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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Neues Wohnen an der Johann-Braun-Straße in Freising

Schwarzplan

Schwarzplan

3. Preis

Preisgeld: 13.000 EUR

su und z Architekten BDA

Architektur

studioB Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

SENSIBLE NACHVERDICHTUNG

Einfamilienhäuser und Doppelhäuser mit Satteldach reihen sich aneinander, Grün herrscht in diesem Stadtviertel vor – Wir befinden uns in Freising, nördlich der Altstadt. Das zu bespielende Grundstück liegt etwa 15 Minuten fußläufig vom Stadtzentrum entfernt. Heterogene Strukturen und kleinteilige Bebauung bestimmen das Bild.
Hier, zwischen Wohngebiet und ehemaligem Industrieareal, soll attraktive Architektur entstehen, die das nachbarschaftliche Miteinander fördert.
Aufgrund der durch Kleinteiligkeit geprägten Umgebung bedarf es auf diesem Areal einer sensiblen Nachverdichtung; einer angemessenen Dichte, die das Bestehende respektiert und zugleich zeitgemäßen Wohnraum schafft.


RAUMSCHAFFENDE STRUKTUR

Unser Entwurf setzt sich aus fünf Baukörpern zusammen, die entlang des Karwendelrings einen Bogen bilden. Die Körper nehmen, durch ihre Position, leichte Drehung und angemessene Geschossigkeit, direkten Bezug auf die benachbarte Bebauung und fügen sich in die vorhandenen Strukturen ein.
Durch die Staffelung der Volumen sowie die rhythmisch strukturierte Fassadengestaltung wirkt der Entwurf nicht massiv, sondern, im Gegenteil, kleinteilig und gegliedert. Die städtebauliche Silhouette besteht aus einem viergeschossigen Horizont, der durch fünf Hochpunkte zusätzlich unterteilt wird.
Während der Entwurf zum Karwendelring klare Kante zeigt, öffnet sich die Struktur – einer einladenden Geste gleich – zur ruhigen Johann-Braun-Straße. Die fünf Riegel, verbunden durch Schallschutz-Loggien, gliedern den Raum dazwischen in vier Höfe. Alle Freiflächen, Balkone wie Loggien, sind zu den grünen Innenhöfen orientiert.
Ziel unseres Entwurfs ist es, durch die raumschaffende Struktur Begegnungsflächen zu schaffen. Die vom Lärm abgewandten Innenhöfe laden zum Verweilen ein, sie fördern die Kommunikation unter den Bewohnern und bieten hohe Aufenthaltsqualität. Der Hof zwischen Haus 3 und 4 fungiert zudem als quartierübergreifender Treffpunkt und übergeordnete Durchwegung.


ÖFFENTLICH – HALBÖFFENTLICH – PRIVAT

Die Erschließung der fünf Baukörper erfolgt einheitlich über die vier Innenhöfe, die als eine Art Pufferzone zwischen öffentlichen und privaten Räumen vermittelt. Die gläsernen Hauseingänge treten mit ihren Vordächern gut ablesbar aus den Fassaden der Wohnriegel hervor. Erdgeschossige Wohnungen sind durch die Ausbildung eines Sockels sowie vorgesetzte Loggien vor Einblicken geschützt. Die ebenerdige Tiefgeragenzufahrt am Eingang der Rotkreuzstraße erschließt die eingeschossige, dem Geländeverlauf folgende Parkgarage. Die Wohnanlage verfügt außerdem über einen ebenerdig zugänglichen Fahrradkeller und Müllraum, der neben der TG-Zufahrt angeordnet ist.


WOHNEN +

Die Wohnriegel sind als Ein- bis Fünfspänner wirtschaftlich organisiert. Die Wohnungen sind über ein innenliegendes Treppenhaus zu erreichen. Durch die Staffelung und Drehung der Volumen kann jede Wohnung über mehrere Seiten – hauptsächlich Ost-West-Ausrichtung – belichtet und belüftet werden. So ist keine Wohnung ausschließlich zum Schall orientiert. Die größeren Wohnungen sind vorrangig in den oberen Stockwerken verortet.
Alle Wohnungen verfügen über individuelle Freiflächen; die Balkone und Loggien sind alle zum ruhigen Innenhof orientiert. Die Freiräume sind als Loggia mit Brüstung konzipiert und fügen sich in die einheitliche Lochfassade ein. Den Wohnräumen zum Innenhof sind großzügige Loggia-Balkone vorgelagert.


GRÜNE HOFLANDSCHAFT

Durch die städtebauliche Setzung entstehen vier dreiseitig geschlossene Höfe, die jeweils ein eigenständiges Gepräge erhalten und klare Identitäten entwickeln. Dafür werden die jeweils gleichen Freiraumelemente zu immer neuen räumlichen Gefügen modelliert: Eine platzartige Mitte wird von Strauch und Staudenpflanzungen gerahmt und mit Aufenthalts- und Spieleinrichtungen ausgestattet.
Einer der Höfe ist Teil einer Nord-Südverbindung durch das Quartier. Hier öffnet sich der Veranstaltungsraum zum Platz, der in diesem Hof großzügiger gestaltet ist.
Parallel zum Karwendelring wird ein Fußweg mit Aufenthaltsbereichen angelegt, der an den Bestandsbäumen vorbei durch eine Blumenwiese führt.


RETTUNGSKONZEPT

Der zweite Rettungsweg wird über eine Rettung von außen gesichert. Anleitern ist an den Nordseiten der Baukörper möglich. Die Rettung erfolgt über die gestaffelten Balkone und Dachterrassen. Die Flächen entlang der Johann-Braun-Straße dienen als Aufstellfläche für die Feuerwehr, die Innenhöfe bleiben unangetastet.


FASSADE UND MATERIALITÄT

Die Gebäudehülle wird als Lochfassade ausgebildet. Einheitliche und gleichhohe Elemente überziehen die gesamte Höhe und Breite, auch die dem Schall zugewandte Seite. Variation entsteht durch Elemente wie Sockelband und Volumetrie, sowie durch den Wechsel von Materialien. Die Hofseiten zeigen sich offen, hier sind die Grenzen zwischen innen und außen fließend. Balkon-Brüstungen entfallen zugunsten bodentiefer Fenster ohne weitere Schmuck- und Zierelemente.
Die Baukörper erhalten eine vorgehängte hinterlüftete Fassade aus Holz, mintfarben lasiert. Beton-Fensterbänder gliedern die Volumen, die Staffelung und der Wechsel von Glas und Holz unterteilen die Flächen zusätzlich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit bietet als Konzept eine Reihung von einzeln entwickelten Häusern an, die sich zum lauten Karwendelring hin mittels flach geschnittener Loggienerweiterungen zu einer Hauskette verbinden. Die entstehende Form distanziert sich räumlich klar von der Straßentrasse des Karwendelrings und sucht die Nähe zur nördlichen Bestandsbebauung des Quartiers. Die sich ergebenden Zwischenräume der einzelnen Häuser wirken knapp bemessen, auch wenn sie belichtungstechnisch ausreichend erscheinen und in der gezeigten räumlichen Skizze ihr adressbildendes Potential zeigen. Die so gewonnenen freiräumlichen Möglichkeiten, werden allerdings nur in geringem Maß genutzt. Die im Grundriss gezeigten Vorzonen zur Quartiersnachbarschaft enttäuschen. Auch die einzelne Passage zum Karwendelring hin kann nicht überzeugen. Der hohe Anteil nicht unterbauter Bereiche ermöglicht großflächig Freiräume mit Bodenanschluss und somit einerseits großzügigem Baumerhalt aber auch zusätzliche Flächen für Großbaumpflanzungen, was dem gewünschten grünen Erscheinungsbild am Karwendelring entspricht. In den nördlichen Höfen entstehen kleine, attraktive Eingangszonen und Nachbarschaftstreffs, die deutlich größer noch besser vorstellbar wären. Der südliche Grünbereich wirkt durch seine extensive Gestaltung großzügig, bleibt jedoch aus Sicht der Jury unter seinen Möglichkeiten im Hinblick auf die Bespielung durch die bestehenden und zukünftigen Bewohner des Quartiers. Die Vernetzung mit dem Karwendelring (u.a. Bushalt) erscheint zu beliebig. Eine deutlicher definierte Einbindung der Johann-Braun-Straße an die Eingangshöfe wäre ebenfalls wünschenswert, um den Straßenraum positiv zu akzentuieren und mehr in die nördliche Nachbarschaft hinein zu wirken. Dort scheinen die nötigen Feuerwehrflächen zusätzlich unvorteilhaft für die Vorgartenzone. Die Qualität der Arbeit liegt deutlich im architektonischen Ansatz des Typus „Haus“, das mit differenzierten Formen im Ergebnis überlegt entworfene und gut nutzbare Wohnen erzeugt. Das beschriebene Konzept schafft ausschließlich schallabgewandte, Ost/West orientierte Wohnlagen. Die über die Geschosse variierende Kombination der Wohnungen erweitert das Angebot unterschiedlicher Wohntypen und bietet attraktive Freiflächen auf Terrassen für einzelne Wohnungen oder ganze Hausgemeinschaften. Die gezeigten Fassaden versprechen im Detail gut gestaltete und wohl proportionierte Ansichten die jedoch in der gezeigten Reihung und der „klaren Kante“ zum Karwendelring hin als zu geschlossen empfunden werden. Der Wunsch, die verbindenden Loggien als Teil der gesamten Gebäudefassaden zu beschreiben, wird kontrovers diskutiert. Die Wahl der gezeigten Bauabschnitte wirkt etwas zu eng im Verhältnis zur verbleibenden Bestandsbebauung. Das Verhältnis von Oberfläche und Volumen wirkt etwas ungünstig. Die Arbeit ist trotz der fünfgeschossigen Grundhöhe der Häuser im unteren Bereich des Teilnehmerfeldes was die Anzahl der Wohnungen betrifft. Die Tiefgarage ist plausibel organisiert und bietet ausreichende Stellplätze. Fahrradabstellräume sind Hauseingangsweise zugeordnet. Die Arbeit überzeugt insgesamt durch ihre feine architektonische Präsenz. In der Fügung der Teile und vor allem der stadträumlichen Positionierung und Nutzung der freiräumlichen Potentiale kann die Arbeit aber nicht voll umfänglich überzeugen. Als Fazit kann man feststellen, dass die Arbeit einen guten und soliden Beitrag für die Aufgabenstellung liefert.
Lageplan

Lageplan

Lärmschutz Karwendelring

Lärmschutz Karwendelring

Höfe zur Johann-Braun-Straße

Höfe zur Johann-Braun-Straße

Ansicht Karwendelring

Ansicht Karwendelring

Ansicht Johann-Braun-Straße

Ansicht Johann-Braun-Straße

Fassadenansicht

Fassadenansicht