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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Neuer Quartiersplatz der "Spinelli Barracks" in Mannheim

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

Schuler und Winz Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

EIN ORT MIT GESCHICHTE

Der Quartiersplatz ist das Herz des neuen Stadtteils. Er hat eine Vielzahl an Funktionen zu erfüllen und soll für die Bewohner zum Identifikationsort werden. Darüber hinaus soll er aber vor allem auf die klimatischen Anforderungen der heutigen Zeit Antwort geben. Der Klimawandel stellt insbesondere die urbanen Räume vor neue Herausforderungen. Hitze, Abgase, Extremwetterlagen und eine hohe Dichte fordern neue Gestaltungsansätze. Der vormals als Militärstützpunkt genutzte Ort bekommt eine völlig neue Ausrichtung. Er wird zu einem lebendigen Quartier mit einer vielschichtigen Gesellschaftsstruktur. Damit ein Teil seiner Geschichte für die neuen Bewohner erkennbar bleibt, wird der Platzbelag aus einer Bodenplatte der Spinelli Barracks gebaut. Die Platten werden nach einem an Trocknungsrisse im Erdreich erinnernden Muster aus der Bodenplatte herausgesägt und auf eine Drainbetontragschicht verlegt. Die Fugen werden mit Drainasphalt damit das Regenwasser versickern kann. Die Platten geben dem neuen Platz mit ihren Gebrauchsspuren eine eigene Identität und Atmosphäre.


REGENWASSER

Einige Platten werden ausgespart und mit unterschiedlichen, klimaresilienten Baumarten bepflanzt, so dass ein dichtes Klimawäldchen entsteht, welches der lokalen Erhitzung entgegenwirkt indem es das im Untergrund eingestaute Regenwasser aus dem Speicherkanal verdunstet. Im Süden des Platzes werden die Aufenthaltsbereiche von einer Reihe Stadtbäume beschattet. Die Baumpflanzungen mildern zudem die Luftverwirbelungen, die durch die mehrgeschossigen Gebäude entstehen können. Die größte Aussparung im Platzbelag bildet die Versickerungsfläche. Sie besteht aus einer waagerechten Fläche aus belebtem Oberboden, die zum umliegenden Platzbelag druch eine Stahlkante 20cm eingesenkt ist. Hier wird das Regenwasser des Platzes und der umliegenden Straßenräume über drei Wasser-Speier eingeleitet und versickert. Einige Platten durchziehen die Mulde wie Trittsteine und machen sie auch bei vollem Einstau begehbar. Am westlichen Ende der Mulde verdichten sich die Platten zu einem geschlossenen Belag mit Wasserfontänen und Nebeldüsen. Das Frischwasser des Wasserspiels wird wie das überschüssige Regenwasser über eine Rinne in den Speicherkanal geleitet, von wo aus es wieder dem Klimawäldchen zugeführt werden kann.


MÖBEL UND BELEUCHTUNG

Der Platz ist mit großen Sitzschollen aus Eichenholz möbliert. Diese sind teilweise mit Lehnen versehen und können von der Stadtgesellschaft auch als Bühnen genutzt werden. Abgerundet wird das Angebot durch die Außenbereiche der umliegenden Gastronomie, die mit Schirmen beschattet werden. Der Platz ist durch ein breites Betonfertigteil, welches wo notwendig als Entwässerungsmulde ausgebildet ist vom Gehwegbelag des Quartiers abgesetzt, so dass entlang der Gebäude eine Zone für Passanten, den Anlieferungsverkehr und die Feuerwehr freigehalten wird. Der Platz wird mittels hoher Mastleuchten ausgeleuchtet. Die Versickerungsmulde wird mit einem Lichtband, welches in die Stahlkante eingelegt ist, hervorgehoben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Zentraler Entwurfsansatz ist, die Platzfläche von den Rändern abzusetzen und die verbleibende Platzfläche mit einem recycelten Belag in ungewöhnlicher Geometrie zu belegen. So lobenswert die Idee der Wiederver-wendung von Betonplatten aus den Spinelli Barracks ist, kann sie nicht umgesetzt werden, da schon heute nicht mehr genügend recyclingfähige Materialien zur Verfügung stehen. Die komplexe Geometrie der Platzwände hat seinen Niederschlag in der Form der Pflastersteine gefunden. Auch die Bauminseln folgen dieser Logik. So nachvollziehbar dies ist, bleibt unverständlich, warum dieses Thema an den Rändern der Pflasterfläche und der Aufkantung zur Retentionsfläche nicht angewandt wurde. Die Verlegung des Pflasters mit breiten Fugenstreifen, die Trittstufen in der Retentionsfläche und die vorge-schlagenen Wasserspeier lassen einen hohen Pflege- und Unterhaltungsaufwand erwarten. Den Platz locker mit Bäumen zu überstellen, folgt logisch dem Entwurfsansatz. Umso weniger kann nachvoll-zogen werden, dass die 6 Bäume im Süden eine eindeutige Raumkante ausbilden sollen. Das Beleuchtungs-konzept mit zehn hohen Mastleuchten trägt wenig zur Atmosphäre und zur Aufenthaltsqualität bei. Die vorge-schlagenen Sitzschollen aus Eichenholz stellen dagegen eine konsequente und interessante Idee dar. Der „Teppich“ der Platzfläche wird von der Freihaltetrasse der Stadtbahn durchzogen. Die überdeutliche Aus-formulierung des Straßenbahn- Bereichs ist vor dem Hintergrund, dass – Stand heute - nicht sichergestellt ist, dass das Stadtbahn- Projekt zeitnah umgesetzt wird, kritisch zu bewerten. Insgesamt ein Entwurf, der in einigen Teilaspekten interessante Lösungsansätze formuliert.