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Einladungswettbewerb | 10/2020

Neues Areal "Auenquartier an der Ilm" in Pfaffenhofen

Perspektive

Perspektive

1. Preis

Preisgeld: 22.100 EUR

EICHENSEHER INGENIEURE GmbH

Architektur, Bauingenieurwesen

Norbert Einödshofer

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Entwurfs-/Leitidee
- Auenlandschaft des Ilmtals im Süd-Westen als zentrales Element hinsichtlich der Aufenthaltsqualität steht im Fokus, da der Nord-Osten des Plangebiets durch Straße und Bahn von erheblichen Emissionen geprägt ist
- Die Auen sollen durch intensive Durchgrünung, Gebäudestruktur und Aufweitung der Sichtbeziehungen zum Ilmtal möglichst wirksam in den Quartiersplatz geholt werden, verstärkt durch intensiv zu nutzende und begrünte Dachterrassen
- Kontrapunkt ist die Gestaltung der Nord-Ost-Ecke der nördlichen Randbebauung als städtebauliche Wegmarke und Eingangstor zur Stadt

Architektur/Städtebau
- Auflösen der geschlossenen Riegelbebauung in vier Gebäude und damit Reduzierung der wirkenden Baumasse und Gliederung der Baukörperöffnung der nördlichen Randbebauung in Richtung der bevorzugten Sichtachsen zum begrünten Innenhof
- Abschottung des Verkehrslärms durch vorgestellte, transparente Glaswände vor den Gebäudeeinschnitten unter Beibehaltung der Verbindung zwischen Außen- und Innenbereich
- Gewährleistung des passiven Lärmschutzes entlang der nördlichen und südlichen Randbebauung durch Laubengangerschließung in Verbindung mit untergeordneten Räumen
- Wohnungen mit Aufenthaltsträumen und eingezogenen Loggien ausschließlich nach Süden und Westen
- Entlang des Straßenraums großzügige, gedeckte Bereiche durch Rücksprung der geschwungenen Glasfassade des Erdgeschosses und Gebäudeüberhänge in den Obergeschossen
- Nach außen wirkende, hochwertig gestaltete Dachlandschaft mit akzentuierenden und leicht wirkenden Sonnensegeln

Freiflächen
- Weiterführung der das Außen und Innen verbindenden Sichtachsen und Sichtkanten in den Freiflächen durch verschiedene Gestaltungselemente (Wegeführung, Wasserlauf und Anordnung von Außenmöblierung)
- Freihalten der Sichtachsen in Richtung der Ilmauen von Bäumen und großformatiger Bepflanzung, um die Sichtbeziehung von den Verweilpunkten östlich der Punkthäuser zu erhalten
- Künstlicher, gefasster Wasserlauf als Anspielung auf die Ilmaue; integriert in die Spielplatzflächen und zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität und Verbesserung des Kleinklimas
- Spielplatz mit Zonierung nach verschiedenen Altersgruppen (ca. 400 m²) und Gliederung des Spielplatzbereichs durch tieferliegende Spielfläche und Einfassung mit Sitzmauern
- Vorlandgraben mit naturnaher, zurückhaltender Nutzung der Retentionsfläche mit Sitzmauern in der Böschung und Rasenwegen in der extensiven Feuchtwiese
- Südliche Randbebauung und Punkthäuser in durchgegrüntem Freiraum zur Gestaltung eines attraktiven Wohnumfelds
- Zonierung der Freiflächen im Innenbereich in öffentlich nutzbare Terrasse im Nordosten, halböffentlicher Bereich mit Spielplatz und gemeinschaftlich nutzbare Grünflächen, Privat- und Mietergärten im südwestlichen Bereich
- Fußwege im Innenbereich als fugenloser, wasserdurchlässig gebundener Belag
- Stellplätze und Zufahrten mit wasserdurchlässigem Pflaster
- Öffentliche Bereiche im Norden und Osten als großzügig gestalteter Fußgängerbereich zwischen geschwungener Glasfassade und intensiv bepflanzten Grünflächen mit Baumreihe, in Teilen gedeckt durch auskragende Geschoße
- Befestigung aufgrund des städtischen Umfelds einheitlich in großformatigem Pflaster

Dachflächen als Teil der Freiflächen
- Die durch die Bebauung dauerhaft versiegelten Bodenflächen werden durch intensive Dachbegrünung und
Nutzung der Freibereiche nach oben geholt
- Intensive Dachnutzung der nördlichen Randbebauung (Pool mit Frühstücksterrasse für Boardinghouse),
intensiv begrünte, gemeinschaftliche Aufenthaltsbereiche mit Sitz- und Liegedecks sowie Sonnensegeln für Bewohner der nördlichen Randbebauung
- Möglichkeit zum „Urban gardening“ durch Hochbeete

Bepflanzungskonzept
- Trockenheits- und hitzeverträgliche Baumarten „Klimabäume“ entlang der Schrobenhausener/Münchener Straße sowie im Innenbereich als Endpunkt der Blickachse von außen
- Heimische, mittelgroße und große Bäume zur Eingrünung des Quartiers nach außen, im Westen zur Ilmaue hin mit Arten der Auenlandschaft („Auengehölze“)
- Obstbäume im Südwesten im Bereich der Mietergärten zur gemeinschaftlichen Nutzung
- Ergänzende Strauchpflanzungen, nach außen aus heimischen Mittel- und Großsträuchern, im Innenbereich
aus Zier- und Wildsträuchern (v.a. auch Bienennährgehölze)

Verkehr und Erschließung
- Fuß- & Radverkehr → großzügiger Fußgängerbereich entlang der Ingolstädter- und Schrobenhausener Straße
mit gedeckten Bereichen, bewusste räumliche Trennung von Rad- und Gehweg durch Pflanzinseln
- Ruhender Verkehr → oberirdische Stellplätze der nördlichen Randbebauung abgerückt vom Gebäude
- Zu- und Abfahrt zur Tiefgarage mit Radfahrerrampe und Gehweg an der Münchner Straße
- Zusätzliche Zufahrt an der Schrobenhausener Straße (nur Zufahrt zur Verringerung der Lärmbelastung; alternativ auch ausschließlich für Fußgänger und Radfahrer möglich)
- Fahrradabstellplätze - 2/3 unterirdisch und geschlossen, 1/3 oberirdisch an den Eingängen Zugängen zum Innenhof

Regenwasserbewirtschaftung
- Maximale Rückhaltung des Regenwassers durch Dachbegrünung
- Versickerung nur in Teilbereichen und oberflächennah möglich
(versiegelte Fläche durch Tiefgarage und hoher Grundwasserstand)
- Flächige Versickerung über wasserdurchlässige Beläge und Grünflächen und dadurch verzögerte Ableitung Regenwassers
- Sammeln und Speichern des Regenwassers der befestigten (Dach-)Flächen und Nutzung zur Bewässerung
- Überleitung des überschüssigen Regenwassers in Versickerungsanlagen (z.B. Sickerblöcke) in den nicht unterbauten Flächen

Nutzungskonzept
- Nördliche/Südliche Randbebauung → horizontale Gliederung und Anordnung der Nutzungen hoher Besucherfrequenz im EG (Einzelhandel, Gastro, Sitzflächen im Innenhof) Gewerbe- und Büroeinheiten/Arztpraxen im ersten Obergeschoss
- Umnutzung zu Wohnzwecken analog der oberen Geschosse durch Skelettbauweise jederzeit möglich
- Wohnungen mit Laubengangerschließung Wohnungen durchgesteckt, keine Aufenthaltsräume Richtung Norden und Osten
- Aufenthaltsräume/Loggien in Richtung Süden/Westen zum Innenhof
- Aktivierung der Nord-Ost-Ecke durch Nutzung als Boardinghouse über alle Geschosse inkl. Dachterrasse- aufgrund Ausrichtung und Konzentration der Immissionen ist hier keine qualitätsvolle Wohnnutzung möglich, durch die Nähe zum Bahnhof und die Anbindung an das überörtliche Straßennetz stellt ein Boardinghouse oder kleines Hotel mit begrenzter Aufenthaltsdauer die ideale Nutzung dar
- Südliche Randbebauung mit Wohnnutzung und vertikaler Trennung des geförderten/nicht geförderten Wohnungsbaus
- Punkthäuser → hochwertige Wohnnutzung aufgrund prädestinierter Lage

Materialkonzept/Konstruktion
- Nutzung hybrider Bauweisen Massivbau/ Holzbau (Massivbau dort, wo technisch-konstruktiv erforderlich), um den Anforderungen des nachhaltigen Bauens gerecht zu werden
- Nördliche Randbebauung in Stahlbeton -Skelettbauweise (Decken und Stützen) mit Möglichkeit zur flexiblen Nutzung und Teilung der Einheiten
- Anpassung der Grundrisse für spätere Wohnnutzung jederzeit möglich
- Außenwände in Holzbauweise mit Zellulosedämmung und hinterlüfteter Holzfassade
- Südliche Randbebauung und Punkthäuser in Holzbauweise, Fassaden als Holz- bzw. Putzfassade
- Flachdächer mit intensiver Begrünung für sommerlichen Hitzeschutz und Regenwasserrückhaltung
- Kellergeschosse/Tiefgarage in Stahlbeton; (weiße Wanne aufgrund Grundwasserstand)

Energie und Ökologie
- Bau- und Dämmstoffe vorzugsweise aus nachwachsenden Rohstoffen=> Stellenwert der Reduzierung der Emissionen bei der Herstellung mindestens gleichzusetzen mit Energieverrauch während der Nutzungsphase (Ökobilanzierung sinnvoll!)
- Außenwände in Holz mit hoher energetischer Qualität bei geringen Aufbaustärken
- Sommerlicher Hitzeschutz durch intensiv begrünte Dächer und Verschattung der Fensterflächen mit außenliegenden Sonnenschutzanlagen
- Fensterflächen an Nutzung und Orientierung angepasst (kleine Öffnungen nach Norden und Osten; große (zu verschattende) Fensterflächen nach Süden und Westen für solare Gewinne im Winter)
- Optimierung des Verhältnisses von Außenhülle zu Volumen soweit sinnvoll, jedoch begrenzt durch eingezogene Loggien und Laubengänge

Rettungswege
- Feuerwehrumfahrung in der Freianlagenplanung berücksichtigt
Nördliche und südliche Randbebauung
- erster Rettungsweg über notwendige Treppenhäuser bzw. Außentreppe und Laubengänge
- zweiter Rettungsweg durch anleiterbare Fenster bzw. Laubengänge (mit öffenbaren Lamellen)
Punkthäuser
- erster Rettungsweg über notwendige Treppenräume
- zweiter Rettungsweg über anleiterbare Fenster

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Qualität des Entwurfes liegt in der maßstäblichen Einfügung der Baumassen in den Kontext. Eng an der städtebaulichen Studie orientiert brechen die Verfasser das Bauvolumen an der Schrobenhausener und Münchner Straße in vier gut proportionierte Baukörper, die gelungene Übergänge zu den Körnungen im Osten und Süden des Grundstückes erreichen. Sehr unglücklich allerdings ist das eingeschossige Bauteil der Garagenzufahrt. Kontrovers diskutiert wird die Aufenthaltsqualität der etwas schluchtartig wirkenden Räume zwischen den Gebäudeteilen.

Architektonische und gestalterische Qualität sind differenziert zu betrachten. Die Maßnahmen zur Vernähung der Fugen, mehrgeschossige freistehende Stahl-Glaskonstruktionen, den Gebäuden leicht vorgestellt werden stark kritisiert, sie wirken aufgesetzt und geschmäcklerisch. Umso wohltuender ist das ruhige Fassadenbild der oberen Geschoße, geprägt durch eine vertikale horizontale Rhythmisierung von mehr oder weniger geschlossenen, holzverschalten Bauteilen. Wiederum sehr beliebig und unmotiviert wirkt die wellenartige Glasfassade in den Erdgeschoßen.

Gebäude- und Grundrissorganisation sind sehr solide gelöst und bestechen insbesondere durch den Nachweis der gewünschten Flexibilität in der Nutzung. Der Vorschlag der Hotelnutzung wird aufgrund des Lärmeintrages und der recht geringen Kapazität kritisiert.

Die Verfasser schlagen eine vertikale Stapelung der Nutzungen, Handel/Gastronomie, Gewerbe/Dienstleistung und Wohnen vor, was dem Wunsch nach einer hohen Nutzungsdurchmischung entspricht. Funktional wir die einspurige Tiefgaragenausfahrt zur Schrobenhausener Straße bemängelt.

Der Freiraumentwurf zieht unter dem Motto „Auenlandschaft der Ilm als zentrales Element“ diese thematisch in das Quartier hinein. Aufgrund des strengen Bezugs auf die städtebauliche Vorgabe verwebt sich diese Freiraumidee aber nicht mit der Landschaft. Positiv hervorzuheben sind die intensiv nutzbaren Dächer der nördlichen Zeile, jedoch sind die Maßnahmen besonders lärmschutztechnisch sehr aufwändig ausgeführt. Die Randbebauung lässt drei gleichwertige Durchgänge in den inneren Freiraum offen. Eine großzügige zusammenhängende Spielanlage ist im nördlichen Hof, leicht abgesenkt, gut positioniert. Im Zusammenspiel mit dem Freisitz des Cafés kann ein guter Ort für Eltern und Kinder entstehen, der ggf. auch Besucher*innen anzieht. Der südliche Freiraum wirkt etwas eintönig und seriell dekoriert. Positiv hervorzuheben sind die gut dimensionierten und positionierten Sitzstufen am Übergang zum Flutgraben, die durch ihre Lage den wasserwirtschaftlich notwendigen Raum weiter gewährleisten. Das zentrale Wasserelement als künstlicher, gefasster Wasserlauf bleibt in Dimension, Ausdruck und Bewirtschaftungskosten unverständlich.

Auch die Stellplatzanlagen im Nordwesten und Südosten übernehmen das städtebauliche Konzept ohne weitere Qualifizierung. Insbesonders an der Schrobenhausener Straße wäre eine qualitative Aufwertung dieses Quartierseinganges aber wünschenswert.

Wirtschaftlichkeit in Bau und Betrieb kann mit den recht einfachen Bauformen und dem soliden Konstruktionskonzept, sowie den Fassaden als gegeben betrachtet werden. Einschränkend wird die Dauerhaftigkeit der Holzfassaden an den Seiten des Verkehrsknotens mit den entsprechenden Emissionen kritisiert.
Der Schallschutz ist mit der Planung gelöst (ausreichende Gebäudehöhen, durchgesteckte Grundrisse und verglaste Laubengänge). Es sind ruhige Aussenbereiche für die Wohnungen und ein ruhiger Innenhof vorhanden. Ausnahme, eine Wohnung an der Südseite im östlichen Riegel. Hier existieren Aufenthaltsräume im gesundheitsgefährdenden Bereich, zusätzlicher Schallschutz wird notwendig.

Konsequent sind den Wohnnutzungen in den Geschossen Laubengänge vorgeschaltet, die den Schallschutz optimal gewährleisten. Durch die Rhythmisierung der Innenfassade entstehen dabei qualitätvolle Vorbereiche und Eingangssituationen.

Bezüglich des Energie- und Nachhaltigkeitskonzeptes schlagen die Verfasser in der Gürtelbebauung eine zeitgemäße Hybridkonstruktion aus Stahlbetonskelett und Holzfassaden vor, die Punkthäuser sollen als reine Holzbauten erstellt werden. Das an sich gute Außenhülle-Volumen-Verhältnis wird durch die tiefen Gebäudeeinschnitte leider konterkariert. Der Fensteranteil von unter 55 % wird – bis auf die EG-Zone durch die vorgeschlagenen Lochfassaden eingehalten.

Das gegebene Programm wurde weitgehend erfüllt, der Wohnungsmix entspricht dem geforderten Verhältnis. Die GF wird nahezu exakt eingehalten. Die auf den ersten Blick eintönige Fassadengliederung der Baukörper sind in der Vertiefung der Planung heilbar und ermöglichen Aufteilungsmöglichkeiten und Reaktionen entsprechend einem sich noch im Wandel begriffenen Nutzungskonzept.

Insgesamt stellt der Vorschlag einen unspektakulären aber maßvollen und maßstäblichen Beitrag zur Entwurfsaufgabe dar.
Lageplan

Lageplan

Nordansicht Schrobenhauser Straße

Nordansicht Schrobenhauser Straße