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Einladungswettbewerb | 09/2020

„ungewöhnlich wohnen III - Kinder in der Stadt“: Wohnungsneubau Gartenstadt-Werdersee in Bremen-Huckelriede

G1

G1

2. Preis

Preisgeld: 8.750 EUR

Haslob Kruse + Partner

Architektur

Frenz Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Gebäude der Baufelder G.1 und G.2 gruppieren sich um geschützt innenliegende Freianlagen und sind durch diese fußläufig miteinander verbunden. Die Laubengänge sind in beiden Gebäuden zentrales Erschließungskonzept und erweitern und verknüpfen die wohnungsnahen Aufenthaltsflächen mit den Freianlagen des Außenraums. Der Laubengang wird über seine Funktion als Erschließungsfläche mit Treppen und Aufzug hinaus zur Spielfläche, Gemeinschaftsbereich, Kontaktfläche und Freisitz für die BewohnerInnen. Dadurch können gemeinschaftliche Treffpunkte entstehen, die ein „Dorf im Gebäude“ bilden. Alle Bewohner, aber vor allem Kinder, können barrierefrei alle Bereiche des Hauses erreichen. Bei Regen dienen die Laubengänge als überdachte offene Spiel- und Aufenthaltsflächen. Optional sind Dachterrassen zur gemeinschaftlichen Nutzung möglich. Die Ausrichtung einiger Wohnungen mit Küchen zur Laubengangseite begünstigt die Beaufsichtigung gerade kleinerer Kinder, die ihre neu gewonnene Mobilität erst im wohnungsnahen Umfeld erproben, bevor sich ihr Erkundungsradius über die inneren Freianlagen und das Gartenstadtquartier erstreckt. So staffeln sich die Spielflächen von privaten Räumen der Wohnungen über die geschützten und kontrollierbaren halböffentlichen Flächen auf den Laubengängen und Gärten zu den entfernt gelegenen Quartiersspielplätzen. Die offenen Gebäudestrukturen von G1 und G2 wollen zur Entwicklung der Eigenständigkeit ihrer „kleinen“ Bewohner einen größtmöglichen Anteil leisten.

Materialien
Die rote Ziegelfassade steht für Dauerhaftigkeit und für Material- und Oberflächenbeschaffenheit mit langen Gebrauchszeiten. Die Laubengänge werden aus Betonfertigteilen errichtet, die ebenfalls lange Gebrauchszeiten erwarten lassen. Die Farbigkeit des Verblenders, der Fugen, der Betonteile und der Stahlgeländer ist monochrom im roten Farbspektrum. Die deutliche Reduzierung auf sehr wenige Materialien ermöglicht eine wirtschaftliche Bauweise und erleichtert den späteren sortenreinen Rückbau und die Gewinnung von Recyclingmaterial. Im Innenausbau werden nur geruchs- und emmisionsarme Materialien verwendet, die sich aufgrund ihrer Lebensdauer und Reinigungseigenschaften durch geringe Lebenszykluskosten auszeichnen.

Außenraum
„Endlose Wege“ bilden das zusammenfassende Entwurfsgerüst für die innenliegenden Freianlagen der beiden benachbarten Baufelder. Das Wegenetz stellt die Grundlage für eine informelle Zonierung des Raumes in unterschiedlich intensiv genutzte Spielbereiche dar. Das Kinderspiel findet dabei bewusst nicht isoliert vor der eigenen Terrasse statt, sondern wird über das gesamte Quartier verteilt.
Die Spiel- und Aufenthaltsflächen werden als dynamische Orte betrachtet, die einer stetigen Veränderung und Umgestaltung durch die Bewohner selbst unterliegen. Sie sind damit ohne großen Aufwand veränderbar und können aus sich heraus auf die sich wandelnden Bedürfnisse und Altersstrukturen angepasst werden. Durch das Setzen möglichst weniger definierter Spiel- und Gestaltungselemente sollen kreative und situationsbedingte Gestaltungsprozesse im Freiraum angeregt, jedoch nicht vorgeschrieben werden. Diese offene Gestaltung bietet den Kindern die Möglichkeit, neue soziale und naturnahe Räume eigenständig oder im Miteinander zu erforschen. Durch Aneignung und Zweckentfremdung von subtil gesetzten Spielelementen, wie z.B. rohe Baumstämme, Findlinge, Wasser- und großblättrige Pflanzstrukturen, werden diese Aspekte bewusst gefördert. Die Gartenanlage ist jedoch nicht ausschließlich den Kindern vorbehalten, sondern soll in Verbindung der offenen Gebäudekonfiguration einer gemeinschaftlichen Nutzung mit Eltern und Erwachsenen dienen. Neben den naturnahen Aktivitäten wie Gärtnern und Gemüseanbau bietet sie Platz zum Feiern, zum Picknick oder zum gemeinsamen Federballspiel.
Dieses „Nest“, in dem die Kinder in der Geborgenheit des Quartiers zunächst heranwachsen, bildet den Startpunkt, von dem aus im Weiteren der eigenständige Weg zu den benachbarten Spielplätzen eingeschlagen werden kann. Um das gewählte Leitmotiv des Konzepts zu versinnbildlichen, werden unterschiedliche Plateaus in Form abstrahierter Vogelnester innerhalb der Anlage platziert und stellen, wenn man so will, damit die einzigen gesetzten Spielelemente dar. Sie verleihen dem Hof als höhengestaffelte Holzpodeste punktuell eine vertikale Raumstruktur und bieten damit den Anstoß zum Bau weiterer Nester oder Höhlen. Sie ermöglichen auch den Weitblick, um erste Kontaktaufnahmen innerhalb des Gartens und anschließend im größeren Radius außerhalb der Anlage zu unterstützen.
Die Kinder werden selbstständig, stark und „flügge“ - sie sind bereit, ihr Nest zu verlassen. Zwei Wege führen aus dem Quartier heraus und schließen zunächst an die Spielplätze innerhalb der Nachbarschaft und dem angrenzenden Deichpark an. Mit zunehmendem Alter und wachsender Mobilität werden sie darüber hinaus auch eigenständig und sicher den Weg in den Kindergarten und auf den Schulhof finden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeigt gute Grundriss-Lösungen. Die Konzeption für das Clusterwohnen erscheint besonders gelungen. Die Vorgaben zum Wohnungsmix sind sehr gut erfüllt.
Die Erschließung der Gebäude und der straßenabgewandten Freiräume ist plausibel.
Der Beitrag weist keine Spiel- oder Gemeinschaftsräume aus, sondern favorisiert das Motiv des bespielbaren Wohnumfeldes.
Ob die Dimensionierung und die Ausgestaltung der Laubengänge die ihnen zugewiesenen Funktionen tatsächlich erlaubt, wird von der Mehrheit des Gremiums unterschiedlich bewertet. Die vorgeschlagenen Lufträume vor den Schlaf- und Aufenthaltsräumen sichern zwar die notwendige Privatheit der Wohnungen. Allerdings erscheint fraglich, ob die sehr stark gegliederten Laubengangsituationen räumlich und atmosphärisch geeignet sind, als Spiel-, Aufenthalts- und Kommunikationsorte zu fungieren.
Im Hinblick auf die freiraumplanerische Konzeption ergibt sich eine analoge Bewertung. Das gewählte Leitmotiv des bespielbaren Quartiers wird als richtig erachtet, allerdings geht die Raumdifferenzierung der freiraumplanerischen Durcharbeitung nach Ansicht des Gremiums nicht weit genug, um für eine vielfältige spielerische Aneignung die optimalen Voraussetzungen zu schaffen.
Die Platzierung der Nebenflächen im Gebäude G.1 erscheint im Sinne der Quartiersvernetzung etwas unpassend.
Der insgesamt gut durchgearbeitete Beitrag hat besondere Stärken in seinem charaktervollen architektonischen Erscheinungsbild sowie im Bereich der Grundrissgestaltung und leistet hiermit einen wertvollen Beitrag zur Wettbewerbsaufgabe. Die Umsetzung der familien- und kinderspezifischen Entwurfsanforderung hätte insgesamt noch entschlossener erfolgen können.
Lageplan M 1:200

Lageplan M 1:200

G2

G2

Lageplan M 1:1000

Lageplan M 1:1000