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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2020

Neubau des Lehr- und Forschungsforums (LuF) der Rheinischen Friedrichs-Wilhelms-Universität Bonn

Perspektive außen

Perspektive außen

3. Preis

Behnisch Architekten

Architektur

knippershelbig GmbH

Tragwerksplanung

Rentschler und Riedesser Ingenieurgesellschaft mbH

TGA-Fachplanung

Eberl-Pacan Architekten + Ingenieure Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ist heute bereits eine moderne Forschungsuniversität. Am Standort "Campus Poppelsdorf" sollen nun zukunftweisend die funktionalen und organisatorischen Zusammenhänge von Forschung und Lehre neu geordnet werden. Ausgehend von dem Grundgerüst eines vorliegenden Masterplans wird ein neues Institutsgebäude entstehen, welches einerseits die städtebaulichen Vorgaben angemessen berücksichtigt und andererseits das Zusammenspiel der einzelnen Funktionen in einem charakterstarken und baulich einzigartigen Haus zum Ausdruck bringt.

Die Berücksichtigung der Besonderheit der zur Innenstadt nahen Lage des Grundstücks, aber auch die Ergänzung des bereits facettenreich ausformulierten Raumprogramms mit Ideen für das akademische Miteinander scheinen mehr als nur eine Grundvoraussetzung für die Konzeptfindung zu sein. Bilder und Analogien eines allzu tradierten Funktionsbaus müssen hierbei zunächst einmal unberücksichtigt bleiben, um etwas Zukunftsweisendes und dem Selbstverständnis einer nachhaltigen Architektur Entsprechendes entstehen zu lassen.

Das Baufeld für das neue Lehr- und Forschungsforum befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft der landwirtschaftlichen Bibliothek. Der Campus-Platz wird zukünftig als ein lebendiger Freiraum das Zentrum des Gesamtcampus bilden. Gut auffindbar und im "Campus-Organismus" durchaus repräsentativ ist der Haupteingang für das neue Haus hier sicherlich richtig und angemessen gelegen. Weitere Zugangsmöglichkeiten sind darüber hinaus wünschenswert, sodass der unmittelbar angrenzende öffentliche Raum über das im Masterplan vorgesehene Wegenetz gut angebunden ist. Über die Vielfalt und die Hierarchie der Zugangsmöglichkeiten sowie das bewusste Verweben von Innenraum mit Freiflächen kann eine spielerische Offenheit des Hauses entstehen, das verbunden mit der Kommunikationsfreude der Studierenden, der Lehrenden und aller Gäste zu einem ganz besonderen Ort im Campus wird.

Diese ersten Grundgedanken zeigen bereits, dass das neue Haus mehr ist als ein durch seine Funktionen bestimmter Stadtbaustein im neuen "Campus Poppelsdorf". Das neue Institutsgebäude wird vielmehr den Aspekten eines lebendigen Organismus folgen, in dem der bauliche Rahmen stets flexibel und wandelbar gestaltet werden kann. Weniger die festen Einbauten oder gar die technisch notwendigen Elemente werden den Charakter des neuen Hauses prägen. Vielmehr wird es die räumliche Vielfalt sein, die sich aus überraschenden wie auch anregend wirkenden Kompositionen von landschaftlichen Elementen im Inneren ergibt und somit den Startpunkt für die angemessene architektonische Lösung darstellt.

Das Institutsgebäude wird als vernetzter, 3-geschossiger Organismus vorgeschlagen, der sich in seinen Außenmaßen und der daraus resultierenden Gebäudegeometrie an den zukünftig angrenzenden Gebäuden im Norden und Süden orientiert. Die städtebaulichen Kanten der Umgebung werden aufgenommen, sodass der Baukörper einen vermittelnden und harmonischen Abschluss zur Landschaft bildet. Zum Campus-Platz wirkt das Haus mit seiner Geste der auskragenden Obergeschosse einladend und bildet angemessen ruhig das bauliche Pendant zur landwirtschaftlichen Bibliothek.

Das Eingangsgeschoss ist weniger als baulicher Sockel zu verstehen. Durch seine Offenheit und Leichtigkeit, durch seine Transparenz und Großzügigkeit erweitert sich der öffentliche Raum bis ins Gebäudeinnere. Der Übergang von innen und außen ist fließend und der leichte Vorhang der gläsernen Fassade ist zum Platz hin kaum wahrnehmbar. Die Idee der Platzerweiterung nach innen wird durch die Anordnung der Cafeteria und der Bibliothek zum Platz hin gestärkt. Die weiteren Funktionseinheiten und allgemeinen Flächen des LUF I und des LUF II im Erdgeschoss – der Maschinensaal, die Hörsäle und der Lesesaal – sind als "Einzelpavillons" angedacht. Durch die Anordnung der seitlichen Nebeneingänge und des westlichen Eingangs zur Landschaft mit dem Veranstaltungsforum tritt der Innenraum in einen harmonischen und abwechslungsreichen Dialog mit der Nachbarschaft.

Ein über alle Ebenen offenes, fließendes Raumgefüge unterstützt den Ansatz eines lebendigen Wissenschafts-Organismus. Die Komposition und die Zuordnung der einzelnen Funktionseinheiten zueinander gestalten und beleben das Haus von innen heraus, facettenreich und zugleich spielerisch. Eine großzügige und schön gestaltete Treppe mit Sitzstufen zum Verweilen verbindet das Eingangsgeschoss mit dem "Instituts-Werkraum" der darüber liegenden Ebenen. Das 1. Obergeschoss, die mittlere Ebene im Haus, ist der zentrale Verteiler im Gebäude. Von hier aus verteilen und verzweigen sich die Wege dezentral und übersichtlich bis ins 2. Obergeschoss. Differenziert und aufeinander abgestimmte Stege erzeugen eine einzigartige, dreidimensionale Vernetzung der Institute untereinander.

Der zentrale, über drei Ebenen organisierte, lebendige Marktplatz ermöglicht über Galerien und Treppen eine ideale Orientierung im Gebäude und bietet eine mannigfaltige vertikale Verbindung an unterschiedlichen Orten im Haus. Das Wechselspiel von üppig begrünten Gärten und ruhigen Rückzugsmöglichkeiten beleben diesen "Werkraum" ganz selbstverständlich und fördern das wissenschaftliche Arbeiten. Das Thema der "Stadt im Garten" findet so auch seine Umsetzung im Inneren des Hauses und beschränkt sich nicht ausschließlich auf das Alleinstellungsmerkmal für die Freianlagen des Campus.

Hier findet das institutionelle Miteinander statt, hier ist der Ort der Kommunikation. Diese Lebendigkeit beschränkt sich nicht nur auf den zentralen Bereich des Hauses, sondern erweitert sich bis in die Perimeter der Ebenen der Obergeschosse, sodass auch in den eher ruhiger gestalteten, fassadennahen Bereichen attraktive Nachbarschaften entstehen. Über eine weitere Treppe gelangt man vom 2. Obergeschoss zur Dachterrasse, die sich zum Campus-Platz hin orientiert und einen fantastischen Blick zur landwirtschaftlichen Bibliothek freigibt.

Über die Lebendigkeit und die Vielfalt bietet das Haus unterschiedliche Bereiche für das wissenschaftliche Arbeiten. Die dennoch hochflexible Grundidee ermöglicht eine wandelbare Zuordnung der Wissenschafts-Cluster. Einzelne Cluster können wachsen, können sich verkleinern, ohne dass die übergeordnete Konzeptidee beeinträchtigt wird. Der zentrale Marktplatz wird bei allen Veränderungen das kommunikative Herzstück der Anlage bleiben, um das sich vielfältige und immer wieder neue Cluster-Zuordnungen ergeben können. In der Erstbelegung sind die Institute der Wirtschaftswissenschaften im 1. Obergeschoss und übergreifend im 2.Obergeschoss angeordnet. Im 2. Obergeschoss sind die Cluster des Hausdorff Center of Mathematics, der High-Performance-Computing und der Beyond Slavery and Freedom zu finden.

Der Marktplatz erhält ein einfaches Glasdach und ist somit optimal mit Tageslicht versorgt. Ein Bezug nach außen ist somit auch über die fünfte Fassade möglich. Der geschützte Freiraum, angedacht und interpretiert als Zwischenklima und Pufferzone, unterstützt nicht nur den nachhaltigen Gedanken und das Klimakonzept des Hauses, sondern vermittelt darüber hinaus einen identitätsstiftenden Charakter.

Die vorgeschlagenen Materialien folgen der Idee der Authentizität, angemessen an die funktionalen Anforderungen. Die Materialwahl im Inneren orientiert sich am Charakter eines Loft-ähnlichen Werkraums. Eine exponierte Installation der notwendigen, jedoch reduzierten Haustechnik ergänzt die Materialwahl unterschiedlicher, strapazierfähiger Bodenbeläge. Die Beläge im Eingangsbereich orientieren sich an der Materialwahl der Freianlagen, um so eine Symbiose von außen und innen zu stärken. Der Marktplatz soll mit Holzterrassen und geschliffenen Estrich-Oberflächen ausgeführt werden. Textile Bodenbeläge kommen in den Einzelbüros zur Anwendung. Wo nötig, werden additiv eingesetzte Akustikelemente vorgesehen.

Einfache Stahlgeländer unterstützen den Ansatz einer lebendigen Transparenz im Inneren, Einfachverglasungen der Besprechungsräume und der Fassaden zum Marktplatz fördern die Offenheit im Haus.

Die Außenfassaden der Obergeschosse erhalten Brüstungselemente und sollen mit einer Holzverschalung bekleidet werden. Die horizontale Gliederung des Baukörpers unterstützt die Leichtigkeit im Erscheinungsbild und schafft im Innenraum einen schönen Raumeindruck. Die Holz-Aluminium-Fassade nimmt als Elementfassade die notwendigen Fenster- und Lüftungselemente für die Nachtluftspülung auf und wirkt dennoch elegant. Die außenliegenden, als leichte Stahlkonstruktionen ausgeführten Wartungsstege ermöglichen eine ideale Zugänglichkeit aller Fassaden von außen und gewährleisten somit einen wirtschaftlichen Unterhalt. Feststehende, je nach Orientierung optimierte Sonnenschutzlamellen unterstreichen mit einer leichten, vorgelagerten Metallstruktur die Leichtigkeit des Baukörpers. Ergänzend werden im Innenraum Blendschutz- und Verdunkelungselemente vorgeschlagen.

Großzügige, transparente Fassadenelemente im Erdgeschoss unterstreichen die Offenheit des Hauses und ergänzen durch die Oberlichtländer den schwebenden Charakter der beiden Obergeschosse. Funktional detaillierte Einbauten aus Holzwerkstoffen bieten einen angemessenen Kontrast zu der robusten, jedoch haptisch ansprechenden Materialwahl.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine differenzierte Lehr- und Forschungslandschaft im Gebäudeinneren anbietet und sich gleichzeitig sehr stark mit ihrer Umgebung vernetzt. Die Verfasser sprechen hier von einem lebendigen Wissenschafts-Organismus.
Café und offene Bereiche der Bibliothek sind am Campusplatz richtig platziert. Eine Fuge in Gebäudemitte führt zur offenen inneren Erschließungsspange, die sich längs durch das Gebäude zieht und südlich wieder in den Freiraum führt. Weitere westlich und östlich gelegene Eingänge führen ebenfalls auf diese innere Spange.
Der rückwärtige Versprung in der Gebäudekubatur basiert auf der Annahme von Baufluchten, die von angrenzenden, neu zu errichtenden Gebäuden erzeugt würden.
Auch wenn das offene räumliche Konzept in den oberen Geschossen durch die große Anzahl von Einzelbüros etwas weniger stark ausgeprägt ist, sind hier auch vielfältige Treffpunkte und Teambereiche vorgesehen. Auch in den Übergängen verschiedener Institute sind Kommunikationsräume vorgesehen.
Eine offene Treppe verbindet die einzelnen Geschosse miteinander. Brandschutztechnisch ergeben sich im Inneren des Gebäudes noch erhebliche Probleme). Der zum Campusplatz gelegene Teil des Daches soll als Terrasse genutzt werden. Die Zugangsmöglichkeit ist allerdings nicht klar dargestellt.
Ein differenziertes Energiekonzept unterstützt die architektonische Konzeption.
Kritisch wird die Fassadenkonstruktion gesehen, vor allem in ihrer Materialität aus Lärchenholz. Die vorgelagerten Wartungsbalkone mit feststehenden Sonnenschutzlamellen erzeugen zwar ein filigranes Bild, könnten aber auch ein Sicherheitsproblem darstellen.
In Bezug auf die Flächeneffizienz liegt die Arbeit eher im oberen Bereich.
Insgesamt stellt die Arbeit durch die städtebauliche Disposition und ihr vielfältiges räumliches Angebot einen wertvollen Beitrag für die Bauaufgabe dar.
Brandschutzkonzept

Brandschutzkonzept

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1. OG

Grundriss 1. OG

Perspektive innen

Perspektive innen

Schnitt

Schnitt

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt