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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Neubau des Gebäudes HIC auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich (CH)

5. Rang

Preisgeld: 15.000 CHF

MOA Miebach Oberholzer Architekten

Architektur

b+p baurealisation ag

Projektsteuerung

Atelier Loidl

Landschaftsarchitektur

Bollinger+Grohmann

Bauingenieurwesen

WSP Suisse AG

TGA-Fachplanung

pbp ag engineering

TGA-Fachplanung

Boxler Engineering AG

TGA-Fachplanung

BG Ingenieure und Berater AG

Brandschutzplanung

Raumanzug GmbH

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt TRIGON zeichnet sich durch seine baukörperliche Plastizität aus. Die Randlage wird mit einem scharf geschnittenen, liegenden Prisma definiert, der gegen Westen auf den Kontext mit einer flächigen Wand reagiert. Diese Kante ist hoch und glatt und schliesst damit die städtebauliche Silhouette des Campus Hönggerberg. Gegen Osten wird eine abgetreppte Terrassenanlage ausgebildet. Mit dem gegenüberliegenden HIB Gebäude entsteht ein Platz, der mit den Terrassen zusätzlich in Szene gesetzt werden soll. Die daraus resultierende Typologie eines Terrassenhauses wird als interessant befunden, weil sie das Potential von zwei äusserst unterschiedlichen Fassadenseiten aufweist und eine grosse Zeichenhaftigkeit als Abschluss, aber auch als Auftakt in den Campus besitzt.

Der Hauptzugang erfolgt über den Platz, der als Patchwork aus hexagonalem Plattenbelag und kiesigen Trockenrasenfeldern konzipiert ist, welche mit den locker gesetzten Kieferbäumen einen atmosphärisch stimmigen Zugangsund Aufenthaltsort bilden.

Die treibende Kraft dieses Projektes ist die Freude an der Geometrie und dem Tragwerk. Das Gebäude erklärt sich logisch aus einer zweidimensionalen Schnittfigur, die einem unregelmässigen, rechtwinkligen Dreieck zu Grunde liegt. Die Dreidimensionalität ergibt sich aus einer Extrusion der Dreiecksfigur von Nord nach Süd. Der gesamte prismatische Körper wird von Pylonen durchdrungen, an denen die Geschossdecken aufgehängt werden. Das Gebäude schwebt über dem Erdgeschoss. Die Pylonen stehen neben der bestehenden Tiefgarage, sodass keine weiteren Belastungen auf die Einstellhalle einwirken. Eine Zäsur erhält das statisch ausgeklügelte System im Norden über den Othmar-Ammann-Weg. Hier wird die freie Gebäudedurchfahrt über ein System von Fachwerkstützen über die gesamte Gebäudetiefe abgefangen. Dieser Wechsel im System schwächt das sonst so stringente Tragwerk.

Das Tragwerk wird über eine Vielzahl von Visualisierungen nahezu glorifiziert. So ist es ganz selbstverständlich, dass die im Inneren entwickelte Tragstruktur auch die äussere Erscheinung bestimmt. Die Gebäudehülle wird zum verzichtbaren Dekor degradiert und darum als transparente Glashülle ausgeführt. Dies ist aus architektonischer Sicht nachvollziehbar, wirft jedoch beim Nutzer Fragen zum Wärmeschutz und zur Wirtschaftlichkeit einer solchen Fassade auf. Ohne den Ausdruck des Gebäudes zu schwächen, wäre es möglich gewesen, Teile der Fassade zu schliessen, (zum Beispiel die Seitenwände) um die energetischen Mängel in den Griff zu bekommen. Auch wenn das statische System besticht, wird nach der Verhältnismässigkeit der Architektur in Abhängigkeit zum Tragwerk gefragt. Wer bestimmt hier wen? Die signifikante Form des Baukörpers ist darüber hinaus ein Resultat aus der Vorgabe des Wettbewerbsprogramms, das HIN Gebäude nicht zu beschatten. Mit der Abtreppung nach Westen soll eine optimale Belichtungssituation erreicht werden. Die Auswertung der Vorprüfung zeigt, dass die Südfassade des HIN Gebäudes im Sommer auch trotz dieser Abtreppung weiterhin stark beschattet wird. Die grosse bauliche Geste, die sich auf diesem vermeintlich cleveren Schachzug zur Lösung des Beschattungsproblems gründet, verliert damit die Basis ihrer Legitimation.

Was bleibt, ist das experimentelle Image der Terrassenlandschaft mit der kaskadenförmigen Treppenanlage, die als vielfältiger Treffund Begegnungsraum, aber auch als Erschliessungsfläche angepriesen wird. Direkte Zugänge aus den Arbeits- und Forschungsräumen betonen den Werkcharakter des Gebäudes und bieten ein interessantes Nutzungspotential. Ob die Tiefe der Terrassen für die Koexistenz von derart viele Aktivitäten gleichzeitig funktioniert, wird kontrovers diskutiert. Auch verhindert die geringe Terrassentiefe eine Ausweitung von Werk- und Arbeitszonen in den Aussenbereich. Die sparsame Bepflanzung in Pflanztrögen, ohne nennenswerte Beschattung, schränkt die Nutzbarkeit der Terrassen stark ein und lässt eine starke Erwärmung und entsprechenden Hitzeeintrag ins Gebäude erwarten. Der grosse Versiegelungsgrad der Terrassenoberflächen verstärkt den Wärmeintrag zusätzlich. Insbesondere die freizuhaltenden Fluchtwegflächen auf den Terrassen kollidieren mit den Nutzungsansprüchen und sind aus Sicht des Brandschutzes – gerade beim Stattfinden der erwähnten Sommerfeste – sicher nicht optimal oder gar nicht bewilligungsfähig.

Neben den funktionalen Aspekten, ist die Frage nach der Aktivierung von unattraktiven Flächen mittels Terrassenanlagen zu diskutieren. Die Aufwertung des Platzes zwischen HIB, HIN und HIC am Rande des Campus soll durch die Öffnung des Gebäudes einfach erreicht werden. Ob in unseren Breitengraden der gebaute Aussenraum als Terrasse in der Arbeitsund Forschungswelt eine solche Bedeutung einnehmen kann, dass er flächige, rentable und beheizte Arbeitsflächen gleichwertig ersetzt und Öffentlichkeit nach Aussen und in diesem Fall nach unten auf den Platz transportieren kann, wird kritisch hinterfragt.

Mit der massgebenden Gebäudehöhe von 33 m wird das Gebäude gemäss VKF-Standardkonzept als Hochhaus behandelt. Von den Verfassern wird das Gebäude jedoch als Gebäude mittlerer Höhe bewertet. Zur definitiven Einstufung bedarf es die Einschätzung der Brandschutzbehörde. Falls diese das Projekt als Hochhaus einstuft, sind grundlegende Anforderungen der Brandschutzplanung nicht erfüllt.

Die Geschosse werden schlank über eine innenliegende Kernanlage an der Westfassade erschlossen. Leider steht diese Haupterschliessung nicht im direkten Zusammenhang mit den Terrassen. Der Zugang auf die Terrassen vom Gebäudeinneren erfolgt nur über die angrenzenden Arbeitsund Forschungsräume. Der Flächenverlust durch die Abtreppung wird in der Höhe mit einem kompakten Flächenlayout kompensiert. Auf Erschliessungskorridore wird weitestgehend verzichtet. Dies führt häufig dazu, dass Räume über angrenzende Räume erschlossen werden, was von Nutzerseite als nicht ideal bewertet wird. Die Lage des Makerspace im schwebenden 1. Obergeschoss wird ungünstig beurteilt, da die Schwingungen der dort stationierten Maschinen Einfluss auf die gesamte Gebäudestruktur haben. Das Highlight ist die Spitze des Gebäudes. Hier wird eine offene Coworking-Area für alle vorgeschlagen. Die Verfasser stellen sich diesen Raum als allseitig verglastes, überhöhtes Loft vor, in dem man vorzugsweise liegend auf Kanapees die Aussicht geniesst.

Das Projekt TRIGON ist sehr asketisch konstruiert und hält mit dem gewählten Stahltragwerk und Elementbausystem das Kostenziel ein. Ausserdem muss die Tragstruktur der Einstellhalle nicht verstärkt werden. Es weist eine gute Flächeneffizienz auf und hat moderate Lebenszykluskosten. Jedoch wird auf das Risiko hingewiesen, dass bei einer allfälligen Weiterbearbeitung, bedingt durch minimalistische und teilweise ungeeignete Konstruktionen, ein erhebliches Risiko für Kostensteigerungen besteht und mit erhöhten betrieblichen Lebenszykluskosten zu rechnen ist.

Das Projekt TRIGON interpretiert die Aufgabe ausgehend von der geometrischen Figur in vielen Aspekten erfrischend experimentell. Somit stellt das Projekt einen wertvollen Beitrag zur Interpretation der Nutzung, besonders in Bezug zum Aussenraum, dar. Die ikonenhafte, städtebauliche Figur im Kontext des Campus wird kritisch diskutiert. Unter der Massgabe, dass auf dem Campus Hönggerberg jedes Gebäude zur Gesamtheit der Anlage beiträgt, leistet das Dreieck keinen Beitrag.