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Offenes Planungs- und Investorenauswahlverfahren mit Architekten | 10/2020

Bauwerksplanung für das Baugebiet "Wingertsäcker Wiese" in Neckarhausen

Perspektivskizze Innenbereich

Perspektivskizze Innenbereich

4. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

marcus brucker architektur+planung ug

Architektur

Architekturmodellbau Michael Lo Chiatto

Modellbau

MÖRK Immobilien GmbH

Investor*in

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Die städtebauliche Struktur des neuen Quartiers orientiert sich an der vorhandenen der Nachbarschaft. Die nördliche Kante entlang des Kelterwegs nimmt die gerade Flucht der bestehenden Reihenhäuser auf. Im Süden des Grundstücks werden die Gebäude ebenfalls giebelständig angeordnet, staffeln sich aber entlang der Straße zurück, analog zu den südlichen Nachbarn.
Auf die im Bebauungsplan vorgesehene östliche Verbindungsstraße wird zugunsten größerer Grünflächen und zur Beruhigung des Verkehrs im Innenbereich des neuen Quartiers verzichtet.
Durch die klare Struktur ist es möglich vor nahezu allen Reihenhäusern zwei direkt zugeordnete Stellplätze für PKW und je vier Plätze für Fahrräder anzuordnen. So werden Lauf- und Fahrwege verkürzt und die städtebauliche Struktur erleichtert die Orientierung. Das Innere des Quartiers bleibt autofrei.

STRUKTUR
Innerhalb der fünf Baureihen schafft der Entwurf Platz für vier verschiedene Haustypen:
Die nord-westliche Reihe A nimmt neun „klassische“ Reihenhäuser mit ca. 130qm Wohnfläche auf. In Reihe B wird die Zahl der Einheiten auf acht reduziert. Dadurch entstehen größere Häuser, die ideal für große Familien sind, aber auch in zwei Einheiten geteilt werden können. Unter einer jeweils ca. 110qm großen 4-Zimmer-Wohnung in den Obergeschossen ist eine Einliegerwohnung oder eine kleine Gewerbeeinheit mit je ca. 45qm Fläche möglich. Hier kann entweder Wohnen und Arbeiten verbunden oder Raum für Mehrgenerationenwohnen geschaffen werden. Somit können in der Einliegerwohnung im Erdgeschoss ebenso die Großeltern wohnen, wie ggf. später eine permanente Pflegekraft.
Die Reihen C, D und E bieten auf 125qm und 110qm Wohnraum für Familien und Paare mit geringerem Platzbedarf oder kleinerem Geldbeutel. Die Reihen A, C und D werden unterkellert. B und E erhalten aus Hochwasserschutzgründen keine Keller.
Im Süd-Osten schließt ein Gemeinschaftshaus das Quartier ab. Hier befindet sich neben dem zentralen BHKW, das alle neuen Gebäude versorgt, ein Gemeinschaftsraum mit Terrasse. Dieser kann z.B. für Feste von allen jetzigen und neuen Anwohner/innen genutzt werden.

ARCHITEKTUR
Die Gebäude werden durch dezente Vor- und Rücksprünge gegliedert. Die um wenige Zentimeter zueinander versetzten Fassadenflächen in weiß und hellem Grau geben den einzelnen Gebäuden ihre eigene Identität. Farbige Flächen individualisieren einzelne Gebäude oder Zweiergruppen. In den nördlichen Baureihen verbergen sich in den blauen und rötlichen Boxen die Mülltonnen. Die Fahrräder stehen wettergeschützt unter dem auskragenden Obergeschoss.
Die nördlichen Gebäude erhalten zur Straße hin in den oberen beiden Geschossen kleine Loggien. Diese werden raumhoch verglast und bilden einen Lärmschutzpuffer zu den dahinter liegenden Aufenthaltsräumen. Direkt an der Nordfassade liegen Nebenräume, bzw. Räume deren Fenster mit einer zusätzlichen Prallscheibe geschützt werden.
Bei den südlichen Reihen bietet ein auskragendes Obergeschoss einen trockenen Zugang zum Haus. Farbige Putzflächen markieren die Hauseingänge.

FREIANLAGEN
Von West nach Ost quert ein Fußweg die neue Bebauung. Seine geknickte Form schafft unterschiedlich große Gartenflächen für die einzelnen Häuser und verhindert eine monotone Gliederung der Grünräume. Außerdem verbindet er durch das Quartier hindurch die öffentlichen Bereiche mit dem Spielplatz im Westen und dem Gemeinschaftshaus im Osten. Kinder erreichen auf diesem Weg den Spielplatz ohne entlang der Straße laufen zu müssen.
Alle Wege, Stellplätze und die westliche Verbindungsstraße erhalten einen Belag aus sickerfähigem Pflaster.
Wie die Eingänge und Terrassen der Gebäude werden auch die einzelnen Spielflächen im Westen um ca. 60-80cm angehoben. So wird die Gefahr von Überflutungen verringert. Die öffentliche Spiel- und Grünfläche wird entsprechend modelliert, so dass die neue Topographie bespielt werden kann.

Auf den Eingangsseiten der Gebäude empfangen verschiedene Zierobstbäume Bewohner/innen und Besucher/innen. Die straßenseitigen Vorgärten werden mit locker gepflanzten Sträuchern vom Gehweg abgegrenzt. Die Eingangssituationen bleiben hierdurch hell und offen.

Die individuellen Gärten im Innenbereich werden mit Hecken aus unterschiedlichen Pflanzen wie Hainbuche und Ahorn begrenzt. Die Bepflanzung schafft hier Privatheit gegenüber den Nachbarn. Gleichzeitig hilft der hohe Blattanteil der Hecken bei der Kühlung und schafft ein angenehmes Mikroklima.

Die öffentliche Grünfläche wird in drei Bereiche eingeteilt:
Im Norden dient eine pflegeleichte Blütenwiese mit einheimischen Gräsern und Sträuchern als Bienen- und Insektenparadies. Die mittlere Fläche wird als Streuobstwiese mit alten Apfel- und Birnensorten bepflanzt. Im Süden schließt ein Spielhügel die Grünzone ab. Die Spielgeräte liegen zum Hochwasserschutz erhöht auf einer kleinen Kuppe.

NACHHALTIGKEIT
Neben der Reduzierung der versiegelten Flächen auf das notwendige Minimum tragen auch die Baukonstruktion und das Energiekonzept zu einem nachhaltigen Gesamtprojekt bei. Die Gebäude werden bis ca. 80cm über Gelände massiv aus Stahlbeton ausgeführt. Darüber werden alle Häuser in Holzbauweise errichtet. Der Gebäudesockel schützt dabei nicht nur die Wohnungen vor Hochwasser, sondern hebt auch die Holzkonstruktion aus dem feuchtebeanspruchten Bereich am Boden. Insgesamt werden ca. 1.800cbm Holz verbaut. Diese Menge wächst in deutschen Wäldern innerhalb von ca. acht Minuten wieder nach. Außerdem speichert diese Menge Holz ca. 1.800cbm CO2. Das entspricht in etwa der fünf- bis sechsfachen Menge des CO2-Ausstoßes, welcher für den in diesem Projekt benötigten Beton erzeugt wird.

Die Dachflächen der Gebäude werden als begrünte Retentionsdächer ausgeführt. Über diese „blue-roofs“ wird anfallendes Regenwasser zwischengespeichert und langsam zur Versickerung auf dem Grundstück abgegeben. Zur Bereicherung der Artenvielfalt werden die Dachflächen in unterschiedlichen Schütthöhen und mit unterschiedlichem Feinanteil des Substrats hergestellt sowie eine Varianz an unterschiedlichen Pflanzen eingesetzt.

Alle Gebäude werden über ein zentrales BHKW unter dem Gemeinschaftsraum mit Energie versorgt. Zusätzlich können auf jedem Gebäude Solarpaneele zur Strom- und Warmwasserbereitung angebracht werden. Eine PV-Anlage auf dem Gemeinschaftshaus versorgt den Gemeinschaftsraum selbst und zwei E-Ladestationen und Carsharing-Stellplätze direkt am Gebäude mit Strom.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die nördliche Bebauung entlang des Kelterwegs nimmt die Kante der bestehenden Bebauung auf. Durch einen parallel zum Kelterweg verlaufenden Fußweg werden die Stellplätze, die zu den Reihenhäusern gehören von den Vorgärten / Müll / Fahrradstellplätzen getrennt. Auf die im Bebauungsplan vorgesehene zweite Verbindungsstraße wird verzichtet. Diese Maßnahme sorgt zum einen dafür, dass ein zusätzliches Reihenhaus Platz findet, die Grünfläche größer wird und diese Lösung für eine größere Beruhigung des Innenraums sorgt. Von West nach Ost quert lediglich ein Fußweg, der durch seine Führung für unterschiedlich große Gartenflächen sorgt.
Die Bebauung im Süden weicht ebenfalls vom vorgesehenen Bebauungsplan ab. Diese werden parallel zu den Wingertsäckern angeordnet, analog zu der gegenüberliegenden bestehenden Bebauung. Durch diese Anordnung entstehen zwei weitere Häuser, so dass auf dem Areal der Wingertsäcker 3 Häuser mehr gegenüber dem Bebauungsplanentwurf Platz finden. Die Grünfläche im Inneren verliert leider an Tiefe, indem die Parkplätze der südlichen Bebauung davor angeordnet sind. Dies könnte durch eine Anordnung im Westen und Osten gelöst werden.
Das Gemeinschaftshaus ist ein schöner Ansatz, es ist nur fraglich ob dieses von den Bewohnern genutzt wird. Vorstellbar wäre, diese Fläche mit integriertem Spielplatz auszubilden.
Durch die Vor- und Rücksprünge der Fassade wirkt diese weniger massiv und bietet dem Eingang sowie den Fahrradstellplätzen Schutz vor Regen. Die Grundrisse sind klar gegliedert und mit wenigen baulichen Maßnahmen schallschutztechnisch zu optimieren. Die 80 cm Sockel sind zu hinterfragen, da sie keinen Vorteil für die Qualität des Entwurfs bergen. Sie stehen lediglich dem barrierefreien Eingang im Weg. 30 cm Sockel wären als baulicher Schutz für die Holzbauweise ausreichend.
Gut gelöst sind die kleinen Loggien in den oberen Geschossen zur Straße hin. Diese werden raumhoch verglast und bilden einen Lärmschutzpuffer zu den dahinterliegenden Räumen.
Die Holzbauweise ist aus ökologischer und nachhaltiger Sicht hervorzuheben, unterstützt durch ein zentrales BHKW im Osten. Die Dächer werden als begrünte Retentionsdächer ausgeführt.
Modell Maßstab 1:500

Modell Maßstab 1:500

Lageplan

Lageplan

Modell

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