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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Bürgercampus der Stadt Ahlen – Neubau des Stadthauses

ein 3. Preis / 3. Rang

Preisgeld: 35.500 EUR

CODE UNIQUE Architekten

Architektur

RSP Freiraum GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebau

Das Wettbewerbsgebiet befindet sich zentral im Stadtgebiet von Ahlen mit direktem Anschluss an die historische Altstadt und den Stadtpark. Das Grundstück wird von den beiden Hauptverkehrsstraßen Westenmauer und Südenmauer umschlossen. Östlich endet die Grundstücksgrenze an der Uferpromenade der Werse.

Die städtebauliche Setzung des Baukörpers berücksichtigt den natürlich abknickenden Flusslauf der Werse und die vorhanden Wegeverbindungen entlang der Ufer. Durch diese Positionierung bleibt die bestehende Uferschutzzone an der östlichen Geländeseite erhalten und kann als begrünter, von Bäumen gesäumter Freiraum, genutzt werden. Ein Großteil der vorhandenen Gehölze kann dadurch erhalten bleiben.
Die abgerundete Form des Neubaus fügt sich natürlich und selbstverständlich in die parkähnliche Situation des Baugrundstücks ein. Durch diese Konzeption entsteht ein allseitiger Baukörper welcher keine erkennbaren „Rückseiten“ besitzt. Ergänzend dazu werden freiraumplanerisch die vorhandenen Wegeverbindungen entlang der Werse aufgewertet und durch zusätzliche Plätze abgerundet. Es entstehen verschiedene qualitative Aufenthaltsmöglichkeiten für die Bürger der Stadt und die Mitarbeiter des Bürgercampus.

Mit seinen 5 Geschossen respektiert der Neubau die Kleinteiligkeit der vorhanden Umgebungsbebauung und fügt sich selbstverständlich in die Stadtstruktur ein.

Der Vorplatz in direkter Nähe zum Haupteingang und dem neu geplanten Parkplatz bietet in seiner Größe einen angemessenen Ort des Ankommens. Er setzt sich auf der östlichen Seite um den Neubau fort und stellt so eine attraktive und großzügige Verbindung zum Wasser her, auf der sich genügend Stellflächen für Fahrräder, sowie Sitzmöglichkeiten und behutsame Grünpflanzungen befinden. Eine neue Fußgängerbrücke über die Werse schließt sich direkt an den Vorplatz an und verknüpft die beiden Flussufer miteinander.


Innere Struktur

Der Entwurf verfolgt das Konzept eines klaren, technisch, gestalterisch und funktional innovativen Neubaus. Die Gebäudeform ist besonders durch die funktionsorientierte innere Anordnung und die speziellen Anforderungen bestimmt. Somit ergibt sich ein kompakter Baukörper, der in Form und Erschließung klar ablesbar ist und interne Vernetzungen unterstützt.

Erschlossen wird der Bürgercampus über den nördlichen Vorplatz. Von hier gelangt man in das großzügige Foyer, welches als geschossübergreifendes Atrium ausgebaut ist. Die sich daraus ergebenden lichtdurchfluteten Galerien machen das zentrale Atrium zu einem Ort der Kommunikation und des Austausches. Es dient als Anlauf- und Treffpunkt für Besucher und Mitarbeiter des Gebäudes. Im Zentrum des Foyers verortet sich ein großer Besuchertresen und dient als erste Anlaufstelle für die Bürger der Stadt Ahlen. Daran gliedert sich unmittelbar der Bereich des Bürgerservice mit seinen einzelnen Funktionen, wie zum Beispiel Wartebereichen und Besprechungsräumen. Die zentrale Poststelle und die Druckerei bilden den Abschluss der offen Erdgeschosslandschaft.


Über eine großzügige vertikale Erschließung gelangt der Nutzer in die oberen Geschosse, die in die jeweiligen zusammengehörigen Fachbereiche unterteilt sind. Einfache und übersichtliche Verkehrsflächen fördern auch hier die Orientierung im Gebäude. An der nördlichen und südlichen Fassade verorten sich die Pausenräume mit dazugehörigen Teeküchen und gemütlichen Loungemöbeln. Diese laden zur Kommunikation und Ruhepausen, mit Blick auf Natur und Altstadt, ein. In direkter Nähe befinden sich die buchbaren Besprechungsräume, die entsprechend der erforderlichen Größe zusammengeschaltet werden können. Eine gemeinsame Nutzung beider Bereiche schafft die Möglichkeit für Veranstaltungen, Meetings und Firmenfeiern. Die benötigten Nebenräume wie Archive, Lager und WC-Anlagen werden als Dunkelräume im Kern des Neubaus eingestellt.


Brandschutz

Alle Rettungswege führen ebenerdig ins Freie. Die klare Erschließungsstruktur unterstützt die unkomplizierte Führung der Rettungswege. Die drei Treppenhäuser wurden so platziert, dass die notwendigen Fluchtweglängen eingehalten werden.


Tragwerk, Konstruktion, Fassade

Die Gebäudekonstruktion wird im Hinblick auf die Herstellungs-, Betriebs- und Unterhaltungskosten wirtschaftlich gewählt. Die Auswahl der Materialien erfolgt unter dem Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit. Im Wesentlichen wird die Verwendung von Beton und Glas vorgeschlagen, da diese Materialien vollständig recycelbar sind. Zudem weist die Betonbauweise eine hohe Energieeffizienz und eine lange Lebensdauer auf, sodass nur geringe zusätzliche Lebenszykluskosten zu erwarten sind. Die massive Primärkonstruktion soll in wesentlichen Teilen innen unverkleidet klimaregulierend wirken. Raumakustisch wirksame Maßnahmen werden in ohnehin erforderliche Innenausbauten integriert. Der Baukörper ist als Stahlbetonskelettbau mit Stützen, Stahlbetonflachdecken und aussteifenden Stahlbetonwänden und –kernen konzipiert. Eine modulare Anordnung von Betonfertigteilstützen, sowie eine regelmäßige vertikale und horizontale Medienführung erhöhen die Flexibilität der Grundrisse in allen Geschossen. Die Positionierungen der Trennwände sind flexibel wählbar und mit wechselnden Nutzeranforderungen wirtschaftlich vertretbar veränderbar.

Die Fassaden werden im Wesentlichen durch eine Vorhangfassade aus hellen Betonfertigteilen und einer starken horizontalten Schichtung gekennzeichnet. Ein außenliegender Sonnenschutz ist in Verbindung mit den Fertigteilen problemlos realisierbar und schützt den Neubau vor zu viel Wärmeeintrag in den Sommermonaten. Durch die Möglichkeit der Nachtauskühlung werden zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs gewährleistet. Das gewählte Fassadenraster, mit seinen drei unterschiedlichen Rasterabständen, bietet die Möglichkeit flexibel auf die unterschiedlichen Raumgrößen, der dahinterliegenden Räume, zu reagieren und gewährleistet hier eine effektive Tageslichtausbeutung bei einem ökologischen Verhältnis zwischen transparenten und geschlossenen Fassadenflächen.

Das Erdgeschoss erhält zur Belichtung der gemeinsamen Flächen des Bürgerservice und der Poststelle eine raumhohe Verglasung. Durch die Form des Baukörpers und den Auskragungen werden auch hier direkte Sonneneinstrahlungen auf ein verträgliches Maß reduziert. Bei den konstruktiven Bauteilanschlüssen werden wärmebrückenfreie Detaillösungen gewählt. Eine Dreifachverglasung sorgt für einen optimalen winterlichen Wärmeschutz. Geschlossene Wand- und Fassadenflächen verringern den Glasflächenanteil.

Energie und Technik

Der Neubau ist kompakt mit einem günstigen A/V-Verhältnis angelegt. Zugunsten optimierter Betriebskosten wird sowohl im Winter als auch im Sommer eine hohe Energieeffizienz angestrebt welche außerdem eine hohe Behaglichkeit im Gebäude sicherstellt. Insbesondere Architektur und Baukonstruktion sollen zu einer energetisch günstigen Gesamtbilanzierung beitragen. Die Grundrisstypologie und Fassadengestaltung ermöglicht eine natürliche Belichtung aller Arbeitsbereiche, wodurch eine optimale Tageslichtausnutzung gewährleistet wird. Zur Reduzierung des sommerlichen Wärmeeintrages wird an den Fenstern der Ost-, West- und Südseiten des Gebäudes ein steuerbarer windunabhängiger Sonnenschutz angebracht. Zusätzlich verfügen alle Räume über einen innenliegenden Blendschutz. Alle Räume können natürlich be- und entlüftet werden. In den Bürobereichen werden regelmäßig angeordnete Kipp-/ Drehflügel vorgeschlagen, welche eine individuelle natürliche Lüftung und Nachtauskühlung erlauben.


Freianlagen

Die Freianlagen des neuen Bürgercampus in Ahlen werden mit dem im ersten Abschnitt entstehenden Stadthaus gänzlich neu geordnet. Um den vielen Anforderungen und Funktionen gerecht zu werden, gliedern sich die Freianlagen in verschiedene Zonen. Nördlich des neuen Stadthauses bildet ein kleiner Platz das Verbindungsgelenk zwischen dem Stadtpark und dem neuen Promenadenweg. Die Bestandsbäume können durch großzügige grüne Beete erhalten werden. In diesem Bereich entsteht eine separate Zufahrt für die Anlieferung des Gebäudes. Von hier aus gelangen die Besucher und Mitarbeiter auf dem Promenadenweg oder der Westenmauer zum Haupteingang des Gebäudes. Der hier entstehende neue Vorplatz sammelt die aus allen Richtungen kommenden Besucher- und Mitarbeiterströme und leitet sie zu den Eingängen. Dieser neue Knotenpunkt hat direkte Anbindung an die Innenstadt, dem neuen Parkplatz, sowie dem anderen Werseufer. Über eine Brücke können Fußgänger und Radfahrer auf direktem Weg die andere Seite erreichen. Gerahmt wird die Brücke von einer Stufenanlage mit Sitzmöglichkeiten sowie einem grünen Gehölzsaum. Über die Treppen oder einer Rampe wird die Zugänglichkeit der Werse ermöglicht. Das Ufer wird an dieser Stelle natürlich ausgebildet. Der grüne Saum südlich der Treppenanlagen bildet gleichzeitig den Abschluss des ersten Parkplatzabschnittes. Das dichte Grün des Uferbereiches entzerrt sich Richtung Parkplatz. Die 88 entstehenden Pkw-Stellplätze sind durch eine lockere Baumstellung geprägt. In diesem Bereich werden auch die überdachten Mitarbeiterstellplätze, Ladestationen sowie die Behinderten-Stellplätze angeordnet.
In Verlängerung der Stadtbücherei bildet ein multifunktionaler Platz das neue Zentrum des Bürgercampus. Eine einfache punktuelle Markierung bietet die Möglichkeit den Platz im Alltag als Parkplatz zu benutzen. 72 Pkw-Stellplätze können so geschaffen werden. Zu besonderen Anlässen verwandelt sich der Parkplatz dann zum Veranstaltungsort mit Blick auf die Werse. Das Umfeld der Bibliothek wird ebenfalls neu gestaltet. Ein großzügiger Vorplatz sowie ein Wasserspiel gerahmt von zwei Baumhainen bieten dem historischen Gebäude den nötigen Rahmen. Das verbindende Element all dieser unterschiedlichen Zonen ist der neue Promenadenweg entlang der Werse, welcher besonders durch die unterschiedlich gestalteten Uferzonen ein interessantes Pendant zum gegenüber verlaufenden Weg darstellt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau / Architektur
Das städtebauliche Konzept verfolgt das Anliegen, mit einem geschwungenen Baukörper den Flußlauf der Werse nachzuzeichnen und damit das neue Stadthaus selbstverständlich in die parkähnliche Situation einzubetten. Durch diese städtebauliche Positionierung können die Uferbereiche erhalten und zugleich die umgebenden öffentlichen Räume aufgewertet werden. Mit dem Haupteingang im Süden und Südwesten im Übergang zum Bürgercampus entsteht an der richtigen Stelle eine einladende Entréesituation. Im Norden weicht der Baukörper von der Westenmauer zurück, so dass auch hier ein begrünter Aufenthaltsbereich geschaffen werden kann. Eine Andeutung des Bürgerforums fehlt. Der Baukörper formuliert mit seiner durchgängigen Fünfgeschossigkeit und seiner ´Aufdickung´ im südlichen Bereich eine klare Haltung zum Ort. Die gestalterische Zonierung in ein transparentes Erdgeschoß, das Einblicke und Durchblicke ermöglicht, und einem differenzierten Fassadenmuster in den darüber liegenden Geschossen, wird dem Anspruch eines Stadthauses und den funktionalen Anforderungen eines Verwaltungsgebäudes gerecht. Über ein durchgehendes Foyer, das sich mit seinem Luftraum über alle 5 Geschosse erstreckt, wird ein klares ´Herz´ für das Stadthaus ausgebildet. Eine offene Wendeltreppe im Luftraum verbindet – neben der notwendigen Erschließung über Aufzüge und geschlossene Treppenhäuser – alle Geschosse und Funktionen miteinander. Diese großzügige räumliche Geste lässt jedoch die hieraus resultierenden Anforderungen des Brandschutzes unbeantwortet. Die innere Erschließung mit belichteten Gängen und Aufenthaltsbereichen an den beiden Gebäudeenden bietet eine klare Orientierung. Allerdings wird nicht klar ersichtlich, wie die Nutzungseinheiten räumlich voneinander abgetrennt werden, wie das Glasdach konzipiert und welche Flexibilität (u.a. Fremdvermietung) gegeben ist. Das Raumprogramm wird grundsätzlich erfüllt - abgesehen von kleinen Abweichungen wie beispielsweise im Bereich der Technikflächen. Die Fassade wird von einer verglasten Pfosten-Riegel-Konstruktion im Erdgeschoß und einer Vorhangfassade aus hellen Stahlbetonfertigteilen geprägt, wobei die Pfosten durch ihre variierende Stellung und die Krümmung des Baukörpers ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild erzeugen. Wirtschaftlichkeit und Flächeneffizienz liegen im mittleren Bereich. Die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Energieeffizienz werden aufgegriffen und punktuell mit konzeptionellen Vorschlägen wie Dachbegrünung und Photovoltaik beantwortet. Insgesamt präsentiert sich der Entwurf – wenn auch auffällig und etwas fremd im Kontext - mit einer klaren Haltung zur gestellten Aufgabe und zum Ort.

Freiraum
Die Verfasser gliedern den Freiraum des Bürgercampus in drei parallel liegende streifenförmige Bereiche, einem Vorplatz am Stadthaus, einem Parkplatz mit Baumdach und einer gemischt zu nutzenden Parkierungs- und Veranstaltungsfläche, die der Bibliothek vorgelagert ist. Die Gestaltung lässt eine gute Verknüpfung von Innenstadt und Fluss erwarten, nicht zuletzt durch einen richtig gesetzten Steg über die Werse. Auch verschafft der Entwurf dem Stadthaus einen gut geschnittenen Entree-Bereich. Andererseits wirkt die additive Freiraumgestaltung der Ausbildung eines einheitlichen und einladenden Charakters des Campus selbst entgegen. Auch gelingt es dem Entwurf nicht, eine kraftvolle Uferpromenade auszubilden.
Lageplan

Lageplan