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Mehrfachbeauftragung mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb | 09/2020

Rahmenplanung für die Oststadt in Pforzheim

Gewinner

CITYFÖRSTER architecture + urbanism

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

freiwurf landschaftsarchitekturen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Projekt: Ströme und Furten

Die Oststadt soll in Zukunft als integrierter, gemischt genutzter Stadtteil am Fluss wahrgenommen werden, der über attraktive Routen an die Innenstadt, Nordstadt, den Wartberg und den Kanzlerwald angebunden ist. Die Leitidee besteht in der Formulierung von „Strömen“ und „Furten“ als verbindende, Stadtbild prägende Strukturen.

Die Topografie, die Hanglage der Oststadt, wird dabei als Identität stiftendes Element herausgearbeitet. Die Bahntrasse, die B10 und der parallel dazu verlaufende Hang sowie die Enz werden als verbindende Ströme in Ost-West-Richtung interpretiert. Durch neue Orte am Enz-Ufer (z.B. Flussbadstege), einen Hang-Tal-Weg von der Eutinger-Tal-Siedlung bis zum Oststadt-Park, das Anbauen an und das Umbauen von der B10 (Einfallstraße wird Stadtstraße) und einen neuen Radschnellweg parallel zur Bahntrasse entstehen „Ströme“, die die Oststadt mit der Innenstadt vernetzen. Quer dazu verlaufen „Furten“, die die Ströme kreuzen und überbrücken: Verbinder in Nord-Süd-Richtung zwischen Wartberg, Nordstadt, Oststadt, Enz und Kanzlerwald. Die Furten sind Verbindungsräume, sind mal Weg, mal Stiege, mal breite Frei- und Sitztreppe, mal Plateau oder Aussichtsterrasse, Steg in den Fluss oder einfach nur lange Blickachse. Die Furten rhythmisieren zudem den Stadtkörper in Ost-West-Richtung, bilden neue Beziehungen zwischen vormals zerschnittenen Stadträumen von Nord- und Oststadt und vernetzen sie mit dem landschaftlichen Umfeld. Beide Strukturen befördern zudem den lokalen Luftaustausch.
Die industrielle Prägung wird nicht negiert; im Gegenteil, die Einzigartigkeit der Oststadt besteht in dem Nebeneinander von Industrie, Gewerbe, Wohnen, Kultur, Tourismus, Freizeit, Bildung. In Zukunft rücken neue Nutzungen, Gebäude und Freiräume näher an die infrastrukturellen Großbauten heran, integrieren diese, binden sie ein, machen sie zugänglich. Die heterogene Bau- und Freiraumstruktur erhält durch die „Ströme und Furten“ einen räumlichen Zusammenhalt und eine gemeinsame stadtgestalterische Identität.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der von den Verfassern für die Rahmenplanung einer transformierten Oststadt in Pforzheim gewählte Arbeitstitel „Ströme und Furten“ stellt sich nach der überzeugenden und gut nachvollziehbaren Präsentation auch in den Nachfragen der Jury und auch in der anschließenden internen Diskussion um die jeweiligen Qualitäten und Schwächen aller Arbeiten, als wunderbare und auch gut belastbare Metapher für diese komplexe Planungsaufgabe dar. Diese neue „romantische Konnotation“ für ein derart heterogen bebautes Stadtquartier, könnte gepaart mit den angebotenen etappierten Transformationsprozessen sowohl in einer visionären Zukunftsbetrachtung als auch schon in ersten pointierten Lupenblicken auf einzelne Stadtbausteine, eine vielversprechende und bei den Bürgern der Stadt Pforzheim positiv aufgeladene Oststadtentwicklung auslösen.

Das Konzept zeigt im Zusammenspiel aller seiner Einzelbausteine eine kluge und verständliche Verwebung der sich linear darstellenden Oststadt vom Hauptbahnhof bis zum östlichen Stadteingang.

Die bekannten „drei Ost-West Ströme“ Enz, B 10 und Bahntrasse, unterschiedlich zu betrachtende Barrieren mit großer Bedeutungswirkung für die Oststadt, werden von den Verfassern mit gut gewählten sequenziellen „Nord Süd Querungs-Furten“ weit über die Barrieren hinaus mit den angrenzenden Stadtquartieren, meist in Hanglage, verbunden. Einige der angebotenen Querungen nutzen bereits vorhandene Querwege in der Stadt, andere werden als potentielle neue Furten angeboten, die die Verfasser rhythmisch und lagebedingt für die Oststadt entwickelt und als wichtige Impulsgeber vorgeschlagen haben. Wichtig ist den Verfassern, die Stadt am Fluss mit dem ausgeprägten Landschaftraum in der Stadt konsequent qualitativ weiterzuentwickeln und diesen vorhandenen Landschaftraum über neue attraktive Routen und Blickachsen mit der Nordstadt, dem Wartbergareal und im Süden mit dem Kanzlerwald zu verbinden. Somit soll die Oststadt künftig nicht mehr ausschließlich als „Bandstadt in Tallage“ sondern als „attraktive Flächenstadt und Kreativquartier“ mit ausgeprägter und identitätsstiftender Hang- und Tallage wahrgenommen und erlebt werden.

Wichtig bei der Konzeption der Verwebung sind die bislang aufgezeigten Andockpunkte im Westen mit dem Bahnhofsquartier, dem Rathaus und dem geplanten Inselcampus und einem eindeutigen städtebaulichen Auftakt im Osten als Stadteinfahrt auf mittlerer Höhe des vorhandenen Klärwerks. Die neue Mitte der östlichen Stadt sehen die Verfasser naheliegend beim geplanten neuen S-Bahnhaltepunkt, der neben einer eindeutigen Adresse und städtebaulichen Raumbildung, auch direkt mit den touristischen Attraktionen Gasometer und künftig ggfs. auch Kohlebunker auf kurzem Wege vernetzt ist.
Das gewählte Leitmotiv und die städtebauliche und landschaftsplanerische Gesamtpräsentation stellen sich somit auch in der detaillierten Betrachtung als bereichernder Rahmenplan dar und unterstreichen die angebotenen Verwebungsabsichten auch mit topografisch und räumlich nachvollziehbaren einprägsamen Querschnitten, die insbesondere die landschaftlichen Potentiale und Möglichkeiten dieses Transformationsprozesses eines weitgehend gewerblich und industriell genutzten Stadtteils, hin zu einem kreativen neuen Quartier aufzeigen.