modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 02/2021

Freianlagenplanung für die Straßen der Ortsmitte in Markt Erkheim

Perspektive Dorfplatz

Perspektive Dorfplatz

3. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Markt Erkheim - Neue Ortsmitte im landschaftlichen Dialog
Ziel des Entwurfs ist die Stärkung des ländlich dörflichen Charakters des Ortsbildes der Marktgemeinde Erkheim. Eingebunden in den Naturraum Lechfeld im Allgäu ist bei einer eingehenden Betrachtung des Orts- und Landschaftsbildes besonders das ausgeprägte Gewässersystem der umgebenden Feldstrukturen als bestimmendes Merkmal erkennbar. Das sogenannte Erkheimer Ried, eine kleine Moorlandschaft nahe dem Siedlungskörper ist durchzogen von kleinen und größeren Grabenstrukturen sowie zahlreichen Fließgewässern. Darunter auch der Riedbach, ein wichtiger Zufluss der Günz. Auch innerorts ist die Präsenz der Gewässer mit östlicher und westlicher Günz sowie dem Falchengraben allgegenwärtig.
Dieses starke, landschaftlich und ortsprägende Motiv ist Impuls für eine weitere Schärfung der spezifischen Freiraumtypologie. Durch die weitgehende Entsiegelung im Bereich der Babenhauser Straße kann an den beiden Günzarmen ein stark durchgrünter und gewässerbezogener Aufenthaltsraum entstehen. Durch Ansiedelung spezifischer Ufervegetation wird der natürliche Charakter der Bachläufe gestärkt und durch Ergänzung mit einem weiteren Graben entlang der Marktstraße bis zum Rathausplatz geführt. Das vorgefundene Prinzip linearer, gewässerbezogener Grünstrukturen bildet das verbindende Grundgerüst der neuen Ortsmitte von Erkheim. Mit Rathausplatz, Marktstraße, Bürgerlatz an der Günz und Auenpark reihen sich eine Abfolge eindeutig lesbarer Freiräume an dieses Netz „grün-blauer“ Bänder.

Rathausplatz mit Marktstraße
Die Marktstraße wird zum verbindenden Element zwischen dem Rathausplatz und dem Bürgerplatz an der Günz. Der Zielsetzung folgend, möglichst viel zusammenhängende, unversiegelte Grünflächen zu erhalten, wird die Marktstraße auf die geforderte Mindestbreite für dörfliche Hauptstraßen von ca. 6m zurückgebaut und in ihrer Linienführung optimiert. Hierbei werden die Nutzungen klar hierarchisiert. Auf der Westseite wird ein durchgehender, großzügig dimensionierter Fußweg frei von Parkierung und breit genug für eine Begrünung und attraktive Außenbestuhlung des Dorfcafes angelegt. Auf der Ostseite wird der Grünbestand gesichert, verbreitert und als durchgängiges Band bis zum Rathausplatz geführt. Durch Erhalt und Ergänzung des vorwiegenden Birkenbestandes wird eine qualitätvolle Durchgrünung im Sinne des vorgefundenen, spezifisch dörflichen Charakters dauerhaft gesichert. Die grabenförmige Ausbildung des Grünstreifens sichert einerseits die Versickerung des Oberflächenwassers des angrenzenden Straßenraums über eine belebte Bodenschicht und bei Bedarf können hier auch Dachwässer eingeleitet werden. Andererseits wird durch eine standortgerechte Unterpflanzung mit einheimischen Gräsern, Kräutern und Stauden (z.B. Mädesüß, Schilf, gelbe Sumpflilie, etc.) ein wertvoller Beitrag zur Steigerung der innerörtlichen Biodiversität und Schaffung von spezifischen Faunahabitaten ermöglicht. Die wenigen Zufahrten werden über Durchlässe hergestellt, die fußläufige Anbindung der Grundstücke erfolgt über Holzstege. Auf diese Weise wird die durchgängige Anbindung des Grabensystems an die westliche Günz gesichert. Die Parkierung wird allesamt an den frequenzreichen Nutzungen im Südosten und in direkter Nähe zu Rathaus, Kirche und Bibliothek gebündelt, so dass auch hier eine eindeutige Nutzungszuordnung klar erkennbar ist. Die Stellplätze werden versickerungsfähig ausgebildet und entsprechend der übergeordneten Entwurfsidee begrünt und mit Bäumen bepflanzt.
Der Rathausplatz bildet einen klaren Auftakt und bietet Raum für unterschiedliche Nutzungen wie kleine Märkte oder Feste. Durch den Rückbau der überdimensionierten Straßenkreuzung an der Schlößlestraße wird wertvoller Freiraum zurückgewonnen. Über den Rathausplatz wird das Kirchenumfeld gut erschlossen. Die dort vorgefundene natürliche Anmutung mit Kieswegen und weich gezeichneten Wiesenflächen soll beibehalten werden und ermöglicht so auch den besten Schutz zum Erhalt des äußerst wertvollen Baumbestandes. Im Bereich des Rathausplatzes wird der Belag über die Straße geführt, um auf diese Weise den gewünschten, zusammenhängenden Platz- und Begegnungsraum zu erhalten. Mit dem kleinen Marktbrunnen, dem bestehenden Kruzifix ergänzt um drei Kastanien als Reminiszenz an die Historie, erhält der Auftakt zum Ortszentrum eine, seiner zukünftigen Bedeutung im Ortsgefüge angemessene Ausstattung. Der hochwertige Pflasterbelag des Rathausplatzes wird im Sinne einer gestalterischen Zusammenführung von Straße und Platz auf den Gehbahnen im Westen bis zum Inselspitz und im Osten bis zum Molkereiweg geführt. Der Bereich Molkereiweg wird maximal entsiegelt und locker mit Bäumen überstellt.

Bürgerplatz an der Günz mit Auenpark
Das Pendant zum Rathausplatz ist der kleine Platz an der Günz. Er bildet zusammen mit dem Inselspitz den nördlichen Auftakt zum Ortszentrum. Gestalterisch als Endpunkt der Achse der Marktstraße gedacht, verknüpft er diese räumlich mit der zweiten wichtigen Nord-Süd-Wegebeziehung von Bachgasse und Kirchweg. In deren direkter Verlängerung spannt sich der kleine Platz zwischen den beiden Günzarmen auf und formt den räumlichen Abschluss der südliche angrenzenden Bebauungsstruktur vis à vis der Arlesriederstraße. Aus der Bachgasse kommend und in unmittelbarer Weiterführung wird mit der Uferpromenade eine attraktive Fuß- und Radwegeverbindung entlang der östlichen Günz angeboten. Der Platz selbst wird als wassergebundene Fläche ausgebildet und kann so den schönen Altbaumbestand integrieren. Über zwei Sitzstufen gelangt man bequem an die westliche Günz, dort werden Aufenthalts- und Spielbereiche für Alt und Jung angeboten. Gedacht als Bürgertreff werden mit dem Maibaum und einem Witterungsschutz/ Infopavillon wichtige Attraktionen zur Identifikation, Aneignung und Belebung geschaffen. Das bestehende Kruzifix wird ebenso erhalten. Über Trittsteine im Bachbett gelangt man zur Günztalstraße, Bäckerei und zum Fußweg nach Osten entlang des Falchengrabens.
Der an den Platz angrenzende grüne Inselspitz wird ganz im Sinne von Entsiegelung und Renaturierung natürlich gestaltet. Die Uferzonen der westlichen Günz werden durch eine leichte Veränderung der Gewässerlage abgeflacht und renaturiert, auch um eine bessere Erlebbarkeit und Zugänglichkeit des Bachlaufes zu ermöglichen. Eine kleine, langgestreckte Liegewiese östlich der Uferpromenade lädt zum verweilen am Wasser ein. Die östliche Günz wird in ihrer bestehenden Situation erhalten und mit einer flachen Sohlgleite im Bereich des bestehenden Fußgängersteges wasserbaulich ertüchtigt. Hier befinden sich auch attraktive Sitzgelegenheiten mit schönem Blick auf die beiden Bacharme. Entlang der Ufersäume werden naturnahe Zupflanzungen mit Kräutern, Gräsern und Stauden im Sinne einer naturnahen Gestaltung vorgesehen.
Ziel der Umgestaltung ist es mit wenigen, präzis gesetzten baulichen Eingriffen die Besonderheiten des Landschaftsraumes der beiden Bacharme zu inszenieren, ohne jedoch die auch schon derzeit sehr reizvolle Situation zu überformen.

Ortsbild und Materialität
Dem Entwurfsansatz folgend erhält der Rathausplatz die größte materielle Gewichtung. Natursteinpflaster in unregelmäßiger Verlegeweise besetzt hier Straßenraum und Gebäudevorzonen. Platz- und Straßenraum bilden eine Einheit, die den Fahrverkehr optisch wahrnehmbar entschleunigen. Als Material wird Granitgroßsteinpflaster in einer „bunten Farbmischung“ vorherrschend in dunkelgrau bis graubraun und rot vorgesehen. Im Sinne der optimalen Begehbarkeit und Barrierefreiheit wird eine gesägt - geflammte Oberfläche gewählt. Lediglich die Straßenbegrenzungen als Drei- bzw. Einzeiler und das Traufpflaster der Gebäude werden mit grob bearbeiteten Oberflächen hergestellt. Die Materialität wird im Bereich der Gehwege mit dem Ziel einer einheitlichen Gestaltsprache bis hin zur Günztalstraße fortgeführt. Langfristig sollte die Bachgasse in dieses Materialkonzept miteinbezogen werden. Im landschaftlich ausgerichteten Grünraum zwischen den beiden Bacharmen wird die Materialwahl vereinfacht. Natürlich anmutende Oberflächen sind Ausdruck des parkartigen Duktus. Während der Platz an der Günz mit hellbeigem Hansgrandabstreu ausgestattet wird, erhält die Uferpromenade einen, auch er für Winterdienst geeigneten Belag aus Asphalt mit Possehlbeschichtung, farblich analog dem Hansegrandmaterial. Mit unbehandeltem Holz als Material für Stege und Bänke wird der natürliche Eindruck weiter intensiviert.

Beleuchtung
Eine einfache Anordnung von Lichtstelen, einseitig dem Straßenverlauf der Marktstraße und Bachpromenade folgend, gewährleistet eine ausreichende Beleuchtung in den Abend- und Nachtstunden. Ausschließlich die Kirche und das Rathaus erhalten eine effektvolle und atmosphärische Anstrahlung, die auch außerorts wahrnehmbar ist. Wenig Besonderes ist notwendig, um der Ortsmitte ihre verlorengegangene Ursprünglichkeit wieder zurückzugeben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser formulieren als Ziel, den dörflich ländlichen Charakter mit der Neugestaltung zu stärken und hierbei die typischen Elemente des Ortes in den Mittelpunkt zu stellen. Diesem Anspruch wird die Arbeit gerecht. Rathausplatz und Marktstraße erfahren eine grüne Prägung. Die versiegelten Flächen sind auf das funktional sinnvolle Maß reduziert.
Dies trifft auch auf den Rathausplatz zu. Bemerkenswert sind hier die Integration des vorhandenen Wegkreuzes und der Vorschlag eines Rathausgärtchens, das zu einer Bereicherung des Dorfmittelpunktes werden kann. Auch das grüne Band, als Sicker- und Retentionsfläche wird positiv und im Hinblick auf klimatische Aspekte zukunftsweisend gewürdigt.
Die Beläge sind jeweils richtig gewählt und voneinander abgegrenzt. Allerdings ist unverständlich, warum das Asphaltband der Arlesrieder Straße unterbrochen und dadurch der Verkehr optisch in die Marktstraße eingeleitet wird.
Auch der Grünbereich an der Günz überzeugt in seiner zurückhaltenden Gestaltung. Der Platz mit dem Maibaum als Auftakt ist vielfältig nutzbar und verspricht mit den Sitzstufen am Wasser eine hohe Aufenthaltsqualität. Bei der Neugestaltung der Flachufer und des Einmündungsbereichs des Falchengrabens steht die ökologische Aufwertung im Vordergrund. Der Bereich vor der Metzgerei wird nicht verändert. Hier werden die Stellplatzflächen versickerungsfähig vorgeschlagen.
Eine im wirtschaftlichen Bereich liegende, angenehm unprätentiöse Arbeit, die von einer intensiven Auseinandersetzung mit der Aufgabe zeugt und Perspektiven für eine positive Ortsentwicklung eröffnet.
Schnitt / Aufsicht Dorfplatz

Schnitt / Aufsicht Dorfplatz

Schnitt / Aufsicht Insel

Schnitt / Aufsicht Insel

Insel

Insel

Marktplatz

Marktplatz

Piktogramm

Piktogramm