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Offener Wettbewerb | 01/2021

Entwicklung Sportforum Berlin

Engere Wahl

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

1.0 Einleitung

Das rund 41 ha große Sportforum in Berlin-Lichtenberg ist eines von zwei landeseigenen, sehr bedeutsamen Sportstandorten Berlins. Neben Trainingsstätte und Wettkampfort für Spitzen- und Leistungssport, sind der Olympiastützpunkt, Bundes- und Landesstützpunkte, das sportwissenschaftliche Institut der HU und die deutsche Hochschule für Gesundheit und Sport dort angesiedelt. Das Forum wird für (inter-)nationalen Sportveranstaltungen und durch den Schul-, Hochschul-, Breiten- und Freizeitsport genutzt. Zukünftig gilt es sowohl den komplexen Anforderungen der verschiedenen Nutzer des Forums gerecht zu werden und die vorhandenen Sportanlagen attraktiv zu gestalten, als auch weitere multifunktionale Sportstätten zu etablieren, die eine breite und flexible Nutzung zulassen.

2.0 Konzept

Aus dem heutigen Sportforum entsteht ein innovatives, nachhaltiges und landschaftsdurchdrungenes Sportleistungszentrum, welches durch den Spitzen- und Leistungs-, Breiten- und Freizeitsport genutzt werden kann. Durch die Neuordnung des Gebietes und vor dem Hintergrund der zahlreichen Bedarfe, wird eine zeitgemäße, flächeneffiziente Ausnutzung der Fläche entwickelt.

2.1 Entwicklungsstufen

Durch den Eingriff in den Bestand und den laufenden Sportbetrieb während des Umbaus, ergeben sich Flächenabhängigkeiten, welche bei der Konzeptentwicklung bedacht werden. Kurzfristig, bis 2025, finden Ergänzungen bestehender Sportstätten statt. Der Neubau der Athletikhalle für den Eissport, das Funktionsgebäude für den Fußball (Ersatzbau), der Funktionsbau für Leichtathletik (Ersatzbau), die 3-Feld-Typensporthalle und der Neubau einer Bogensportanlage werden in der ersten Phase vollzogen. Sie werden so platziert, dass eine Realisierbarkeit möglich ist und erste funktionale und räumliche Nutzungsverknüpfungen entstehen. Durch die Platzierung der Gebäude wird frühzeitig der Haupteingangsbereich geschärft. Auch die großzügige Grünachse kann in der ersten Stufe realisiert werden.

Mittel- bis langfristig werden durch weitere Ergänzungen verschiedene Sport- und Nutzungscluster entwickelt und eine Sportarena errichtet.

So wird das Fußballquartier neu geordnet und erweitert, das Eissport- und Skatingquartier geschärft, Verwaltungs- und Dienstleistungsbauten errichtet, das Beachsportquartier ergänzt, sowie bedeutende Freizeit- und Erholungsflächen geschaffen.

2.2 Nutzungscluster

Durch die Entwicklung von Nutzungsclustern werden qualitätvolle Adressen geschaffen und funktionale und räumliche Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sportanlagen verbessert und ausgebaut, sodass Sporttreibende auf kurzem Wege ihr Training absolvieren können. Neben bestehenden Clustern um Judo, Fechten und Schwimmen in Bestandsbauten und dem Schul- und Leistungssportzentrum Berlin, werden neue geschaffen. Im zentralen Bereich des Forums entsteht die neue Sportarena, welche für große Sportevents und internationale Großsportereignisse ausgelegt ist. Diese wird um ein Hotel mit Cafénutzung ergänzt. Südwestlich befindet sich der großzügige Arenavorplatz mit direkter Verbindung zum Haupteingang. Um die Sportarena gliedern sich die Radtrainingsstrecke und weitere Cluster. Das Fußballquartier liegt im südlichen Bereich, wird neugeordnet und um eine Ersatzspielstätte für den Nachwuchsbereich ergänzt. Zudem ist im Funktionsgebäude eine Café- und Imbissnutzung angedacht. Das südöstlich gelegene Eissport- und Skatingquartier wird durch Ergänzungen von Athletikhalle und Skatingbahn optimiert. Nördlich schließt sich das Athletikquartier an. Dieses wird durch den Neubau eines Funktionsgebäudes mit Gästezimmern, Vereins- und Büroräumen ergänzt. Das Beachsportquartier wird um eine neue Beachhandballanlage erweitert. Verwaltungs- und Dienstleistungsnutzungen befinden sich im Haupteingangsbereich und geben eine neue Struktur. Hier entstehen der neue Olympiastützpunkt und eine Kindertageseinrichtung. Das Schul- und Leistungssportzentrum Berlin im Norden wird durch eine 3-Feld-Sporthalle, einen Pavillon und einen Internatsbau und ein grünes Klassenzimmer auf der ehemaligen Friedhofsfläche ergänzt.

2.3 Erschließungskonzept

Die innere Erschließung wird über ein Hauptwegenetz abgewickelt, welches um die neue Sportarena verläuft. Diese Hauptachsen ist für Fahrradfahrer, Fußgänger, den Lieferverkehr, Rettungsfahrzeuge und Spitzensportler ausgelegt. Für den MIV ist diese Erschließung nicht gedacht. Zufahrten befinden sich am Haupteingang am Weißenseer Weg bei der großen Sporthalle und zwei südlich von der Konrad-Wolf-Straße abgehend. Der bestehende Grüne Hauptweg, die Zufahrt von der Konrad-Wolf-Straße entlang des Friedhofs und die Fritz-Lesch-Straße werden erhalten. Die Durchfahrt für den allgemeinen MIV wird auf ein Minimum reduziert und ist nur noch auf der Fritz-Lesch-Straße möglich. Die innere Erschließung entlang der Hauptachsen wird durch eine gesonderte Nebenverbindung für den Fußverkehr ergänzt.

Entsprechend zum Befahrungskonzept wird der ruhende Verkehr an den äußeren Rändern des Gebietes abgewickelt. Am Haupteingang wird ein kleines Parkhaus, ein weiteres Großes an der Fritz-Lesch-Straße errichtet. Ergänzend gibt es Parkplätze beim Eissport und am Weißenseer Weg.

An der Konrad-Wolf-Straße und am Weißenseer Weg entstehen durch die Bündelung der ÖPNV-Punkte, der Parkplätze und der E-Bike- und Bike/Carsharingstationen mobility hubs. Hier ist ein schneller Umstieg vom ÖPNV aufs Rad und die anschließende Gebietsdurchfahrung mit dem Rad möglich. Weitere Fahrradstellplätze und E-Bike Ladestationen sind an wichtigen Knotenpunkten im Sportforum ebenfalls vorhanden.

2.4 Grün- und Freiraumkonzept

Zukünftig wird das Sportforum durch eine großzügige Grünachse geprägt. Großräumig betrachtet bettet sich diese in das Berliner Grüngerüst ein und schafft eine Verbindung zwischen den nördlich gelegenen, weitläufigen Friedhofsflächen und dem Orankesee und den südwestlich gelegenen Kleingartenanlagen und dem Volkspark Prenzlauer Berg. Die Grünachse geht vom großzügigen, grünen Haupteingang am Weißenseer Weg aus und bildet sich entlang der denkmalgeschützten Gebäudestrukturen bis hin zum Athletikquartier aus. Die Fläche der ehemaligen Herberge bleibt unbebaut, alte Baumbestände werden erhalten. So entfaltet die Grünachse eine Breite, welche auch an dieser Stelle als Park wahrgenommen wird. Schließlich wird die ehemalige Friedhofsfläche durch behutsame Eingriffe für die Öffentlichkeit geöffnet und ist integraler Bestandteil der Grünachse. Wertvolle Naturbereiche, historische Bestandsbäume und die Opfergräber werden erhalten und sind Bestandteile des Erholungsparks.

Gebietsintern entsteht durch diese Achse eine hohe Aufenthaltsqualität im Sportforum. Sie dient als Erholungsfläche, integriert aber auch Aktivflächen für den Freizeitsport und ist damit auch für Nichtvereinszugehörige und Menschen aus der Umgebung ausgelegt. Weitere grüne Bereiche vor den Sportfeldern sind ebenfalls multifunktional nutzbar. Sie bieten weitere Aufenthaltsmöglichkeiten für Zuschauende.

Bestandsbäume, wie die Winterlinden entlang des Eissportquartiers und der Ahorn entlang der Haupt-Ost-West-Verbindung, werden mit in das Konzept integriert. Baumpflanzungen entlang der Hauptwegeverbindungen strukturieren das Areal zudem und schaffen Orientierung.

2.5 Regenwasserbewirtschaftung

Das innovative Be- und Entwässerungskonzept sieht eine Kombination unterschiedlicher Module vor, um die zukünftige Regenwasserbewirtschaftung wassersensibel, hitzeangepasst und ressourceneffizient zu gestalten. Das Sportforum wird durch die Abkopplung vom Kanalnetz abflusslos gestaltet, sodass die Einleitung in die Vorflut gemindert und das Kanalsystem bei Starkregenereignissen entlastet wird. Durch eine Beschränkung der Versiegelung und verschiedene, dezentrale Maßnahmen der Regenwasserverdunstung und -versickerung wird dies erreicht.

Das anfallende Regenwasser soll als Betriebswasser und zur Bewässerung von Sportrasenflächen und Bäumen genutzt werden. Auf den dezentralen Retentionsflächen soll das Wasser gesammelt, verdunstet und teilweise dezentrale versickert werden. Durch Retentionsspeicher können mit diesen Regenwässern die Sportflächen bewässert werden. Die Neubauten sind mit Gründächern ausgestattet. Das auf den Dächern anfallenden Regenwasser soll neben der Gebäudekühlung ebenfalls zur Bewässerung der Sportflächen dienen.

Regenwasser, welches auf den Dachflächen der Bestandsgebäude anfällt, soll in Gebäudenähe in Rückhaltebecken und Versickerungsmulden geführt werden, wie dies beispielsweise bei der Beachvolleyballhalle, der Eisschnelllaufhalle, beim Ammoniakkeller und beim Funktionsgebäude der Eishalle 1 der Fall ist.

2.6 Ökologische und klimatische Aufwertungen

Die Neuplanung des Sportforums wird unter klimafreundlichen Aspekten vollzogen. Für die Umsetzung eines nachhaltigen Energiekonzeptes werden erneuerbare Energien durch Photovoltaikanlagen auf den Neubauten mitbedacht.

Durch den geringen Versiegelungsgrad, die Dachbegrünungen der Neubauten und die Fassadenbegrünungen der Parkhäuser kann der kleinräumigen Entstehung von Hitzeinseln durch Abkühlungseffekte entgegengewirkt werden.

Durch die Etablierung der großzügigen Grünachse und die damit einhergehende Vernetzung klimatisch wirksamer Freiräume, entsteht ein verbessertes Lokalklima. Zahlreiche Bauneupflanzungen, die in den Baumbestand integriert werden, tragen zur Frischluftentstehung bei. Das Planungsgebiet ist Teil einer Kaltluftschneise. Durch die Gebäudestellung sollte diese auch nicht eingeschränkt sein.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee des Entwurfs formuliert eine „Grünachse“ als breit dimensionierte öffentliche Grünverbindung, die eine wichtige fußläufige Verknüpfung zwischen dem Sportforum und dem SLZB im Norden darstellt. Dieses freiräumliche Motiv wird vom Preisgericht positiv bewertet und als ein Baustein zur Aufwertung von Wegebeziehungen und zur Wahrnehmung des Sportforums gesehen. Jedoch kann dies aus Sicht der Jury das Fehlen weiterer attraktiver Freiräume für den Freizeitsport oder zum Aufenthalt nicht kompensieren.

Das Gesamtkonzept wird in Bezug auf städtebauliche und landschaftsräumliche Qualitäten als wenig überzeugend bewertet. Die als Cluster zusammengefügten Bereiche fügen sich aus Sicht des Preisgerichtes additiv und ohne erkennbare gestalterische Intention aneinander, so dass die Neuordnung keine qualitative stadträumliche Verbesserung darstellt.

Der Beitrag trägt in seiner Ausformulierung dem besonderen Ort mit seinen vielschichtigen Anforderungen nicht genügend Rechnung, insbesondere wird die Aufgabenstellung, Spitzensport und die Neuformulierung öffentlicher Grünraume in angemessener Form gesamträumlich zusammenzuführen, nicht gelöst.

Die allgemeine Zonierung innerhalb des Areals sowie die Erschließung und Ausbildung der öffentlichen Räume besitzen keine prägende Gestalt, Angebote und attraktive Aufenthaltsräume für Freizeitsportler fehlen.

Das größte Bauvolumen der zweiten Entwicklungsstufe, der Neubau der Arena, wird an zentraler Stelle platziert, die umlaufende Ringerschließung definiert einen Innenbereich, der auf die Kubatur der Arena nicht angemessen reagiert. Auch wird die Architektur der Arena, die Auflösung in drei Volumina, als kritisch bewertet.

Aus sportfachlicher Sicht ist die Zuordnung der einzelnen Sportbereiche in der ersten Entwicklungsstufe gut gelöst, die daraus resultierenden kurzen Wege ermöglichen gute und sinnvolle Trainingsabläufe. Auch wird die Platzierung und Höhenentwicklung des neuen Olympiastützpunktes in unmittelbarer Nähe zum Weißenseer Weg aus sportfachlicher Sicht begrüßt. Einigkeit besteht über den gestalterischen Mangel.

Die Konzentration der Fußballfelder am südlichen Rand wird aus Gründen des Lärmschutzes kritisch gesehen.