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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Erweiterungsneubau der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber in Dresden

Raumeindruck

Raumeindruck

2. Preis

Preisgeld: 16.600 EUR

AWB ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Entwurfsidee

2004 wurde im Ergebnis eines Wettbewerbs mit der baulichen Erweiterung der Hochschule für Musik begonnen. Der preisgekrönte Entwurf von HAMMESKRAUSE ARCHITEKTEN hat durch die Loslösung von tradierter Architektur einen Ort besonderer Identität in der Schützengasse geschaffen.
Mit dem Abbruch der ehemaligen Hutfabrik auf dem Wettbewerbsareal kann die bauliche Erweiterung der Hochschule im Quartier zwischen Schützengasse und Grüner Straße fortgeführt werden. Damit besteht insbesondere die Chance, den Campus der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber im Musikerviertel der Willsdruffer Vorstadt als inhaltlich bedeutenden Stadtbaustein noch stärker zu verorten.

Aus oben genannten Gegebenheiten haben sich für Städtebau und Architektur folgende Entwurfsziele abgeleitet:
- die Durchwegung des Quartieres soll das Campusareal für die Öffentlichkeit erlebbar werden lassen
- die Freianlagen im Quartier sollen den historischen Bezug zu den Gärten herstellen, an die der Name Grüne Straße noch erinnert (an die….hinter den Häusern liegenden Gärten „deren Bäume (ehemals) ihre Wipfel auf die Gasse streckten und dem Auge einen lieblichen grünen Anblick gaben“.)
- Entwicklung eines architektonischen Ansatzes der auf den besonderen Dialog zwischen der Architektur des Konzertsaales und seiner Hülle im Kontrast zur Architektur des Hochschulgebäudes am Wettiner Platz reagiert

Die durch Abbruch des Hauses Grüne Straße 24 ca. 50 Meter breite Baulücke an der Grünen Straße wird durch einen Baukörper besetzt, der die östliche Bauflucht vom Wettiner Platz fortsetzt und mit seinem Ostgiebel selbst eine Baulücke definiert. Gleichzeitig wird über die Offenheit dieser gestalteten Baulücke der Campus stärker an die Grüne Straße herangeführt und der Eintritt in das Campusareal definiert.
Die vorhandenen Brandwände der östlichen Nachbargebäudes sind geeignet als begrünte Wände die Attraktivität des Standortes im Sinne der aktuellen städtebaulichen Zielstellung nach begrünten Fassaden zu erhöhen.
Der Baukörper arrondiert in gewisser Weise die östliche Hälfte des Stadtquartieres, die nahezu vollständig von der Hochschule genutzt wird.
Die Architektur des Baukörpers interpretiert klassische Elemente wie Sockel, Sims, Pfeiler oder Stein in zeitgemäßer Formensprache und will als Bindeglied zur kraftvollen Architektur des historischen Hauptgebäudes am Wettiner Platz verstanden sein.
Das Straßengebäude ist über einen Verbinder an den ersten Erweiterungsbau angeschlossen.
Das neu geplante ca. 40 Meter lange Hofgebäude lehnt sich an diesen ersten Erweiterungsbau als nördliche Quartierbebauung an und bildet gleichzeitig den nach Süden orientierten Rücken des Konzertsaales. Der Verbinder erweitert das Foyer des Saales und stellt über die Terrasse den Kontakt zum Gartenareal des durchgrünten Quartiers her.
Mit der Architektur des „Klangriegels“ als Rücken des Konzerthauses wird die zurückhaltende Architektursprache des Straßenflügels aufgenommen und mit dem aktuellen Ensemble insgesamt versucht, sich in die tradierte Architektur am Wettiner Platz zeitgemäß einzuordnen. Durch „Zurückhaltung“ der Architektur kann es gelingen, den sichtbaren antithetischen Dialog zwischen Konzertsaal und Gymnasium noch zu stärken.

Für die weitere bauliche Entwicklung auf dem Wettbewerbsareal schlagen die Verfasser vor, dass die Baulücke im östlichen Grundstücksbereich der Grünen Straße geschlossen wird. Für die Nutzung sehen wir neben der Umsetzung weiterer Programmflächen der Hochschulnutzung insbesondere Studenten- oder Gästewohnen als ergänzendes Angebot geeignet.
Die Setzung der Gebäude hält die erforderlichen Abstandsflächen zu den Nachbargrundstücken ein.


Funktionalität

Das Raumprogramm gliedert in zentrale und fachliche Nutzungen. Wesentliche Aspekte für die Gliederung in der baulichen Umsetzung sind spezifische Anforderungen an Kubatur, Akustik, technische Ausstattung und insbesondere Anforderungen zur mechanischen Be- und Entlüftung.
Die Eingangsebene des Konzertsaales war Ausgangspunkt für die insgesamt barrierefreie Erreichbarkeit aller Nutzflächen innerhalb eines zusammenhängenden Gebäudekomplexes.

Auf der Bühnenebene (113.23) sind die auch teilweise öffentlich genutzten Studiobühnen im Straßengebäude über die Foyererweiterung bzw. den Verbinder erreichbar.
Im Kreuzungspunkt der Erschließungswege ist in Verbindung mit der Erweiterung der Foyerfläche des Konzertsaales eine zentrale Treppenanlage eingeordnet. Das Foyer wird allein dadurch zum Treffpunkt für Austausch und Gespräch aller Fachrichtungen der Hochschule.
Das Foyer erhält eine zum Hof vorgelagerte Terrasse. In Verbindung mit der Gartenfläche ist die Terrasse ein idealer und attraktiver Veranstaltungsort für Konzerte der Hochschule.
Mit der Treppe im Foyer werden unmittelbar die Bibliothek im Sockelgeschoss und alle neu zu bauenden musikalischen Übe- und Unterrichtsräume im „Klangriegel“ erschlossen. Auf den Geschossebenen sind peripher weitere Kommunikations- und Aufenthaltsflächen in die Verkehrsflächen eingebettet.
An der Nahtstelle zum bestehenden Erweiterungsbau sind zusätzlich erforderliche Sanitärflächen geplant, die ggf. die vorhandene Infrastruktur des Bestandes nutzen können. Die Anbindung an den bestehenden Aufzug oder an das bestehende Treppenhaus auf allen Ebenen ist optional möglich und sollte hinsichtlich der Vorteile weiter untersucht werden.
Die Bewegungs- und Ensembleräume mit zugehörigen Umkleiden im Sockelgeschoss sind über eine eigene Treppenanlage aus dem Foyer erreichbar.
Die geschossübergreifenden großen Räume erlauben die Gestaltung interessanter Raumfolgen mit Blickbeziehungen aus den Verkehrswegen in die tiefer liegenden Veranstaltungsräume.
Die Übergangsebene vom Altbau (117.23) erschließt weiterführend über den Verbinder die im Luftraumgeschoss der Studiobühnen eingeordneten Besprechungsräume und ist direkte Übergangsebene zur Verwaltung in den Obergeschossen des Straßengebäudes. Die Verwaltung erhält einen zusätzlichen Eingang am Giebel des Gebäudes an der Grünen Straße.
Der Aufenthaltsraum für Lehrkräfte ist an zentraler Stelle im 2.OG des Hofgebäudes mit Zugang zur Dachterrasse auf dem Verbinder verortet. Über die Dachfläche führt gleichzeitig der 2. Rettungsweg aus den Verwaltungsgeschossen.

Wirtschaftlichkeit / Bauliche Umsetzung

Insgesamt konnten alle mit Lüftungs- bzw. Klimatisierungstechnik ausgestatteten Räume im Straßengebäude konzentriert werden. Innerhalb der Bürogeschosse ist in der Kernzone ausreichend Schachtfläche vorhanden, um die Zu- und Fortluftkanäle aus der Dachzentrale aufzunehmen. Die Verteilung erfolgt in den zwei unteren Geschossen.
Die großvolumigen Räume wurden so angeordnet, dass die tragenden Wandscheiben übereinanderstehend ein schlüssiges Tragsystem ergeben. Die erforderlichen Spannweiten von 9 bis max.12 Metern sind geeignet, selbst unterzugslose Deckensysteme einzusetzen. Unabhängig davon steht genügend Konstruktionshöhe für den Einsatz wirtschaftlicher Tragsysteme zur Verfügung.
Die Zuordnung der Baukörper zu den Bestandsgebäuden berücksichtigt die Anpassung an die bestehenden Gründungshöhen ohne Unterfangungen.
Die vorhandene konstruktive Sicherung der Brandwand am Bestandsgebäude im Innenhof soll erhalten bleiben und ggf. ohne größere Aufwendungen in das Gestaltungskonzept des Verbinders einbezogen werden.
Für die Gestaltung der Fassaden sollen Betonfertigteile, Ziegel und Glas als nachhaltige Materialien zum Einsatz kommen.
Die Fassadenöffnungen des Sockelgeschosses unterhalb der Bühnenebene von 113.23 gewährleisten den Hochwasserschutz in Verbindung mit einer weißen Wanne bis auf wenige Ausnahmen mit entsprechenden Sicherungsmaßnahmen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit schreibt in respektabler Weise die vorgefundene städtebauliche Struktur in der Wilsdruffer Vorstadt fort. Höhe und Maßstab der U-förmig angelegten Anlage überfordern weder das Bestandsgebäude der Hochschule noch die gründerzeitliche Abwicklung an der Grüne Straße. Der innenliegende grüne Freiraum überzeugt in seiner Proportionalität und lässt sich eindeutig einer privaten Nutzung zuordnen. Hervorzuheben ist die breite Zugangsfuge aus der Grüne Straße, die als einladende Geste für Besucher der Hochschule verstanden wird und gleichzeitig Abstand zur Nachbarbebauung wahrt. Eine klar ablesbare Grundrissstruktur im Gebäude erleichtert die Orientierung für die Nutzer. Der Verbindungstrakt zwischen den Hauptgebäuden schafft mit seinem Zugang zum Außenraum eine bespielbare Fläche die als Zusatzangebot für die alltägliche Nutzung der Hochschule ergriffen wird. Die funktionale Anordnung der Räume ist stimmig, die bauliche Erweiterung des Foyers wird angemessen dimensioniert. Die einseitige Südorientierung der Übungsräume wird aufgrund des sommerlichen Wärmeeintrags kritisch beurteilt. Zur Verbesserung der innenakustischen Qualität wäre eine andere Raumgeometrie wünschenswert. Die vertikale Stapelung von Bewegungsräumen und Probebühnen sind räumlich stärker zu entkoppeln. Das Tonstudio lässt eine direkte Sichtbeziehung zur Bühne vermissen. Die Anordnung der Ensembleräume, schallgeschützt zur Grüne Straße, sind angemessen. Konstruktiv entsteht durch die Stapelung kleinteiliger Raumstrukturen oberhalb der stützenfreien Probebühnen ein hoher statischer Aufwand. Architektonisch trägt der Entwurf mit seiner offenen und sichtbaren Bebauungsstruktur einen rationalen Charakter. Die Inszenierung der Innenräume strahlt eine größere Nüchternheit aus. Die Fassadenaufteilung an der Grüne Straße ist nachvollziehbar und wird in ihrer Strenge positiv bewertet. Die Materialität der Außenfassade ist zu präzisieren. Ohne adressierten Zugang zum öffentlichen Raum schafft der Baukörper kein repräsentatives Angebot zur Grünen Straße. Insgesamt wird die angebotene Lösung als sehr eigenständiger, angenehm rationaler und wirtschaftlich angemessener Beitrag bewertet.
Lageplan

Lageplan

Ansicht Südseite

Ansicht Südseite

Ansicht Ostseite

Ansicht Ostseite

Ansicht Hofseite

Ansicht Hofseite

Erdgeschoss

Erdgeschoss