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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Neubau des LEW-Areals in Neu-Ulm

PERSPEKTIVE Heiner-Metzger-Platz

PERSPEKTIVE Heiner-Metzger-Platz

2. Preis

Preisgeld: 60.000 EUR

HASCHER JEHLE Architektur

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND FREIRAUM
Das Wettbewerbsgelände am Heiner-Metzger-Platz ist von hoher stadträumlicher Prägnanz. Der Entwurf nutzt die durch den jetzigen Abriss des Bestandsgebäudes mögliche städtebauliche Neuordnung und die exponierte Lage des Baufeldes und schlägt für den Neubau mit dem ringförmigen Baukörper eine ruhige und klare Großform vor, die mit ihrem ganz eigenem, identitätsstiftenden Charakter, Offenheit und Transparenz signalisiert. Durch die baukörperliche Gliederung des Blocks und seiner zur Nachbarschaft differenzierten Höhenstaffelungen fügt sich der Neubau in die Umgebung ein. Gleichzeitig zeichnet sich der Neubau durch seine plastische Ausprägung selbstbewusst im Gesamtensemble ab und wirkt zum Platz mit der Hauptfassade des Foyers für Veranstaltungsraum und Bibliothek prägend. An der Bahnhofstraße behauptet er sich gegenüber dem Baukörper der Glacis-Galerie und nimmt sich gegenüber zur angrenzenden Wohnbebauung zurück, wodurch die veränderte städtebauliche Situation neu arrondiert wird.

Die Vor- und Rücksprünge sowie das markante Netz der horizontalen und vertikalen Lisenen in den Fassaden unterstreichen die Wirkung einer selbstbewussten und zeitgemäßen Architektur. Gleichzeitig entsteht eine wohlproportionierte, gegliederte Kubatur, die sich harmonisch in die städtebauliche Situation und ihre unterschiedlichen Maßstäbe integriert. Der Neubau hat dabei keine Vorder- und Rückansicht, sondern umlaufend gleichwertig attraktive Seiten.

RÄUMLICHE ORGANISATION UND GESTALTUNG
Die unterschiedlichen Nutzungsbereiche aus Gastronomie, Veranstaltungsraum, Bibliothek, Generationentreff, Büro sowie Wohnen sind einmal horizontal geschichtet und dann in eigenständigen Gebäudeabschnitten geplant und auf deren jeweilige Anforderungen hin optimiert. Im Erdgeschoss und der Ebene 1 sind dabei die öffentlichen Nutzungen, klar durch eine Zäsur in der Fassade ablesbar. In den Ebenen 2-5 sind die privaten Nutzungen Wohnen und Büro angeordnet.

Das Gebäude besetzt mit seinen transparenten Ebenen 0 und 1 als öffentliches Gebäude den Stadtraum und schafft einen Ort, der sich den Bürgern und Besuchern der Stadt als einladender Kommunikationsort anbietet. Durch die zum Platz gelegenen Foyers profitieren Bibliothek, Generationentreff und Veranstaltungsraum von der prominenten Adresse und erhalten eine angemessene, repräsentative Außendarstellung. Die nach außen wirkenden Gastronomieangebote sowie das Bibliotheks-Café mit seiner Außenfläche im ersten Obergeschoss tragen zusätzlich zur Attraktivität und Belebung des Außenraums und der Adressbildung bei.
Die Erschließung der kompakt übereinanderliegenden Büroflächen in den Obergeschossen erfolgt über großzügige Foyers, die ihre Adresse an der Bahnhofsstraße haben. Die Wohnungen werden vom Platz und dem Innenhof erschlossen, der sich zur Maximilianstraße öffnet.

Sehr hohe Kompaktheit bei gleichzeitig größtmöglicher Nutzungsflexibilität und ein sehr effizientes Erschließungssystem prägen das Raumkonzept des Gebäudes. Die Publikumsflächen wie der Veranstaltungsraum, der Generationentreff und die Bibliothek sind als eigenständige Bereiche entwickelt, funktionieren autark und sind gleichzeitig funktional über das Foyer eng miteinander verknüpft sowie räumlich verzahnt. Der platzseitige Haupteingang führt direkt in das großzügige, zentrale Foyer. Von hier gelangt man auf kurzem und direktem Weg über die freie Treppe nach oben in die Bibliothek und zum Veranstaltungsraum, der sich zum Innenhof öffnet. Flankierend zum Foyer liegt der Generationentreff, der über das zentrale Foyer oder über den eigenständigen Zugang direkt vom Platz erreicht werden kann.

Über die großzügige freie Treppe gelangt der Besucher vom Foyer in die Bibliothek in Ebene 1. Galerieartig öffnet sich ihm hier der Blick auf den Heiner-Metzger-Platz. Hier findet er als erste Anlaufstelle auch die Infotheke. Flankierend zu dem Antrittsbereich liegt das Lese-Café, das sich zum Heiner-Metzger-Platz öffnet und mit seiner Außenbestuhlung hervorragende Aufenthaltsqualitäten auf der Terrasse des Sockels anbietet.Die Kinder- und Jugendbibliothek liegt als belebter Ort direkt im Anschluss und profitiert von der Nähe zum Café und dem Außenbereich. Die weiteren Buchbereiche lassen aufgrund ihrer flexiblen Struktur vielfältige Bespielungsvarianten und das problemlose Reagieren auf unterschiedliche Anforderungen zu. Die gesamte Bibliothek wird auf einer Ebene organisiert und lässt durch den Ringschluss unterschiedlichste Nutzungsszenarien zu.

Die Büroetagen lassen sich im Fassadenraster von 1,35 m je nach Bedarf als Zellenbüro, Kombibüro, Großraumbüro oder Mischformen bespielen. Die beiden Erschließungskerne sind so platziert, dass hochflexible Einheiten von ca. 250 bis 400m2 gebildet werden können und gleichzeitig ein nahtloses Koppeln der benachbarten 400m2Nutzungseinheiten zu einem gemeinsamen open-space von max. 800m2 möglich ist.

Mit den Wohnungsbereichen werden der angestrebte Wohnungsschlüssel und die unterschiedlichen Wohnformen exakt erreicht. Durch die städtebauliche Anordnung sind der qualitätsvolle Ausblick und die optimale Belichtung in allen Bereichen gesichert. Jede Wohnung erhält einen eigenen großzügigen Freibereich in Form einer mindestens 2m tiefen Balkon oder einer Terrasse (Penthäuser). Die Ausrichtung und Anordnung dieser Flächen und die leicht zurückgesetzten Bereiche der Balkone ermöglichen allen Wohnungen den ungestörten, attraktiven Aufenthalt im Freien.

KONSTRUKTION UND WIRTSCHAFTLICHKEIT
Der konstruktive Aufbau ist als wirtschaftliche Flachdeckenkonstruktion in Stahlbetonbauweise mit Stützen und Wandscheiben vorgesehen, ausgesteift wird über Kerne, die auch die vertikale Erschließung abdecken. Das gestalterische Prinzip und der architektonische Ausdruck des Baukörper und der Fassaden beruhen auf der Kombination natürlicher, unbehandelter Baustoffe. Die eingesetzten Konstruktionen werden nicht kaschiert oder gar teuer verkleidet, sondern in ihren Oberflächen behandelt und farblich gestaltet.

Der Neubau erhält eine moderne helle Fassade mit wohl proportionierten Verglasungsbereichen, die ein optimales Verhältnis aus Tageslichtnutzung, Wärme- und Schallschutzanforderungen abbilden. Die Fassaden sind dabei auf die unterschiedlichen Nutzungen abgestimmt. Die horizontal und vertikal leicht gegen die Verglasung hervortretenden Lisenen aus Glasfaserbeton strukturieren den Baukörper plastisch und geben ihm eine angenehme Maßstäblichkeit. Die Glasflächen werden so nicht zum gestaltprägenden Material der Fassade, sondern die hellen Glasfaserbetonelemente bestimmen das Bild.

Die öffentlichen Bereiche in Ebene 0 und 1 öffnen sich mit großen Schaufenstern zu den Straßen und die Eingänge zu den Bereichen bilden gut ablesbare Adressen aus. Sämtliche Büro- und Wohnbereiche erhalten hochwirksame außenliegende Sonnenschutzanlagen als Lamellen oder Screens, die in die Fassadenbekleidung integriert sind. Die Verglasungen sind als 3-fach Verglasung sehr hochwertig und energieeffizient vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf ist „solide“ im besten Sinne. Die Kubatur ist einfach und fügt sich gut in den Kontext ein. Die Nutzungen sind richtig verortet und ergeben insgesamt einen schlüssigen Lösungsansatz für ein wichtiges öffentliches Gebäude in Neu-Ulm.
Die Verfasser*innen entwerfen eine klare rechteckige städtebauliche Figur, die sich als sechs- und fünfgeschossig abgestufter Block gut in die Umgebung eingliedert. Zum Heiner-Metzger-Platz hin ist die Nutzungsmischung des hybriden Gebäudes mit Bibliothek, Büro und Wohnnutzung gut ablesbar und in ein Fassadenprinzip „ähnlich eines Setzkastens“ umgesetzt. Die unterschiedlichen Höhen, Tiefen und Ausgestaltungen in diesem tektonischen Konzept erzeugen ein lebendiges Fassadenbild. Vor allem ist die Bibliothek gut sichtbar, angemessen und einladend gestaltet.
Der Eingangsbereich führt in ein kompaktes Foyer, an welches direkt der Saal anschließt. Die Bibliothek nimmt das gesamte erste Obergeschoss ein. Dadurch gewinnt der Grundriss Übersichtlichkeit und Orientierung. Die Erschließung nur über eine Wendeltreppe erscheint zu knapp und sollte großzügiger ausfallen.
Das Bibliotheksgeschoss bildet sich gut in der Fassade ab und sorgt für eine gute Proportion und Höhenstaffelung. Der Innenhof ist für die Besucher gut nutzbar und ermöglicht eine gute Belichtung. Der Generationentreff hat zwar einen eigenen Eingang vom Platz, ist aber räumlich noch nicht optimal gestaltet und liegt etwas abseits. Der Werkstattbereich an der Maximilianstraße ist dort gut vorstellbar. Die Gastronomie ist an der Bahnhofstrasse und zum Platz hin schlüssig angeordnet und kann dort gut funktionieren.
Über den beiden Sockelgeschossen ist ein gut nutzbarer und auch teilbarer Bürobereich an der Bahnhofstrasse angeordnet, während der Wohnbereich u-förmig angelegt ist. Die Wohnungen sind als Vier- oder Fünfspänner erschlossen, wobei die Ausführung der Erschließungskerne zu kompliziert erscheint. Die Wohnungen haben gute Zuschnitte und unterschiedliche Ausrichtungen mit gut nutzbaren Freibereichen.
Die Tiefgarage erscheint prinzipiell so möglich, müsste aber im Einfahrtsbereich überarbeitet und hinsichtlich ihrer Orientierung optimiert werden.
Die Materialität ist konventionell und auch das Energiekonzept ist nicht explizit ausgearbeitet, auch gibt es keine Hinweise auf Begrünungen. Allerdings ist der Anteil der Glasflächen an der Fassade im Vergleich zu den anderen Arbeiten hoch.
Die Anlage von Gärten im Zwischenraum zu den eingeschossigen Garagen ist ein wertvoller Beitrag zur Aktivierung der Aufenthaltsfläche des Generationentreffs. Wünschenswert wäre eine Einbindung der offenen Tiefgaragen-Zufahrt in dieses Grünkonzept.
Die klare Tragstruktur führt zum niedrigsten Kostenkennwert je qm NUF unter allen Arbeiten der engeren Wahl sowie zum zweitniedrigsten aller abgegebenen Arbeiten. Eine flexible Aufteilung der Büroflächen lässt eine gute Vermarktbarkeit erwarten.
Insgesamt liegen die Stärken des Entwurfs in der guten Interaktion der beiden öffentlichen Sockelgeschosse mit der Umgebung. Dem Gebäude fehlen vielleicht etwas die Raffinesse und Eleganz, aber es ist durchaus eine Bereicherung für diesen Ort und setzt die öffentlichen Nutzungen sehr gut in Szene.
LAGEPLAN

LAGEPLAN

GRUNDRISS Erdgeschoss

GRUNDRISS Erdgeschoss

GRUNDRISS OG1 | Bibliothekgeschoss

GRUNDRISS OG1 | Bibliothekgeschoss

GRUNDRISS OG2 - OG4 | Regelgeschoss

GRUNDRISS OG2 - OG4 | Regelgeschoss

ANSICHT Heiner-Metzger-Platz

ANSICHT Heiner-Metzger-Platz

ANSICHT Bahnhofstraße

ANSICHT Bahnhofstraße

SCHNITT B-B

SCHNITT B-B

SCHNITT A-A

SCHNITT A-A

MODELL

MODELL