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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2020

Neubau einer Kindertagesstätte in Marktleuthen

1. Preis

Preisgeld: 8.125 EUR

LTHX ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Auf dem Grundstück der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Marktleuthen / Großwendern soll für den bestehenden Kindergarten ein Ersatzneubau mit einer Gruppe für kleinere, 2 Gruppen für größere Kinder und eine altersgemischte Gruppe errichtet werden.
Das neu zu errichtende Kindergartengebäude soll einen rücksichtsvollen Umgang mit der Schöpfung vorleben, in dem es sich allumfassend Ressourcen bewahrend und auch zukünftig sparsam im Betrieb in den Landschaftsraum einordnet und beispielhaft einen respektvollen Umgang mit der Natur ermöglicht und fördert. Darüber hinaus soll das Gebäude in seiner alltäglichen Nutzung die zwischenmenschlichen Werte der Gemeinde bewahren und erlebbar machen.

Städtebauliches Konzept
Der Bauplatz befindet sich südöstlich des historischen Stadtkerns idyllisch an dem die Eger begleitenden Grünzug und in räumlicher Nähe zum Gemeindezentrum, dem Seniorenheim und dem Friedhof der Kirchgemeinde. Die Umgebung ist durch eine offene Bebauung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern geprägt. Der Kindergarten schmiegt sich an der nördlichen Grundstücksgrenze an den stark vom Baumbestand geprägten Landschaftsweg.

Das Gebäude wird durch wechselnde Traufhöhen und einen niedriger ausgebildeten Erschließungsteil deutlich ablesbar in vier Teile gegliedert. Es ordnet sich dadurch in seinen Dimensionen zurückhaltend in die Bauformen der Umgebung ein. Durch Ausrichtung, Öffnung und Gliederung verzahnt sich das eingeschossige, holzverschalte Gebäude mit dem Freiraum des Grundstücks und nimmt zugleich die natürliche Qualität des vorhandenen Naturraums in den großen Öffnungen spiegelnd auf. Durch die Anordnung des Gebäudes dicht an der nördlichen Grundstücksgrenze wird eine spätere unabhängige Nutzung des südlichen Grundstücksteils unkompliziert ermöglicht. Alle Abstandsflächen des Neubaus liegen vollständig auf der nördlichen Seite der Baugrenze.

Erschließung
Die Erschließung des Grundstücks erfolgt von Norden durch Fortführung und Befestigung des vorhandenen Landschaftsweges bis zur nördlichen Grundstücksgrenze. Hier werden unter den Bäumen des Weges die erforderlichen Stellplatzflächen für Mitarbeiter und Eltern eingefügt.

Gebäudeorganisation
Von einem kleinen Vorplatz nördlich des Gebäudes erreichen die ankommenden Eltern über einige Stufen bzw. eine kurze Rampe den leicht über dem Niveau des Weges liegenden Haupteingang des Kindergartens. Kinder, Eltern und Besucher betreten den Kindergarten über einen Windfang unmittelbar im Herzen des Gebäudes, dem zentralen Spielflur, der das Gebäude gliedert und die Gebäudeteile miteinander und mit dem Außenraum verbindet.
In den beiden, dem Garten zugewandten Gebäudeflügeln befinden sich, getrennt nach Altersgruppen im westlichen Flügel die Gruppenräume für die älteren Kinder, im südlichen die jüngeren Kinder und die altersgemischte Gruppe. Sämtliche Gruppenräume lassen sich über raumhohe Fenster und eine kleine Terrasse zum Garten hin öffnen. Jedem Gruppenraum sind die Sanitärräume, Garderobe und Gruppennebenräume / Ruheräume direkt zugeordnet. Im Südflügel lassen sich die beiden Ruheräume leicht von einer Person überwachen. In den beiden nördlichen Gebäudeteilen befinden sich die gemeinschaftlich genutzten Räume.
Der große Mehrzweckraum bietet den ankommenden Kindern und Eltern schon im Eingangsbereich einen einladenden Einblick in das gemeinschaftliche Leben (z.B. den Morgenkreis) des Kindergartens. Die Atmosphäre des Raumes wird durch seine zum nördlichen Naturraum hin geöffnete Fassade vom Blick in die Bewegung der Bäume geprägt und bietet somit neben den vielgestaltigen Möglichkeiten zu Bewegung, Spiel und Begegnung auch die Möglichkeit zum Innehalten und zur Herausschau in den Raum der Natur.
Der Mehrzweckraum ist zum zentralen Spielflur hin zuschaltbar und erhält somit wahlweise ein großzügiges Foyer für besondere Feste im widerkehrenden Kreislauf des Jahres. Der zentrale Flur ist somit sowohl Empfangsraum mit dem angrenzenden Leitungsbüro, als auch Spielflur mit einer, Abenteuer versprechenden Rutsche im eingebauten Kletter- und Höhlenmöbel.
Er wird über ein Lichtauge von oben natürlich belichtet und bietet in alle vier Himmelsrichtungen jeweils Ausblicke und Austritte in den Garten. Links vom Eingang befinden sich im nordöstlichen Gebäudeteil Speisesaal und Küche. Der Speisesaal lässt sich ebenfalls zum zentralen Foyer hin öffnen. Die Küche kann direkt vom nördlichen Erschließungsweg aus beliefert werden. Die Personalräume liegen etwas ruhiger im nördlichen Gebäudeteil.

Garten
Durch die höhenmäßige Verortung im Gelände und den Bezug zu den Bestandsgebäuden werden Außenräume subtil definiert. Das Gelände steigt zur südlichen Grundstücksgrenze leicht an. Das neue Gebäude nutzt dieses topografische Potential des Grundstücks aus. An der Fuge zwischen südöstlichem und westlichem Flügel ermöglicht die Anordnung des Gebäudes auf dem Grundstück unkompliziert eine räumliche Trennung des Außenbereiches in Bereiche für größere und kleinere Kinder. Beide Außenbereiche sind von den Erziehern der jeweils zugeordneten Gruppenräume leicht überschaubar.
Der südöstliche Außenbereich wird mit befestigten Bereichen für kleine Fahrzeuge, mit Wasser- und Matsch-Strecke und schattigem Sandkasten entsprechend der Bedürfnisse kleinerer Kinder gestaltet. Westlich öffnet sich das Gebäude mit den Gruppen der älteren Kinder zum Garten. Hier finden sich zusätzlich zu schattigen Plätzen für Brotzeit und Matschstrecke auch noch Balancier- und Turngeräte sowie eine Schaukel.
An der nördlichen Grundstücksgrenze ermöglicht die abgewinkelt geführte Grundstückseinfassung einen direkten Zugang zum Garten und Abstellmöglichkeiten für Müllcontainer. Die Fahrradstellplätze befinden sich auf dem kleinen Vorplatz im Eingangsbereich.

Materialität
Das Gebäude soll als Holzständerbau in großen Teilen vorgefertigt errichtet werden. Als Konstruktionsmaterial wird dabei der Einsatz lokal erwirtschafteten Holzes, z.B. Fichte empfohlen.
Außenwände und Decken erhalten zur Senkung des Primärenergiebedarfs eine Holzfaser- oder Zellulosedämmung und eine innenliegende Installationsebene. Außenwände und Decken werden diffusionsoffen ausgeführt, um Schimmelbildung aufgrund von Tauwasser dauerhaft zu verhindern. In den Innenwänden kann die Konstruktion zur Schaffung von Speichermasse mit Lehmsteinen ausgemauert werden. Die historisch erprobte Kombination aus Lehm und Holz trägt durch die Fähigkeit des Lehms Wärme, Kälte und Feuchtigkeit zu speichern dazu bei, die Holzkonstruktion zu schützen und sorgt gleichzeitig für ein gesundes und ausgeglichenes Raumklima. Die Fenster und Außentüren sollen zur Erhöhung ihrer Lebensdauer und zur Senkung der Wartungskosten als Holz-ALU-Fenster, alternativ als reine Holzfenster mit ölhaltigem Anstrich ausgeführt werden.

Die eingesetzten Materialien folgen in ihrer Auswahl dem Anspruch einer nachhaltigen ökonomisch-ökologischen Konstruktion und Bauausführung. Dabei stehen kurze Transportwege, schadstofffreie und leichte Verarbeitung, dauerhafte Funktion sowie eine hohe Gesundheits- und Umweltverträglichkeit im Vordergrund.
Fenster, Türen, Möbel und Fußböden aus Holz sorgen neben ruhigen, glatt verputzten Wandflächen und Akustikdecken für Behaglichkeit und eine auch akustisch beruhigte Atmosphäre. Diese trägt zur Schaffung schonender Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter und Kinder bei. Ziel des Farb- und Materialeinsatzes in den Innenräumen ist die Schaffung eines ruhigen zurückhaltenden Rahmens für die bunte und lebendige Nutzung durch die Kinder.

Energiekonzept
Der erforderliche Luftwechsel in den Räumen wird durch natürliche Lüftung und hinreichend große Öffnungen in den raumhohen Fenstern gesichert. Die Fenster verfügen über große Öffnungsflügel für Stoßlüftung und kindersicher liegende Oberlichter zur sommerlichen Lüftung und zur Nutzung der Nachtauskühlung.

Sämtliche Räume können durch die großflächigen Fensteröffnungen weitestgehend natürlich belichtet werden. Im Winter erzielen die großflächigen südlichen, ost- und westlichen Fensteröffnungen zusätzlich solare Energiegewinne. Eine sommerliche Aufheizung des Gebäudes wird durch außenliegende textile Verschattung und eine geschickte Bepflanzung des Gartens begrenzt. Durch die Schattenwirkung der luftumspülten Photovoltaik-Elemente und eine extensive Begrünung der hinterlüfteten Dachflächen wird eine Aufheizung der Dachflächen verhindert.

Die Warmwasserbereitung kann ebenfalls auf dem Dach durch Solarthermie erfolgen. Durch die Kopplung einer Niedrigtemperaturheizung in allen Fußböden mit den Erträgen der Photovoltaik auf dem Dach wird die Nutzung einer Wärmepumpe zur Heizung des Gebäudes wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll. Es wird ein hoher Energieeffizienzstandard, bspw. KfW 40 erreicht.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeichnet sich durch eine sehr gute Orientierbarkeit aus. Diese beginnt am Eingang von den Stellplätzen, geht über das sehr gut dimensioniert Foyer zu den gut auffindbaren
Gängen. Die klare bauliche Gliederung in vier Gebäudeflügel wird vollkommen schlüssig mit den Funktionen belegt. Das Foyer kann sehr attraktiv um den Speiseraum
und den Mehrzweckraum erweitert werden. Die Gruppenräume sind trotz der großen Tiefe gut nutzbar. Die klare Baukörpergliederung lässt eine hohe Wirtschaftlichkeit erwarten.
Durch die geschickte Ausformung des Gebäudes entstehen gut geschnittene Freiräume.