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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2021

Städtebauliche Entwicklung der „Innenstadt“ in Osterholz-Scharmbeck

4. Preis

Preisgeld: 3.500 EUR

KAW

Stadtplanung / Städtebau

nsp landschaftsarchitekten stadtplaner PartGmbB schonhoff schadzek depenbrock

Landschaftsarchitektur

Lucas Hövelmann

Visualisierung

Erläuterungstext

Entwickelt aus den baulichen und räumlichen Strukturen entsteht durch die städtebauliche Setzung und die landschaftsarchitektonischen Interventionen eine neue Maßstäblichkeit für die Innenstadt Osterholz-Scharmbeck. Die neuen Gebäude erzeugen klare Raumkanten, das Freiraumsystem führt mit seinem verbindenden und leitenden Charakter in die neue Mitte. Unter Einbeziehung der angrenzenden Freiräume entsteht ein markantes gemeinsames Zentrum mit hoher Qualität, Charakteristik und Identifikation. Durch den Entwurf entsteht eine spannende Raumfolge von den Antritten entlang des Baches über den Marktplatz bis hin zur Kirche.

Die eher kleinteilige Architektur und die vielfältigen Dach- und Fassadenformen der Bestandsgebäude erzeugen einen spezifischen Innenstadtcharakter. Mit der neuen baulichen Setzung werden die formalen Vorgaben zeitgenössisch interpretiert. Farbgebung und Fassadenelemente werden aus dem Bestand adaptiert, Fassadenteilung und -struktur nehmen Bezug auf Straßenkanten und angrenzende Freiräume.

Charakteristisch für die neuen Gebäude sind natürliche Materialien, Klinker und Putzfassaden, leicht nuancierende Farbtöne und Holzfassadenelemente. Erkerfenster, Pergolen, in die Fassaden integrierte Bänke und bepflanzte Gärten bilden die Schnittstellen zwischen Architektur und Freiraum und lassen die Gebäude lebendig wirken.


Antritte und Gassen
Als übergeordnetes Konzept werden die Hauptverbindungsachsen Richtung Kirche aufgewertet und für eine erste Adressbildung mit qualitätsvollen Platzsituationen, den Antritten, versehen. Entlang der Kirchenstraße, Am Kirchenplatz, der Marktstraße und Hinter der Wurth wird das Straßenraumprofil neu gegliedert und aufgewertet. Der rote Klinker aus dem Bestand wird aufgegriffen und in unterschiedlichen Formatierungen fortgeführt. Bandartige Intarsien nehmen unterschiedliche Materialien auf und regegieren damit auf den Nutzungscharakter der Straßen. In der Straße Hinter der Wurth wird beispielsweise gefärbter Asphalt eingelassen, Hinter der Kirche Naturstein als historische Reminiszenz, entlang der Marktstraße gefärbter Betonwerkstein. Das einheitliche Material bildet einen vielseitig bespielbaren sowie gut begeh- und berollbaren Belag, durch die Haptik und das Format wird der Straßenraum als eigenständiger Ort wahrnehmbar und bietet eine hohe Aufenthaltsqualität und eine durchgehend barrierefreie Erschließung für Anwohner und Passanten. Die zentriert eingelegten Bänder unterstützen zusammen mit dem taktilen System die Leitfunktion Richtung neuer Mitte. In den Straßenräumen werden Radstellplätze in regelmäßigen Abständen dezentral angeordnet.
Neue Mitte
In direkter Nähe zum künftigen Begegnungszentrum werden die St. Willehadi Kirche, der Jenner´sche Garten und das Baudenkmal zu einem neunen, ortsbildprägenden Ensemble zusammengefasst. Der Belagswechsel bildet zusammen mit den Grünflächen eine „Insel“ Im Herzen der Innenstadt. Die radiale Großform wird gerahmt von Vegetationselementen, Bänken und Sitzstufenelementen und bildet einen großzügigen, multifunktionalen Freiraum der den Antritt der Kirche neu inszeniert. Platz- und Gartencharakter treffen aufeinander und erzeugen eine besondere Raumqualität. Durch vielfältige Aneignungsmöglichkeiten entsteht im Sinne einer Neuen Mitte, ein Raum der das Miteinander in sich trägt. Das lichte Blätterdach der prägnanten Bestandsgehölze wird durch sensible Neuplanzungen ergänzt und erzeugt eine angenehme klimatische Situation sowohl auf den Platz- wie den Wiesenbereichen. Durch die neue architektonische Setzung und der Umgestaltung des Bereichs um die Kirche kann künftig eine Dichte und Nutzungsintensität entstehen und der Kirchplatz als stadträumliches Gelenk fungieren. Der jährliche Herbstmarkt findet ausreichend Raum auf dem südlich angrenzenden Marktplatz.
Ziel ist es, eine neue Mitte zu schaffen, die jegliche Nutzungen und Aktivitäten zulässt, sowie Rückzugs- und Aufenthaltsbereiche anbietet. Im Rahmen der Umgestaltung des Kirchplatzes und dem Bau des Begegnungszentrums entsteht eine neue Verbindung zum ehemaligen Mühlenteich. Auf der Höhe des Marktplatzes entstehen als weiterer besonderer Ort die Bachterrassen die mit ihrem großzügigen Zugang zum Bramscher Bach und vis-a-vis dem Schlauchturm ein Naherholungspotential mit historischem Kontext entfalten. Es entsteht ein Ensemble aus Kirchplatz, Jenner´schem Garten, Marktplatz, Bachterrassen und Mühlenteich.

Stadt am Wasser
Eine neue Wegeführung verknüpft dem Kirchplatz mit dem ehemaligen Mühlenteich und den angrenzenden Nachbarschaften miteinander. Punktuelle Zugänge zu den Ufern und die Ausbildung einer Terrasse ermöglichen die künftige Erschließung des Gewässers. Entlang des Bramscher Bachs wird eine Aufwertung des Ufers vorgeschlagen welche den Zugang ermöglicht. Klar definierte Mauerkanten und gezielte, naturnahe Zugänge zum Ufer lassen das Wasser als räumliche Qualität erlebbar werden. Durch die Aufwertung der Uferzone im Parkbereich und die Öffnung der Park-Antritte gewinnt der Stadtpark künftig an Wahrnehmbarkeit im Ortsbild. Mit dem „Platz am Stadtpark“ wird eine neue Adresse am Eingang des öffentlichen Grünraums gebildet.


Neben der Inszenierung des Kirchplatzes wird gleichzeitig mit der Anbindung der Wasser- und Grünräume ein Bezug zur Kultur und Historie der Innenstadt hergestellt. Es entsteht ein neues Zentrum, das sich mit eigenständiger Identität und neuen Qualitäten in das Stadtbild von Osterholz-Scharmbeck einfügt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfasser postulieren in ihrer Arbeit die Schaffung einer neuen Mitte für das Plangebiet. Dabei wird ein weiträumiger Ansatz gewählt, der den bestehenden Stadtgrundriss zum Teil über die Grenzen des Wettbewerbsgebietes hinaus verändert. Es wird eine klare Struktur geschaffen, die ins-besondere von einer neuen Achse der Straße am Kirchenplatz gestützt wird. Diese neue geradlinige Verbindung zwischen der Marktweide und der St. Willehadi Kirche wird durch Abbruch des Gebäudes Kirchenstraße 3 (Restaurant Menada) erreicht. Dieser Ansatz, der die bestehenden Wegestrukturen der Innenstadt sehr sinnvoll ergänzt und das Kirchengebäude visuell stärker in die Wahrnehmung der Besucher/innen rückt, wird seitens der Preisgerichtsmitglieder ausdrücklich gewürdigt. Ein Schwach-punkt dieser Idee ist allerdings die sehr große Aufweitung des neu geschaffenen Straßenraumes in den Platz vor der Kirche, der durch das platzierte Wasserspiel nicht überzeugend gefüllt wird. Der Neubau im Bereich des heutigen Hauses der Kirche ergänzt die neue Situation sinnvoll und kann in Zukunft die entfallende Gastronomie aufnehmen.
Das geplante Begegnungszentrum wird als weitgehend dreigeschossiger Baukörper entlang der Flucht der Straße Hinter der Kirche konzipiert und erstreckt sich bis zum Standort des heutigen Gemeindebüros. Die Dimensionierung des traufständigen Baukörpers hinsichtlich Länge und Gebäude-höhe (vorgesehen ist überwiegend eine Dreigeschossigkeit) wird in punkto Körnigkeit – trotz der durch abgetreppten Firste angedeutete Kleinteiligkeit - als Fremdkörper im bestehenden Innenstadtgefüge eingestuft. Das damit verbundene Erscheinungsbild wirkt eher urban und erreicht in der Ausnutzung des Grundstücks die Grenzen dessen, was in dieser Lage als vertretbar angesehen wird. Der viergeschossige – mit einem Flachdach versehene - Baukörper im Osten erklärt sich als Gegenüber zum Stadtpark nicht schlüssig.
Durch die gewählte Bauform des Begegnungszentrums ist – trotz des vorgeschlagenen Tordurchgangs - eine Abriegelung gegenüber dem Mühlenteich festzustellen, die auch der Durchgang zur Straße Hinter der Kirche nur eingeschränkt aufheben kann. Verstärkt wird diese Situation durch den Entfall der Straßenverbindung in Richtung Seniorenwohnanlage.
Positiv einzuordnen ist die Aufhebung des Wendehammers an der Straße Hinter der Wurth zugunsten einer Neubebauung und Neuordnung des Bereiches um den Schlauchturm.
Der Ansatz, die St. Willehadi Kirche mit einer inselartigen, begrünten Struktur zu umgeben, wird ebenfalls positiv bewertet. Hiermit wird der Jenner‘sche Garten schlüssig in das städtebauliche Konzept eingebunden und eine Aufenthaltsqualität auf einer innerstädtischen Grünfläche erzielt, die die vorhandenen Freiflächenangebote in der Innenstadt gut ergänzt.
Kritisch wird die weitgehende Bebauung des vorhandenen und für das Quartier wichtigen Spielplatzes an der Kirchenstraße bewertet, da die verbleibende Restfläche der großen Nutzungsintensität nicht gerecht wird.
Der Übergang in den Stadtpark ist im Vergleich zum heutigen Bestand nur wenig verändert. Auch der neue "Platz am Stadtpark" schafft keine zusätzliche Verbindung. Weitergehende Vorschläge wären wünschenswert gewesen.
Gleiches gilt für den Umgang mit dem Scharmbecker Bach. Hier erschöpfen sich die Vorschläge in der Anlage von breiten Terrassen am Rückhaltbecken. Strukturelle Verbesserungen der städtebaulichen schwierigen Bestandssituation sind dadurch vermutlich nicht zu erwarten.
Die Denkmalbehörde sieht die Ausbildung eines begrünten Kirchplatzes und den damit angemessenen Abstand von Kirche zum Begegnungszentrum positiv. Der Durchgang vom Teich könnte direkt auf den seitlichen Eingang der Kirche "zielen".
Die Reduzierung des Spielplatzes verstellt die Ansicht / das Erscheinungsbild der Superintendentur - was schade wäre.
Perspektivische Darstellung

Perspektivische Darstellung

Lageplan

Lageplan

Lageplan-Detail

Lageplan-Detail

Schnitt

Schnitt

Schnitt-Detail

Schnitt-Detail