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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Neubau des Lehr- und Forschungsforums (LuF) der Rheinischen Friedrichs-Wilhelms-Universität Bonn

2. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

Drees & Sommer Advanced Building Technologies

TGA-Fachplanung

Görtzen Stolbrink & Partner mbB, Beratende Ingenieure für Brandschutz

Brandschutzplanung

DEH - Landschaft Garten- und Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Entwurf interpretiert das Raumprogramm als eine Komposition aus Volumen, die mit jeweils eigener Typologie eine individuelle Funktion aufnehmen: das Seminar- und Bibliothekshaus, das Hörsaalhaus, das Institutshaus, das Doktorandenhaus. Die Gebäude sind so vernetzt, dass einerseits eine ringförmige horizontale Durchwegung entsteht, die Gebäude aber andererseits vertikal unabhängig sind.
Das Bibliotheksgebäude nimmt nicht die ganze Platzbreite ein und ermöglicht so die Wahrnehmung als Volumen und nicht nur als „Wand“. Ein kleiner Platz entsteht als Außenraum für das Café, der auch einen Blick auf das Hörsaalhaus erlaubt.
Die mäandrierende Komposition schafft sowohl städtebauliche Teilräume als auch einen Innenhof, der mit dem abgesenkten Fahrradhof die zentrale Mobilitätsadresse darstellt.
Die Absenkung wird von dem Hörsaalhaus aufgenommen und verbindet die Zweigeschossigkeit mit einem Außenraum. Alle Häuser können direkt erreicht werden.
Durch die Begrünung der Innenhöfe wird eine Außenraumqualität erzeugt, die Studierende, Besucher und Mitarbeiter nutzen können. Verglasungen zum grünen Innenhof an den kommunikationsfördernden Flächen bieten Ausblick, sorgen für die nötige Verknüpfung von Innen und Außen und schaffen so Orientierung.
Die Gebäude sind in ihrer Höhe differenziert und fügen sich in die städtebauliche Körnigkeit des Masterplanes ein.

Fassade

Über einer Sockelzone aus kerngedämmtem Sichtbeton wird eine grünliche Keramikfassade alle Volumen bekleiden und die bauliche Einheit herstellen. Die Fenster sind mit hellbeigen Aluminiumrahmen gerahmt und wirken als „Lochfenster“, die auf selbstverständliche Weise innere Funktionen außen ablesbarmachen. Das A/V-Verhältnis erreicht einen optimalen nachhaltigen Wert.
Der außenliegende Sonnenschutz garantiert überdies einen effektiven Sonnenschutz.
Alle Fenster, bis auf die der Hörsäle und Bibliothek, können geöffnet werden.
Die Identität des Gebäudes liegt in der Keramikfassade, die nachhaltig und in der zeitlosen Proportionalität von Wand und Öffnung eine determinierte architektonische Gestaltung ist.


Innenraum

Ein zentrales Innenraumelement ist die vertikale Erschließung als kommunikativer Mittelpunkt der öffentlichen Räume. Die Lerntreppe als Aufenthalts- und Lernzone, die das Erdgeschoss mit der Seminarebene verbindet, vermittelt auf eindrückliche Weise Hochschule und Wissensaustausch. Das ansteigende Hörsaalgestühl wird genutzt, um die Treppe räumlich in der Deckengestaltung vorzubereiten und auch bildlich die Ebenen und Funktionen zu vernetzen.
Das Treppenhaus führt in das 2. OG, das komplett die Bibliothek auf einer Ebene aufnimmt. Hier wird räumlich vorgeschlagen, ebenfalls den doppelgeschossigen Arbeits- und Lesebereich, der sich zum Platz öffnet, mit einer Galerie zu erweitern, da auch zukünftig wahrscheinlich der Platzbedarf für Arbeitsplätze größer bemessen werden muss.
Die Hörsäle sind zweigeschossig, um sowohl für ansteigendes Gestühl, als auch für die „parlamentarische“ Sitzordnung eine angemessene Raumhöhe zu ermöglichen. Zwischen den Hörsälen liegt ein Raumbereich, der für Dolmetscher oder Regiebereiche genutzt werden kann. Die abgesenkte Situation erlaubt es, in der Erdgeschosszone an den Wänden raumakustische Verkleidungen anzubringen und durch „Oberlichter“ auch eine gute Tageslichtsituation zu generieren. Verdunkelungen sind schienengeführt vorgesehen.

Das Institutsgebäude kann von beiden Planstraßen über ein Foyer erreichbar sein, das auch als Warte- und Aufenthaltsbereich vor dem Prüfungsamt dient.
Von hier schraubt sich eine gewendelte Treppe durch alle Ebenen, die das Erdgeschoss und den Fakultätssaal im obersten Geschoss verbindet.
Die ringförmige Erschließung des Institutsgebäudes ermöglicht eine flexible Veränderung zukünftiger Entwicklungen einzelner Institute.
Wichtig für den Entwurf alle Innenräume war einerseits die klare Orientierung und gute Erreichbarkeit, ohne in einem Fluchttreppenhaus die Geschosse abzulaufen und andererseits die vertikalen Erschließungen als kommunikative und räumliche Besonderheiten auszubilden, um die Funktion und Bedeutung als Hochschulgebäude zu adressieren.

Funktionalität

Durch die Auswahl eines Grundrasters von 1,25m ist eine große Nutzungsflexibilität gegeben. Die erforderlichen Büro- und Raumgrößen können sowohl flächeneffizient als auch flexibel in ihrer Anordnung und Unterteilung dargestellt werden.
Die einzelnen Gebäudeeinheiten sind barrierefrei erreichbar. Ein kontrollierter Zugang der einzelnen Nutzungen kann nach Erfordernis durch die klare innere Organisation hergestellt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitidee und Konzept
Das Projekt überzeugt durch seine differenzierte und gekonnte architektonische und städtebauliche Volumetrie aus der Idee 4 verschiedene „Häuser“ (Seminar, Bibliothek und Hörsaal, Doktoranden und Institute) abzubilden und durch innere Wege um Freiräume miteinander zu verbinden. Das Raumprogramm führt zu einer Komposition aus Volumen die über eine funktionale und qualitätsvolle interne Erschließungsstruktur, Architektursprache und Materialität im Inneren wie Äußeren gebunden werden.

Die städtebaulich scheinbar symmetrische Ausgangssituation wird mit einem Gebäudekomplex der über eine geschickte Höhenstaffelung mit 3 bzw. 4 Geschossen basierend auf unterschiedlichen ökonomischen Geschosshöhen besetzt. Dabei greifen Gebäude und unterschiedliche Freiräume ineinander.

Hieraus schafft das Gebäude ein Angebot an Freiflächen mit funktionaler Zuweisung für Zugang, Vorplatz mit Café aber auch ein für den Campus passendes Mobilitätscluster. Überzeugend ist, dass sich der Freiraum der (Innen-)Höfe immer wieder zur inneren Erschließung und den inneren kommunikativen Bereichen hinwendet.

Funktionalität
Duch den Gestaltungsaufbau des Gebäudes ist die Funktionalität gut gelöst, die vertikale Erschließung ist gut angeordnet.
Die öffentlichen Bereiche mit eher im Norden zum Herz des Campus Poppelsdorf mit Café, Seminar, Bibliothek, Hörsäle zentral Management und Instituten im Süden jeweils mit den Sekretariaten im Norden (vor Kopf der Institute) im Übergang zum Hörsaalbereich und dem Doktorandenhau sind folgerichtig angeordnet.
In der horizontalen Schichtung/Entwicklung und Anordnung der Funktionen nach oben wird das Gebäude wohltuend ruhiger. Das Gebäude gliedert sich also sowohl von Norden nach Süden als auch von Erdgeschoss nach oben.
Defizite im Raum-und Funktionsprogramm wie wechselseitige Flächenzuordnung scheinen lösbar, die monotone Zellenstruktur im Bereich der Institute entspricht dabei jedoch typologisch nicht den Anforderungen und wird bezüglich des geforderten kommunikativen Ansatzes kritisch gesehen.

Komfort und Gesundheit
Durch viele zentrale Zugänge ist das Gebäude auch vielseitig mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Besonders interessant ist der Mobilitätshub im Zentrum des Gebäudes. Hierüber wird auch das Untergeschoss direkt erschlossen und dieses auch belichtetet.
Durch die Funktionalität des „gebauten Raumprogramms“ verfügt das Gebäude über einen hohen Nutzerkomfort, sowohl in den Räumlichkeiten selber als auch in der Bewegung im Gebäude, lediglich im Bereich der Büroräume wird die Struktur als unpassend gesehen.

Wirtschaftlichkeit und Ökologie
Das Konzept ist im Hinblick auf die architektonische Ausformung rational und kostenbewusst und sehr gut durchdacht und durchgearbeitet. Die Anordnung der in die Architektur integrierten Haustechnik auf dem Gebäudedach ist hierfür ein gutes Beispiel. Im Hinblick auf die Einhaltung der Nutzflächen hat das Konzept noch Defizite, hierin sind ursächlich alle weiteren Überschreitungen der Kennwerte begründet.
Die Aspekte von Ressourcenschonung, Energie und Ökologie sind gegeben, sollten im Falle einer Realisierung ebenfalls noch weiter ausgebaut werden.
Der Entwurf ist insgesamt ein bescheidener aber im kleinen vielfältiger und überraschender Auftritt mit sehr schönen Innen- und Außenräumen, der mit seiner klaren Grundlage auch anstehende Probleme wie die Einhaltung der Nutzflächen und weitergehende ökonomische und ökologische Fragestellungen lösen kann und gibt mit seiner prominenten Architektur zum Platz dem Ort eine neue Prägung.