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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2021

Zukunftsgarten Bergkamen/Lünen für die Internationale Gartenausstellung (IGA) 2027

Talwunder und Bergwelten

Talwunder und Bergwelten

1. Preis / Zuschlag

Preisgeld: 50.000 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Talwunder und Bergwelten

Wie wollen wir in Zukunft leben? Dieser zentralen Frage der IGA 2027 wird auf der Ebene des Tourismus und der Freizeitgestaltung im Zukunftsgarten Bergkamen-Lünen eine nachhaltige Antwort gegeben. Die Besucher*Innen werden auf eine spannungsreiche Erlebnisreise geschickt und durch zwei grundsätzlich unterschiedliche, sich gegenseitig befruchtende Freizeitwelten geführt. Die individuellen Charaktere und die spezifische Identität der beiden Orte bilden dabei die Grundlage für die Ausprägung der Erlebnisräume in Lünen und Bergkamen.

Der Standort in Lünen, an der Lippe gelegen, ist geprägt durch eine offene Weite des Raumes, sanfte Topografie, durch malerische postindustrielle Sukzessionswälder und die unmittelbare Lage am Naturraum der Lippe. Kurzum, Lünen steht sinnbildlich für die offene Ebene, das bewaldete Tal. In Lünen sind die Talwunder das zentrale Thema.

In Bergkamen bestimmen anthropogen entstandene Halden das Bild – die Halde Großes Holz, die Naturarena und die momentan entstehende Topografie schaffen den Eindruck einer bergigen Landschaft künstlicher Erhebungen. Aus diesem Charakter des Ortes wird das Gestaltungsthema für den Standort in Bergkamen entwickelt – die Bergwelten.

Der Entwurf Talwunder und Bergwelten erkennt diese Qualitäten der räumlichen Charaktere der beiden Standorte und definiert zwei gestalterische Themenschwerpunkte. Diese beiden Schwerpunkte, das Tal in Lünen und die Berge in Bergkamen, werden an den beiden Standorten herausgearbeitet, in den Fokus gerückt und erlebbar gemacht. Das Erleben der Talwunder und Bergwelten lässt die 7 km entfernt voneinander liegenden Orte der IGA 2027 inhaltlich so weit zusammenrücken, dass Talwunder und Bergwelten als unabdinglich zusammen gehörig immer im gleichen Satz genannt werden. Diese beiden, sich ergänzenden, Gegenstücke sind durch ein wiedererkennbares Gestaltungsprinzip klar miteinander verbunden.

Bewegte Landschaften sind sowohl in Lünen, als auch in Bergkamen deutlich zu erkennen. Die Haldendynamik führt zu spannenden Bergwelten, die aufgrund der Sanierung entstehenden Topografien in Lünen zu seichten Tälern und Hügeln. Die Frage danach, wie Landschaften uns zur Bewegung motivieren, soll ein wichtiger Aspekt dieses Entwurfsansatzes sein. Die Talwunder in Lünen sind ein Ort für Kontemplation, Entspannung, Wellness und für Ruhe. Die entspannte Bewegung steht hier im Vordergrund. Die Bergwelten hingegen sind ein weithin strahlendes Highlight für Sport- und Bewegungsbegeisterte. Hier dreht sich alles um schnelles, sportliches Bewegen im Kontext der Berge.

Die Talwunder in Lünen rücken das Thema der Wälder und Täler und den damit assoziierten Begriff „entspanntes Bewegen“ in den Fokus der Gestaltung. Der Standort der IGA 2027 in Lünen lässt sich in die zwei Bereiche Wunder des Waldes und Wunder der Ebenen teilen. Die Wunder des Waldes machen die Sukzessions-Vegetation um das Haldentop und den Naturraum der Lippe erlebbar. Der Waldrundweg führt durch die verschiedenen Erlebnisse und bindet auch den für Investoren vorgesehenen Bereich in das Gesamtkonstrukt ein. Dieser befindet am nördlichen Fuß des Haldentops und soll so einem Investor die Bespielung des Haldentops und einer darunter liegenden Attraktion mit dem Thema Ruhe/Erholung/Wellness im Wald ermöglichen.

Die Wunder der Ebene sind durch eine weite, dem Landschaftspark zugeordnete, offene Ebene definiert. Diese ist von Bewaldung gerahmt und zoniert sich in drei Bereiche von West nach Ost. Die “Rollenden Hügel” definieren den Auftakt der Ebenen, die sanfte Topografie erstreckt sich über die Mitte des Landschaftsparks. Es folgt die Prärie, eine offene, multikodierte Wiesenfläche. Im temporären IGA-Bereich spielt das Thema der Kulturlandschaft eine maßgebliche Rolle. Diese drei Teilbereiche der Wunder der Ebenen komplettieren das Erlebnis Wunder der Ebene.

Im temporären IGA-Bereich wird mit der Kulturlandschaft die Schnittstelle zwischen Mensch und Natur beleuchtet. Die Sukzessionsvegetation wird durch einfache Mittel erleb- und erfahrbar gemacht. Dafür werden die Grundrisse der alten Zechengelände durch Rodung der Sukzession und simple Schotterwege nachgefahren. Die Experimentierfelder liegen verteilt auf der Fläche, verbunden durch ein Wegenetz, welches den Eingangsbereich durch das Stadtgartenquartier und das Willkommensareal mit der IGA-Promenade zusammenwachsen lässt. Die verschiedenen Solitärbäume sind in temporären Holzverschlägen gepflanzt und zu den Themen Klimaresilienz und Kulturlandschaft ausgewählt. Einer späteren Verteilung der „IGA-Bäume“ an Bewohner*innen oder Institutionen steht also nichts im Wege. Südlich der IGA-Promenade sind die temporären Stellplätze und die Mobilitätsstation verortet, die verschiedene Fortbewegungsarten bietet und unterschiedliche Service-Angebote zur Verfügung stellt. Der nördlich an der Eingangsachse anschließende Stadtteiltreff mit den Urban-Farming-Bereichen ist auch außerhalb der IGA eine Bereicherung für die Bewohner*innen der umliegenden Quartiere. Im Rahmen der städtebaulichen Weiterentwicklung des Areals eröffnet sich die Möglichkeit, das neue Entwicklungsareal entlang des Rundweges schlüssig in das Gesamtkonzept einzubinden.

Das Highlight am Standort Talwunder in Lünen liegt auf dem Haldentop. Ein kreisrunder Panoramasteg, das Talrund hebt sich gestalterisch und in seiner Nutzbarkeit von den umliegenden Strukturen ab. Über den Wipfeln der Sukzessionsvegetation und den Wundern des Waldes schwebend kann der Ausblick in die Auen- und Stadtlandschaft genossen werden und beispielsweise die morgendliche Yoga-Gruppe ihren Platz finden. Nach Süden hin erschließt sich ein weitreichender Blick über den Naturraum Lippe.

Die Bergwelten in Bergkamen erfüllen alle Träume, die Bergsportler*Innen im Ruhrgebiet erfüllt werden können. Die Szenerie baut sich nach einem Urlaub in den Bergen auf und verfolgt alle Meilensteine einer spannenden Bergwanderung. Ob mit dem Auto, dem Fahrrad, der Bahn oder zu Fuß – der Weg zum Willkommensareal, dem Basis-Lager, beginnt mit dem Aufstieg durch die blühenden Wiesen der Adenterrassen. Im Basislager gibt es einen Shop sowie eine Gastronomie, die von Investoren betrieben sind und für die fehlende Ausrüstung bzw. die nötige Stärkung sorgen. Nun offerieren sich der Besucher*in verschiedene Optionen: Der Panoramaweg verläuft größtenteils auf einer Höhe um den Adengrat herum und bietet aufgrund der glatten Oberfläche die Möglichkeit von Jogging- oder Skaterunden. Der Adentrail hingegen führt 4,2 Kilometer den Nord- und Südhang entlang. Über Stock und Stein, den Hang hinunter und hinauf, mit teils gebauten Hindernissen ist der Adentrail ein echtes Erlebnis für Mountainbiker und Trailrunner.

Begibt man sich vom Basislager hinauf auf den Adengrat, schwebt dort exponiert und weithin sichtbar das Bergrund, eine kreisrunde, mit Netzen und Stegen versehene Landmarke. Neben dem beeindruckenden Ausblick in die Umgebung und entlang des Adengrats bis zum Adengipfel bieten die als Trampolinlandschaft ausgeformten Netzelemente einen spektakulären Spielwert in den Höhen der Halde.

Folgt man weiter dem Adengrat finden sich unterschiedliche Actionsport-Angebote. Diese auf dem Adengrat gelegenen Flächen können von Investoren bespielt werden. Alle hier vorgeschlagenen Aktivitäten – der Bikepark Aden mit seinen Slopestyle und Dirt-Strecken, ein Kletterturm und Calisthenics- und Parcourangebote – können je nach Investor unterschiedlich sein, sollten jedoch im Thema der aktiven Bewegung bleiben und einen gewissen Bezug zum Bergsport behalten. Am Ende des Adengrates verbindet eine ZIP-Line diesen mit dem Adengipfel, welcher durch ein abstrahiertes, weithin sichtbares Gipfelkreuz markiert ist. Auf dem Gipfelplateau laden Holzdecks zum Aufstellen eines Zeltes und einer Nacht unter den Sternen ein.

Ein Erlebnis der besonderen Art bietet die Adenschlucht. Der Durchstich durch den Adengrat ermöglicht nicht nur den Wechsel vom Nord- zum Südhang. In dem topografischen Einschnitt sind die Wände als bekletterbare Boulderwände ausgebildet. Hier befindet sich der Bouldersektor Adenschlucht. Zum Datteln-Hamm-Kanal hinunter in der Fortführung der Adenschlucht gelegen liegt der Hangspielplatz. Ein abwechslungreicher Anziehungspunkt für Kinder aller Altersklassen.

Die Talwunder in Lünen, Entspannung und Abstand vom Alltag, ein Landschaftspark für Jung und Alt. Die Bergwelten in Bergkamen, ein echtes Erlebnis für Actionsportler*innen und Erlebnishungrige. Zwei Standorte, die unter dem Thema des Zukunftsgartens Bergkamen/Lünen vereint werden.
Dies wird über verschiedene Ebenen erreicht. Die grundlegende Verbindung der beiden Standorte wird über die Thematik der Gestaltung hergestellt – das Tal und der Berg gehören unweigerlich zusammen. An beiden Standorten geht es um das intensive Erleben der jeweiligen Thematik. Die nächste Ebene ist ein Corporate Design, welches sich vor allem in der Ausstattung und der klaren Wegeführung manifestiert. Die Eingänge in die Bergwelten und Talwunder sowie Ankerplätze, welche an wichtigen Orten entlang der Verbindungroute darauf aufmerksam machen, sind durch eine einheitliche Gestaltung und ein simples über Asphaltgrafiken hergestelltes Orientierungssystem vereinheitlicht und verknüpfen so beide Standorte miteinander. Eine weitere Ebene der Verbindung ist die digitale Ebene. Sowohl Lünen, als auch Bergkamen sind durch anthropogenen Einfluss über verschiedene Stufen zu dem geworden, was sie heute sind. Dieser Wandel soll über Augmented Reality sichtbar gemacht werden. Weitere Verknüpfungspunkte auf der digitalen Ebene sind an den Ankerpunkten, Eingängen und Willkommensarealen verortete, digitale Orientierungspunkte. Über eine App zugänglich werden hier die Zusammenhänge zum Gesamtkonstrukt IGA und die Besonderheiten des Ortes erzählt.

Die Talwunder und Bergwelten werden über die beiden Highlights, das Talrund und Bergrund in den Abendstunden zusätzlich audiovisuell miteinander verbunden: Bei Dunkelheit kommunizieren die beiden Standorte Lünen und Bergkamen auf archaische Art und Weise über die sogenannten „Leuchtfeuer“. Fein in die Luft gesprühte Wasserpartikel werden mit Einbruch der Dunkelheit über 3D-Projektoren lichtkünstlerisch bespielt. Die thematisch wechselnden ”Watersteam” – Inszenierungen beginnen an beiden Standorten synchron und gipfeln in einem spannungsvollen Dialog. Die „Leuchtfeuer“ sind ein weit sichtbares Zeichen der Verbundenheit von Lünen und Bergkamen.

„Talwunder und Bergwelten“ – eine Antwort auf die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen – hier, zu Hause, vor der Tür.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit formuliert für die Gestaltung der beiden Bereiche Lünen und Bergkamen ein inhaltliches Leitthema, das sehr konsequent gestalterisch umgesetzt wird. Talwunder und Bergwelten sind inhaltliche Synonyme für die ruhigen Naturerlebnisräume der Halde Bergkamen. Folgerichtig werden mit diesem konzeptionellen Ansatz die beiden Areale räumlich differenziert entwickelt.
Im Übergang vom Stadtgartenquartier formuliert der Entwurf erst einen Park, der mit offenen Bereichen und verschiedenen Spiel – und Erlebnisräumen als Naherholungsgebiet genutzt werden kann. Die bestehenden Gehölzbereiche im naturnahen Saum der Lippe werden nach Norden erweitert und fassen den Bereich der Forensik geschickt mit ein. In diesem naturnahen Bereich sind die ruhigeren Aktionsräume wie Waldbaden, Wandern, Sonnen und Lichtungen der Ruhe sensibel eingebracht.
Auf dem Haldentop ist das Talrund gelandet. Aus Investorensicht könnte der von hier heute schon attraktive Blick in Richtung Stadt und Landschaft lukrativ weiterentwickelt werden. Eine attraktive Gastronomie und Wellness kann hier höchstwahrscheinlich wirtschaftlich betrieben werden.
In Analogie zum Talrund wird man am Willkommensbereich der Halde Bergkamen vom Bergrund begrüßt. Über den baumüberstellten Parkplatz erreicht man das „Basislager“ und den Aussichtspunkt Bergrund. Von hier schließen sich die Aktionsbereiche wie Bikepark und die attraktiven Schluchten fürs Klettern und Bouldern an.
Die Beschäftigung mit Retention von Niederschlägen, digitaler Verknüpfung und Klimawandel wird begrüßt. Das Raster aus klimaresilienten Baumarten wird kontrovers diskutiert. Ob die räumliche Wirkung auf dem Plateau mit forstlichen Pflanzen entstehen kann wird bezweifelt. Man müsste eigentlich „Alleebäume“ pflanzen, die in den Kosten so aber nicht berücksichtigt sind.
Insgesamt überzeugt der Entwurf durch den konzeptionellen und zugleich poetischen Ansatz der Talwunder und Bergwelten, die sich in den Bereichen räumlich überzeugend umgesetzt wiederfinden.
Lageplan

Lageplan

Piktogramme - Story

Piktogramme - Story

Perspektive 1 - Lünen

Perspektive 1 - Lünen

Perspektive 2 - Lünen

Perspektive 2 - Lünen

Lageplan Lünen

Lageplan Lünen

Schnittansicht Talwunder

Schnittansicht Talwunder

Perspektive 2 - Bergkamen

Perspektive 2 - Bergkamen

Perspektive 1 - Bergkamen

Perspektive 1 - Bergkamen

Lageplan Bergkamen

Lageplan Bergkamen

Schnittansicht Bergwelten

Schnittansicht Bergwelten

Schnittansicht Adenschlucht

Schnittansicht Adenschlucht