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Einladungswettbewerb | 09/2020

Entwicklung des Areals am alten Finanzamt in Oldenburg

3. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

Gruppe GME Architekten BDA Keil, Buck, Kohlrausch, Marstaller PartGmbB

Architektur

Erläuterungstext

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Die Herausforderung dieses Projektes liegt in der Entwicklung einer zukunftsorientierten und selbstbewussten Lösung, die den Ort trotz seines großen Volumens komplettiert und städtebaulich heilt. Einen Baukörper der das Verlangen hat, mit seinem außergewöhnlichen, jedoch gleichzeitig kontemporären Ausdruck, zum Stehen kommt und den Genotyp Oldenburgs visionär impliziert. Städtebaulich muss aus der historischen Kleinteiligkeit eine Strategie entwickelt werden, die wie selbstverständlich aus den gewünschten sieben Geschossen entwächst und als eine signifikantes Landmarke zum Ausdruck kommt. Die Problematik liegt in der Entwicklung eines Phänotypen, der die ganzheitlichen Einflüsse der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft beinhaltet und so den nördlichen Eingang angemessen und maßstäblich prägt.


»Rien de beau si tout n’est sage.«
»Nichts ist schön, wenn nicht alles vernünftig ist.«
ETIENNE-LOUIS BOULLÉE: ARCHITECTURE; ESSAI SUR L’ART, (UM 1790)

STRATEGIE
Das neue Gebäude beinhaltet abstrakt ausgedrückt alle Bestandteile, die das menschliche, qualitativ hochwertige Leben beinhaltet. Sämtliche Zielgruppen, wie Kinder, Erwachsene und Senioren, werden dieses Gebäude nutzen können, weswegen sich alle bei dem vorliegenden architektonischen Konzept angesprochen und abgeholt fühlen sollen. Der ganzheitliche Entwurf beruht auf dem konzeptionellen Ansatz die Natur mit der Architektur zu verbinden. Aus dieser logischen Konsequenz resultiert die gewählte Strategie, die sich formal in dem architektonischen Entwurf manifestiert. Alles in der Natur entspringt einem natürlichen Kreislauf und jeder Bestandteil des Lebens wirkt auf den anderen ein. Genau in diesem Bogenschlag wird dieser besondere Ansatz und die Verbindung von Lebensraum, nachhaltiger Architektur und städtischer Natur gesehen.

KONZEPT
Die ganzheitliche Strategie, des nachhaltigen Kreislaufs und der Verbindung von Architektur und städtischer Natur, hat das Ziel lebenswerten Raum zu schaffen. Organisch entwickelt sich aus der Attika der Nachbarschaft ein Bogenschlag in die Gebäudehöhe des sechsten Obergeschosses. Die ausgerückte Kubatur referenziert auf die maßstäbliche und bestehende städtische Struktur und bildet sich in einer schmalen Treppe in den Innenhof. Der in der Außenfassade zur Heiligengeiststraße sichtbare Bogenschlag, führt sich im Inneren des Architekturkonzepts fort und wird mit dem ruhigen, nach Süden orientierten Hof abgerundet. Nach Süden hin öffnet sich der Gebäudekomplex rund um die eingeschnittene Kugel. Damit bildet der organisch geformte Innenhof einen Kontrast zu der formalen, städtischen, äußeren Fassade und verdeutlicht dadurch auch die immer privater werdende räumliche Situation.
Die weiche Linienführung generiert Terrassen und einen offenen Lebensraum mit optimalen Lichtverhältnissen. Drei Einschnitte, ab dem ersten und zweiten Obergeschoss, gliedern den Baukörper in drei kleinteilige Volumina, was städtebaulich zu einer maßstäblichen Einfügung führt. Die Einschnitte bieten darüber hinaus optimale Belichtungsmöglichkeiten und schaffen andere Blickbeziehungen von außen nach innen. Aus dem städtischen Außenraum lässt sich dadurch auch der kontrastreiche Innenraum des Baukörpers ablesen.
Die Außenkubatur schließt der Nachbarschaft an und schwingt sich organisch in die Höhe. Die Abstandsfläche der 91 Straße fließt als Attika in die Kubatur ein und lässt das geschwungene Dach beginnen. Die Maßstäblichkeit des Daches schlägt einen Bogen zu den Verwaltungs- und Bibliotheksgebäude auf der gegenüberliegenden Seite des Pferdemarkts und fügt die darunterliegenden Baukörper mit ihren Einschnitten wieder zusammen. Durch dieses Stilmittel wird eine harmonische Einheit gebildet. Auf Grund der Nutzung der maximalen Dachhöhe erhebt sich das Gebäude über die Bahntrasse und markiert wahrnehmbar den Beginn der Oldenburger Altstadt.
Das entstehende Gebäude soll eine zukunftsweisende Landmarke für den Weg in die Innenstadt darstellen. Dieser neue, städtische Baustein obliegt einer ganz eigenen Qualität und soll für jegliche Verkehrsteilnehmer sowohl ein Erlebnis darstellen, als auch eine identitätsstiftende Markierung im Stadtbild abbilden. Der gewachsene Architekturcharakter der Stadt, mit seinem geschichtlichen Bewusstsein und seinen alles durchbrechenden grünen Strukturen, bildet bei diesem Entwurf das grundlegende Konzept.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der Leitidee einer Verknüpfung von Architektur und Natur als konzeptionellem Ansatz ist dem Entwurfsver-fasser ein aussagekräftiger Entwurf gelungen. Damit verleiht er der Eingangssituation zur nördlichen Innenstadt ein markantes Bild, das zu einer prägenden Adresssierung für den Standort beiträgt. Aus Sicht des Preisgerichtes erlaubt der stadträumliche Kontext durchaus, dass der Baukörper eine kräftige Signalwirkung nicht nur am unteren Ende der Heiligengeiststraße wie aber auch zum Pferdemarkt, zu Alexander-, Nadorster- und Donnerschweerstra¬ße haben darf. Der - zumindest für Oldenburg - außergewöhnliche Entwurf lässt einerseits vermutlich nicht ge¬wünschte Assoziationen zu, kann andererseits durchaus aber eine eigene, besondere Adresse erzeugen. Die Baumasse konzentriert sich zu den drei »Schauseiten« und öffnet sich zu der südlichen vorhandenen Bebau¬ung. Die Fassaden erlauben durch ihre Öffnungen Einblicke und schaffen einen Lichteinfall in den Innenhof, womit eine besondere Betonung geschaffen wird, wenngleich die Wirkung des nördlichen Bauteils als Lärmschutz durch den Einschnitt konterkariert wird. Ein eigener Akzent wird durch die nach Süden ausgerichtete Terrassierung erreicht, die eine gute Belichtungssitu¬ation schafft. Die großzügige Erschließung für den Innenbereich erfolgt über eine Treppenlage, die parallel zur Heiligengeiststra¬ße im Erdgeschossbereich geführt wird. Eine weitere Erschließung des Innenhofes erfolgt im Südwesten als große Freitreppe aus Richtung Georgstraße bzw. Heiligengeisthöfe kommend. Beide Treppenanlagen wirken einladend, attraktiv und können zur Aneignung des Gebäudes durchaus beitragen. Der Haupteingang in den Markt befindet sich richtig an der Heiligengeiststraße, eine prägnante Ausbildung wird jedoch vermisst. Die Organisation der Anlieferung ist mit Blick auf die Funktionsabläufe des Marktes nicht optimal. Durch eine Lichtkuppel in der Mitte des Marktes wird eine natürliche Belichtung und ein Bezug zum Außenraum erreicht, aus Sicht des Nutzers werden Position und formale Einfügung in die Grundrissorganisation jedoch in Frage gestellt. Die Zuordnung der verschiedenen Nutzungen ist nicht vollständig überzeugend gelöst. Auch scheint die innere Erschließung der Obergeschosse recht einfach und in Teilabschnitten unattraktiv. Das Raumprogramm ist hinsicht¬lich der geforderten Flächen erfüllt. Im 3. und 6. Obergeschoss ist der Rettungsweg für die zum Innenhof liegenden Wohnungen des östlichen und westlichen Gebäudeteils nicht auskömmlich. Die Berücksichtigung von Fahrradfah¬rern und deren Belange fehlt. Das dem Entwurf zugrundeliegende Konzept liegt außerhalb der gewohnten Bilder für Gewerbeimmobilien. Leider trägt die Darstellung nicht immer zum besseren Verständnis bei. Insgesamt überzeugt der Entwurf aber dennoch durch seinen unerwarteten und expressiven Ansatz, mit dem der gewünschte neue Auftakt oder Abschluss für die Heiligengeiststraße möglich werden könnte.