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Award / Auszeichnung | 07/2020

Beispielhaftes Bauen Stadt und Landkreis Heilbronn 2015-2020

Denkmalgerechte Wiederherstellung Alter Bahnhof Eppingen

DE-75031 Eppingen, Bahnhofstraße 50

Auszeichnung

baurmann.dürr Architekten

Architektur

Frömchen, Goslar & Partner Freie Architekten

Architektur

Große Kreisstadt Eppingen

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Büro-, Verwaltungsbauten, Verkehr

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2018

Projektbeschreibung

Die denkmalgerechte Wiederherstellung des Alten Bahnhofs von Eppingen im Kraichgau ging einher mit der Umnutzung des Gebäudes in die Hauptgeschäftsstelle eines regionalen Sozialträgers. Während die beiden markanten „Türme“ des klassischen Bahnhofsgebäudes wie einst die Verwaltungsbereiche aufnehmen, konnte die verbaute Mittelhalle entkernt und der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht werden. Eingestellte, weiß schimmernde Boxen geben einem kleinen Café, einem Infoschalter und einer Verkaufsstelle ebenso Raum wie den öffentlichen Toiletten, ohne den Raumeindruck der ehemaligen Schalterhalle zu stören. Ein ebenerdig zugänglicher Konferenzbereich in der alten Bahnhofsgaststätte rundet das neugeschaffene Raumangebot ab.

Vorgefundener Zustand
Mit dem sukzessiven Rückzug der Bahn aus dem Bahnhofsgebäude in den 1990er Jahren begann sich der Bahnhof – bis dahin ein fester Bestandteil im Bewusstsein der Stadt – aus dem Bewusstsein der Stadt zu lösen.
Der Rückzug der Bahn und die folgende Untervermietung immer weniger wertigerer Nutzungen bis zum hin zum späteren Leerstand, drückte sich baulich aus in diversen und unterschiedlichsten Um- und Anbaubaumaßnahmen, baulichen Ergänzungen und Einbauten, die auch zur fast völligen Entnahme der Originalbausubstanz führten, der selbst vor einer eigenständigen Farbgebung der einzelnen Nutzer an der Fassade nicht haltmachte.
Mit dem Leerstand kam der bauliche Verfall. Wohl eine nicht reparierte Regenfallleitung verursachte Hausschwamm in Teilbereichen des Ostturms über drei Geschosse. Zum Zeitpunkt des Kaufes seitens der Stadt Eppingen war das Gebäude nicht mehr voll verkehrssicher.

Respekt und Perspektive
Bahnhöfe sind als besondere Orte aus dem Gedächtnis unserer Städte nicht wegzudenken. Umso bedrohlicher mutet der Verfall eines von der Bahn aufgegebenen Empfangsgebäudes an, noch dazu, wenn es sich um ein derart großes und repräsentatives Gebäude wie jenes der kleinen Stadt Eppingen im Kraichgau handelt.
Mit dem Rückzug der Bahn in den 1990er Jahren begann sich der Bahnhof aus dem Bewusstsein der Stadt zu verabschieden, das Gebäude wurde durch Leerstand und baulichen Verfall zu einer Art „exterritorialem Gebiet“ innerhalb des Gemeinwesens.
Der Weitsicht eines Bürgermeisters und seines Gemeinderates ist es zu verdanken, dass heute das denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude wieder in neuem Glanz erstrahlt und die aufgegebene Schalterhalle den Reisenden wieder zur Verfügung steht. Nachdem die Stadt das eindrucksvolle, aber mittlerweile unbenutzbare Gebäude erworben hatte, ging sie auf die Suche nach einer neuen Nutzungskonzeption und fand in der DJHN, einer gemeinnützigen Stiftung einen kongenialen Partner, der seinerseits auf der Suche war nach einem Geschäftssitz in Bahn-Nähe, um die Anreise seiner Mitarbeiter zu erleichtern, an Langfristigkeit interessiert war und als ein einziger Nutzer das Gesamtgebäude betreuen wollte.
Aus dieser Win-Win-Situation entstand ein Nutzungskonzept, das den Mittelteil des Bahnhofsgebäudes, die mittlerweile völlig verbaute Schalterhalle, modern umgestaltet der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt und mit einem Box-in-the-Box-Konzept um Café und Weltladen erweitert, sowie der Verwaltung in den beiden turmähnlichen Kopfbauten, die nach strengen Denkmalschutz-Auflagen saniert wurden. Der Gegensatz zwischen Öffentlichkeit eines Bahnhofs und Privatheit des Firmensitzes, Modernität und Restaurierung wird dabei als bereicherndes Element städtischen Lebens wahrgenommen. Dies spiegelt auch die Tatsache, dass der Denkmaltag Baden-Württemberg im Herbst 2015 in der noch im Bau befindlichen Schalterhalle mit viel Prominenz und einem großen Bürgerfest eröffnet wurde.
Festzuhalten bleibt das beispielhafte Engagement einer Kommune für den Erhalt „ihres“ Bahnhofs bei gleichzeitiger Offenheit für zeitgemäße Nutzungskonzepte ebenso wie die Bereitschaft der Landesdenkmalpflege, zugunsten der gemeinwohlfördernden Nutzung über manchen baulich notwendigen Eingriff hinwegzusehen – in dem Wissen, dass nur ein gut genutztes Gebäude als Denkmal im Bewusstsein einer Stadt verankert bleibt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Begründung der Jury
Den Alten Bahnhof zum sozialen Mittelpunkt der Stadt zu machen, ist beispielhaft gelungen. Das Projekt zeugt vom Selbstbewusstsein der Stadtgesellschaft Eppingens und lässt deren Mut spüren und erleben. Die bauliche Auseinandersetzung mit dem Denkmal und die damit einhergehende innere Modernisierung des Gebäudeensembles harmonieren vorbildlich. Im Erdgeschoss, das die heutigen Nutzungsansprüche erfüllt, lassen sich auch die Raumnutzungen im historischen Kontext deutlich ablesen. Eine wahre Perle im Stadtgefüge, wiedererstarkte Wertigkeit und würdiger Aufenthaltsraum für Bahnreisende sowie alle Bürgerinnen und Bürger von Eppingen.