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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Neukonzeption des Oberhessischen Museums (OHM) in Gießen

1. Preis

Preisgeld: 22.800 EUR

STUDIO GRÜNDER KIRFEL

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit beschränkt den nach außen sichtbaren architektonischen Eingriff im Wesentlichen auf den Bereich der Fuge zwischen Leib'schem und Wallenfels'schem Haus. Hierbei respektiert die in vorderer Ebene sichtbare zeitgenössische Adaption einer Fachwerk-Struktur die Traufhöhe beider Bestandsge-bäude, während ein dezent zurückgesetzt platzierter Aufbau auch die Dachgeschosse anbindet.
Die Arbeit reagiert zudem sensibel auf die bauliche Geschichte der ehemaligen Burgmannenhäuser und zeichnet sich durch eine bestandsorientierte Planung sowie einen sehr respektvollen Umgang mit der Altbausubstanz aus. Die Eingriffe in das konstruktive Gefüge sind auf das Notwendigste beschränkt. Obwohl eindeutig als neues Element erkennbar, fügt sich der Verbindungsbau unter Beachtung der Materialität, des vorhandenen Proportionsspiels und der Traufhöhen harmonisch in die Lücke zwischen den beiden Häusern ein. Dank des barrierefreien Erschließungskonzeptes über den Eingang des Leib`schen Hauses wird das charakteristische Erscheinungsbild weitestgehend bewahrt. Die Gestaltung des zentralen Eingangselementes bedarf allerdings noch der Feinabstimmung mit der Denkmalpflege.
Der künftige Zugang des Museums befindet sich gut wahrnehmbar im Leib'schen Haus, liegt aber nicht in der Sichtachse zum Alten Schloss. Den Verfassern ist die Herausforderung bewusst, die Aufmerk-samkeit und die Wegeführung für die Ankommenden von der auf das Wallenfels'sche Haus zulaufenden Sichtachse hin zum neuen Eingang lenken zu müssen.
Hierzu wird eine Gartenanlage im Vorbereich des Wallenfels'schen Hauses vorgeschlagen. Diese Geste als Unterstützung der Besucherführung wird vom Preisgericht verstanden, die konkrete gestalterische Ausarbeitung der Freianlagen bedarf jedoch einer deutlichen Überarbeitung.
In der inneren Gebäudeorganisation besticht die Arbeit durch ein einfaches und übersichtliches Er-schließungssystem. Der Schacht der bisherigen Wendeltreppe im Leib'schen Haus wird intelligent für einen zentralen Aufzug genutzt, der sämtliche Ebenen beider Gebäude barrierefrei anwendet. Die in der Fuge platzierte zweiläufige Treppenanlage verknüpft auf kurzen Wegen die versetzt liegenden Ge-schossebenen der Bestandsbauten. Über seine funktionale Bedeutung hinaus wird der Treppenraum mit seinen Lufträumen und den Ausblicken zum Kirchenplatz und über die Stadtmauer hinweg auch zu einem zentralen architektonischen Erlebnisraum für die Besucher. Die Bestandstreppe im Wallen-fels'schen Haus bleibt als notwendiger zweiter Fluchtweg erhalten. Allerdings sind mit dem trennenden Treppenraum in der Gebäudefuge zwar zwei bauliche Rettungswege vorhanden, jedoch fehlt für das Leib‘sche Haus eine Verbindung zum rechten Treppenraum: Beide Treppenräume sind mit Türen zu den Nutzungseinheiten abzutrennen. Das in der Visualisierung dargestellte Treppenhaus, als auch das Tragwerk sind brandschutztechnisch gem. Anforderungen der HBO abzuschotten. Kompensationen sind erforderlich.
Die innere Organisation des Hauses und der Zuschnitt der Räume geben der Dauerausstellung eine eindeutige Struktur. Insgesamt schafft es der Entwurf mit bescheidenen sensiblen Eingriffen, die bishe-rigen funktionalen Mängel vollständig zu beheben und überzeugende Raumfolgen herzustellen. Im Erd-geschoss bilden Shopbereich mit Café, der Ausstellungsbereich für das Stadtmodell und der Seminar-raum schlüssige und funktionierende Funktionszusammenhänge. Auch die Museumspädagogik im Zwischengeschoss ist gut und richtig angebunden. Lediglich die Platzierung des Filmbüros im ersten Obergeschoss sollte überdacht werden, da dieser Bereich auch außerhalb der Museumsöffnungszeiten zugänglich sein soll. Insgesamt ein hervorragender Lösungsansatz für die gestellte Wettbewerbsauf-gabe, der eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten lässt.