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Einladungswettbewerb | 09/2020

Neubau eines Einkaufs- und Versorgungszentrums in Erfurt

Visualisierung

Visualisierung

1. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

Junk & Reich Architekten BDA Planungsgesellschaft mbH

Architektur

Karl-Georg Rau

Landschaftsarchitektur

modellwerk weimar | Architekturmodelle, Modellbau, Frässervice, Laserservice

Modellbau

darstellungsart.

Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau / Erschließung
Mit dem neuen Einkaufs- und Versorgungszentrum der Johannesvorstadt wird eine neue städtebauliche Struktur auf der Gewerbebrache und ein einladender Auftakt des neuen Stadtquartiers entwickelt. Der Gebäudekomplex besteht aus zwei Markthallen, die durch einen Riegel miteinander verbunden werden, einen „Steg“, der über die Dächer der beiden Hallen gleitet. Er reagiert auf örtliche städtebauliche Hochpunkte, die sich über die satteldachgedeckte Wohnbebauung der Umgebung erheben und betont die zentrale Funktion, die das Einkaufs- und Versorgungszentrum innerhalb des neuen Gesamtareals einnimmt. Die Architektur der Markthallen spielt mit dem genius loci und greift das Bild des historischen Schlachthofgebäudes auf. Die Hallen haben rechteckige, funktional und konstruktiv optimierte Grundrisse. Die westliche Markthalle schließt die Raumkante der Greifswalder Straße und klärt damit die städtebauliche Situation der Haupterschließungsstraße des zu entwickelnden Gesamtareals. Die östliche Markthalle reagiert auf die gründerzeitliche Bestandsbebauung an der Leipziger Straße.
Beide Hallen liegen direkt an der Fußgängerpassage, die das Wettbewerbsgebiet von Süden nach Norden durchzieht. Auftakt der Passage ist der einladende „Empfangsplatz“ an der Leipziger Straße, der in unmittelbarer Nähe der Bus- / Straßenbahnhaltestelle logisch angeboten wird. Die Passage mündet in den Fußweg des zukünftigen Schulgeländes und vernetzt das Entwicklungsgebiet und die Umgebung, sodass die Einkaufs- und Dienstleistungsangebote von Konsumenten aus dem gesamten Stadtteil bequem erreicht werden können. Die Gestaltung der Freiflächen ermöglicht die barrierefreie Erschließung des Gebietes. Zur Förderung des Fahrradverkehrs werden Fahrradstellplätze am Empfangsplatz und am nördlichen Ende der Passage angelegt. Die PKW-Erschließung des Gebiets erfolgt über die neue Planstraße im Norden. Hier werden folgerichtig die notwendigen Stellplätze platziert – direkt an der Passage und der Vollsortiment-Halle und ohne Blickbezug zur Leipziger Straße. Die Andienung der Markthallen wird über die Fahrflächen der Stellplatzanlage realisiert. Die Belieferung der Einzelhandelsgeschäfte in der westlichen Halle erfolgt über die Ladeneingänge. Der Vollversorger in der östlichen Halle wird über eine separate Stichstraße mit Anlieferzone beliefert, sodass die auf der Passage flanierenden Fußgänger nicht gefährdet werden.

Gebäudeform / Fassadengestaltung / Adressbildung
Die Form der Markthallen wurde von der Architektur des historischen Schlachthofgebäudes abgeleitet. Das Motiv der gemauerten Halle mit flach geneigtem Satteldach ist ein typisches Erscheinungsbild gründerzeitlicher Gewerbebauten und ordnet sich gut in das Stadtquartier ein. Die gestaltprägenden Stahlbetonrahmen ermöglichen die gewünschten großen Spannweiten. Das Hallenmotiv wird additiv eingesetzt, sodass das in der Aufgabenstellung begründete große Bauvolumen gut gegliedert wird und in angenehmem Maßstab erscheint. Die großflächig verglasten Giebelseiten der Markthallen gewähren dem Ankommenden schon von Weitem werbewirksam Einblicke in die Verkaufsräume. An den Traufseiten, an die die Fußgänger auf der Passage und entlang der Greifswalder Straße direkt herantreten können, werden Rundbögen gereiht, die als Schaufenster bzw. an der Passage auch als Ladeneingänge dienen. Die Wiederholung des Rundbogenmotivs macht den funktionalen Zusammenhang der Einzelhandelseinheiten erkennbar. Vor- und Rücksprünge der Markthallen fassen den Empfangsplatz und leiten die von der Leipziger Straße kommenden Fußgänger zur Passage weiter. Der Platz wird durch die Gestaltung mit Terrassen, Sitzmöglichkeiten und einem Wasserspiel zu einem Freiraum mit Aufenthaltsqualität und Adresswirkung. Der über die Hallen gleitende Querriegel unterteilt die Passage in überschaubare Abschnitte. Er markiert und überdacht den Haupteingang zum Obergeschoss.

Gebäudefunktionalität
Die beiden Markthallen haben großzügige, stützenarme Grundrisse, die je nach Bedarf in unterschiedlich große Nutzungseinheiten unterteilt und auch an zukünftige Bedarfsänderungen angepasst werden können. Die geforderte Mindesthöhe von 6 Metern wird in jedem Bereich der Hallen eingehalten und gestattet auch das Einziehen einer zweiten Ebene für zusätzliche Verkaufsflächen oder Nebennutzungen. Die hohen Rundbogenfenster sorgen – auch bei zweigeschossigem Ausbau – für ausreichend Belichtung. Sie dienen als werbewirksame Schaufenster und Eingänge zu den Nutzungseinheiten. Die großen, verglasten Giebelseiten stehen ebenfalls als Werbeflächen zur Verfügung. Die nachzuweisenden Verkaufsflächen der Aufgabenstellung können bereits bei eingeschossigem Ausbau realisiert werden.
Die Konstruktion und Grundrissaufteilung des Querriegels im Obergeschoss zielt ebenfalls auf größtmögliche Flexibilität und Umnutzbarkeit ab. Es wird ein Working-Living-Space mit anmietbaren Nutzungseinheiten vorgeschlagen. Fest definiert ist – neben den notwendigen Fluchttreppenhäusern, Kunden-WCs und Technikflächen – ausschließlich der zentrale Empfang mit Lounge, Cafe / Bar und einer Dachterrasse, die den Ausblick auf den Trubel der Einkaufspassage ermöglicht. Der Empfangsbereich kann von der Einkaufspassage aus über eine freie Wendeltreppe erschlossen werden – eine attraktive Adresse für die geplante „Co-Working-Area“. Vom zentralen Empfang aus erreicht man die in den Querriegel integrierten Nutzungseinheiten. Es wäre z.B. ein zweihüftiger Ausbau mit Büros, Business-Apartments oder Arztpraxen denkbar). „Über den Dächern des Einkaufszentrums“, abseits der optischen und akustischen Vielfalt des Markttreibens kann hier ein guter, ruhiger Ort zum Arbeiten und Wohnen entstehen. Das Obergeschoss wird durch den Aufzug im zentralen Treppenhaus barrierefrei erschlossen. Auch in die beiden äußeren Fluchttreppenhäuser können bei Bedarf Aufzüge integriert werden. Über das westliche Fluchttreppenhaus kann ein weiterer Zugang von der Greifswalder Straße zu den Nutzungs-einheiten im Obergeschoss angeboten werden. Der Querriegel kragt hier über das Dach der Markthalle aus und macht den Eingang in der Westfassade ablesbar. Durch den aus allen Himmelsrichtungen sichtbaren Riegel wird die „optische“ Fassadenhöhe von 12,00 Metern an den Straßenkanten der Leipziger Straße und der Greifswalder Straße sichergestellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Entwurf gelingt es mit der einfachen Typologie einer Markthalle erstaunlich gut, auf die komplexe städtebauliche Situation zu antworten. Zum einen wird durch die Reminiszenz an gründerzeitliche Gewerbebauten - und so auch den ehemals am Ort befindlichen Schlachthof - die Geschichte fortgeschrieben, zum anderen wird der Auftritt der Schule in zweiter Reihe nicht geschmälert, sondern die übergeordneten Raumkanten bis zu diesem Baukörper gespannt.
Zur Leipziger Straße präsentiert sich das Nahversorgungszentrum einladend und offen, was durch die Anordnung des Cafés an dieser Stelle noch unterstützt wird. Die Passage hat eine angenehme Weite und wird gestalterisch überzeugend durch die Bögen in den begrenzenden Fassaden begleitet. Dagegen irritiert die Wendeltreppe, die den über den Hallen liegenden Riegel erschließen soll. Diese würde den Raum unnötig einengen und wäre als Erschließung auch funktional nicht sinnvoll.
Die Typologie der verglasten Brücke, die beide Baukörper zusammenzieht und gleichzeitig deutlich macht, dass es sich hier insgesamt um einen Neubau handelt, schafft eine sichtbare Adresse für eine weitere Nutzung. Man wünscht sich hier einen adäquaten Mieter, der die Transparenz und Großzügigkeit auch zu bespielen weiß.
Die Hallenstruktur entspricht dem funktionalen Bedarf des Nahversorgungszentrums, dessen Flächen ausschließlich im Erdgeschoss angeordnet werden sollen. Durch die gewählten Spannweiten kann der überdachte Raum flexibel bespielt werden und auch gut auf sich verändernde Ansprüche reagieren. Noch nicht ausreichend nachgewiesen werden die Nebenflächen für den Einzelhandel. Ebenfalls nicht gelöst ist der Anschluss an das östliche Nachbargrundstück. Hier werden im Bereich des auskragenden Riegels die Abstandsflächen nicht eingehalten. Auch kann die hier liegende Anlieferung des Vollsortimenters zu Konflikten führen. Die Stellplätze sind richtig positioniert, die Fläche unterschreitet aber den Bedarf.
Gestalterisch muss das Projekt in Detail und Materialität sehr hochwertig umgesetzt werden, da es sonst auch banal wirken könnte. Beispiele alter Markhallen setzten hier den Maßstab, auch wenn man heute mit einer Elementierung arbeiten wird.
Insgesamt bietet das Projekt eine überraschende Antwort auf die komplexe Aufgabenstellung, überzeugt aber durch seinen offenen und identitätsbildenden Charakter, der das Potenzial hat, den Ort wirklich zu einem Zentrum des sich veränderten Quartiers zu machen.
Modell - modellwerk weimar

Modell - modellwerk weimar

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Obergeschoss

Grundriss Obergeschoss

Ansichten

Ansichten

Modell

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