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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2020

Neugestaltung und Sanierung des Obstmarktes in Herisau (CH)

1. Rang

Preisgeld: 20.000 EUR

bbz landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Raum- und Verkehrsplanung Felix Dudler

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Schon mit seinem Kennwort «HOSESTOSS» und dem damit verbundenen Bezug zum fasnächtlichen Brauchtum sucht der Projektvorschlag den Anschluss an die Herisauer Identität («Gidio Hosestoss»). Der Ansatz mit dem Vorhandenen, mit Traditionen und mit möglichst einfachen Mitteln ein Maximum zu erreichen, zeichnet den einfachen, klaren und dennoch vielseitigen Entwurf aus.

Die Verfassenden beschreiben die raumbestimmenden Hauptelemente als Ausgangslage, die es zu stärken gilt. Die Arbeit fokussiert sich stark auf ein Ausräumen und ein minimales Ergänzen in der Fläche. Mit der Baumsetzung klärt sie die Hierarchie der Bauten am Platz und schafft gleichzeitig beschattete Bereiche. Das Regierungsgebäude wird durch die Baumsetzung mit einem offenen repräsentativen Platz gestärkt; die Neubauten treten in den Hintergrund. Themen einer offenen, vielseitig bespielbaren Gesamtsituation werden betont. Der Strategie der Freiräumung folgt ein gezieltes Eingreifen mit wenigen und einfachen Mitteln. Damit wird erreicht, dass der ganze Raum wirken kann. Der Obstmarkt wird auch künftig als schiefe Ebene interpretiert. Damit entsteht eine praktisch stufenlose Ausgangslage, in welche minimalistisch ausgewählten Elemente eingesetzt werden.

Die Verschiebung des Verkehrskreisels nach Osten eröffnet das Potential eines frei bespielbaren Raumes im oberen Bereich zwischen Kirche und Regierungsgebäude. Der Kreiseldurchmesser wurde zugunsten einer optimalen gestalterischen Integration auf 24m dimensioniert. Eine Vergrösserung des Durchmessers auf 26m ist nach wie vor möglich, hätte aber negative Auswirkungen auf den Obstmarkt als öffentlichen Platz. Es entsteht eine Annäherung an das historische Bild mit einer räumlich dominanten Kirchenkanzel und dem Platzbezug zum Regierungsgebäude. Die Kirchenkanzel erhält wieder einen angemessenen Vorraum. Sinnvollerweise wird die Bushaltestelle kompakt und funktionstüchtig nach neuer Gesetzgebung so nahe wie möglich an den Platz herangesetzt. Die neue Situation wirkt sich auch positiv aus für den Fussverkehr, der grosszügige Wartebereich wird so bereits zum Teil des Platzes. Diese verbindende Konzeption setzt sich weiter fort, indem die Poststrasse materialmässig in die Platzfläche bzw. ins gesamte Erscheinungsbild integriert wird. Einzige Differenzierung ist die gebundene Bauweise der Pflastersteine im Strassenbereich, was von der Jury nicht als zwingend angesehen wird. Der zeichnende Randstein trennt die Fahrbahn taktil ab und führt entsprechend die Fahrzeuge. Die Widersprüchlichkeit mit der vorgeschlagenen Zone 20, sprich Begegnungszone, wird im Entwurf vorausgesetzt, müsste aber überdacht werden. Der Platzraum wird bis in den südöstlichen Teil des Platzes fortgesetzt. Hier zoniert eine offene Baumbepflanzung behutsam die Parkierung und die Zufahrt zum Parkhaus und wirkt gleichzeitig als visueller Filter vor den neueren Fassaden gegen Osten. All diese Massnahmen betonen das Denken von Fassade zu Fassade und stärken den Gesamteindruck. Bedauert wird die gestalterische Zurückhaltung einzig in Bezug auf die Parkhauseinfahrt.

Die Zurückhaltung im Gestaltungskonzept wird auch mit bei Vorschlägen zur Möblierung fortgesetzt. Die bestehenden Sitzelemente mit den Beleuchtungskandelabern werden mit integrierten Leuchten ergänzt. Eine atmosphärische Beleuchtung in den Bäumen und Mastleuchten an den Fahrbahnen sorgen für eine Differenzierung in den dunkleren Tageszeiten. Die Materialisierung des Platzes rekrutiert sich aus der vorhandenen Pflästerung und betont konsequent die Verbindung. Weiter steht ein Trinkbrunnen zu Verfügung. Vor der Kirchenkanzel dreht der Inszenierungswille etwas auf. Das hölzerne Wasserbecken und die Langbank an der Kirchenmauer zeigen einen anregenden Belebungswillen, sind aber im Detail noch weiterzuentwickeln. Die Frage der verschiedenen Nutzungen für Veranstaltungen in unterschiedlicher Grösse und Bedeutung beantwortet der Projektvorschlag sehr stimmig. Alle Anlässe des Wochen- und Jahresalltages lassen sich gut integrieren.

Verkehrsregime und Materialisierung auf der Poststrasse sind in der Weiterbearbeitung zu überprüfen; ebenso die Abgrenzung der Materialisierung gegen Osten in der Kasernenstrasse und die Dimensionierung des Kreisels.

Das Projekt weist eine sehr gute Wirtschaftlichkeit auf. Im Vergleich mit den anderen eingereichten Projekten sind die Baukosten hier am geringsten. Der Nutzen ist gleichzeitig sehr hoch. Insgesamt lässt sich die Jury von der konzeptionellen Klarheit und der gestalterischen Zurückhaltung überzeugen und empfiehlt das Projekt einstimmig zur Weiterbearbeitung.