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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2021

Neues Rathaus und Neugestaltung der Ortsmitte in Neuried

3. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

schaudt architekten bda

Architektur

Schuler und Winz Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Grundthema baut auf einer Varianz der zeilenartigen Baustruktur im Norden mit Raumkanten zur Münchner Straße und einem großzügigen Rathausplatz in Fortführung des Angers auf. Geschickt wird der Platzraum über ein Zusammenwirken von Schulgebäude, denkmalgeschütz-tem ehem. Rathaus, Kindergarten und einer neuen dreigeschossigen Bebauung aufgespannt, auf dem das Rathausgebäude als Solitär prominent und zentral platziert wird.
Durch eine räumliche Fortführung der Bichlmairstraße entstehen im Ideenteil zwei Baufelder. Im nördlichen Baufeld wird die Zeilenstruktur durch einen dreigeschossigen Verbindungsbau zur Münchner Straße und einen freistehenden, ebenfalls dreigeschossigen Baukörper im Westen block-artig gefasst. Der kompakt wirkende Innenhof mit halböffentlichen Freiflächen öffnet sich zum Ha-derner Weg und zum Grünzug des Kindergartens im Westen. Jedoch sind die Außenraumqualitäten im Bereich der Wohngebäude schwer nachvollziehbar.
Im südlichen Baufeld sind die Zwischenräume der viergeschossigen, ost-west-orientierten Zeilen im Erdgeschoss vollflächig überbaut und fassen somit die Münchner Straße räumlich. Positiv wird der Vorschlag gewertet, auf dem Dach der erdgeschossigen Bebauung Gründächer auszubilden. Die pa-rallele Anordnung der Zeilen im Süden wird kritisch gesehen und wirkt rigide, da die fast schon spie-lerisch anmutende Auffächerung der Baustruktur im Norden nicht aufgenommen wird. Das Potenzial zu Ausbildung spannungsreicher Freiräume wird daher nicht vollständig ausgeschöpft. Die Tiefgara-gen-Zufahrt ist direkt an die Münchner Straße angeschlossen. Aus verkehrssicherungstechnischen Gesichtspunkten ist jedoch der geringe Abstand zur Straßenkante hin zu überprüfen.
Die Zäsur zwischen den beiden Baufeldern als Fortführung der Bichelmairstraße ist gut proportioniert und lässt einen qualitätvollen Freiraum im verkehrsberuhigten Quartier erwarten. Wohltuend wirkt die trichterförmige Aufweitung der Baustruktur nach Süden und die Verengung durch das nördliche Baufeld nach Norden zum Haderner Weg. Die Fortführung des 'Anger-Gedankens' bis zum Haderner Weg wird jedoch als nicht tragfähig angesehen. Vielmehr erwartet würde eine stärkere Fassung des Platzraumes und die Verschränkung mit dem Grünzug im Norden des Kindergartens, die auch in den erläuternden Piktogrammen aufgezeigt, im Freiflächenkonzept aber nicht differenziert umgesetzt ist. Der fünfgeschossige Hochpunkt im Süden baut eine Konkurrenz zum viergeschossigen Rathaus auf. Insgesamt wird die Baustruktur im Ideenteil als sehr dicht angesehen.
Die zentrale Setzung des Rathauses auf dem großen Platz schafft einerseits großzügige Platzflächen, wirkt aber auch uneindeutig, da sich im Süden, Westen und Norden gleichartige Raumzonen ausbil-den. Im Hinblick auf die verschiedenartige Nutzung als Markt- und Veranstaltungsplatz wirkt das Frei-flächenkonzept mit einem großflächig versiegelten Platz undifferenziert und spannungsarm. Es feh-len Bezüge auf die Rathausfunktion und die angrenzenden Nutzungen ebenso wie ein Angebot an Aufenthaltsflächen in der Neuen Mitte von Neuried.
Positiv aufgenommen wird die Fortführung des Angerkonzepts über die Planegger Straße hinweg und die bereits beschriebene starke räumliche Fassung. Hier wird vom Preisgericht übereinstimmend die große Stärke des Konzepts gesehen, da ein großzügiger, wohlproportierter Rathausplatz entsteht, von dem aus das 4-geschossige Rathaus über ein großzügiges Foyer mit offenem Bürgerbüro und den Funktionen des Einwohnermeldeamtes erschlossen wird.
Die publikumsintensiven Bereiche sind im Erdgeschoss als Raumgruppen konzipiert und gut an das Foyer angebunden. Die Arbeitsbereiche in den oberen Ebenen sind sinnvoll zugeordnet und die Bü-roräume gut zugeschnitten. Das Behinderten-Bürger-WC im EG ist zu schmal. Lediglich in einem Ge-schoss ist die geforderte Teeküche nachgewiesen.
Der zentrale Bereich im Erdgeschoss wird durch einen großzügigen über alle Geschosse verbinden-den Luftraum und Oberlicht mit Tageslicht versorgt. Er schafft eine zentrale Mitte im neuen Rathaus, fördert mit angelagerten offenen Raumbereichen in den Obergeschossen die Kommunikation zwi-schen den Abteilungen und den Bürgern, die das Rathaus aufsuchen. Leider wirkt die offene zweiläu-fige Treppe wenig großzügig und unterdimensioniert. Die Haupterschließung fügt sich jedoch sinn-fällig in das Raumkonzept mit offenen Zonen und verbindendem Luftraum ein.
Äußerst gelungen ist die Anordnung des überhöht ausgebildeten Sitzungsaals im 1. Obergeschoss, zuschaltbarem Trauzimmer und großzügiger Vorzone, zu der sich beide Räume öffnen lassen und so eine hohe Nutzungsflexibilität mit verschiedenen Raumangeboten gegeben ist. Der als vorgelagerte "Schicht" in der Fassade ablesbare Rathausbalkon, unterstreicht die Bedeutung dieses Raumes als Entscheidungsort der Kommune. Das Fassadenkonzept aus tragender Holzstruktur und großzügigen Glasflächen ist u.a. im Hinblick auf den sommerlichen Wärmeschutz und dem formulierten Ziel eines KfW-40-Effizienzhauses zu hinterfragen. Die Erscheinung eines nahezu voll verglasten Gebäudes wird kritisch gesehen und erscheint insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsatmosphäre und den Komfort am Arbeitsplatz als zu überdenken.
Auch sind die Raumreserven zu klein dimensioniert und nicht alle erforderliche Stellplätze nachge-wiesen. Eine Interimszufahrt der Tiefgarage und die Kurzzeitparkplätze am Rathaus sind nicht auf-findbar.
Die Grundstruktur des vorgeschlagenen Entwurfs lässt trotz großzügiger Kommunikationszonen eine wirtschaftliche Errichtung und eine hohe Nutzungsflexibilität erwarten. Der Flächenbedarf liegt im unteren Bereich der vorgeschlagenen Konzepte.
Das Rathaus als Solitärgebäude auf einem großzügigen Rathausplatz als Pendant zur Kirche St. Niko-laus inmitten der vorgeschlagenen Grünzonen entfaltet als erster starker Baustein eine große Kraft und Robustheit für die weitere städtebauliche Entwicklung des Ideenteils. Sowohl im Realisierungs- als auch im Ideenteil liefert der Entwurf einen wertvollen Beitrag zur qualitätvollen Entwicklung der Neuen Ortsmitte Neuried.