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Einladungswettbewerb | 12/2020

„Grünufer Nordmole“ des Zollhafens in Mainz

Die Ebenenflächen der neuen Auenterrassen bilden ein Auditorium der neuen Urbanen Aue

Die Ebenenflächen der neuen Auenterrassen bilden ein Auditorium der neuen Urbanen Aue

1. Preis / Nach Überarbeitung

Preisgeld: 10.000 EUR

SINAI Gesellschaft von Landschaftsarchitekten mbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

RHEINRELIEF

Das Grünufer wird als Uferpark mit tatsächlich viel Grün interpretiert. Eine starke Promenade bildet sein Rückgrat, sie verknüpft Stadt und Ufer als Bewegung zwischen den Horizonten. Die Ausbildung verschiedener Ebenen entfaltet auf vielfältig bietet ein abwechslungsreiches Parkprogramm und stellt vielfältige Beziehungen zum Wasser her.
In der topografischen Pendelbewegung entsteht eine spannende Folge von Orten: Von der Flusspromenade mit ihrem Rasenplateau hinauf über geneigte Wiesen zum Stadtbalkon der quer in die Stadt an den Rotterdamer Platz anbindet. Und hinunter in die Terrassenebenen der urbanen Aue wo die Veränderlichkeit der Wasserlandschaft sinnlich erfahrbar wird. Ein verbindendes Element über weite Längen des Grünufers ist die Sitzstufe, die den Übergang zwischen Stadtpromenade und Wiesenböschungen formuliert.

Abschnitt der Flußpromenade

Im „Hinterland“ der Flusspromenade wird ein gefaltetes Relief vorgeschlagen. Vor der Stadtpromenade erstreckt sich unterhalb der durchgängigen Sitzstufe eine Wiesenböschung, der größte Teil der Grünflächen ist jedoch eben um die gewünschten bespielbaren Parkbereiche zu ermöglichen. Auch die Sports-Bay ist nun unmittelbar angebunden an nutzbare Rasenbereiche und auch für Gruppen funktional erweiterbar. Zur Stadtseite hin ist sie mit einer Sitzstufe zur Böschung gefasst. Entlang der Promenade werden die klassischen Sitzbänke angeordnet.

Abschnitt des Stadtbalkons

Der Stadtbalkon schließt ebenerdig an die Promenade an (die Stufen entfallen) und wird zu ihrer Erweiterung. Die Grünbereiche um den Balkon und die Rampen sind nach wie vor als begehbare flache Böschungen ausgebildet. Weitere Sitzbänke wurden unter den Bäumen angeordnet. Die dargestellte Gastronomie wird als temporäres Angebot verstanden oder als Option nach einer Beteiligung der Nachbarschaft.

Abschnitt der Urbanen Aue

Die Urbane Aue wird nun als terrassierte Rasen- und Wiesenlandschaft interpretiert, die die Möglichkeit nutzt, nahe an den Wasserspiegel zu kommen. Gleichzeitig entsteht eine Höhenstaffelung die unterschiedlich häufig von Hochwassern bespannt ist und somit die Veränderlichkeit von Flusslandschaften sichtbar macht. Die voraussichtlich mehrmals jährlich eingestaute Flutwiese wird als Auenwiese extensiv entwickelt, eine Initialsaat erfolgt mit autochtonen Arten. Die Mahd erfolgt vorwiegend zur Unterdrückung des unerwünschten Gehölzaufwuchses. Die Erschließung der Flutebene erfolgt nur zurückhaltend über einen Rasensaum, es werden keine weiteren Nutzungsangebote platziert.

Ein kleiner Spielpunkt entsteht vor den neuen Rasenterrassen zu Füßen von Schorsch. Hier entsteht eine nutzbare Platz- und Rasenebene vor der historischen Mauer. Der Anschluss an die Stadtebene erfolgt über eine Treppenanlage, die nun sichtbaren Mauern werden saniert und mit einer Erneuerung des Kopfbereiches an den Horizont der Sitzstufen angebunden.

Visualisierungen: @MAU

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf bietet einen hohen Grünanteil mit einem differenzierten Wechselspiel aus ebenen und geböschten Bereichen. Der Höhenversprung zwischen der Stadtebene und der Uferebene (ca. 2 m) wird statt durch eine Mauer durch Stufen, Rampen und Böschungen überwunden. Auf diese Weise entsteht eine interessante, vielfältige und sehr gut nutzbare Topographie, die mit einer heterogenen Abfolge unterschiedlicher Gestaltungsthemen und -elemente überlagert wird. Dazu gehören eine sogenannte »Parkwiese« als Liege- und Freizeitfläche, die »Sportsbay« mit Fitness- und Bewegungsangeboten, der »Stadtbalkon« mit Aufenthaltsbereichen, Sitzbänken und dem Vorschlag einer temporären Gastronomie sowie die »wilde urbane Aue« als terrassierte Rasen- und Wiesenlandschaft. Die unterschiedlichen Bereiche der Aue sollen im Jahresverlauf unterschiedlich häufig überflutet werden und damit – so die Verfasser – die Veränderlichkeit der Flusslandschaft sichtbar machen. Neben der Chance eines »echten« Naturerlebnisses in unmittelbarer Nähe der Stadt bietet dieser Bereich auch gute Voraussetzungen für eine hohe Biodiversität. Durch den insgesamt naturnahen Eindruck mit einer größeren Zahl an Baumstandorten entsteht ein deutlicher Kontrast zur Südmole und zugleich ein einmaliger, unverwechselbarer Ort im städtischen Bereich des Rheinufers.
Der Verzicht auf eine Stützmauer zur Überwindung des Niveauunterschieds kann auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen, welche vermutlich schwerer wiegen als die Erstellungskosten der Böschungen. Zugleich reduzieren sich hierdurch die befestigten Flächen im Bereich des Grünufers (zu der die vertikale Fläche von Mauern letztlich zählen würden). Der Anteil an sichtbarem, ökologisch und klimatischem Grün würde sich damit erhöhen. Der Pflege und Unterhaltungsaufwand wird als insgesamt gering bzw. angemessen eingeschätzt. Dies gilt auch für den Bereich der urbanen Aue.
Die Mischung urbaner und landschaftlicher Elemente wird von der Jury als besonders attraktiv eingeschätzt. Die Positionierung der urbanen Angebote wie Sportsbay und Stadtbalkon ist städtebaulich richtig gewählt, könnte aber aufgrund konkurrierender Bedürfnisse zwischen den Freizeitnutzungen und den benachbarten Wohnnutzungen gewisse Spannungen mit sich bringen.
Dieser aufgrund der unmittelbaren Nähe von öffentlichen Flächen und Wohnungen unvermeidliche Konflikt kann nur durch gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz aufgelöst werden. Auf Sitzgelegenheiten in größerem Umfang sollte zumindest im Bereich der Sportsbay jedoch verzichtet werden. Der vorgeschlagene Kranstandort an der erhöhten Stelle des Stadtbalkons wird städtebaulich wie auch hochwassertechnisch begrüßt.
Der Umgang mit dem Baudenkmal ist mit der parallel angeordneten Treppenanlage grundsätzlich gut gelöst. Die technische Ausführung und der genaue (Mindest-)Abstand der Treppe von den historischen Mauerteilen müsste in jedem Fall sorgfältig geplant und mit der zuständigen Denkmalbehörde abgestimmt werden. Das in diesem Bereich ebenfalls angeordnete Spielgerät stört die Blickbeziehung zwischen Rhein und Baudenkmal und müsste entweder auf jegliche erhöhten Aufbauten verzichten oder ganz verlegt werden. Kritisch hinterfragt wird die »doppelte Wegeführung« in Richtung Stadtbalkon in diesem Bereich: Diese sollte im Rahmen der weiteren Planungen nochmals überarbeitet werden – so könnte zum Beispiel der tieferliegende Weg verschmälert oder eventuell auch gänzlich auf diesen verzichtet werden.
Die annähernd quer zum Fluss stehenden Grasböschungen am Übergang von der Grünanlage zur höher gelegenen Gastronomie (»Zum Schorsch«) bzw. im Anschlussbereich K 15 zu K 16 wären im Hochwasserfall großer Strömung ausgesetzt. Aus technischer Sicht müssten hier alternativ geeignete Maßnahmen wie z. B. steinerne Deckwerke oder Sitzstufen geprüft werden.
Der Bereich K 16 ist im Bestand mit einer Pflasterböschung versehen, die gemäß Auslobung erhalten bleiben soll. Das im Entwurf dargestellte grüne Deckwerk kann darum nicht hergestellt werden.
Die angegeben Herstellungskosten entsprechen dem vorgegebenen Budget und werden als grundsätzlich realistisch eingeschätzt. Die Einhaltung des erforderlichen Retentionsvolumens wurde durch die Verfasser überschlägig nachgewiesen. In Bezug auf die Barrierefreiheit wird kritisiert, dass bei den Treppenanlagen offenbar keine Handläufe vorgesehen sind. Auch müssten durchgängig Stufenvorderkantenmarkierungen und Aufmerksamkeitsfelder vor und hinter den Treppenanlage angeordnet werden.
Insgesamt wird der Entwurf durch die Jury als außergewöhnlicher, innovativer und für das Grünufer Nordmole in besonderer Weise geeigneter Beitrag zum Wettbewerb eingeschätzt.
Auch an einem Regentag lassen sich in Gummistiefeln die Veränderlichkeiten des Rheinufers erkunden

Auch an einem Regentag lassen sich in Gummistiefeln die Veränderlichkeiten des Rheinufers erkunden

Die neuen Auenterrassen im Schnee

Die neuen Auenterrassen im Schnee

Abendstimmung bei ‚Minthes Weinbar‘ mit Blick auf den Rhein

Abendstimmung bei ‚Minthes Weinbar‘ mit Blick auf den Rhein

Sonnenbaden auf der Parkwiese mit Blick auf die schattige Sportsbay

Sonnenbaden auf der Parkwiese mit Blick auf die schattige Sportsbay

Übersichtsplan

Übersichtsplan

Entwufsplan

Entwufsplan

Detail 1- Sportsbay | Grundriss + Schnittansicht

Detail 1- Sportsbay | Grundriss + Schnittansicht

Detail 2 - Liegewiese | Grundriss + Schnittansicht

Detail 2 - Liegewiese | Grundriss + Schnittansicht

Detail 3 - Stadtbalkon | Grundriss + Schnitt

Detail 3 - Stadtbalkon | Grundriss + Schnitt

Detail 4 - Urbane Aue | Grundriss + Schnitt

Detail 4 - Urbane Aue | Grundriss + Schnitt

Isometrien der unterschiedlichen Parkräume

Isometrien der unterschiedlichen Parkräume