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Einladungswettbewerb | 12/2020

MINGARD - Hochpunkt und Platzfläche an der Hufelandstraße in München

3. Preis / Hochbau

Preisgeld: 21.000 EUR

allmannwappner

Architektur

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die strukturelle Klarheit, attraktive Freibereiche und eine symbiotische Verflechtung der Nutzungen machen das Hochhaus zu einem originären Auftaktgebäude für das entstehende Stadtquartier. Der Neubau orientiert sich an den Achsen und Raumkanten der Nachbarsbebauung und übernimmt die Diagonale der Straßenführung der Hufelandstraße als Organisationsprinzip. Mit seinen vier unterschiedlichen Seiten reagiert er auf den städtischen Kontext. Spiralförmig jeweils um 90 Grad gedrehte diagonale Einschnitte bilden ein Kontinuum an Freiflächen, die sich bis zum Dach fortsetzen. Sie verleihen dem Gebäude seine einzigartige charakteristische Form. Eine feine Lineatur aus Betonfertigteilen umhüllt das gesamte Volumen. Durch die Einschnitte sind die Grenzen zwischen innen und außen fließend. Holzflächen und Holzfenster, Balkone und Terrassen erzeugen großzügige Erweiterungen der Innenräume durch stufenlos verbundene, qualitativ hochwertige Außenräume.

Die Verwendung nachwachsender, recycelter sowie trennbarer Materialien wie Holz, Stahl und Recycle-Beton sowie die grünen Pflanztröge in der Fassade, unterstützt den der Nachhaltigkeit verpflichtenden Charakter des Gebäudes. Die Begrünung der Fassaden reduziert die Überhitzung, bindet Feinstaub und CO2- Emissionen an dem stark frequentierten Standort. Gleichzeitig bietet sie eine natürliche Verschattung und einen natürlichen Sicht- und Schallschutz. Insgesamt nehmen die Terrassenflächen mehr Raum ein als die Grundfläche des Gebäudes.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen Baukörper vor, der in seiner Fernwirkung als blockhafter Merkpunkt erscheint. Bei näherer Betrachtung wird die plastische Differenzierung des Gebäudes sichtbar, es erscheint als gegliederte Masse mit einer stark skulpturalen Charakteristik.
Die Architekten nehmen die Diagonalverschwenkung der neuen Hufelandstraße als Auslöser, die dadurch entstandene 45 Grad Struktur nicht nur in der Freiflächengestaltung, sondern auch in der Gliederung der baukörperlichen Volumetrie als konzeptionellen Ansatz des Entwurfes zu einzusetzen. Die Architektur hat eine skulpturale Wirkung, die der städtebaulichen Situation mehr als gerecht wird. Sie definiert den Ort sinnfällig und interpretiert spezifisch die geforderten Nutzungen sehr eigenständig auf hohem städtebaulichen und architektonischen Niveau.

Die geforderten Nutzungsbereiche Gewerbe, Büro / Konferenz, Hotel und Fitness werden als kompakte Einheiten im Baukörper situiert. Die unterschiedlichen Volumenpakete werden dann in einer Torsionsbewegung verdreht, gleichzeitig werden geometrisch diagonale Einschnitte im Baukörper vorgenommen. Dadurch entstehen vertikale und horizontale Fugen im baulichen Volumen, Rücksprünge und Auskragungen, wie auch vertikale Dachgärten, die eine Stapelung von vertikalen Plätzen insinuiert.
Die Erschließungen der Nutzungsbereiche auf der Platzebene sind sinnvoll situiert, das Hotel mit Gastronomie vom Platz, Gewerbe und Büros von der Hufelandstraße, sowie von der Südseite tragen zur Öffnung des Gebäudes und der Belebung des Ortes bei.
Die gezackt, diagonal verlaufenden Fassaden ermöglichen eine subtile kleinteilige Raumbildung, die sich sowohl in der Erschließung, als auch bspw. bei den Hotelzimmern zu den Dachgärten hin als leistungsfähig zeigt.
Die Anordnung der Nutzungsbereiche erscheint sinnvoll, Gewerbe, Konferenz und Hotellobby im Erdgeschoss, vom 1. bis 9. OG gestapelt und verdreht dann das Hotel, darüber die Bürobereiche. Durch die subtraktiven Einschnitte wird die Tiefe des Gebäudes auf eigenständige und innovative Weise bewältigt, es entstehen gute Belichtungssituationen.
Lediglich im Bereich des 8./9. OG ist der Grad der Verschattung durch den darüber liegenden, auskragenden Baukörper, wie auch dessen statische Abfangung zu überprüfen.

Die Fassadengestaltung folgt der Haltung des Entwurfes, sie zeigt einerseits eine klare, grundsätzliche Haltung, andererseits wirkt sie hochwertig, fein gegliedert und angemessen. Die vertikale Struktur der Profilierung wird durch alternierende Dopplung der Lisenen in der Fläche zusätzlich rhythmisiert. Dadurch erscheint sie filigran und doch gleichermaßen großzügig.
In den zurückspringenden verschwenkten Fassadenbereichen variiert die Ausbildung der Fassadenstruktur. Durch die dort mit 45 Grad gezackt angeordneten Fassadenelemente entstehen großflächige und plastisch wirkende Fassadenflächen. Sie artikulieren so den halböffentlichen bzw. privaten Charakter der Nutzungen (Hotel).
Gleichzeitig unterstützen sie die beabsichtigte Plastizität des Baukörpers, in der Differenzierung zwischen Außenkanten und inneren Raumzonen. Die Fassaden bilden somit die beabsichtigte Verzahnung und Öffnung des Baukörpers zum öffentlichen Raum subtil und sinnfällig ab. Die Fassaden sind konstruktiv einerseits in den inneren Raumzonen als wärmegedämmte Holzkonstruktion mit Schiebetürfunktion, andererseits an den Aussekanten des Gebäudes als wärmegedämmte Alu-Fensterrahmenkonstruktion mit natürlicher Belüftung vorgesehen.
Insgesamt wird die Gliederung der Fassade als gelungen diskutiert, lediglich an der Seite des Quartiersplatzes scheint sie etwas zu mächtig.

Die architektonische Robustheit des Entwurfes im Sinne seiner formal strukturellen Verortung am neuen Hufelandplatz und der Reaktion auf die direkte und weitere Umgebung gewährleistet eine belastbare Dauerhaftigkeit der vorgeschlagenen Architektur.
Die differenzierte, räumliche innere und äußere Struktur des Gebäudes scheint auch im Sinne einer Nutzungsvariabilität leistungsfähig zu sein. In Teilbereichen der Gebäude- und Grundrissstruktur wird die spezifische räumliche Anordnung der Funktionsbereiche allerdings in der Wertung auch kontrovers gesehen, vor allem unter dem Aspekt einer möglicherweise später notwendig werdenden Drittverwertung.

Insgesamt stellt die Arbeit eine eigenständige Antwort auf die Aufgabenstellung dar.