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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Ersatzneubau der Freilichttribüne für die Eutiner Festspiele in Eutin

Perspektive Parkseite

Perspektive Parkseite

1. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

Prof. Moths Architekten

Architektur

Hunck+Lorenz Freiraumplanung

Landschaftsarchitektur

ISP-Ingenieure

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Leitidee

Ziel des Entwurfs war es, einen Ort zu schaffen, der dem denkmalgeschützten Landschaftspark würdig ist und der angemessen auf die Gestaltung und Atmosphäre des Parks reagiert. Gleichzeitig galt es, die notwendigen Anforderungen an ein Tribünen Bauwerk, inklusive der erforderlichen Nebenräume, behutsam in diese Gestaltung zu integrieren.
Des Weiteren war es in unseren Augen unabdingbar, dass der Ort nicht nur während der drei Monate Festspielzeit, sondern auch in den übrigen neun Monaten einen echten Mehrwert für den Schlosspark und seine Besucher schafft.
Im Geist des gestalteten englischen Landschaftsparks entsteht eine Tribüne als neuer „grüner“ Hügel, der an seinen Rändern in die Landschaft eintaucht und sich trotz notwendiger Größe und Materialität harmonisch in die denkmalgeschützte Umgebung einfügt.
Die bisher planungsrechtlich vorgegebenen Baugrenzen zeichnen den exakten Abdruck der ehemaligen Tribüne nach, diese müssen zur Realisierung einer neuen, dem Park entsprechenden Tribünenform angepasst werden und wurden daher zu Gunsten des Entwurf korrigiert.

Entwurf

Entstanden ist eine Tribüne mit 1.900 Sitzplätzen, die sich als helle, filigrane aber dennoch massive Betonschale aus der Landschaft hebt. An den Rändern der geschwungenen Schale „verschmelzen“ Sitzstufen und Grünflächen ineinander, den äußeren Rand der Tribüne bildet ein Panoramaweg mit geschwungenen Stufen und einer Aussichtsplattform, die außerhalb der Spielzeit zum Entdecken einlädt. Von dieser Position lassen sich historische Blickbeziehungen wiederentdecken.
Die dem Park zugewandte Tribünenseite ist maßgeblich geprägt von den weißen Betonsitzstufen. Auf dieser Seite entsteht eine Situation ähnlich eines Amphitheaters. Außerhalb der Festspielsaison wird die Bestuhlung demontiert und die großen Sitzstufen laden dank Südausrichtung zum Entspannen und Verweilen ein.
Die Seeseite dagegen ist geprägt von dem sogenannten „philosophischen Gang“ bzw. „Beltwalk“. Dieses historische Gartenelement wird wiederbelebt und gleichzeitig um das Element der Seeterrassen erweitert. Es entsteht dort ein völlig neuer Ort. Die ehemalige Rückseite der Tribüne erfährt so eine neue Aufenthaltsqualität und der See und die Uferkante (auch die historische) lässt sich hier aus nächster Nähe erleben. In dem dort installierten Holzdeck ist die historische Uferkante als Abdruck zu sehen. Der Besucher hält sich quasi im Zwischenraum zwischen historischer und heutiger Uferkante auf.
Die dort vorhandene Vegetation wird weitestgehend erhalten. Dank neu geschaffener Sichtachsen lassen sich auch hier wieder historische Blickbeziehungen entdecken. Zwischen den Seeterrassen entstehen neue, biologisch wertvolle Schilfzonen am Ufer.
Während der Schauspielsaison werden in den Spielpausen hier Snacks und Getränke angeboten, das Erlebnis eines Open Air Aufführung wird um das direkte Erleben des Sees und der Natur und der historischen Ausblicke erweitert. Eine Nutzbarkeit des Bistros ist auch außerhalb der Festspielsaison denkbar.
Herausragendes Merkmal des Entwurfs ist die neu geschaffene ganzjährige Nutzbarkeit, die ganzjährige Aufenthaltsqualität und das Herstellen eines völlig neuen Ortes direkt am Wasser.
Gleichzeitig wird mit der Reaktivierung historischer Gestaltungsmerkmale (Öffnung bzw. Wiederherstellung historischer Sichtachsen, dem Motiv der gestaltenden Landschaft, dem wiederhergestellten philosophischen Gang etc.) auf die gartendenkmalpflegerischen und naturschutzrechtlichen Belange reagiert und diese werden behutsam in eine zeitgemäße Freizeitnutzung überführt.

Konstruktion und Materialität

Die gesamte Konstruktion erscheint in einem hellen, fast weißen Sichtbeton. Dabei wird eine Mischung aus Ortbeton und Betonfertigteilsegmenten zum Einsatz kommen.

Die Grundkonstruktion besteht aus einer geschwungenen Betonschale, diese läuft von ca. 60 cm Stärke am Fußpunkt bis auf ca.20 cm Stärke am oberen Rand aus. Den oberen Abschluss der Betonschale bildet ein gekrümmter Glasrand. Dieser und die überaus schmale Ansichtskante lassen die gesamte Konstruktion trotz ihrer Größe leicht und filigran wirken. Als Absturzsicherung kommt ein Ganzglasgeländer zum Einsatz.
Die Ränder der Tribüne „verschmelzen“ in einer geschwungenen Form mit der angrenzenden Landschaft. Auf der Ortbetonschale liegen Fertigteile für die Sitzstufen, Stufenkonstruktion, Aussichtsplattform und Panoramaweg, getragen wird die gesamte Tribüne von den darunterliegenden Funktions- und Nebenräumen. Diese entstehen ebenfalls in einer Stahlbetonkonstruktion. Sie werden auf der Seeseite von einer unbehandelten Lärchenholzfassade verkleidet, dort schließen sich ebenfalls noch verschieden aufgeständerte Holzdecks- bzw. Steganlagen aus Lärchenholz an.
Das Fundament besteht aus einem Streifenfundament und Bohrpfählen in der entsprechenden Dimensionierung. Da der Auslober eine ausschließliche Nutzung der Räumlichkeiten in den Sommermonaten definierte, wurde sich für eine ungedämmte, ungeheizte Konstruktion entschieden. Die Sanitärräume werden während der Wintermonate daher stillgelegt.

Optionale Dachkonstruktion

Für die optionale, temporäre Überdachung der Tribüne werden vier Auflagerpunkte auf der Tribüne vorgesehen, diese liegen über der Stahlbetonaußenwand der Funktionsräume und tragen die Lasten direkt in die Fundamente ab. Die ca. 10 m langen Pylonen lassen sich vom Parkweg mittels Kran aufbauen und werden über die Zeltdachkonstruktion abgespannt. Abspannpunkte werden hinter der Tribüne im See und vor der Tribüne auf dem Hügel angeordnet. Es wird durch diese Konstruktion gewährleistet, dass die Tribüne weiterhin so filigran wie möglich ist, da ja neun Monate im Jahr ohne Zeltdach die Tribüne nicht überdimensioniert wirken soll.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf 1001 entwickelt sich optimal aus den Landschaftsraum mit dem englischen Landschaftspark und nimmt die Umgebungsstrukturen des Philosophenganges mit auf. Durch den umlaufenden Weg ist auch außerhalb der Spielzeit die Uferlinie erlebbar. Die neue Tribüne bindet sich gut in das vorhandene Wegenetz ein und nimmt alle historischen Bezüge auf. Der Entwurf fügt sich in das ländliche und hügelige Bild des Gartens ein und ordnet sich diesem angenehm in seiner eigenen Formsprache unter.
Die großenteils geschlossene Unterkonstruktion mit der dortigen Infrastruktur unterbindet dabei dauerhaftes Verweilen unterhalb der Tribüne und schützt somit nachhaltig vor Vandalismus.
Eine Nutzung außerhalb der Spielzeit ohne umfassende Rüstzeiten ist aufgrund der verschließbaren Räumlichkeiten kurzfristig möglich.
Als Solitär hat die Tribüne einen eigenen architektonischen Anspruch, dessen Ästhetik, Leichtigkeit und schwebende Eleganz vom Preisgericht ausdrücklich gewürdigt wird, ohne sich den vorgefundenen „Altstrukturen“ des Vorgängerbaus unterzuordnen.
Das Raumprogramm entspricht knapp den Vorgaben und kann ggfls. untereinander durch Flächentausch innerhalb der Nebenflächen und Funktionsflächen deutlich aufgewertet und verbessert werden.
Der Tribünenbaukörper sollte in Korrespondenz mit der vorhandenen Szenenfläche hinsichtlich Sichtbeziehungen und Akustik überprüft werden. Ebenso bieten die Vorgaben des Bebauungsplanes Reserven bezüglich der Tribünenhöhe, die zugunsten der Sitzplatzanzahl und Sichtqualität auszunutzen sind.
Im Bezug auf das Konzept als Stahlbetonkonstruktion ist der Vorfertigungsgrad zu prüfen um zu gewährleisten, das die zur Verfügung stehende Bauzeit zwischen den Spielzeiten für die Realisierung ausreicht.
Begrüßenswert ist, dass sich die Entwurfsverfasser bereits mit der Ergänzung einer Bedachung befasst haben. Insgesamt bieten die Verfasser einen gut ausgearbeiteten Beitrag.
Der Entwurf erscheint auch unter Berücksichtigung der laufenden Instandhaltung wirtschaftlich und wartungsfreundlich.
Tribüne Eutin Bühnenseite

Tribüne Eutin Bühnenseite

Perspektive Seeseite

Perspektive Seeseite

Tribüne Eutin Seeseite

Tribüne Eutin Seeseite

Lageplan

Lageplan

Tribüne Eutin Plan Bestuhlung

Tribüne Eutin Plan Bestuhlung

Grundriss

Grundriss

Aufsicht

Aufsicht

Piktogramm

Piktogramm