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Award / Auszeichnung | 10/2020

Auszeichnung vorbildlicher Bauten in Nordrhein-Westfalen 2020

Justizzentrum Bochum

DE-44787 Bochum, Josef-Neuberger-Str.1

Auszeichnung

HASCHER JEHLE Architektur

Architektur

hutterreimann Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

RPB Rückert GmbH

Tragwerksplanung

Scholze Ingenieurgesellschaft mbH

TGA-Fachplanung

Planungsbüro Waidhas

TGA-Fachplanung

Akustik-Ingenieurbüro Moll GmbH

Akustikplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Bauphysik

KFE Kucharzak Fassaden Engineering

Fassadenplanung

a·g Licht GbR

Lichtplanung

Halfkann+Kirchner

Brandschutzplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten

  • Projektgröße:

    43.000m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2013
    Fertigstellung: 01/2017

Projektbeschreibung

Mit dem Bau eines neuen Justizzentrums ergab sich für die Stadt Bochum die Chance, sowohl das seit dem zweiten Weltkrieg brachliegende Gelände am Ostring städtebaulich qualitätsvoll zu entwickeln als auch eine hohe Zahl an Arbeitsplätzen an diesem Ort neu zu schaffen. Vier unabhängige und bisher an unterschiedlichen Orten beheimatete Justizbehörden sollen in dem neuen Gebäude eine gemeinsame und gleichzeitig aber auch von außen ablesbare, eigene Adresse finden. Transparenz und eine auf den Bürger ausgerichtete Rechtssprechung sollen in dem neuen Gebäude ebenso ihren Ausdruck finden, wie die herausragende Bedeutung einer unabhängigen Justiz als dritte Staatsgewalt.

Der Neubau auf dem innerstädtischen Gelände bildet den Beginn der Neuerschließung des bisher nur unzulänglich genutzten Areals und ist damit Auftakt für ein neues Justizviertel. Ausgehend vom historischen, in das Justizzentrum zu integrierenden Gebäude des Alten Gymnasiums, entwickelt sich die Anlage als gestaffelte Mäanderstruktur entlang des vielbefahrenen Ostrings und der neu geschaffenen Josef-Neuberger-Straße. Die aus sechs Baukörpern bestehende, S-förmige Struktur formt mehrere Höfe. Der große Saaltrakt erschließt als zentraler, öffentlicher Kopfbau die gesamte Anlage. Eine großzügige, aus dem karmesinroten Kubus herausgeschnittene Freitreppe markiert den einzigen, öffentlichen Eingang des Gebäudekomplexes; sie führt gleichermaßen Besucher und Mitarbeiter über eine (flughafenähnliche) Sicherheitsschleuse weiter in das zentrale, viergeschossige Atrium des Saaltrakts. Das Atrium öffnet sich mit einer vollflächig verglasten Fassade transparent zum Garten und wird über ein verglastes Sheddach natürlich belichtet. In den Obergeschossen ist es U-förmig von den Gerichtssälen eingefasst. Breite, einläufige Treppen und sich zu Wartebereichen aufweitende Galerien erschließen die Gerichtssäle. Die gesamte Erschließungsstruktur löst sich bewusst von den Wänden der angrenzenden Säle und behauptet sich so als eigenständige Holzskulptur in dem 28m hohen Atrium.

Im südlich anschließenden Alten Gymnasium sind das Arbeitsgericht und die Sonderfunktionen Bibliothek, Casino sowie der Schulungsbereich für die Referendare untergebracht. In den anderen Gebäudeteilen liegen die zweibündig organisierten Behördenzimmer für insgesamt 1000 Mitarbeiter. Die verschieden großen Büros verfügen über eine optimale Belichtung und können natürlich belüftet werden. Die Fassade entfaltet ein unregelmäßiges Wechselspiel innerhalb eines streng gegliederten Grundrhythmuses aus horizontalen Bändern und vertikalen Elementen. Ihre lebendige, warme Materialität erhält die Fassade von einem genau abgestimmten Betonstein. Als Zuschlagstoff enthält der gegossene Stein gewaschene Nordseemuscheln. Er wird nach dem Guss mehrfach gespalten und erhält so seine natürlich anmutende Oberfläche. Mit karmesinroten Farbpigmenten durchgefärbte Betonfertigteile bestimmen das Erscheinungsbild des zentralen Saalbaus. Hier sind es die großen Gerichtssäle, die durch unterschiedlich breite Fensteröffnungen der Öffentlichkeit Einblicke in das Verhandlungsgeschehen gewähren und so dem prinzipiell kubisch geschlossenen Gebäude Offenheit und Transparenz verleihen.

Beurteilung durch das Preisgericht

In der Bochumer Innenstadt galt es, aus einer Brachfläche und einem vorhandenen ehemaligen Schulgebäude einen Standort für die Bochumer Justiz und Staatsanwaltschaft zu schaffen. Dabei sollte der Neubau die historischen Fassaden des alten Gymnasiums in einen modernen Gebäudekomplex integrieren und (…) in ein hochwertiges Gerichtsviertel konvertieren. Die historischen Fassaden und die Kubatur des Gymnasiums blieben erhalten. Dahinter wurde das Gebäude aufgrund der geänderten Nutzung überzeugend neu aufgebaut. Das formal beeindruckende Flugdach über der im Dachgeschoss liegenden Bibliothek macht die Nutzungsänderung von außen deutlich ablesbar. Innen überrascht ein lichtdurchflutetes Atrium. Der Baugrund ist infolge Nachkriegsaufschüttungen sehr heterogen. Deshalb gründet das gesamte Justizzentrum auf Bohrpfählen, welche als Erdsondenfeld eingesetzt werden, um die kostenlos vorhandene Energiequelle zur Beheizung im Winter und Kühlung im Sommer in allen Ebenen des Atriums zu nutzen. Dieses Konzept wird ausdrücklich positiv gewürdigt. Den Erwartungen der Stadt, ein Gebäude zu schaffen, in dem ‚die Bedeutung einer unabhängigen Justiz als dritte Staatsgewalt‘ ebenso zum Ausdruck kommt wie ‚Transparenz und eine auf den Bürger ausgerichtete Rechtsprechung‘ ist in beeindruckender Weise gelungen durch einen Mix aus Massivität und Transparenz. (…).