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2. Rang 3 / 3

Mehrfachbeauftragung | 01/2021

Neubau einer Käsemanufaktur in Titisee-Neustadt

3. Rang

Preisgeld: 5.000 EUR

Kuner Architekten PartmbB

Architektur

AG FREIRAUM

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee / Konzept
Zur Bundesstraße präsentiert sich das Gebäude als schlichter Holzbau. Die Lamellenfassade bietet ein abwechslungsreiches Spiel zwischen transparenten und opaken Fassaden und gibt dem Baukörper eine ruhige, rhythmische Struktur. Die Dachlandschaft nimmt Bezüge zu der Topografie der umliegenden Schwarzwaldberge auf. Vor diesem Hintergrund bildet das 'fensterlose' Reifelager mit seiner dreidimensional geprägten Holzfassade eine gut sichtbare Landmarke und weckt die Neugier, das Innere der Käsemanufaktur zu entdecken. Die Landschaftsbild beeinträchtigenden Nebenflächen, wie Parkplätze, Zufahrten und Anlieferungszonen sind von der Bundesstraße nicht einsehbar und werden bewusst in den rückwärtigen südlichen Bereich zwischen Gebäude und Hirschbühl eingebettet. Das Raumprogramm ist über 2 Ebenen organisiert. Die Produktions- und Andienungsflächen sind ebenerdig im Erdgeschoss angeordnet. Auf der 2. Ebene thront der Besucher und genießt aus erhöhter Position die schönen Ausblicke in den Schwarzwald. Aus süd-westlicher Richtung erreicht man das Grundstück über die neue Erschließungsstraße. Auf der Rückseite erblickt man den tieferliegenden, nach Süden orientierten Produktionshof. Die milchanliefernden LKWs und die Edelstahltanks sind sichtbarer und selbstbewusster Bestandteil einer ehrlichen und transparenten Produktion. Trotz der guten Einsehbarkeit ist der Produktionsbereich klar von der öffentlichen Erschließung und dem Besucherstrom abgetrennt.

Zentrales Element ist die 'Grüne Landschaftsrampe'. Über diese gelangt der Besucher zur oberen, öffentlichen Ebene. Die Landschaftsrampe ist von Ihrem Erscheinungsbild als artifizielles, gestaltetes Element ablesbar, auf der Südseite mit Gabionenmauern gefasst und auf der Nordseite durch Wiesenböschungen mit der Landschaft verwebt. In Anlehnung an die ortstypische Typologie des Schwarzwaldhofes findet sie ihre Entsprechung in der Idee einer klassischen Hocheinfahrt.
Die 'Grüne Landschaftsrampe' ist gleichzeitig eine 'Hinführung' zum Thema und Inhalt der Käsemanufaktur.
Unterschiedliche, dem Weg folgende, Info-Punkte geben dem Besucher auf spielerische Weise einen Einblick in die spezifische Materie. Beginnend bei der grasenden Kuh auf satter Bergwiese, über Einblicke in die Produktion durch 'gläserne Augen' bis zur Verköstigung des fertigen Produktes auf der Aussichtsterrasse, bieten sich zahlreiche Möglichkeiten dem Besucher das Thema der regionalen Käseherstellung näher zu bringen.

Blickbeziehungen und Aufenthaltsmöglichkeiten auf der 'Grünen Landschaftsrampe' laden ein, die Landschaft bewusst zu erleben.
Bänke, Kinderspiel und 'Käse'-Picknick bieten Raum für Gemeinschaft und Erholung.
Der mäandrierende Fußweg führt über den Eingangsplatz durch das großzügige Foyer bis auf die zentrale Aussichtsterrasse. Durch den Innenhofcharakter bietet die Terrasse einen lärmgeschützten, geborgenen Bereich und ermöglicht gleichzeitig großzügige Ausblicke in den Schwarzwald.

Die Parkplätze sind in die Landschaft eingebunden und mit lockeren ortstypischen Bäumen wie Bergahorn, Buchen oder Mehlbeere überstellt. Die PKW Stellflächen werden aus einem Rasenpflaster-Belag / Rasenliner vorgeschlagen.

Die Feuchtbiotope werden soweit möglich erhalten. Niederschlagswasser wird in wechselfeuchte Versickerungsmulden abgeleitet, die wiederum eine ortstypische und standortgerechte Feuchtwiese erlauben.

Produktionsebene
Die Käse-Produktion ist auf der Erdgeschoßebene angeordnet und wird über den etwas tieferliegenden, nach Süden orientierten Produktionshof erschlossen. Der Produktionsablauf ist U-förmig organisiert, mit dem erweiterbaren Reifelager an zentraler Stelle. Die Lieferzone wird durch das darüber liegende Geschoss großzügig überdacht. Zwischen Außentanklager und Milchannahme sind zwei überdachte LKW-Fahrspuren vorgesehen.

Der Mitarbeiterbereich ist über zwei Geschosse organisiert. Die zentrale Anordnung an der Südfassade ermöglicht kurze Wege, direkte Einsehbarkeit in die unterschiedlichen Bereiche und eine helle, freundliche Arbeitsatmosphäre. Über die zentrale Aufzugsanlage erfolgt die Andienung des Verkaufsraums und der Gastronomie. Die Technikräume befinden sich im UG.

Besucherebene
Die der Öffentlichkeit zugänglichen Flächen sind allesamt auf der oberen Ebene untergebracht und werden über die “grüne Landschaftsrampe“ barrierefrei erschlossen. Das zentrale Foyer, als multifunktionales Bindeglied der unterschiedlichen Räume und Nutzungen, zieht sich in Fortsetzung der “grünen Landschaftsrampe“ durch das Gebäude bis zur Dachterrasse. Durch möbelartige, gläserne Augen' sind unterschiedliche, spannende Einblicke in die darunterliegende Käse-Produktion und in das Reifelager möglich. Der Verkaufsraum ist dem Eingang bzw. Ausgang zugeordnet und verbindet sich fließend mit der Foyerzone. Die großzügig verglaste Westfassade bildet ein Schaufenster zum Eingangsplatz und lädt ein zum Verweilen und Reinschauen. Das interaktive Museum ist auf einer Empore über dem Reifelager angeordnet. Von der Empore und durch die Oberlichter des sich verschneidenden Faltdachs bieten sich spannende Ein- und Ausblicke. Über den Aufzug werden die Gastronomie und der Verkaufsraum mit kurzen Wegen angedient.

Material und Konstruktion
Das neue Gebäude soll überwiegend als Holzbau realisiert werden. Heimisches Holz wird sowohl Innen als auch Außen zum prägenden Element. Es schafft eine angenehme Atmosphäre und sorgt für eine gute Energiebilanz. Die Produktionsräume sind als Holz-Beton-Hybridbau angedacht. Die besten Eigenschaften von Massiv- und Holzbau werden kombiniert. Vorgefertigte Elemente aus Holz und Beton übernehmen gemeinsam die statischen Lasten. Das Untergeschoss und erdberührende Teile werden aus Beton hergestellt. Die Außenwände sind als hochgedämmte Holztafelelemente mit hinterlüfteter Holz-Lamellenfassade geplant. Der kompakte Baukörper wird von gegenläufig gefalteten, begrünten Dächern überspannt. Im Innern ergeben sich durch den rhythmischen Wechsel von Hoch- und Tiefpunkten großzügige, harmonische Räume.
Ein Großteil des Daches soll mit Solarpanelen zur Stromerzeugung belegt werden. Die flache Dachneigung und die Ost-West-Orientierung erlauben es die Sonnenenergie über den kompletten Tagesverlauf hinweg optimal zu nutzen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das kompakte und im Erscheinungsbild homogene Gebäude ist klar vor dem Nordhang des Hirschbühl positioniert, die Architektur ist gekennzeichnet durch eine durchgängige Holzfassade, die einen positiven Beitrag zu einer authentischen Baukultur im Schwarzwald erwarten lässt. Ins Auge fällt hier die durch eine Lochtextur gekennzeichnete Fassade des Reifelagers, das durchaus Assoziationen zur Nutzung ermöglicht. Das begrünte Solardach ist ein guter Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung.

Das Gebäude steht allerdings nicht frei in der Fläche, sondern ist mittels einer Erdskulptur („Grüne Landschaftsrampe“) mit dem dahinterliegenden Hang und der dort befindlichen Verkehrsinfrastruktur verbunden. Hier verläuft auch der Zugangsweg für die Besucher zum Ein-gang, interessant flankiert durch Sitzmöglichkeiten und Informationsstelen.

Die verkehrliche Erschließung ist einfach und logisch, ebenso die innere Struktur des Gebäudes. Parkplätze für Besucher und Mitarbeiter liegen richtig, die durch die Geländegeometrie bedingten Gefälle liegen im praktikablen Bereich. Aus Richtung Norden (B 31) tritt die gesamte Verkehrsinfrastruktur nicht oder nur gering in Erscheinung.

Die Produktionsinfrastruktur befindet sich im Untergeschoss, die anzufahrenden Einrichtungen werden über eine Straßenabfahrt gut und übersichtlich erreicht, auch Besucher können die entsprechenden Abläufe nachvollziehen. Durch einen u-förmigen Rundgang entsprechen die betrieblichen Abläufe im Wesentlichen den Vorgaben der Auftraggeberin, allerdings wäre ein direkter Zugang vom Betriebshof zum Verpackungslager wünschenswert. Positiv zu werten ist die Übersicht aus dem Büro des Betriebsleiters über den wesentlichen Produktionsbereich. Die erforderliche Anzahl der Tanks ist nicht vollumfänglich dargestellt, hier könnte es ggf. in der Anlieferung eng werden. Auch funktionieren die dargestellten Andienungsabläufe nicht, wenn beide Milchannahmespuren gleichzeitig durch Tankwagen belegt sind. Ebenfalls kritisch einzuschätzen ist der halboffen gehaltene Andienungsbereich, der nicht durch Tore geschlossen werden kann, sodass dies ggf. durch eine nicht gestaltungsdienliche Einzäunung mit Tor erfolgen muss.

Eine Erweiterung des Produktionsbereichs ist in Richtung Norden problemlos und ohne schädliche Auswirkungen auf den architektonischen Gesamteindruck möglich.

Der Eingang zum EG (Besucherbereich) erfolgt sinnfällig und in einer angemessenen Landschaftsgestaltung aus westlicher Richtung und setzt sich orientierungsleicht in gleicher Richtung innerhalb des Gebäudes fort, mit einer trichterförmigen Aufweitung in der östlichen Fassade, die teilweise als Terrasse ausgebildet ist, gut flankiert durch Gastraum und Saal. Kritisch zu werten sind die nur begrenzten Einblicke in die Produktion mittels Bullaugen im Boden, es besteht auch kein Einblick ins Salzbad.

Durch die Kompaktheit von Gebäude (geringe Gebäudegrundfläche, geringe Verkehrsflächen) wie auch der äußeren Erschließung ist der Beitrag sowohl in der Herstellung als auch im Betrieb äußerst wirtschaftlich einzuschätzen und stellt einen interessanten und weiterführenden Beitrag im Rahmen der eingereichten Arbeiten dar.
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