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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Umbau und Sanierung des Fruchtkastens in Herrenberg

2. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

WANDEL LORCH GÖTZE WACH

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen drei wichtige Maßnahmen vor, mit denen das Bestandsgebäude 'Fruchtkasten' für eine neue Nutzung weiterentwickelt wird: 1. Hinter der erdgeschossigen Fassade an der Tübinger Straße sehen die Verfasser eine 2- geschossige Markthalle vor, die durch Herausnahme der nachträglich eingefügten Decke entsteht. Dieser wiederhergestellte Hallenraum öffnet das Gebäude zur Stadt und sieht Cafénutzung und Regionalmarkt vor. Der Charakter der ursprünglichen Scheunennutzung wird an dieser Stelle sinnvoll weiterinterpretiert und lässt ein unverstelltes Erlebnis des 2-geschossigen Holztragwerks zu. In der Konsequenz des Markthallengedankens sehen die Verfasser in der erdgeschossigen Fassade an der Tübinger Straße 3 doppelgeschosshohe Toröffnungen vor, die über Gittertorelemente verschlossen werden. Ob Verglasungen hinter den Gittertoren vorgesehen werden, bleibt offen, aber ihre Ergänzung ist immerhin vorstellbar. Die Erscheinung dieser neugeschaffenen Toröffnungen wird kontrovers diskutiert. Während einerseits eine konsequente Öffnung der zur Markthalle transformierten Erdgeschosszone gesehen wird und die Gittertore als Scheunentore interpretiert werden können, wird andererseits die Beseitigung der Fachwerkkonstruktion an dieser Stelle gesehen, in der historisch ein deutlich kleineres Zugangstor eingesetzt war. Die tektonische Erscheinung wird zudem verändert. 2. Im 3. Obergeschoß wird ein großer Veranstaltungsraum vorgesehen, der durch Öffnung der Geschoßdecken bis in den Dachstuhl reicht. Der entstehende Raum unter dem Dachtragwerk ist eindrucksvoll und bildet ein Gegenpol zur Markthalle im Erdgeschoß. Allerdings wird seine Helligkeit diskutiert. Der Weg vom Erdgeschoß nach oben erfolgt von der Markthalle über einen Lauf bestehender Treppen in die 3. Geschoßebene. Um den Veranstaltungsraum zu ermöglichen, sehen die Verfasser eine außenliegende Fluchttreppe vor, die das 3. wichtige, ergänzte Element des Vorschlags bildet. 3. Sie sehen die Fluchttreppe als offene, farbig gefasste Holzlamellenkostruktion vor, die gleichsam als skulpturales Element in die schmale Gasse an der Westseite des Fruchtkasten gesetzt wird und im Erdgeschoß zurückweicht, um den Durchgang zu dem dahinterliegenden Haupteingang in die Museumsräumen zu ermöglichen. Einerseits wird der Fluchttreppenturm zur wichtigen Geste und signalisiert nicht nur die neue Nutzung nach außen, sondern auch den Museumseingang. Andererseits liegt der Museumszugang hinter dem neuen Treppenturm aber auch etwas versteckt. Die Belange der Nachbarschaft müssen berücksichtigt werden. Zwischen der 2-geschossigen Markthalle und dem Veranstaltungsraum liegen im 1. und 2. Obergeschoß die Ausstellungsflächen, die großzügig bespielt werden können und für die die Verfasser exemplarisch thematische Ausstellungen zu Fallobstkultur und dem Möbelfabrikant Walter Knoll vorschlagen. Darüber liegen sinnvoll platziert, Büro und Werkstatträume. Entwurf 1004 präsentiert das Haus gelungen als größtes Exponat. Der Entwurf ordnet das Stadtmodell in Verbindung mit einem einführenden Film und dem Raum Kulturvermittlung im Steinhaus / EG an, der so ein Einführungsraum für Schulklassen und Touristengruppen gleichermaßen ist. Der Raum muss in der Ausführung barrierefrei gestaltet werden, da Schulklassen heute inklusiv sind. Eine Ausarbeitung des Modells wird nicht gezeigt. Um die Funktion Kulturvermittlung im Sinne der vertieften Arbeit von Schulklassen zu ermöglichen müsste in diesem Entwurf der Multifunktionsraum genutzt werden, denn dafür ist der Raum Steinhaus nicht geeignet - Beleuchtung und Tische fehlen. Der Multifunktionsraum müsste dafür aber auf die ohnehin geforderten 70 m² vergrößert werden. Der Sonderausstellungsbereich im 1. OG ist funktional angeordnet. Es wäre aus versicherungsrechtlichen Gründen bei Ausstellungsübernahmen sinnvoll, den Raum abschließbar bzw. als eigenen Sicherungsbereich zu gestalten. Die Dauerausstellung im 2. OG nimmt mitsamt dem Thema „Streuobstwiese“ das gesamte 2. OG ein. Es werden exemplarisch Themeninseln angedeutet, die im Weiteren noch jenseits der hier vorgestellten Schlagworte in Zusammenarbeit mit der Ausloberin inhaltlich auszuarbeiten sind. Ein textiler Wandbehang wird als Zeitstrahl vorgeschlagen, Herrenberger Köpfe als Hörstationen. Der Erker bietet einen Ausblick auf Bauernkrieg. Die Verfasser führen mit „Walter Knoll“ exemplarisch ein neues, durchaus interessantes Thema ein. Bei der Station „Streuobstwiese“ wird eine Mitmachstation angedeutet, die ebenso wie die Gestaltungssprache der Ausstellung noch auszuarbeiten ist. Der Rettungsweg über dem Treppenraum auf der Südseite endet an der schmalsten Stelle des „Winkels“. Auch der Rettungsweg des Treppenturms endet im Winkel. Die Personenkonzentration im Gefahrenfall erscheint problematisch. Der Entwurf besticht durch die klare Weiterentwicklung der inneren Struktur und durch die räumliche Schwerpunktsetzung zweier großer Raumvolumen, die an der richtigen Stelle im Gebäude verortet sind. Es entsteht ein kraftvolles Raumgefüge. Die großen Öffnungen in der Straßenfassade und die Lage des Museumszugangs hinter dem Treppenturm sollten aber überdacht werden.