochfassade und den jeweilig farbigen Sonnenschutzelementen.


Nachhaltigkeit
Durch die günstige Lage der Treppenhäuser und einer vorgeschlagenen Stützenkonstruktion sind die Erdgeschosseinheiten sehr flexibel einzuteilen.
Die Struktur der Wohnungen, sowohl der kleinen 1-2 Zimmerwohnungen, als auch der größeren Wohnungen, sind aufgrund ihrer Grundrissstruktur flexibel zu schalten. Für die Fassade ist eine zweischalige Konstruktion mit dreifach verglasten Aluminiumfenstern vorgesehen. Diese sind sowohl energetisch, als auch in Bezug auf die Alterungsfähigkeit sinnvoll.
Die Dächer sind zur günstigen Beeinflussung des Mikroklimas, und zum passiven Wärmeschutz im Sommer, als speicherfähige und extensiv begrünte Dachflächen vorgesehen. Teilweise sind hier Anlagen der Solarthermie zur Energiegewinnung und zur Unterstützung der Gebäudeheizung angedacht.
Die hochstämmige Begrünung des Innenhofs reduziert die Aufheizung der Wohnungen in den Sommermonaten und ermöglicht an heißen Tagen eine frische Brise.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf überrascht mit einem einfachen, soliden Städtebau, der an dieser Stelle nun einen Abschluss findet und ihn ordnet. Durch das Zurücknehmen der Bauhöhe gegenüber dem bestehenden Hochhaus entsteht eine wohltuende Ruhe, die auf die bis dato ungeordnete Umgebung ausstrahlt.
Das städtebauliche Ensemble besteht aus drei Bausteinen ähnlichen Volumens, die sich um das Bestandshochaus formieren und so einen rechteckigen Hof ausbilden. Jeder Baustein birgt eine eigene Entwurfsidee in sich, die jeweiligen Nutzungen hinter den Fassaden sind von außen ablesbar. Das Ensemble fokussiert auf die vorhandenen Strukturen der Umgebung, statt von ihnen abzulenken. So tritt das nördlich angeordnete Marktgebäude in einen beabsichtigten Dialog mit dem gegenüber liegenden Lohbrügger Markt. Platzgestaltung, Stadtmöbel und Vitrinen dienen als Bindeglied zwischen Marktgebäude und Marktplatz. Gut gelöst ist der Zugangsbereich zur Alten Holstenstraße. Durch die Anordnung eines Pavillons wird hier die Eingangssituation gestärkt und die Adressbildung verbessert. Jeder Baustein des Ensembles findet eine eigene Funktion, die sofort zu erkennen ist. Jeder Baustein hat eine eigene Grundidee zur Fassadengestaltung, welche sich jeweils Materialien bedient, die bereits in der unmittelbaren Umgebung Verwendung finden (Keramik, Kupfer, Metall, Backstein). Der ruhige Innenhof bleibt allein der Gemeinschaft der Bewohner vorbehalten und funktioniert hier als grüner Rückzugsort.
Die Arbeit überzeugt auch hinsichtlich der stark durchdachten Grundrisse und dem vielseitigen Spektrum an Fassadentypologien, die sich einerseits facettenreich darstellen, andererseits über die sensible Formensprache und überlegte Materialität miteinander verbunden sind.
Ein interessanter Beitrag zur Weiterentwicklung des Bestandshochhauses sind die dort vorgesehenen Balkone, die für eine dort anzusiedelnde Wohnnutzung die nötigen Qualitäten schaffen.
Im weiteren Verfahren bleibt zu prüfen, ob der Betrieb einer Markthalle funktioniert oder hier nicht vorzugsweise die HASPA-Filiale untergebracht wird. Auf diese Weise wäre eine Ansiedlung von Gastronomieflächen im Einmündungsbereich der Alten Holstenstraße möglich. Die Anordnung eines Cafés im Erdgeschoss des östlichen Bausteins wird aufgrund fehlender Frequenz kritisch gesehen. Insbesondere hier sollten alternative Lösungen zu belebenden Nutzungen gefunden werden. Das Verhältnis von Wohnfläche zu Bruttogeschossfläche ist in dieser Form noch nicht wirtschaftlich und zu überarbeiten. Im Zuge dessen ist zu prüfen, ob eine Nutzung der angedachten Laubengänge als Wohnraum für die Gemeinschaft in der Praxis darstellbar ist und wie sichergestellt wird, dass diese Nutzung langfristig von außen erlebbar sein wird.
Die Gebäudehöhe des südlichen Bauteils zum Bestandsbau „Der Begleiter“ wird kritisch gesehen, da hier in Abstimmung mit dem Nachbarn bereits eine maximale Gebäudehöhe von 14,50 m festgeschrieben wurde.
Die Ausformulierung des Vorschlags für den Bearbeitungsbereich des Ideenteils am Sander Markt wirkt städtebaulich überzeugend.
Insgesamt wird die Arbeit 1001 als sehr guter Wettbewerbsbeitrag angesehen.
Lohbrügger Markt, Hamburg-Bergedorf

Lohbrügger Markt, Hamburg-Bergedorf

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