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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

"Lebensader LUX" in Hürth

3. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

DAY & LIGHT LICHTPLANUNG

Lichtplanung

ambrosius blanke verkehr.infrastruktur

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Leitidee / Entwurfskonzept | „Ein Traum vom Süden“ – Ein Bild der Via Appia vor den Toren von Rom, eine bukolinische Stimmung, die Linearität der alten Römerstraße, gesäumt von Pinien in Säulen und Schirmform. Die aufgereihten Artefakte springen vor und zurück und lassen wechselnden Raum zwischen der Straße und den Bauten.
Es ist dieses im Innern aufglimmende Bild, an das die Gedanken anknüpfen, das die Brücke zu der alten Römerstraße unter dem Pflaster schlägt, das in der Heterogenität der Luxemburger Straße vor den Toren der großen Stadt Prägnanz und eine eigene Geschichte entstehen und lesbar werden lässt.
Dieses Bild der Via Appia mit seiner Linearität, den aufragenden Säulenbäumen und den prächtigen Schirmen der Pinien bildet die Grundlage der Konzeption. Die Straße wird Ort der Verbindung, nicht nur in der bisher so dominanten Linearität, sondern - und vor allem auch - in der die beiden fassenden Seiten verknüpfenden Querung. Durch großzügig dimensionierte wie flexible benutzbare Nebenanlagen wird die belebende Bespielung und Aneignung des Stadtraums initiiert. Die Erreichbarkeit wird durch eine enge fußläufige Verflechtung in die rückwärtige Quartiere, sichere Radtrassen und nahe Kurzparkzonen ergänzt durch nahe Dauerparkoptionen gestärkt.

Städtebauliche Einbindung | Die räumliche Fassung der Luxemburger Straße wird durch Neubauten gestärkt. Mit einem leichten Vor- und Rückspringen setzten sie die individuelle Lebendigkeit der Straße fort und gliedern durch Sprünge und lesbare Plätze Länge in erfahrbare Abschnitte. Von der Straße abgewandt öffnen sich die straßenseitig geschlossenen Strukturen und bilden gründurchwirkte Übergänge in die bestehenden lockeren Strukturen. Mit den Neubauten entstehen öffentliche Parkgaragen für Langzeitparker.
Der Bereich um das bisherige türkische Konsulat wird zum städtischen Medienzentrum mit Bibliothek, Veranstaltungsräumen, dichtem Lesegarten und einer offenen der Straße adressbildenden zugewandten Platzfläche entwickelt. Ein schwebendes, nachts leuchtendes Dach wird adressbildendes Signet, Bühne und witterungsunabhängiger Treffpunkt.

Verkehrskonzept | Der Kernabschnitt der zweistreifigen Luxemburger Straße wird durch je einen Kreisverkehrsplatz an den Knotenpunkten mit der Bonnstraße und der Hans-Böckler-Straße gefasst. Wegen der Schiefwinkligkeit des Knotens mit der Hans-Böckler-Straße / Horbeller Straße wird dieser Kreisverkehrsplatz in Ovalform ausgebildet, um separate Rechtsabbiegefahrbahnen in den spitzwinkligen Quadranten zu vermeiden. Die Einsparungen an Fahrbahnflächen durch die jeweils nur noch einstreifigen Knotenzufahrten kommen in vollem Umfang den Gehwegflächen zugute.
Anstelle der im Bestand ausgewiesenen Linksabbiegespur in die AOK-Straße wird im Kernbereich eine durch zwei Mittelinseln begrenzte mittlere Verfügungsspur (Mittenflexibilität) angelegt, die durch ihre den Seitenräumen angepasste Materialität als linienhafte Querungshilfe dient, durch ihre Überfahrbarkeit aber auch Aufstellraum für Linksabbiegende und Vorbeifahrtraum an haltenden Fahrzeugen bietet.
Der Radverkehr wird beidseitig auf Radfahrstreifen geführt, die StVO-gerecht durch Breitstrich von der Kfz-Fahrbahn abgegrenzt, im Material der Oberflächen aber den Seitenräumen angepasst sind. Damit wird zum einen die Kfz-Fahrbahn optisch stärker begrenzt, zum anderen den Radfahrenden ein höheres Sicherheitsgefühl vermittelt. Die Radfahrstreifen anstelle der bisherigen Bordsteinradwege erhöhen die Sicherheit gegenüber an Querstraßen und Grundstückszufahrten abbiegenden und einbiegenden Kfz und führen auch zu einem Breitengewinn und größerer Flexibilität im Gehwegbereich.
Die Bushaltestellen werden als Kaphaltestellen ausgebildet, um einen barrierefreien Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. Der Nachteil einer Unterbrechung des Radfahrstreifens wird geringer eingeschätzt als der Nachteil von Flächenverlust im Gehwegbereich und Konflikten zwischen Fahrgästen und Radfahrenden bei einer Vorbeiführung hinter der Haltestelle. An den Kreisverkehrsplätzen wird der Radverkehr richtliniengerecht in die Kfz-Fahrbahn überführt.
Um das Stellplatzangebot in etwa auf Bestandsniveau zu halten, werden abschnittsweise Längsstellplätze hinter den Radfahrstreifen angelegt und die Erdgeschossebene der neuen Quartiersgarage als öffentlicher Parkplatz betrieben. Hier wird die Parkdauer ebenso wie im Straßenraum gebührenfrei durch Parkscheibe begrenzt, die Mietstellplätze in den oberen Ebenen sind durch eine Schrankenanlage gesichert. Eine auf Höhe der Quartiersgarage angelegte, ebenfalls durch Mittelinseln begrenzte Verfügungsspur schafft auch hier einen Aufstellraum für Linksabbiegende.

Freiraumkonzept | Ein eigener wie einheitlicher Duktus in Bepflanzung und Materialität prägt die Luxemburger Straße. Nebenanlagen und Fahrbahn besitzen die gleichende, verbindende Farbigkeit. Gliederung und Lenkung erfolgt durch Rinnen, Bordsteine und Einbauten. Angelagert an den längs gestreckten Straßenraum entstehen öffentliche Plätze und Gärten mit starker Durchgrünung. Eine geringe feste Ausstattung ermöglicht die flexible Aneignung und Bespielung. Wasserspiele beleben. Anfallendes Regenwasser wird in Zisternen gesammelt und dient der Bewässerung der Vegetationsflächen.

Lichtkonzept | Linearität und Rhythmus, vorgegeben durch die Säulenbäume, werden durch versetzte Lichtmasten (10m) - unauffällig einsortiert in die Baumreihen - unterstützt. Das Licht betont und transportiert den Charakter der Freiraumgestaltung auch in den Abend hinein. Die südöstlichen Masten, jeweils mit Ausleger und Leuchtenkopf für eine gleichmäßige Verkehrsflächenausleuchtung, wird mit den Säuleneichen gepaart. Ein zusätzliches Strahler-Element am Masten beleuchtet einseitig die Baumkrone, ohne Lichtsmog zu erzeugen, von oben nach unten und fördert durch die asymmetrisch hellen Baumsäulen im Blick versus Coloniam die intuitive Orientierung.
Auf der Gehwegseite werden die Mastansatzleuchten tiefer gesetzt. In die abzweigenden Platzflächen, Wege und Straßen führen kleinere Mastleuchten (4m) mit runden, dekorativen Lichtköpfen. Die geringere Lichtpunkthöhe, zusammen mit einer punktuelleren Ausleuchtung und Akzentuierungen einzelner Elemente skalieren den Maßstab für Fußgänger, um die Varianz der anknüpfenden Zonen zu stärken.
Für alle Leuchten sollen LED-Komponenten in warmweißer Lichtfarbe und eine Linsenoptik für einen hohen und blendungsarmen Lichtkomfort eingesetzt werden.

Materialität | Ein helles, eher ins Beige gehende Warmgrau bildet den farblichen Grundstock. Das Pflaster der Nebenanlagen ist hochwertiger Werkstein ohne merkliche Fase in drei verschiedene Farbnuancen und Formaten. Er wird im römischen Verband verlegt. Die Baumbereiche sind mit wassergebundener Decke belegt und dienen durch die leichte Einsenkung als ergänzende Retentionsflächen für Starkregenereignisse. Die Fahrbahn ist in Asphalt. Die Deckschicht erhält durch passenden Natursteinzuschlag nach dem Grinding einen der Pflasterfläche vergleichbaren Farbton.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser bieten mit einer toskanischen Sequenz aus Säuleneichen und Pinien im Wechsel einen „Traum vom Süden“ als gestalterisches Leitbild an. Ob die Wirkung in der städtebaulichen Kulisse Hürths entfaltet werden kann, wird allerdings bezweifelt, insbesondere die Pflanzung von Kiefern braucht eigentlich mehr (Wurzel-)Raum. Mit der Wasserleitung ergeben sich keine nicht lösbaren Konflikte. Im Verbund mit den baulichen Interventionen – Bebauung südlich AOK, Ersatz Sparkasse mit schwebendem Dach und Lesegarten – entsteht aber insgesamt ein eindrückliches Bild mit Zukunftsperspektive. Zwei Stelen markieren dabei den zentralen Abschnitt der Luxemburger Straße. Die Aufteilung der Straße in asphaltierte Fahrbahn, seitlich getrennte gepflasterte Rad- und Gehwege wird sinnfällig durch Rinnen und Linien gegliedert – Pflaster auf dem Radweg dürfte allerdings zur Mitbenutzung der Fahrbahnen verleiten. Insgesamt entsteht so ein schlichter und ruhiger Materialkanon. Die Bäume stehen in Aufenthaltsinseln aus wassergebundener Decke, als kleine Retentionsräume sind sie leicht eingesenkt. Zisternen erleichtern die Wasserversorgung der Bäume. Der Vorplatz der AOK vis à vis der AOK wird – etwas uninspiriert – mit dem üblichen Fontänenfeld belebt. Gepflasterte Mittelstreifen in der Straße erleichtern die Querung für Fußgänger an wichtigen Stellen. Das Lichtkonzept ist schlüssig und mit zurückhaltenden kleinen Inszenierungen (Baumkronen) ergänzt. Zur geforderten Stellplatzzahl nehmen die Verfasser eine kritische Haltung ein: Lediglich 46 Stellplätze sind im Realisierungsteil angeordnet; einige weitere im Erdgeschoss einer (noch zu errichtenden) Quartiersgarage. Aus verkehrstechnischer Sicht funktioniert die Arbeit; auch Anpassungen an die Zukunft sind flexibel möglich. Der ovale Kreisverkehrsplatz ist ein guter Vorschlag für den nördlichen Bereich; er kann aber erst nach Abbruch der Sparkasse umgesetzt werden. Das Konzept erscheint wirtschaftlich in Herstellung und Unterhalt. Insgesamt handelt es sich um einen soliden Beitrag, der unter einer größeren Überschrift nicht alle Hoffnungen zu erfüllen vermag.